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Weg der Wandlung – den Blickwinkel verändern
W ir können nicht alle Ereignisse in unserem Leben beeinflussen. Dinge passieren einfach, ohne dass wir sie beeinflussen oder verändern können. Das betrifft nicht nur das Wetter draußen, sondern unser gesamtes Leben Tag für Tag.
Wenn es große, einschneidende Ereignisse sind, können sie unseren Alltag nachhaltig verändern. Wir verlieren plötzlich unseren Job. Unser Lebenspartner verliebt sich in jemand anderes und verlässt uns. Ein von uns geliebter Mensch erhält eine tödliche Diagnose. Das Kind der Nachbarin stirbt an einem Unfall.
Und das jüngste Ereignis, das nicht nur unseren persönlichen Lebenszusammenhang betrifft, sondern weltweit alles in Atem gehalten hat, war die Corona-Krise.
Dieses Ereignis begann unauffällig, weit weg in China im Dezember 2019 und kam erst schleichend und dann plötzlich überwältigend nach Europa und in die ganze Welt. Mit Corona hat sich weltweit alles grundlegend verändert, und die Folgen sind immer noch nicht absehbar.
Menschen rund um den Erdball wurden überflutet mit Schmerz, Tod und Trauer. Doch inmitten dieser schwarzen Wochen und Monate geschah etwas Wunderbares, etwas Heilsames für diesen Planeten und für jeden Einzelnen von uns. Es begann mit einzelnen Meldungen in den Medien und verbreitete sich so schnell und ansteckend wie das Coronavirus selbst:
die Freude am Leben.
Zuerst begannen die Italiener damit, die am schlimmsten betroffen waren, im März 2020. Sie machten auf ihren Balkonen abends zusammen Musik, drückten ihre Lebensfreude aus. Es folgten unendlich viele Menschen in Europa diesem Vorbild, veranstalteten im Internet Konzerte, lebten ihre Kreativität aus und suchten immer die Gemeinschaft mit den anderen: »Wir sind nicht allein«, lautete die Botschaft. »Wir halten zusammen und schaffen es.« Wir sind alle miteinander verbunden. Wir lernen, das Leben wieder richtig zu schätzen. Das, was wir haben. Wir hören wieder mehr auf unsere innere Stimme und unsere ureigenen Bedürfnisse, was uns wirklich wichtig ist im Leben: Zeit, Freunde, Familie, Partner, Spiritualität, innerer Frieden, Leichtigkeit, Gelassenheit und vieles mehr.
Albert Einstein hat einmal etwas Weises gesagt:
Der Mensch ist ein Teil des Ganzen, das wir Universum nennen, ein in Raum und Zeit begrenzter Teil. Er erfährt sich selbst, seine Gedanken und Gefühle als abgetrennt von allem anderen – eine Art optische Täuschung des Bewußtseins. Diese Täuschung ist für uns eine Art Gefängnis, da sie uns auf unsere eigenen Vorlieben und auf die Zuneigung zu wenigen Nahestehenden beschränkt. Unser Ziel muß es sein, uns aus diesem Gefängnis zu befreien, indem wir den Horizont unseres Mitgefühls erweitern, bis er alle lebenden Wesen und die gesamte Natur in all ihrer Schönheit umfaßt.
(Aus: Ideas and Opinions)
Du erkennst die unfassbare Tiefe, die in dieser Aussage von Einstein liegt, gerade nach unserer gemeinsamen Erfahrung der Corona-Krise.
Lese Einsteins Worte gerne jetzt gleich noch einmal aufmerksam durch und erlaube ihnen, tief in dein Bewusstsein einzudringen und deine neue Bewusstheit zu stärken.
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Wie kam es dazu, dass während dieser globalen Krise viele Menschen in aller Welt mitfühlend und helfend handelten? Dass sie sich in Einsteins Sinn »aus dem Gefängnis befreiten«, indem sie nicht mehr nur die nahestehenden Menschen und die eigenen Belange sahen. Sie entwickelten Mitgefühl für andere, die ihnen fremd waren, sie erweiterten ihren Horizont.
Wie kam es dazu?
Tief in uns allen steckt diese Verbundenheit, dieses Einssein, dieses Mitgefühl und die Empathie für alle anderen Lebewesen – diese spirituelle Kapazität. Den meisten Menschen ist dieser spirituelle Zugang aufgrund gesellschaftlicher Konditionierungen nicht bewusst. Mit Bewusstheit werden sie ihn wiederentdecken können. Und dazu braucht es meist ein außergewöhnliches Ereignis wie Corona, das innerhalb kürzester Zeit die Welt und damit unser Leben im Alltag »anhält« und für immer verändert.
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Die Verbundenheit und das Positive zu suchen, zu erkennen und zu betonen, das ist eine Fähigkeit, die essenziell für dich ist. Du hast die Schlüsselfragen deines Lebens beantwortet: wer du sein willst und wie du sein willst. Du hast die ersten Stufen auf der Treppe deiner Persönlichkeitsentfaltung genommen. Du schaust nach oben, wo dein Ziel ist. Doch immer wieder wird dein Blick abgelenkt durch Ereignisse, die du nicht beeinflussen kannst.
Es gibt eine sehr wichtige Wahrheit, die in Krisen wesentlich ist für dich. Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um eine persönliche Krise handelt, ob du selbst oder jemand aus deinem Umfeld einen Schicksalsschlag erleidet oder ob es sich um eine weltweite Krise wie die Corona-Pandemie handelt. Diese Wahrheit lautet:
In jedem Ereignis, in jedem Geschehen, das dir widerfährt, ist eine Chance verborgen. Eine Chance, dich weiterzuentwickeln, deine Persönlichkeit zu entfalten. Eine Chance, dein Glück zu finden. Im Leben geschieht immer alles für dich, nie gegen dich.
Du kannst viele Ereignisse – und auch andere Menschen mit ihrem Verhalten – nicht kontrollieren. Doch die eine Sache, die du immer bewusst wählen und lenken kannst, ist der Blickwinkel, aus dem heraus du das Geschehen beobachtest. Du änderst deinen Blick von der Schwärze weg, hin zum Licht. Lass es mich an Beispielen, auch an einem aus meinem eigenen Leben, klarmachen.
Stell dir vor, du arbeitest in einer Firma, in der du dich sehr wohlfühlst. Du gehst jeden Morgen richtig gerne zur Arbeit. Eines Morgens wirst du in die Chefetage gerufen und bist gespannt, ob dir dein Chef vielleicht danken will – für das letzte Projekt, das du so gut gemanagt hast. Vielleicht möchte er ja deine Kompetenzen erweitern, dir mehr Verantwortung geben? Du eilst also neugierig die Treppe hinauf, und die Assistentin des Chefs lässt dich in dessen Büro eintreten. Die Personalchefin ist auch schon im Büro. Also geht es wohl um eine neue Aufgabe?
Der Chef bittet dich, Platz zu nehmen, und du setzt dich ihm gegenüber auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Er schlägt eine Mappe auf, schaut dich mit ernster Miene an und sagt dann: »Wir müssen uns leider von Ihnen trennen.«
Dann drückt er dir das Kündigungsschreiben mit ein paar Floskeln in die Hand. Du bist sprachlos und du merkst, dass auch ihm die Situation höchst unangenehm ist. Du spürst Wut in dir aufsteigen, kannst nicht fassen, was gerade passiert. Angst breitet sich in deinem Körper aus. Du hast eine Familie zu ernähren, einen Urlaub geplant oder baust gerade ein Haus. Und die Frage »WARUM?« liegt dir auf der Zunge, doch du bist unfähig, in diesem Moment des Schreckens deine Gedanken zu ordnen. In deinem Kopf überschlagen sich die Fragen.
Für die allermeisten Menschen bricht in solch einem Moment die Welt zusammen. Sie stellen sich selbst und alles infrage. Sie verzweifeln, denn sie befinden sich im Schockzustand. Ängste und Sorgen übernehmen die Oberhand, überwältigen sie.
Andere reagieren wütend, frustriert und zutiefst verletzt. Bei manchen kommt beides zusammen. All diese Reaktionen und Gefühle sind völlig normal. Und es ist auch wichtig, dass sie geschehen und dass du sie zulässt und durchlebst. Zumindest in dem Moment, an dem Tag, an dem es geschieht.
Die Frage ist nur, wie es dann weitergeht, wie sich jemand verhält, wenn der Schockzustand sich auflöst.
Bei vielen Menschen ist das, was nun kommt, negativ. Weil sie keine Strategie kennen, um mit einem derartigen Rückschlag KONSTRUKTIV umzugehen. Sie wissen nicht, wie es weitergehen soll. Wie sie sich wieder aufrappeln können, um positiv und gestärkt in die Zukunft zu gehen – zum Beispiel, indem sie nach einem neuen Job suchen, der ohnehin viel besser zu ihnen passt. Nach einem Job, der viel mehr ihren Stärken entspricht, ein spannenderes Aufgabengebiet hat oder ein besseres, kollegialeres Umfeld bietet. Stattdessen versinken sie in Selbstmitleid und lecken ihre Wunden. Andere sinnen auf Rache.
Auf jeden Fall ist ihr Blickwinkel auf das Negative dieser Kündigung gerichtet: »Dieser unfähige Typ.« – »Diese bescheuerte Firma.« – »Ich verklag euch alle.« – »Das Leben ist ungerecht.«
Mit dem Fokus auf das »Problem« Kündigung lassen sie sich von einer Welle negativer Gedanken und Gefühle fluten. Niemand kann sie umstimmen, vielleicht reagieren sie sogar aggressiv auf gute Ratschläge von Partnern oder Freunden. Vielleicht erkennen sie nicht einmal, dass diese an sie glauben und sie unterstützen wollen.
Ja, eine Kündigung mag schlimm und manchmal auch existenziell bedrohlich sein. Dennoch kommst du im Leben am schnellsten wieder auf die Beine, wenn du konstruktiv damit umgehst und lernst, in diesem Ereignis den Schlüssel zu finden, der dich in deinem Leben weiter nach vorne bringt.
Es ist tatsächlich möglich, auch in einer solchen persönlichen Katastrophe die Chance zu finden, das Gute zu entdecken. Dafür gilt es, den Blickwinkel zu ändern, dich auf das zu fokussieren, was dich aus diesem Geschehen und deinen negativen Gefühlen herauszieht.
Und nun kommt das Entscheidende für dich:
Die Fähigkeit, unseren Blickwinkel auf das Gute, die Chancen und die Möglichkeiten zu lenken, ist trainierbar!
Ergreife deine Chance – die ganz besondere
Ja, eine Kündigung schmerzt. Ja, eine Kündigung kann einen Menschen, sogar eine ganze Familie kurzfristig aus der Bahn werfen. Eine Kündigung kann Unruhe in dein Leben bringen.
Doch ebenso kann sie eine riesengroße CHANCE sein. Du bekommst die außergewöhnliche Chance für dich, egal, wie jung, egal, wie alt du bist, beruflich noch einmal komplett durchzustarten. Du bekommst die Chance, dich vielleicht endlich in die Richtung zu entwickeln, von der du immer geträumt hast. Vielleicht hast du dich bisher nur nicht getraut, den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Das Schicksal hat dir nun einen Tritt in den Hintern gegeben, etwas zu finden, was dir noch mehr Spaß macht. Dir Zeit zu nehmen und bewusst über die folgenden Fragen nachzudenken:
Was möchte ich für den Rest meines Lebens beruflich WIRKLICH machen?
Wohin möchte ich mich entwickeln?
Wer oder was möchte ich beruflich wirklich gerne sein?
Das Leben stellt dich genau zu diesem Zeitpunkt vor diese Herausforderung, damit du daran wachsen kannst. Weil JETZT die richtige Zeit dafür ist. Wenn du den Blickwinkel in diese Richtung lenkst, wirst du deine Kraft in dir spüren. Die Kraft, dass du mit dieser Situation umgehen kannst. Es ist deine Chance. Es ist deine Entscheidung, wie du darüber denkst. Überlege einmal:
Wenn dir gekündigt worden ist, warst du beruflich vielleicht noch nicht am richtigen Platz? War wirklich alles okay für dich? Stimmte alles rundum? Oder gab es Probleme, die du vielleicht ignoriert hast? Vielleicht betrafen sie dich gar nicht persönlich? Vielleicht muss die Firma Arbeitsplätze einsparen und kündigt also zuerst den Mitarbeitern, denen sie wegen der Sozialauswahl zuerst kündigen darf?
Wie auch immer: Es gibt sicher einen besseren Ort für dich. Eine befriedigendere Arbeit und ein angenehmeres Arbeitsklima. Du wirst diese Arbeit finden, die auf dich wartet. Du bist beruflich einfach noch nicht angekommen, wo du ankommen sollst.
Kündigungen geschehen nie GEGEN DICH, sondern IMMER FÜR DICH.
Eine Kündigung ist die Chance für einen Neuanfang. Eine Chance, etwas Wertvolleres, Besseres aus deinem Leben zu machen. Eine Arbeitssituation zu finden, in der du dich voll entfalten kannst. Die dich glücklich macht.
Diese Arbeit gibt es – immer! Suche sie, bis du sie gefunden hast. Vielleicht ist es sogar der Weg in die Selbstständigkeit. Erkenne das Gute, die Chance und die Möglichkeiten, die sich dir jetzt eröffnen. Lass das hinter dir, was du ohnehin nicht beeinflussen kannst.
Wie ich selbst meine Chance erkannte
Du meinst, ich habe ja gut reden? Ich wüsste nicht, was eine Kündigung bedeutet?
Dann lies meine persönliche Geschichte:
Mit neunzehn Jahren hatte ich den Traum, Basketball-Profitrainer in der deutschen Basketballbundesliga zu werden. Für diesen Traum habe ich Tag und Nacht an sieben Tagen die Woche gearbeitet. Mit fünfundzwanzig bekam ich unvermittelt die Chance, zuerst der Assistenztrainer und wenig später – sozusagen über Nacht – einer der jüngsten Basketball-Bundesliga-Cheftrainer zu werden. Ich sagte zu und übernahm den Job. In meiner Wahrnehmung war mein Traum Realität geworden.
Mit sechsundzwanzig wurde ich zum ersten Mal gefeuert. Ich weiß heute noch, wie ich vollkommen in mich zusammengefallen bin, als mein Manager mir die Kündigung ausgesprochen hat.
Ich fing an zu weinen, weil in meiner Realität in diesem Moment mein Traum zerplatzte. Ich war gescheitert. Tagelang lief ich wie betäubt durch die Gegend und konnte es nicht fassen. Dann wechselte meine Gefühlslage: Ich wurde wütend und – innerlich – aggressiv. Ich fluchte über den »bescheuerten Manager«, der mir in meinen Augen in den Rücken gefallen war. Ich war wütend auf unsere Fans, die mich bei Heimspielen nicht genügend unterstützt hatten. Ich war sauer auf die Spieler, die sich nicht genug angestrengt hatten. Und natürlich gab ich auch den Medien die Schuld, weil ihre Berichterstattung in den Wochen vor meiner Kündigung zu negativ gewesen war.
Konnte denn keiner sehen, dass ich mit meinen sechsundzwanzig Jahren jeden Tag mein Bestes gab? Dass ich von morgens bis nachts durcharbeitete, um dem Verein zu helfen? Dass ich daran arbeitete, jeden Spieler besser zu machen? Ich war so enttäuscht und frustriert.
Mein Lebenstraum, meine Welt war zusammengebrochen. Diese negative Gedankenspirale sorgte dafür, dass ich mich plötzlich wie der größte Versager fühlte. Ich traute mich nicht einmal mehr, durch die Stadt zu gehen – damit keiner diesen Versager sehen konnte.
Es dauerte eine Zeit, bis ich in der Lage war, meinen Blickwinkel zu ändern und die gleiche Situation mit anderen Augen zu sehen. Irgendwann wurde mir bewusst, dass Profitrainer zu sein für mich nicht das Richtige war. Ich erkannte, dass ich nicht die notwendigen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften eines guten Profitrainers hatte. Und mir wurde auch bewusst, dass ich während meiner Amtszeit nie wirklich »in meiner Kraft gestanden« hatte.
Ich hatte diese Mängel mit Fleiß und Anstrengung zu kompensieren versucht, aber das klappte natürlich nicht. Und schließlich wurde mir sogar klar, dass ich als Profitrainer nicht glücklich gewesen war, sondern in erster Linie nach Anerkennung gestrebt hatte.
Eines Nachts stieg in mir die BEWUSSTHEIT auf, dass das Schicksal mir mit dieser Kündigung sagte:
»Christian, mit dieser Kündigung möchte ich dir helfen. Gestehe dir ein, dass der Profisport nicht das richtige berufliche Feld für dich ist. Entwickle dich beruflich in eine andere Richtung.«
Heute bin ich unglaublich DANKBAR dafür, dass ich mit sechsundzwanzig dieses für mich wahnsinnig schmerzhafte Ereignis »Entlassung als Profitrainer« erleben durfte.
Hätte ich diese Kündigung nicht erlebt, wäre ich jetzt wahrscheinlich nicht der erfolgreiche Mentaltrainer und Seminarleiter, der ich bin. Ich könnte nicht in der für mich schönsten Branche arbeiten, der Persönlichkeitsentwicklung: Menschen zu helfen, das Beste aus sich und ihren Möglichkeiten zu machen.
Ich hätte bis heute nicht über fünfhunderttausend Teilnehmer in meinen Vorträgen und Seminaren unterstützen können, ein besseres Leben zu führen, wenn ich mit sechsundzwanzig nicht gekündigt worden wäre.
Heute besitze ich die BEWUSSTHEIT zu sagen:
DANKE, liebes Leben, dass du mich mit sechsundzwanzig Jahren durch diese Kündigung hast gehen lassen, um mir unmissverständlich die Botschaft zu schicken: Das Leben hat noch etwas viel Besseres mit dir vor.
Genau dies verdeutlicht der Titel dieses Buches:
BEWUSSTHEIT
Die Bewusstheit gibt dir die Fähigkeit, deinen Blickwinkel anzupassen, neu entstehende Chancen und Möglichkeiten zu erkennen und die notwendigen Veränderungen in deinem Leben anzustoßen. Das Ereignis »Kündigung« ist immer noch da. In der Außenwelt hat sich nichts getan. Doch in dir hat sich etwas verändert, und mit dieser inneren Wandlung erschaffst du nun Schritt für Schritt die gewünschte Veränderung in deiner äußeren realen Lebenswelt. Dein Leben wird sich von Grund auf zum Positiven hin wandeln.
Warte nicht, sondern werde aktiv!
In der Veränderung des Blickwinkels, indem du den Blick auf die Chancen, auf das Positive, richtest, steckt eine tiefe Weisheit:
Um nachhaltige Veränderungen in deinem Leben anzustoßen, braucht es oft noch nicht einmal eine Veränderung, die von außen kommt. Menschen müssen sich nicht besser oder unterstützender dir gegenüber verhalten; es muss kein Traumpartner in dein Leben treten, der dich von deinen Zweifeln erlöst, kein Lottogewinn, der dich befreit.
Du brauchst kein Glück, das dich sucht und dir gibt, was du jetzt brauchst. Denn das Glück ist in dir, du blickst nach innen und findest es.
Es braucht die Fähigkeit, mit »neuen« Augen auf dieselbe Welt zu blicken: deine gegenwärtige Lebenssituation aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Bleiben wir beim Thema Beruf, um die Bedeutung der Fähigkeit, den Blick auf das Positive zu richten, noch mehr zu verinnerlichen:
Stell dir vor, du wirst versetzt. Du arbeitest in einer großen Firma, und du darfst ab morgen in einer anderen Stadt arbeiten, vielleicht sogar in einem anderen Land, dessen Muttersprache du weder sprichst noch verstehst. Du darfst an einen neuen Ort mit anderen Menschen und einer anderen Kultur ziehen. An einen Ort, an dem du noch nie warst. An dem du dich nicht auskennst.
Wenn du diese Zeilen liest: Was lösen sie in dir für Gefühle aus?
Welche Empfindungen steigen in deinem Körper auf?
Wie schaust du auf dieses Ereignis?
Bist du frustriert, weil du vielleicht von deinem Partner oder deiner Familie getrennt wirst? Weil du an einen völlig unbekannten Ort gehen sollst? Siehst du sofort das Negative, die Probleme und Gefahren? Wie schwer es für dich werden könnte? Dass du gar »scheitern« könntest?
Oder erkennst du die Möglichkeiten?
Die Chancen, die sich dir bieten werden, wenn du mit einer offenen Haltung und einem freundlichen Geist diese Aufgabe angehst? Siehst du die Türen, die sich dir in einer neuen Welt öffnen werden? Siehst du, dass du eine neue Kultur und andere Menschen kennenlernen darfst? Siehst du, dass du mit diesen Erfahrungen Talente und Fähigkeiten weiterentwickeln kannst, die du bisher ungenutzt lassen musstest? Vielleicht wirst du eine neue Sprache erlernen oder vorhandene Sprachkenntnisse ausbauen können?
Erkennst du, dass auch deine privaten Beziehungen davon vielleicht profitieren können? Vielleicht ist dein Partner, deine Partnerin oder deine Familie ebenfalls offen für neue Erfahrungen an einem anderen Ort?
Vielleicht bekommst du mehr Verantwortung? Und damit auch eine Gehaltserhöhung am neuen Ort? Vielleicht legst du mit dem Wechsel sogar den Grundstein für eine spätere Selbstständigkeit?
Prüfe also genau, welche Chancen dir ein Ortswechsel bietet.
Der Dreisatz für den Umgang mit Gefühlen
Menschen, die negative Gefühle mit sich herumtragen, kommen oft aus dem Kreislauf negativer Gefühle und Gedanken nicht mehr heraus: Sie haben etwas erlebt, das sie traurig macht, können sich nicht mehr freuen und werden vielleicht sogar sauer, weil andere um sie herum gut gelaunt sind.
Oder sie sind wütend auf jemanden oder etwas, weil sie enttäuscht wurden. Und nun kommen sie aus der Spirale von Enttäuschung und Wut darüber nicht mehr heraus und schaffen es nicht, zu vergeben. Damit vergeben sie sich selbst nicht und machen sich Schritt für Schritt immer kränker.
Andere wiederum haben Angst vor etwas, vor einer Prüfung vielleicht, aber sie meinen, sie dürften auf keinen Fall Angst haben, weil sie dann zu nervös werden und die Prüfung nicht bestehen.
Kennst du solche oder ähnliche Situationen auch? Wie gehst du damit um, nachdem du in den ersten Abschnitten dieses Buches schon viel erfahren hast über den Umgang mit unangenehmen oder beängstigenden Ereignissen? Beherzigst du das, worüber wir gesprochen haben?
Du kannst jederzeit zurückblättern und die hilfreichen Imaginationen durchführen, die dich voranbringen.
Über eine Sache aber habe ich noch nicht klar genug mit dir gesprochen:
Über die Wahrheit, dass unsere Emotionen bipolar sind: Alles, was wir emotional erfahren und erleben, hat stets zwei Pole.
Diese Liste könnten wir endlos fortsetzen. Vor einem weißen Hintergrund kannst du das helle Licht nicht erkennen. Erst der Kontrast macht sichtbar, wie wertvoll das ist, was uns oft selbstverständlich erscheint. Wir leben in einem reichen Land: Wir haben nicht nur ein Dach über dem Kopf, ein Bett und ausreichend zu essen, sondern viel, viel mehr. Wir haben sogar so viel, dass wir jedes Jahr allein in Deutschland rund dreizehn Millionen Tonnen Lebensmittel wegwerfen (www.zeit.de , 30.05.2019). Übrigens ist ein ganz großer Anteil von Früchten und Gemüse dabei, der allein deshalb, weil er nicht »schön« genug ist oder nicht der EU-Normgröße entspricht, in den Abfall wandert.
Menschen wie unsere Großeltern und Urgroßeltern, die Kriege erlebt haben, Angst, Schrecken und Hunger kennen, haben erzählt, wie selig sie waren, als sie wieder genug zu essen hatten. Wie hoffnungsfroh sie in die Zukunft schauten. Die Erlebnisse ihrer Kindheit haben sie geprägt, meist für ein ganzes Leben. Seien wir dankbar, dass uns das alles erspart geblieben ist.
Für dich und dein Leben im Hier und Jetzt ist wichtig:
Jedes Gefühl – auch negative Gefühle wie Traurigkeit, Enttäuschung, Scham, Ängstlichkeit – hat seine Berechtigung.
Traurigkeit, Angst oder Scham zu empfinden gibt dir die Gelegenheit, die gegensätzlichen Gefühle dazu tiefer spüren zu können. Erst im Kontrast zu diesen unangenehmen Gefühlen wirst du – bei anderer Gelegenheit – tiefe Freude, Dankbarkeit, Liebe und Mut erleben.
Bleibe authentisch und verdränge deine negativen Gefühle nicht, sondern beobachte sie, übe Bewusstheit . Sei achtsam und aufmerksam für jedes Gefühl, das in dir aufsteigt. Schau es genau an, durchlebe es und – lass es wieder gehen. Jedes Gefühl wird sich früher oder später auch wieder verabschieden.
Negative Gefühle steigen in dir auf, wenn du Unangenehmes erlebst. Beobachte, was mit dir geschieht. Sei im ersten Schritt dankbar für jedes Gefühl, das in dir entsteht. Dankbarkeit löscht den Widerstand gegen bestimmte Gefühle erst einmal aus. Dankbarkeit reinigt dich, heilt dich.
*
Du weißt inzwischen, dass du deine Blickrichtung verändern wirst, nachdem sich der Schock oder die Trauer gelegt haben. Du suchst die Chance in dem, was dir zugestoßen ist. Du wirst erkennen, welche Möglichkeiten dir offenstehen, wenn du die Perspektive änderst. Und daher ist der richtige Umgang mit deinen Gefühlen für die Zeit während und unmittelbar nach einem Unglück, einem Schicksalsschlag oder einer Enttäuschung:
das Gefühl wahrnehmen,
das Gefühl durchleben,
das Gefühl gehen lassen.
Jedes Gefühl, das in dir aufsteigt, verabschiedet sich auch wieder von dir. Daher gilt stets dieser Dreisatz für den Umgang mit deinen Gefühlen: wahrnehmen, durchleben, gehen lassen.
Wenn du mit einer leicht depressiven Grundstimmung durch den Tag gehst, spüre in deinen Körper hinein und frage dich:
Was passiert gerade mit mir?
Zieht sich meine Brust zusammen? Atme ich flach? Spanne ich meine Schultern an? Wie lange nehme ich schon diese verspannte Körperhaltung an? Warum bin ich passiv und fühle mich kraftlos? Beobachte deinen Körper und deinen Geist. Was ist die Ursache deiner Grundstimmung? Kannst du etwas dagegen tun? Oder kommst du ihr im Moment nicht auf den Grund?
Dann experimentiere, wie du dieses leicht depressive Gefühl ziehen lassen kannst: Vielleicht triffst du dich mit Freunden? Vielleicht machst du etwas, das dir Freude bereitet?
Du gehst tanzen, machst Sport oder gehst spazieren an der frischen Luft. Du schaust endlich den Film an, den du schon lange sehen wolltest. Oder du liest das Buch, das dir neulich empfohlen wurde. Auch ein Podcast oder gute Musik könnten deine Grundstimmung verändern.
Mit BEWUSSTHEIT erkennst du die Botschaft, die dir dein Innerstes in diesem Moment der leichten Verstimmung vermitteln möchte:
»Du bist zu passiv.« – »Komm ins Handeln.« – »Pack dein Leben an.« – »Beweg deinen Körper. Mach Sport.« – »Hör auf, über ein bestimmtes Thema zu grübeln.« – »Schalte das negative Gedankenkarussell in deinem Kopf ab.« – »Denk über andere, schönere Dinge nach.«
Experimentiere so lange, bis du die Botschaft verstanden hast. Dann verabschiedet sich das depressive Gefühl wieder von dir, weil du gehandelt hast; es hat seine Berechtigung verloren.
*
Negative Gefühle sind also nichts, wovor du Angst haben musst. Sie gehören zum Leben dazu, und sie werden immer wieder entstehen. Denn es wird immer wieder Ereignisse geben, die du nicht ändern kannst, die unvorhersehbar sind. Das perfekte Leben gibt es nicht. Mein Leben ist auch nicht perfekt.
Stell dir doch mal vor, unser Leben wäre perfekt. Es wäre dann garantiert todlangweilig. Weil wir noch nicht einmal erkennen könnten, wie gut ein gutes Gefühl ist, wie schön Freude und Glück sind. Denn wir würden das Helle vor der weißen Wand nicht sehen können. Und wir hätten überhaupt keine Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln. Wir müssten keine Aufgaben mehr bewältigen. Wäre das nicht schrecklich?
Jeder Mensch hat seine Herausforderungen. Sei dankbar für deine Herausforderungen. Sie zeigen dir deinen Weg im Leben und deine nächsten Entwicklungsmöglichkeiten.
Nein? Du bist noch nicht überzeugt?
Denkst du, dass du ein so großes persönliches Problem lösen musst, dass du diese Herausforderung nicht bewältigen kannst?
Willst du dich etwa blockieren lassen und deine wertvolle Lebenszeit vergeuden?
Nein!
Ändere deinen Blickwinkel auf das, was dich im Moment so sehr beschäftigt und bedrückt. Wenn es dir nicht sofort gelingt, dann ziehe jetzt sofort Bilanz: Notiere auf einem Blatt Papier, was alles Gutes in deinem Leben ist. Welche Menschen dich lieben. Welche Freunde du hast. Was dir Freude macht. Wofür du dankbar in deinem Leben bist.
Sei dankbar für alles, was du an Positivem auf deiner Liste vermerkst. Denke darüber nach, dass vieles von dem, was du notiert hast, dein Leben schon lange bereichert, du es vielleicht in deinem Alltag nur nicht mehr bewusst wahrnimmst und damit auch nicht mehr schätzt.
Mach dir bewusst: Das ganze Leben ist ein einziges Geschenk. Sei dankbar für dieses Geschenk – es ist das größte und schönste Geschenk, das du überhaupt bekommen kannst. Und deine Aufgabe ist es, dieses Geschenk, deine Lebenszeit, so weise wie möglich zu nutzen.
Nun schau dir noch einmal diese Herausforderung an, die dich aktuell so beschäftigt. Vor dem Hintergrund all dessen, was du an Positivem in deiner Liste notiert hast, wirst du nun erkennen, dass auch in dieser Herausforderung eine Chance verborgen ist. Du wirst sie nun suchen und finden.
Und dann gehst du bewusst durch jeden Tag der Woche und nimmst dir vor:
Ich verändere meinen Blickwinkel.
Weg vom Negativen. Hin zum Positiven.
Weg vom Mangel. Hin zu dem, was da ist.
Weg von Groll. Hin zu Liebe und Akzeptanz.
Weg von Selbsthass. Hin zur Eigenliebe.
Ich konzentriere mich auf das Gute, auf das Positive, auf das, was ich bereits habe.
Ich erkenne die Chancen, Möglichkeiten und Gelegenheiten in jeder Situation.
Jetzt auf einmal beginnt – gefühlt – dein Leben sich zu verändern. Es fühlt sich anders an, weil sich deine Perspektive verändert hat. In Wirklichkeit passiert im Außen vielleicht gar nichts! Nichts verändert deine Herausforderungen, sie verschwinden nicht einfach. »Außen« bleibt alles gleich, aber deine Wahrnehmung ist eine andere. Sie verändert dein Fühlen, Denken und Handeln hin zum Guten, Positiven.
Du erkennst nun die Chancen und Möglichkeiten. Du trainierst nun täglich, das Gute zu sehen, die Chancen zu erkennen und dein Handeln danach auszurichten.
Deine Konzentration auf das Positive erzeugt angenehme Gefühle in dir. Und mit diesen positiven Gefühlen in dir verändert sich dein Leben.
*
In meinen Seminaren erlebe ich das so oft, dass Teilnehmer am Ende sagen: »Dieses Seminar hat mein Leben komplett verändert.«
Es kommen immer mal wieder skeptische Journalisten zu meinen Events, weil sie nicht glauben können, dass ein Seminar das Leben von Menschen verändern kann. Dann interviewen sie einzelne Teilnehmer. Sie wollen herausfinden, ob sich messbar etwas verändert hat durch die Teilnahme. Sie wollen Belege dafür finden, ob die Seminarinhalte das Leben der Teilnehmer beeinflussen können oder nicht. Es passiert immer wieder, dass dann jemand sagt: »Ich kann nicht messbar formulieren, was sich verändert hat. Es fühlt sich nur so anders an.«
Was ist passiert?
Es ist schlicht und einfach der völlig neue Blickwinkel, den diese Menschen auf ihr Leben bekommen haben.
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Sobald sich der Blickwinkel eines Menschen verändert, verändert sich seine Wahrnehmung und damit sein Lebensgefühl. Ein Außenstehender kann es oft nur schwer nachvollziehen, wenn er versucht, es rational zu verstehen. Doch in jedem Fall nimmt er wahr, welche Begeisterung, welche Glücksgefühle Menschen ausstrahlen, deren Perspektive sich verändert hat.
Du erinnerst dich:
Erst geschieht es im Inneren, dann in der äußeren Wirklichkeit. Dein Blickwinkel ist der Schlüssel, um Zugang zu einer positiven Gefühlswelt zu bekommen.
Wir wollen oft so gerne die Dinge in unserem Leben verändern: »Ach, wenn ich endlich genug Geld hätte …« – »Wenn ich endlich mehr an mich glauben würde und mich selbst mehr annehmen könnte …« – »Wenn andere Menschen mich endlich mehr respektieren würden …« – »Hätte ich nur dies und jenes …«
Wenn du die Dinge ändern möchtest, die du nicht ändern kannst, gerätst du in einen sinnlosen, zermürbenden Kampf.
Viel einfacher ist es, deine Innenwelt zu ändern:
Ändere deine Sicht auf Menschen, Situationen und Ereignisse.
Nimm mit Bewusstheit wahr, dass Menschen, die in deinen Augen ein glücklicheres Leben führen, oft über die Jahre gelernt haben, Istzustände einfach immer durch die Brille der Chancen, Möglichkeiten und Gelegenheiten zu sehen. Und dann haben sie die Eigenverantwortung übernommen, das zu ändern und zu beeinflussen, was sie beeinflussen können.
Schmerzhafte Trauer und heilender Dank
Wir Menschen haben bei aller Verschiedenheit etwas gemeinsam. Zeit ist das Einzige, was uns wirklich gehört. Alles andere ist nur geliehen. Unser Leben ist endlich und nicht nur deshalb kostbar. Wenn wir jemanden verlieren, den wir lieben, erleben wir den tiefsten Schmerz, den wir kennen.
Trauer ist wichtig. Sich von einem geliebten Menschen zu verabschieden ist notwendig. Bis wir diesen Abschied nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich vollzogen haben, kann es lange dauern. Doch irgendwann gilt es, aus dieser Trauer herauszukommen, denn wir sind verantwortlich für unser eigenes kostbares Leben. Das Gestern ist nicht zu ändern, aber das Morgen schon. Der geliebte Mensch erhält einen Platz in deinem Herzen. Er ist zwar physisch nicht mehr da, aber er bleibt bei dir. Und das Schönste und Beste, was du für ihn und dich selbst tun kannst:
Du lässt die Traurigkeit ziehen. Du änderst deine Blickrichtung und lenkst deinen Blick vom Gestern auf das Morgen und dankst für das, was war. Du empfindest Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, die ihr miteinander hattet. Du vollziehst dieses heilsame Ritual jeden Tag. Du schließt deine Augen und dankst dem verstorbenen Menschen für all das, was ihr gemeinsam erlebt habt:
Trauer gehört dazu. Doch wenn ein Mensch nicht aus seiner Traurigkeit herauskommt, wird daraus ein dauerhafter Schmerz, ein Leiden. Ein Mensch, der leidet, hat sein Lebensglück aus der Hand gegeben. Trauer ist notwendig, doch das Leiden ist selbst gewählt. Komm aus dem Leiden heraus und ersetze Traurigkeit durch Dankbarkeit. Sei nicht traurig, dass der Mensch gegangen ist. Sei dankbar dafür, dass er da war.
Der Tod gehört zum Leben dazu, er vollendet das Leben.
Eine magische Frage, die dir in den schwierigsten Situationen immer weiterhelfen kann, ist die Frage:
Was ist das Gute daran?
Es mag in dunklen Momenten und extrem herausfordernden Situationen verdammt schwer sein, diesen Blickwinkel anzunehmen. Und in jedem Ereignis, egal, wie schmerzhaft oder frustrierend es ist, das Gute zu finden. Doch ich kann dir aus eigener Erfahrung empfehlen:
Werde ein Profi in dem Spiel »Was ist das Gute daran?«
Was auch immer dir passiert, finde das Gute in jedem Ereignis.
Finde heraus, wie diese Situation dir helfen kann.
Wie sie dich auf Dauer stärker, empathischer und weiser machen kann.
Dass du beim nächsten Mal besser damit umgehen kannst.
Damit du aus den schwierigsten Herausforderungen die Kraft mitnimmst, um dich in die beste Persönlichkeit zu entwickeln, die du werden möchtest.
Auch ich habe einen sehr schmerzhaften Schicksalsschlag erlebt. Lies, wie es mir gelungen ist, den Blickwinkel darauf zu ändern:
Mit sechzehn Jahren habe ich fern von meiner Familie in einem Basketball-Internat gelebt, weil ich Profi werden wollte. Neben der Abiturvorbereitung haben wir täglich zweimal trainiert. Vormittags und am Abend. Um dieses Pensum erfolgreich zu absolvieren, hatte ich ein Ritual:
Jeden Tag nach der Schule habe ich mich hingelegt und einen kleinen Mittagsschlaf gemacht, um am Nachmittag fit zu sein für die Abiturvorbereitung und die dreistündige Trainingseinheit am Abend.
Eines Tages, als ich meinen Mittagsschlaf hielt, klopfte es an meine Zimmertür. Das war absolut ungewöhnlich. Denn jeder wusste, dass ich um diese Zeit nicht gestört werden wollte.
Ich schreckte aus dem Schlaf hoch, die Tür ging auf, und mein Onkel, meine Mutter und mein Bruder standen da. Mit ernsten Gesichtern und Tränen in den Augen.
Im ersten Moment war ich vollkommen verwirrt, freute mich, meinen Lieblingsonkel zu sehen, und sagte: »Hey, was machst du hier? Schön, dich zu sehen.«
Im selben Moment merkte ich, dass die drei nicht gekommen waren, um mich zu überraschen, sondern dass hier etwas ganz gewaltig nicht stimmte.
Mein Onkel setzte sich neben mich auf die Bettkante und sagte:
»Christian, setz dich mal auf.« Er nimmt mich in den Arm und sagt zu mir: »Christian, du musst jetzt ganz, ganz stark sein.«
Ich frage: »Warum, was ist passiert?«
Mein Onkel brach in Tränen aus und schluchzte:
»Christian, dein Vater hat sich umgebracht.«
Ich kann mich an diese Situation noch heute so erinnern, als wäre sie gestern passiert. Ich wusste in diesem Moment nicht, wie ich reagieren sollte. Alles drehte sich um mich herum. Ich fiel in eine Art Schockstarre.
Und dann stellte ich nur eine Frage – immer wieder:
»Warum? Warum ist das passiert?«
Mein Vater hatte entschieden, sich aus dem Leben zu verabschieden, weil er als Unternehmer Millionen Schulden hatte. Bevor er seinen lang gehegten Traum von der eigenen Selbstständigkeit verwirklichte, war er ein Leben lang angestellt gewesen.
Doch er hatte immer den Traum mit sich herumgetragen, selbstständig zu sein. Und als dieser Traum innerlich für ihn real wurde, als mein Vater seine Geschäftsidee entwickelt und ein Patent darauf angemeldet hatte, handelte er und verwirklichte seinen Traum im realen Leben.
Sein technisches Konzept war, in großen Gebäuden wie Hotels enorm viel Heizenergie und damit Kosten sparen zu können.
Mein Vater fand einen Geschäftspartner. Die patentierte Idee war wirklich gut, doch mein Vater hatte keinerlei Erfahrung als Unternehmer und überließ deshalb seinem Partner den kaufmännischen Part. Und das funktionierte nicht. Auf einmal hatten sie Millionen Schulden. Mein Vater sah keinen Weg, diesen Schuldenberg abzutragen. Der Verkauf lief nicht wie geplant, und bei entscheidenden Präsentationsterminen funktionierte die Technik nicht so, wie sie es sollte.
Mein Vater kam mit dieser Situation nicht zurecht, er verzweifelte daran und entschied, sich aus dem Leben zu verabschieden.
Dieser Suizid war ein einschneidendes Ereignis in meinem Leben. Jahrelang beschäftigte es mich.
Wenn sich jemand aus dem Leben verabschiedet, weil er unheilbar krank ist, kann ich das nachvollziehen, aber so?
Wegen Geld? Wegen Papierscheinen, auf denen Zahlen stehen? Das war für mich nicht nachvollziehbar. Daher konnte ich lange Zeit die Entscheidung meines Vaters nicht akzeptieren.
Doch irgendwann änderte ich meinen Blickwinkel. Ich bewertete seinen Suizid nicht mehr aus meiner Sicht. Ich betrachtete ihn als Ereignis, das nichts mit mir persönlich zu tun gehabt hatte und das ich nicht beeinflussen konnte. Damit war ich in der Lage, die Entscheidung meines Vaters als seine eigene zu respektieren.
Es war seine Entscheidung  – nicht meine . Und seine Entscheidung hatte nichts mit mir zu tun, sondern entstand aus seiner eigenen Verzweiflung.
Dieser veränderte Blickwinkel gab mir die Freiheit zu fragen: Bei allem Schmerz, den ich spüre, welche wertvolle Erkenntnis kann ich aus diesem Suizid für mich mitnehmen, etwas, das mir für die Zukunft emotional hilft und mich nicht zerbrechen lässt?
Wie kann mir diese Erfahrung, so schmerzhaft sie ist, helfen, ein besseres Leben zu führen? Ein erfolgreicheres Leben? Wie kann ich die Fehler vermeiden, die er machte?
Bei der Beerdigung passierte dann etwas mit mir, von dem ich heute weiß, dass es meine Befreiung in meinem größten Schmerz war: Ich beschloss, dass mir selbst nie so etwas passieren würde wie meinem Vater.
Ich beschloss, nie in meinem Leben auch nur einen Cent Schulden zu machen; ich beschloss, eines Tages finanziell frei zu sein – für immer.
Ich beschloss, eines Tages erfolgreicher Unternehmer zu werden – der erste in unserer Familie.
Diese wegweisenden Entscheidungen für mein Leben traf ich innerlich während der Trauerfeier. Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen. Mit niemandem.
Doch diese Entscheidungen haben mich bis heute in meinem Tun begleitet:
Bis heute hatte ich nie auch nur einen Cent Schulden.
Heute bin ich finanziell frei.
Heute bin ich erfolgreicher Unternehmer.
*
Der Schicksalsschlag war für mich damals extrem schmerzhaft, doch gleichzeitig war er meine Befreiung:
Weil er mich motiviert hat, meinen Weg zu gehen.
Und diesen Weg als Unternehmer erfolgreicher zu gehen, als mein Vater es konnte. Ich habe auf diesem Weg auch Angst kennengelernt, weiß, wie es sich anfühlt, pleite zu sein und nicht zu wissen, wie es weitergehen soll. Ich weiß, wie es sich mit dem Druck von über vierzig Mitarbeitern lebt.
Ich habe mein Ding gemacht und bin meinem Herzen gefolgt. Und ich bin diesen Weg auch immer gegangen, um meinen Vater zu ehren.
Auch das ist mein Blickwinkel.
Verstehe bitte eines, Gewinner:
Alles im Leben ist eine Frage des Blickwinkels.
Du kannst nicht alle Ereignisse in deinem Leben beeinflussen. Doch wir wollen das immer.
Wir bilden uns ein, wir seien so mächtig, alles beeinflussen zu können, was wir auf dem Weg zu unserem gesetzten Ziel vorfinden.
Ja, wir können Ziele verfolgen und sie auch erreichen. Doch den Weg dahin, die Reise zum Ziel mit all ihren Hürden, können wir oft nicht beeinflussen. Und meistens ist diese Reise viel schwieriger, als wir es uns vorstellen können.
Verstehe bitte eines:
Dein Blickwinkel im Leben ist ALLES!
Beschließe, in jeder Situation auf das Gute zu schauen, nicht auf das Schlechte:
Persönliche Kritik zum Guten wenden
Die Veränderung deines Blickwinkels hilft dir auch, mit persönlicher Kritik gut umzugehen. Jeder von uns kennt das:
Du wirst von einem Menschen kritisiert, den du sowieso nicht sympathisch findest. Du empfindest die Kritik als verletzend, wirst sauer und schießt sofort zurück. Innerhalb weniger Sekunden seid ihr in einen hitzigen Schlagabtausch verwickelt.
Wie wäre es mit einem anderen Blickwinkel? Wie wäre es, dem Kritisierenden mit folgender innerer Einstellung zu begegnen?
Danke, dass du mir die Gelegenheit gibst, noch besser zu werden. Ich weiß, dass in jeder Kritik ein kleiner Funken Wahrheit steckt. Ich danke dir, dass du in mein Leben getreten bist und jetzt mein Prüfstein bist. Danke, dass ich üben darf, mich durch diese persönliche Kritik nicht verletzen zu lassen. Ich trainiere, in deinen Worten das zu finden, was mich auf sachlicher und inhaltlicher Ebene nach vorne bringt. Ich blende das persönlich Verletzende aus. Denn ich bin bereit zu lernen, Kritik nicht mehr persönlich zu nehmen. Weil ich weiß: Was Peter über Paul sagt, sagt oft mehr über Peter als über Paul.
Dazu hatte ich ein Erlebnis, das dir dieses Phänomen verdeutlichen kann:
Mit unserem Team war ich in einem Klausur-und-Strategie-Meeting in einem tollen Hotel in Österreich. Nach einem langen Tag bin ich in den Kraftraum gegangen und habe folgende Übung gemacht:
Ich stehe barfuß fest auf beiden Beinen und gehe langsam in die Hocke. Und zwar so, dass ich mit meinem Po auf den Fersen zu sitzen komme, während der gesamte Fuß weiterhin Bodenkontakt hat. Dann bleibe ich einige Minuten bewegungslos in dieser Hockposition.
Ich sitze da, schaue aus dem Fenster und versuche, den Schmerz zu unterdrücken. Eine Trainerin kommt vorbei, schaut mich an und sagt: »Hey, mach mal deinen Rücken gerade. Fall nicht so in dich zusammen. Bring ein bisschen Körperspannung in dich rein.«
Vor zehn Jahren hätte ich diese kritischen Worte als verletzend empfunden und wahrscheinlich in Gedanken (!) mit der Bemerkung reagiert: »Was fällt dir ein, mich so anzusprechen und mir deine Meinung aufzudrücken?!«
Doch heute bin ich dankbar, wenn Menschen sich die Zeit nehmen, mir ein Feedback zu geben. Ich sage zu der Trainerin: »Danke, dass du dir die Zeit nimmst, mir zu zeigen, wie ich die Übung richtig mache.«
In diesem Moment passiert etwas Faszinierendes. Die Dame bleibt stehen, legt ihre Tasche zur Seite und fragt: »Darf ich dir helfen?«
»Ja klar, gerne, hilf mir bitte, besser zu werden. Ich bin dankbar für deine Unterstützung.«
Sie geht neben mir in die Kniehocke, macht die Übung perfekt vor und sagt: »Schau mal, strecke deinen Rücken komplett durch. Richte deinen Nacken gerade auf. Schau nach vorne. Falte deine Hände in eine Gebetsposition. Geh mit deinen Ellenbogen von innen an die Knie und drücke die Knie so ein bisschen auseinander.«
Auf einmal machen wir die Übung gemeinsam.
Schließlich meint sie: »Wenn du jetzt noch die Augen schließt, ganz tief ein- und ausatmest und dich auf deine Atmung konzentrierst, kannst du ein meditatives Training zur Selbstberuhigung aus dieser Übung machen.«
Dankbar schaue ich sie an und sage zu ihr:
»Danke, dass du dir die Zeit nimmst und dass du mir das jetzt auch noch gezeigt hast. Du weißt echt viel. Du bist eine tolle Trainerin.«
Innerhalb von zwei Minuten sind wir Freunde und mögen uns.
Der Startschuss für diesen guten Kontakt war, dass ich ihr erstes Feedback nicht als Kritik, sondern als Einladung aufgefasst habe.
Sei dankbar für jeden Menschen, der dir ein Feedback gibt – egal, in welche Richtung es geht.
Feedback ist das Frühstück der Champions!