16.
»Ben. Wie schön, Sie zu sehen«, begrüßte Lucy ihn mit einem strahlenden Lächeln.
»Das kann ich nur zurückgeben.«
»Tom. Das ist Ben. Arias neuer Freund.«
»Sie hat einen Freund?« Tom verharrte mit dem Muffin in der Hand.
Aria wünschte sich ein Loch und am besten grub sie sich bis zum Erdkern durch. Peinlicher ging es nicht. Wie kam ihre Mutter zu einer solchen Behauptung? Gleich legte sie noch den Hochzeitstermin fest. Nie hatte sie behauptet, Ben wäre ihr Freund. »Mum!«
»Ja?«
»Hör auf, Märchen zu erzählen. Wir sind einmal ausgegangen. Mehr nicht.« Sie sah entschuldigend zu Ben. Sie hätte Verständnis, wenn er die Flucht ergriff.
Ben nickte ihr schmunzelnd zu. Zum Glück nahm er es locker. »Aria hat recht, aber ich gedenke, dass zu ändern. Hast du Lust, mit mir ins Kino zu gehen? Am Samstagabend?«
»Natürlich hat sie das. Nicht wahr?« Lucy sah Aria eindringlich an.
Hoffentlich hielt Ben sie nicht für einen Ladenhüter, den man dringend an den Mann bringen musste. So kam sie sich gerade vor. »Darf ich selbst antworten, Mum?«
»Ich wollte dir nur behilflich sein.« Lucy verzog sich zu Tom an den Tisch.
»Also ist er nicht ihr Freund?«, fragte Tom irritiert.
»Nein, Dad.«
»Kann ja noch werden.« Tom biss in den Muffin.
Aria drehte sich seufzend zu Ben. »Tut mir leid. Mum ist manchmal übereifrig.«
»Ich kenne das«, sagte Ben grinsend.
»Echt?«
»Ja. Meine Großmutter versucht bei jeder passenden Gelegenheit, mich an die Frau zu bringen. Sie sagt, sie möchte meiner Hochzeit nicht in einer Urne beiwohnen. Sie hat mich sogar mal bei einer Partnerbörse im Internet angemeldet.«
»Deine Oma gefällt mir.« Aria stellte sich vor, wie die Kuppleroma gespannt vor dem Rechner saß, um ihrem Enkel eine Frau zu suchen.
»Ihr würdet euch mögen. Da bin ich sicher.«
»Magst du einen Kaffee?«
»Ich dachte, du fragst nie«, sagte er lachend. »Dazu einen Donut oder Muffin. Ich vertraue auf deine Empfehlung.«
»Du hast Ben noch nicht auf die Frage wegen des Kinos geantwortet.« Lucy wedelte mit dem Löffel in der Luft herum.
»Sie hat recht.« Ben zwinkerte Lucy zu, die verlegen auf ihren Teller sah.
»Wenn ich dir zuzwinkere, wirst du nie rot«, sagte Tom grummelnd.
»Ich bin nicht rot.«
»Doch. Soll ich dich fotografieren?« Tom nahm sein Handy aus der Hosentasche.
»Steck das wieder weg. Ich will das nicht.« Lucy drehte sich zur Seite.
»Du siehst, bei uns es ist nicht langweilig«, sagte Aria. Sie liebte ihre verrückte Familie.
»Ich finde es klasse. Magst du mit mir ins Kino gehen?«
»Ja klar. Gerne. Sorry. Ich bin ein wenig durch den Wind. Setz dich. Ich bringe dir Kaffee und einen Muffin.«
»Ich habe gehofft, du leistest mir Gesellschaft.«
»Aber sicher.«
»Setzt euch beide. Ich bringe alles an den Tisch.« June scheuchte sie von der Theke weg.
»Danke.« Aria war froh, so eine tolle Freundin zu haben.
»Setzt euch zu uns.« Lucy klopfte auf den Stuhl neben sich.
»Ich hoffe, ich störe nicht, bei einem Familienessen.« Ben setzte sich.
»Ach was. Nein. Wir waren zufällig in der Gegend und stärken uns mit einer Kleinigkeit«, sagte Lucy.
»Um Arias Kasse aufzubessern.«
»Tom. Also wirklich.«
»Aria hat uns durchschaut. Weshalb lügen?« Er strich mit dem Finger die letzten Krümel vom Teller, den Blick Richtung Auslage gerichtet.
»Du hast genug«, entschied Lucy.
»Nix darf ich.« Tom verschränkte die Arme vor der Brust. »Junger Mann, überlegen Sie sich das gut, mit einer festen Bindung. Aua.« Er rieb sich das Schienbein. »Du hast mich getreten.« Anklagend sah er seine Frau an.
»Deine Bemerkungen sind nicht hilfreich. So bekommt Aria nie einen Mann ab.«
Aria rutschte auf dem Stuhl herum. Eigentlich dachte sie, peinlicher konnte es nicht werden, aber sie wurde gerade eines Besseren belehrt.
»Sorry Liebes.« Tom sah Aria entschuldigend an.
»Alles gut Dad.« Ihr Vater war manchmal richtig niedlich.
June brachte den Kaffee und als sie Ben den Muffin servierte, wandte der sich grinsend an Aria. »Ist der genehmigt?«
Aria fragte sich, wieso dieser Mann Single war. Ein Traummann in jeder Hinsicht. Mit der Bemerkung hatte er die für sie peinliche Situation locker gelöst. Sie nickte grinsend. »Ausnahmsweise.«
»Danke.« Er deutete eine Verneigung an.
»Gerne. Wegtreten.« Aria überlegte, wann sie das letzte Mal mit einem Mann so ausgelassen herumgealbert hatte. Es lag eine Ewigkeit zurück. Sie freute sich über die Einladung. Das war dann ihr zweites Date. Ob er sie ein drittes Mal einlud? Bei dem Gedanken daran flogen die Schmetterlinge im Bauch. Aber sie wollte nicht spekulieren, sondern ließ sich überraschen.
»Was machen Sie beruflich Ben?«, fragte Tom.
»Das habe ich dir doch erzählt«, sagte Lucy vorwurfsvoll. »Ben ist der Inhaber von JazmanImmo.«
»Das habe ich wohl nicht mitbekommen.«
»Ich habe öfters das Gefühl, du nickst einfach nur, wenn ich etwas sage, ohne es wirklich zu hören.« Lucy sah ihren Mann durchdringend an.
»Das bildest du dir ein.« Tom wandte sich Ben zu. »Da haben Sie ein großes Imperium geschaffen. Meinen Glückwunsch.« Tom war ehrlich beeindruckt.
»Danke.«
»Lautet ihr Nachname Jazman? Also wegen der Abkürzung?«
»Ja. Genauso ist es.«
»Ich war immer gut im Kombinieren.«
»Gut gemacht, Sherlock«, sagte Aria lachend. So kam sie nicht in die Verlegenheit, Ben nach dem Nachnamen zu fragen. Sie wollte nicht zu neugierig wirken.
»Danke Liebes.«
»Ben. Darf ich Sie etwas fragen?« Lucy lächelte geheimnisvoll. Arias Puls stieg sofort an.
»Aber sicher.«
»Übermorgen ist Thanksgiving. Haben Sie da etwas geplant?«
Nun wusste Aria, woher der Wind wehte. Ihre Mutter ließ keine Gelegenheit aus. Anscheinend wollte sie sie unbedingt mit Ben verkuppeln.
»Ich muss gestehen, dass ich bis jetzt nichts vorhabe.«
»Haben Sie Lust, an unserer Feier teilzunehmen?«
»Feier ist übertrieben. Ein Essen im Familienkreis. Mein Bruder Travis und meine Großmutter sind da«, klärte Aria ihn auf. Nicht, dass er eine Party erwartete und enttäuscht war.
»Ich komme gerne. Ist es dir recht?«, wandte er sich an Aria.
»Ja. Ich freue mich«, sagte Aria lächelnd. Sie fand die Idee klasse und freute sich jetzt noch ein wenig mehr auf Thanksgiving.