Ein Nachttopf?« Theo starrte seine Enkelin an, als sei sie eine Mischung aus Fata Morgana und jemand, den er lieber nicht treffen wollte. Dann fiel sein Blick auf die Porzellanscherbe in seiner Hand. »Wie kommst du darauf, dass das ein Nachttopf sein könnte?«
Nettie zuckte mit den Schultern. Sie hatte sich ebenfalls zu der kleinen Runde um den Tisch voller Bücher gesellt, hauptsächlich deshalb, weil Damien gern mit dem Regisseur sprechen wollte. Ob der das genauso sah? Nun, jedenfalls hatte er noch nicht die Flucht ergriffen, was für den mürrischen Zeitgenossen schon als äußerst positiv zu bewerten war.
»Wir haben einige davon in einer Kiste auf dem Dachboden, weißt du nicht mehr? Dad wollte sie nach dem Umbau in den Zimmern ausstellen, als Dekoration, aber Mum und ich hatten Angst, dass sie tatsächlich jemand benutzen würde.«
Immer noch starrte Theo seine Enkelin an. Ja, es dämmerte etwas in seinem maroden Gedächtnis. Etwas, das er genauso gern vergessen würde wie die Fata Morgana da vor ihm.
»Ein Nacht…«, begann Bruno glucksend, schwieg aber, als Theo ihm einen mahnenden Blick zuwarf.
»Wieso haben wir Nachttöpfe auf dem Dachboden?«, knurrte er geradezu.
Einmal mehr zuckte Nettie mit den Schultern. »Sie stammen wohl noch aus der Zeit, als das Klo draußen war.« Und an Damien gewandt: »Ein Plumpsklo, brrr.«
Ein Plumpsklo, dachte Theo mit versteinerter Miene. Eine mannshohe Holzschachtel also, mit einem Herzchen als Guckloch? Passend zu dem Herzen, das seinen schmiedeeisernen Schlüssel zierte?
Es war so still in der Runde, dass man den Wind um den Kamin pfeifen hören konnte. Etwa fünf Sekunden lang. Dann brach ein schallendes, polterndes Lachen aus Bruno heraus. »Und das Loch, in das du gefallen bist«, japste er, und Theo rief: »Sprich das ja nicht aus!«