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»Wir treffen uns gleich zum Morgenmeeting«, sagte Grace und ließ ihren Blick über die Redaktion schweifen. Dann nahm sie ihr Handy und ihr Headset und ging schon einmal zum Konferenzraum vor.

Ambra folgte ihr und tippte im Gehen die letzten Worte ihres aktuellen Artikels in den Laptop, während sie bemüht war, nirgends anzustoßen. Mit einem letzten Anklicken der Tastatur schickte sie ihn weg und setzte sich an den Konferenztisch. Die Repräsentanten der anderen Ressorts kamen nacheinander herein und verteilten sich im Raum, während Grace die TOPs aufs Whiteboard schrieb.

Unter den Letzten, die den Raum betraten, befand sich auch Oliver Holm. Ambra stöhnte innerlich auf. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass er heute Dienst hatte.

Er sah sich um, spannte seine Brustmuskeln an und nickte kurz. »Hej, Mann«, begrüßte er einen Mitarbeiter des Auslandsressorts mit einem kräftigen Schlag auf den Rücken. Sie amüsierten sich offensichtlich über irgendeinen Insiderwitz und lachten verschwörerisch, um allen zu zeigen, was für Supertypen sie waren.

Ambra wechselte einen vielsagenden Blick mit einer Reporterin vom Gesellschaftsressort.

»Dann starten wir«, sagte Grace mit erhobenem Board-Marker. »Cissi, was habt ihr Neues in der Welt des Verbrechens?«

Cissi war die Kriminalreporterin, die sich kürzlich Hals über Kopf verliebt hatte und plötzlich keine Zeit mehr für ein Treffen mit Ambra erübrigen konnte. Sie antwortete: »Was den Parkbankmord betrifft, erwarten wir eine Anklage. Das dürfte ein Flash werden.«

Grace nickte und schrieb den Punkt aufs Whiteboard. »Wir können die Kurzmeldung dann gemeinsam formulieren. Lokales?«

»Wir werden die heutige Reichstagsdebatte verfolgen und live senden.«

»Web-TV?«, fragte Grace mit einem Blick auf Parvin, die bekannteste Web-TV-Moderatorin beim Aftonblad. Parvin hatte das Silvesterdinner ausgerichtet, zu dem Ambra eingeladen gewesen war, aber abgelehnt hatte. Ambra mochte Parvin.

»Wir senden um zehn Uhr live und berichten über die Gruppenvergewaltigung auf einer Finnlandfähre in der vergangenen Nacht und das zu erwartende Chaos bei der Bahn im Falle eines Streiks. Und außerdem hat irgendjemand eine Boa in einer Bananenkiste gefunden«, schloss sie mit einem gequälten Blick.

»Das ist doch super, oder?«, meinte Grace.

Parvin erschauderte. »Wenn man nicht gerade eine Schlangenphobie hat, vielleicht schon.«

Die anderen kicherten. Ambra linste zu Oliver hinüber, der grinsend auf seinen Laptop hinunterschaute.

Oliver Holm war gleich alt wie Ambra, arbeitete aber schon genau ein Jahr länger beim Aftonblad als sie. Olivers Großvater war damals in der »guten alten Zeit« Nachrichtenchef beim Aftonblad gewesen, als alle Reporter noch Whisky trinkende Hardliner waren und die Frauen als Sekretärinnen arbeiteten. Mittlerweile waren alle Männer beim Aftonblad entschiedene Befürworter der Geschlechtergleichstellung, jedenfalls offiziell, ansonsten konnte man bei der Zeitung nicht überleben, doch Ambra hatte den Verdacht, dass Oliver die frühere Rollenverteilung besser gefallen hätte.

Oliver galt als eines der beliebten und Erfolg versprechenden Talente. Er hatte schon in Washington gearbeitet, mehrere längere Reisen für Reportagen unternehmen dürfen, über Bandenmorde geschrieben und liebte arbeitstechnische Herausforderungen geradezu. Er ging regelmäßig ins Fitnessstudio und besaß Kontakte zur Chefetage. Er war ein geschickter Autor, und wenn er menschlich betrachtet nicht so ein verdammtes Arschloch gewesen wäre, hätte sich Ambra auch mit seiner Genialität abfinden können. Außerdem war Oliver inzwischen auch Vater und hatte seinen zweijährigen Sohn jede zweite Woche bei sich, was auch bei den Frauen gut ankam. Vielleicht behandelte er sie ja besser als Ambra.

»Oliver, hattest du nicht etwas über diesen Lkw-Unfall?«, fragte Grace.

»Ich hab den Chef des Rettungsdienstes schon kontaktiert und werde ihn nachher gleich anrufen.«

»Super.«

Oliver Holm würde sich wohl kaum mit dem Job eines gewöhnlichen Reporters begnügen, dachte Ambra, als sie seine selbstzufriedene Miene betrachtete. Er hatte vielmehr vor, in eines der angesagteren Ressorts aufzusteigen: Ausland, Politik oder natürlich Investigativer Journalismus. Redaktionen, in denen man sich mittels guter Reportagen Meriten erwerben und für den Großen Journalistenpreis empfehlen konnte, Prestigejobs ausführen durfte und, wenn man richtig erfolgreich war, auch zu den alljährlichen Empfängen der Chefs eingeladen wurde. Sie konnte es ihm nicht verübeln, denn sie strebte genau dasselbe an, außer vielleicht die Empfänge.

»Und wie sieht es bei den Kollegen von Plus aus?«, fragte Grace.

Die Plus-Redaktion befasste sich mit aktuellen brisanten Themen. Der Chef wirkte müde, unrasiert und blass um die Nase.

»Bei uns sind zurzeit leider viele krank. Aber Oliver wird eine Serie über Morde an Frauen beim Joggen schreiben. Sie erhält die Schlagzeile ›Nicht provozierte Frauenmorde‹.«

»Was soll das denn bedeuten? Gibt es etwa Morde an Frauen, die provoziert werden?« Ambra konnte sich die Frage nicht verkneifen. »Und warum ausgerechnet Frauenmorde? Von Männermorden schreibt nie jemand.«

Oliver stöhnte auf. »Das ist eine super Überschrift. Jetzt fang nicht schon wieder an zu nörgeln.«

»Über die Headline unterhalten wir uns noch«, entschied Grace.

»Selbstverständlich«, meinte Oliver zuvorkommend, wechselte jedoch einen Blick mit seinem direkten Chef.

Ambra erinnerte sich noch daran, als sie zum ersten Mal gemeinsam mit Oliver Holm zu einem Auftrag unterwegs war. Es war ganz am Anfang ihrer Laufbahn gewesen.

Sie war zwar neu beim Aftonblad, hatte aber schon mit sechzehn angefangen, vertretungsweise als Reporterin bei einer kleinen Lokalzeitung zu jobben, und betrachtete sich selbst als erfahren. Nach ihrem Journalismus-Studium hatte sie sich als Urlaubsvertretung beim Aftonblad beworben und die Stelle auch bekommen. Es war ein heiß umkämpfter Job, aber als Qualifikation dienten ihr gute Noten und ihre Erfahrung als Lokalreporterin.

Wenn die regulären Reporter im Urlaub waren, musste eine unbedarfte Vertretung alles Mögliche übernehmen. Ambra hatte schon Einsätze bei Bandenmorden und Verkehrsunfällen hinter sich und an Pressekonferenzen teilgenommen. Wenn man seinen Job mit Auszeichnung absolvierte, konnte man nach dem Aushilfsjob mit einer festen Stelle rechnen. Ambra hatte beschlossen, genau diese Reporterin zu sein und härter dafür zu arbeiten als alle anderen. Sie war den ganzen Sommer lang allein in Stockholm, denn Jill hatte mittlerweile begonnen, regelmäßig auf Tournee zu gehen, sodass Ambra ihre gesamte Energie in die Arbeit investieren konnte.

Nach etwa einem Monat erhielt sie den Auftrag, nach Akalla rauszufahren, in einen Vorort, der einen sozialen Brennpunkt darstellte, und über gewalttätige Krawalle zu berichten.

»Nimm Oliver Holm mit«, forderte sie der zuständige Nachrichtenchef auf. Ambra begrüßte Oliver.

»Soll ich fahren?«, fragte er höflich, und Ambra nickte.

»Arbeitest du schon lange hier?«, fragte sie ihn interessehalber.

»Nur als Vertretung, seit einem Monat. Und du?«

»Ich auch«, antwortete sie und nickte, als ihre Autobahnabfahrt auftauchte. Ihr war klar, dass sie vermutlich Konkurrenten waren. Aber er wirkte nett, und sie machte sich keine Sorgen, denn sie wusste, dass ihre Leistungen weit über dem Durchschnitt lagen.

Als er den Wagen parkte, sahen sie schon die Rauchsäulen, die gen Himmel stiegen. Mehrere Streifenwagen waren bereits vor Ort eingetroffen, und die Polizisten errichteten gerade Absperrungen. »Sei vorsichtig«, warnte Oliver sie, und sie empfand seine Fürsorglichkeit fast als rührend. »Warte hier, dann steig ich kurz aus und schau mal, wo wir genau hinmüssen«, sagte er und verschwand. Ambra wartete zehn Minuten. Als er zurückkam, sagte er nur: »Wir fahren besser wieder zurück. Es gibt nichts, worüber wir schreiben könnten.«

Erst während der Rückfahrt wurde ihr bewusst, dass sie eigentlich hätte protestieren müssen, doch sie sagte nichts. Als sie in die Redaktion zurückkamen, sprach Oliver mit dem Nachrichtenchef, und eine Stunde später war sein Artikel fertig, ein Bericht über die Krawalle, gespickt mit Augenzeugenberichten und jeder Menge Action. Ihr Name wurde nicht einmal erwähnt.

»Was sollte denn bitte schön der Mist?«, fragte sie ihn.

»Was meinst du?«

»Wir sind zusammen hingefahren, aber du hast dir die Sache unter den Nagel gerissen.«

»Ich hab es lieber allein gemacht und das Ganze aus meiner Sicht geschrieben, weil ich mehr praktische Erfahrung besitze. Du hast dich ja nicht mal getraut hinzugehen.«

»Machst du Witze?«

Er warf ihr einen fragenden Blick zu, doch sie sagte nichts mehr. Letztendlich hatte es sie den Job gekostet, den Oliver statt ihr erhielt. Im Jahr darauf bewarb sie sich erneut und bekam schließlich eine feste Stelle. Außerdem hatte sie daraus etwas Wichtiges gelernt: Niemals jemandem zu vertrauen.

»Und bei den Breaking News ist Ambra gerade auf der Suche nach Informationen über den Brand auf dem Fabrikgelände. Wie läuft’s?«, fragte Grace und beförderte Ambra geistig wieder ins Hier und Jetzt.

»Ich werde gleich mit dem Einsatzleiter sprechen. Und außerdem hat sich eine Zeugin gemeldet, die sich in letzter Sekunde retten konnte.«

»Perfekt.«

»Herzschmerzreportagen, die das Gemüt erwärmen, immer wieder schön«, sagte Oliver und lachte auf.

Sein Lachen konnte sie nur schwer ertragen. Aber hier wurde von einem erwartet, dass man etwas einstecken konnte, die Dinge mit Humor nahm.

»Ich werde mich bemühen, dein hohes Niveau zu halten, Oliver«, entgegnete sie trocken.

Er verschränkte seine aufgepumpten Muskeln vor der Brust. »Verstehst du keinen Spaß, oder was?«

Für einen kurzen Augenblick verließ sie ihr Humor. »Das Problem ist eher, dass deine Späßchen so verdammt langweilig sind.«

Im Konferenzraum wurde es totenstill, und alle schauten auf. Allerdings nicht zu ihr oder Oliver, sondern in Richtung der Tür, die geöffnet worden war, ohne dass Ambra es gemerkt hatte. Im Türrahmen stand Dan Persson. Seiner Miene nach zu urteilen, hatte er ihre Worte gehört.

Sie spürte, wie ihr die Röte am Hals hinaufstieg und sich im Gesicht ausbreitete, bis sie höchstwahrscheinlich wie ein Stoppschild leuchtete. Noch immer herrschte Totenstille im Raum, als hätte sie lautstark einen fahren lassen und keiner wüsste, wie er reagieren sollte. Wie konnte man nur so ein Pech haben? Der Chefredakteur bewegte sich sonst nie unter den sogenannten Normalsterblichen und kam nicht einmal oft aus seinem Büro hinaus in die Redaktion. Was wollte er also ausgerechnet jetzt hier?

»Hier geht es ja recht lebhaft zu, wie ich sehe. Grace, könnte ich kurz ein Wort mit dir wechseln?«, fragte er rasch.

Grace nickte. »Wir sind hier sowieso fertig«, antwortete sie und verschwand nach draußen.

Das Meeting löste sich auf. Ambra schnappte sich ihren Laptop und ging schweren Schrittes zurück an ihren Schreibtisch.

Bis zum Mittagessen vergrub sie sich in ihrer Arbeit und versuchte zu verdrängen, wie sie sich zum Affen gemacht hatte. Die Leute gaben andauernd jede Menge blödes Zeug von sich, aber eben nicht vor Seiner Hoheit, dem Chefredakteur. Sie erwog kurz, Parvin zu fragen, ob sie gemeinsam mit ihr zu Mittag essen gehen wollte, doch dann verließ sie der Mut. Stattdessen spazierte sie hinunter zum Wasser, ging ein Stück am Norr Mälarstrand entlang und ließ sich ein wenig den Wind um die Ohren wehen und das Gehirn durchlüften. Dann verlor sie sich in Gedanken an völlig andere Dinge.

An Tom.

Die Küsse. Die Zärtlichkeiten. Ihre Gefühle für ihn.

Großer Gott, all diese Gefühle, die sie plötzlich für Tom entwickelt hatte. An welchem Ende sollte sie nur anfangen, sich über sie klar zu werden? Er hatte ihr buchstäblich das Leben gerettet. Wie verhielt man sich dazu? Und hinsichtlich all der anderen Dinge, die zwischen ihnen geschehen waren?

Sie schaute hinaus aufs Wasser und die vereinzelten Möwen. Was wollte sie in ihrem Leben eigentlich erreichen? Natürlich wollte sie als Journalistin über bedeutende Dinge schreiben und etwas bewirken. Aber sonst? Wollte sie beispielsweise Kinder haben? Eine Familie gründen? Erfüllte sie überhaupt die Voraussetzungen dafür, jemandem eine Partnerin oder eine Mutter zu sein? Andere Leute schienen immer davon überzeugt zu sein, alles Mögliche zu schaffen, aber sie selbst zweifelte ständig an sich. Um dieses Manko auf ihre Kindheit zurückzuführen, bedurfte es nicht allzu viel Intellekt, doch leider brachte es ihr nichts zu wissen, dass die ständige Vernachlässigung als Kind in ihr das Gefühl hervorgerufen hatte, anders zu sein als normale Menschen. Diese Einsicht half ihr nicht im Geringsten weiter. Und dennoch gelang es ihr nicht, das Gefühl abzuschütteln. Der einzige Halt, den sie hatte und der sie noch nie im Stich gelassen hatte, war ihre Arbeit. Ihr Job stand für Sicherheit und Geborgenheit, und im Lauf der Jahre hatte sie den Eindruck gewonnen, dass ihr das ausreichte. Denn die Männer, denen sie bislang begegnet war, waren allesamt keine starken Argumente für einen anderen Lebensentwurf gewesen.

Jedenfalls bis jetzt …

Wenn jemand auf sie zukommen und ihr sagen würde: Ambra, du kannst Tom Lexington haben – was würde sie tun? Wenn Tom zu haben wäre, nicht nur rein praktisch gesehen, sondern auch gefühlsmäßig, würde sie ihn dann wollen? Würde sie sich trauen, einen solchen Mann wie ihn haben zu wollen? Denn Tom war ein richtiger Mann. Kein erwachsenes Kind mit Bindungsängsten, kein ängstlicher Intellektueller mit angeknackstem Ego, sondern genau der Richtige für sie. Nicht, dass es noch irgendeine Rolle gespielt hätte, denn sie hatte Tom ja einen Ausweg offengehalten, als sie sich in Kiruna voneinander verabschiedet hatten, was wieder einmal typisch für sie war. Zu sagen, dass es ihr nichts ausmachte, und die Coole zu spielen, damit sie hinterher niemand verletzen könnte. Warum hatte sie nur gesagt, dass es okay für sie war? Es kam ihr nämlich ganz und gar nicht okay vor, und sie hatte auch nicht die geringste Lust nachzuvollziehen, warum er ihr die blöde Ellinor vorzog.

Sie hielt an und machte kehrt, kaufte sich bei 7-Eleven ein unverschämt teures Sandwich und stapfte angesichts des Gegenwindes mit gesenktem Kopf wieder zurück in Richtung Büro. Erst als sie nur noch ein paar Meter vom Eingang entfernt war, erblickte sie die kleine Gruppe, die draußen vor der Tür stand und rauchte. Es war wieder einmal typisch. Noch mehr Erniedrigung, genau das, was sie jetzt brauchte.

Sie näherte sich ihnen und gab sich so unbekümmert und cool wie nur möglich. Doch angesichts der Tatsache, dass der Chefredakteur Dan Persson umringt von einer Gruppe Männer, seinen Jungs, dort stand, fiel es ihr nicht ganz leicht. Dan Persson rauchte, was allgemein bekannt war und dazu geführt hatte, dass sich mehr als nur ein Reporter zum Small Talk mit dem Chef nach draußen gesellt und angefangen hatten zu rauchen, und alle Anwesenden miteinander wetteiferten, ihm eine Zigarette anbieten zu dürfen. In der Gruppe stand auch der Chef des Investigativ-Ressorts, der nach irgendeiner Bemerkung, die Oliver gerade gemacht hatte, auflachte, und es kam ihr vor, als lachten alle über sie, auch wenn sie es sich womöglich nur einbildete.

Ambra nickte kurz, als sie vorbeiging, und dann war sie zum Glück endlich im Gebäude. Sie hatte schon immer den Verdacht gehegt, dass Oliver sie in Dans Gegenwart schlecht machte, sobald er die Möglichkeit dazu bekam.

Sie setzte sich an ihren Schreibtisch. Der Zigarettenrauch von draußen hing noch immer in ihren Haaren. Sie warf rasch einen Blick auf die neuesten Nachrichten, öffnete ihre Mailbox und begann die letzte Botschaft von Lord_Brutal zu lesen, während sie in ihr Sandwich biss.

Du landesverräterische Schlampe. Bildest dir wohl ein, was Besseres zu sein. Kannst du nicht einfach deinen Job schmeißen und dich vor den nächsten Zug werfen?

Sie zögerte, bevor sie die Nachricht löschte, den Rest ihres Sandwiches mit Kaffee hinunterspülte und ihre übrigen Mails checkte.

Für den Rest ihres Arbeitstages schaute sie kaum von ihrem Bildschirm auf. Erst gegen neunzehn Uhr fuhr sie endlich ihren Laptop herunter, die letzten Reporter der Nachtschicht waren bereits eingetroffen. Leute, die niemals rauskamen, nie irgendwem begegneten und Artikel schrieben, welche die journalistische Entsprechung zu übelstem Fast Food darstellten. Ambra nickte ihnen kurz zu. Sie waren blass und sahen überarbeitet und desillusioniert aus, als wüssten sie, dass sie die Endstation erreicht hatten.

Im Aufzug auf dem Weg nach unten begegnete sie ihrem Spiegelbild, sah ihre verbissene Miene und stellte deprimiert fest, dass sie dem Dasein dieser bleichgesichtigen abgeschobenen Nachtreporter schon wieder einen Schritt näher gekommen war. Sie schloss den Reißverschluss ihrer Jacke und trat aus dem Aufzug. Wie auch immer man die Sache betrachtete, ihre Karriere entwickelte sich jedenfalls nicht in die richtige Richtung.