185.

Raben war doppelt vorsichtig gewesen. Hatte viel Zeit in Bahnen und Bussen verloren, bis er sich halbwegs sicher fühlte. Aber gegenüber der Haustür sah er einen NSU stehen, zwei Mann darin. Kollegen, die Thea Kippenbergers Wohnung überwachten für den Fall, dass ihr ehemaliger Mann sie aufsuchte.

Raben ließ sich nicht anmerken, dass er sie gesehen hatte. Er öffnete die Haustür und stieg die Treppe hoch. Im dritten Stock fand er das Schild: Kippenberger. Er klingelte, hörte Schritte, bis die Tür sich öffnete. In ihrem Gesicht sah er nichts als Müdigkeit und Trauer. »Ich bin von der Polizei, Raben mein Name … vielleicht hat Ihr Mann …«

»Er hat mir von Ihnen erzählt.« Sie streckte ihr Gesicht durch den Spalt, schaute die Treppe hinauf und hinunter. »Kommen Sie rein.« Sie schloss eilig die Tür und führte ihn in die Küche. Thea Kippenberger zeigte zum Fenster. »Da stehen welche Tag und Nacht. Sie warten auf meinen Mann.«

»Wird er kommen?«

»Der ist doch nicht verrückt.«

»Ich werd’s den Kollegen ausrichten.«

»Sie sind ein merkwürdiger …«

»Bulle, ja, stimmt.«

Sie lächelte. »Wollen Sie meinen Mann verhaften?«

»Ja und nein«, erwiderte er. »Ja, weil ich das als Polizist muss. Schließlich wird Ihr Mann als Mordverdächtiger gesucht …«

Ein Schatten überflog ihr Gesicht.

»Nein, weil ich nicht einmal einen Mörder diesen Verbrechern an der Macht ausliefern würde.«

Sie musterte sein Gesicht. Ihre Augen fragten ihn, ob sie ihm vertrauen sollte. »Das heißt, Sie verfolgen meinen Mann, wollen ihn aber nicht Ihren Kollegen ausliefern.«

»Besser könnte ich es nicht sagen.«

»Sie leben gefährlich«, sagte sie. »Wenn die Sie überführen …« Ihre Hand wischte über ihren Kehlkopf.

»Ich will, dass Herr Kippenberger das Land verlässt, und dies so bald wie möglich.«

»Da sind wir einer Meinung.«

»Haben Sie Kontakt zu ihm?«

»Seit Monaten nicht.«

»Sie schwindeln mich an. Sie haben gemeinsam mit ihm in Tegel eingekauft. Dafür gibt es Zeugen.«

»Überall Verrat.«

»So würde ich es nicht sehen. Man weiß nur nicht mehr, wer einen verraten wird und wer nicht.«

Sie nickte. »Ob ich Sie verrate oder Sie mich.«

»Wenn Sie’s so sehen wollen.«

»Was wollen Sie dann von mir?«

»Ihren Mann sprechen.«