7.

Thälmanns Körper dampfte. Er hatte den Herd in der Küche eingeschürt. Saß in Unterhemd und Hose, die nackten Füße in Hauslatschen. »Gut, dass du angerufen hast.«

Torgler nickte. »Wann kommt er?«

»Sollte längst da sein.« Der KPD-Chef schämte sich seines Hamburger Dialekts nicht. »So ein Schiet.«

»Ob die uns auf die Spur gekommen sind?«, fragte Torgler mehr sich selbst.

Es klopfte leise an der Haustür. Thälmann erhob sich und öffnete. Sagte kein Wort. In der Küche erschien ein jung aussehender Mann.

Torgler erhob sich. »Gut, dass du gekommen bist, Hans. Guten Morgen.«

Thälmann schenkte Kaffee ein. »Ich hab noch Schmalz und Brot.«

»Hast du mit Wladimir gesprochen?«, fragte Torgler.

Thälmann stellte einen Brotkorb, Teller, Messer und Gabel auf den Tisch.

»Nein.« Kippenberger blickte auf seine Uhr: »Den treff ich planmäßig zum Mittagessen.«

»Sag, Genosse Kippenberger, sind die Nazis auf unserer Spur? Haben sie Kurt ermordet, weil sie wussten, was der plante?« Thälmann blickte ihn streng an.

»Glaub ich nicht. Weiß ich nicht«, sagte Kippenberger.

»Die können den ganzen Apparat aufmischen bei ihren Ermittlungen. Die Bullen waren nur kurz in der Zentrale, aber sie kommen wieder«, sagte Torgler. »Dann stehen wir blöd da, wenn wir nicht aufräumen. Und Moskau hält uns für das, was wir sind. Vollidioten.«

»Übertreib nicht. Überprüf alles. Krieg raus, was die Bullen wissen«, sagte Thälmann. »Am besten gestern.«

Kippenberger blickte in seine Kaffeetasse.

»Der wird kalt«, sagte Thälmann. »Ist echter. Aus der Botschaft. Geschenk vom Genossen Chintschuk. Kennst du diesen Fehrkamp?«

»Hab von ihm gehört. Nach unserer Kenntnis SA-Schläger, schlau und brutal. Ein Spitzenmörder fürs Dritte Reich.« Kippenberger trank. »Wenn er’s war, liquidieren.«

»Nicht ohne Rücksprache mit Wladimir und mir. Mir wär’s recht, die Bullen übernähmen das. Rübe ab, fertig.« Thälmann überlegte. »Aber wahrscheinlich kriegt der drei Tage auf Bewährung, weil er ein national gesinnter Mann mit EK zwo ist. Und die Richter klatschen Beifall.«

»Wie immer«, sagte Torgler. »Unsere Genossen buchten sie wegen jedem Mist jahrelang ein. Und das Pack lassen sie machen.«

»Ich hab’s mir überlegt«, sagte Thälmann. »Wenn Wladimir nichts dagegen hat, erledigen wir den sofort. Damit die kapieren, dass sie zu weit gegangen sind. Wenn wir jetzt hier und da herumklamüsern, glauben die noch, es steckte was Wichtigeres dahinter.«

»Wir reagieren, wie die es erwarten. Sonst denken die nach. Oder die Bullen.«

»Wer ersetzt Kurt?«, fragte Torgler.

»Kippenberger«, sagte Thälmann. »Frag Wladimir, ob er einverstanden ist. Du kennst den Plan so gut wie Kurt. Wer sonst sollte es tun?«

Kippenberger nickte. Er sah nicht aus, als hätte er in der Lotterie gewonnen.