48.

Sie saßen zu viert in Goebbels Büro. Der Führer saß an der Wand, unter seinem Porträt. Das doppelte Hitlerchen. Himmler hatte sich vorgebeugt. Heydrich stand neben der Tür.

»Setzen Sie sich zu uns, Heydrich. Sie haben hier ja mitzusprechen«, sagte Hitler.

»Zu Befehl, mein Führer!« Heydrich nahm sich einen Stuhl vom Besuchertisch und setzte sich neben Himmler.

»Der Kamerad Ehrig hat aufgeräumt. Ein Mann mit Fantasie und Willenskraft«, sagte Himmler. »Wir sollten ihn zur SS versetzen.«

Goebbels nickte. Und sagte nichts. Dann nickte er wieder. »Ja, tatkräftig. Aber wir haben jetzt … wir müssen den Leuten erklären, wie einer dazu kommt, eine scharfe Handgranate in eine Wohnung zu legen. Zumal die Leute, manche Leute wenigstens, denken werden, der habe das für die Kripo vorbereitet.«

Hitler hob die Brauen und wischte das Argument mit der Hand weg. »Er hat sich gegen die Kommune verteidigt. Wusste, dass die ihn umbringen wollte. Das soll den Bolschewiken eine Warnung sein. Sie werden dafür die richtigen Worte finden, wie immer.«

»Natürlich, mein Führer«, sagte Goebbels.

»Und unsere SS kann solche Männer gut gebrauchen. Wo ist er jetzt?«

»Ich hab ihn nach München fahren lassen. Neue Adresse, neue Papiere«, sagte Heydrich. »Nebe wird Alarm schlagen, sollte die Kripo ihm auf den Fersen sein.«

»Reichsführer, Sie setzen die richtigen Männer an die richtigen Plätze. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Und mit dem Ehrig machen Sie es genauso. Im schlimmsten Fall schicken Sie ihn nach Österreich. Unsere Kameraden dort können Verstärkung gebrauchen.«

»Jawohl, mein Führer«, sagte Himmler.

»Und noch etwas, das bleibt wie alles andere unter uns: Sagen Sie den Strassers nichts. Niemandem, aber vor allem nicht denen.« Er sah Goebbels an. Der Blick sagte: Ja, du warst mal einer von ihnen. Ich weiß es, vergesse es nicht. Du kannst es durch Taten sühnen.

»Selbstverständlich nicht«, sagte Goebbels.

Hitler erhob sich. Seine Hand sagte: Die anderen bleiben sitzen. Er verließ den Raum.

»Wie unser Führer die Sache mit ein paar Sätzen geklärt hat, das ist schon einzigartig«, sagte Himmler.

»Ja«, erwiderte Goebbels. »Er ist einzigartig. Wenn er erreichbar ist.«

Himmler hob das Kinn und lächelte. »Den lieben Gott erreichen Sie auch nicht täglich am Telefon.«

Heydrich lachte leise. Goebbels fiel ein. Wenn Himmler schon mal so etwas wie einen Witz machte.

»Der ist fast so gut wie der über den Nachrichtendienst«, sagte Himmler. »Wissen Sie, warum ich diesen Herrn zum Chef des SD gemacht habe?«

Goebbels schüttelte den Kopf. Natürlich kannte er die Geschichte. Aber warum sollte er Himmler die Laune verderben?

Himmler erhob sich und spielte Signalmaat ohne Flagge. Hand hoch, runter, gerade, gestreckt, setzte sich und begann zu lachen. Die anderen fielen ein. Heydrich am lautesten. Er hatte die Geschichte schon tausendmal gehört. Und Himmler wusste es.