Das Feuer war bis weit ins Landesinnere zu sehen. Es strahlte über die Bucht hinüber nach Penzance und weiter nach Newlyn, tanzte über die Wellen, spuckte seine glühend heißen Funken in den Nachthimmel über Cornwall.
Noch Wochen später war es das Gesprächsthema in Port Magdalen – und nicht nur dort, sondern in einem beeindruckenden Umkreis. Man kennt das. Geschichten werden größer und bunter, je öfter sie erzählt werden. Das Feuer, das um ein Haar das Wild-at-Heart-Hotel verschlungen hätte, hieß es. Das seinen Besitzer, Theo Wilde, annähernd umgebracht und seine Schwiegertochter, das arme Gretchen, um ein Haar in die Flucht geschlagen hatte. Die Wahrheit entpuppte sich als ein kleines bisschen weniger drastisch, allerdings gar nicht so viel.
Ins Krankenhaus war Theo Wilde schon eingeliefert worden, allerdings nur für eine Nacht, wegen einer Beule am Kopf, die er sich beim Sprung aus der brennenden Scheune zugezogen hatte. Und Gretchen, richtig. Für fünf Minuten war der so ziemlich alles über den Kopf gewachsen, was einem über den Kopf wachsen konnte, doch noch bevor sie die Insel überhaupt verlassen hatte, besann sie sich eines Besseren. Port Magdalen war ihr Zuhause. Was sie auch Nicholas erzählte, zu dem sie sich nun endlich öffentlich bekannte, was nicht zuletzt ihre Tochter Nettie furchtbar freute (war sie es doch gewesen, die sich nichts mehr gewünscht hatte, als dass ihre Mutter eine neue Liebe fand – so sehr, dass sie sie unbedingt mit diesem amerikanischen Liebesromanautor hatte verkuppeln wollen, was sich als reichlich hanebüchen erwiesen hatte. Doch dies ist eine andere Geschichte).
Wie dem auch sei: Gretchen war endlich wieder glücklich. Theo ebenfalls, denn das Hotel stand schließlich noch, und der Kopf war auch noch dran. Von den dreien war Nettie somit diejenige, die am meisten Grund zur Klage hatte: Die Versöhnung mit ihrem besten Freund Damien stand nach wie vor aus, denn nach dem mittlerweile sagenumwobenen, so leidenschaftlichen wie überraschenden Kuss und den daraus folgenden unschönen Eifersüchteleien herrschte zwischen den beiden Teenagern erst einmal Funkstille.
Nun. Immerhin hatte Nettie noch ihren Kater, Sir James, und ihre Hühner. Auch Paolo, der Esel, und Fred, das Frettchen, waren der Feuersbrunst unbeschadet entkommen, und im Gegensatz zu Theo hatten sie sogar schon wieder ein Dach über dem Kopf – ein nigelnagelneues Dach über einem nigelnagelneuen Stall, den der alte Herb Wallister in einer beherzten Hauruck-Aktion hochgezogen hatte.
Mitte Oktober war das gewesen. Dann hatte sich Herb beim Herabsteigen der Leiter das Kreuzband in seinem linken Knie gerissen, und damit waren einmal mehr die Pläne der Familie Wilde über den Haufen geworfen. Mit, sagen wir, interessanten Folgen. Interessanten, turbulenten, bahnbrechenden Folgen.
Aber Sie werden ja sehen.
Denn wie heißt es so schön?
Willkommen im Wild-at-Heart-Hotel. Was kann die Liebe für Sie tun?