4. Die Matrix Filmreihe – Okkulter Goldstaub

Wenn ich die Matrix-Filme erwähne und uneingeschränkt weiterempfehle, dann nicht nur, weil sie offensichtlich das Thema einer maschinellen dystopischen Zukunft behandeln. Der springende Punkt ist, dass diese Kunstwerke der Filmgeschichte in die Tiefe der philosophischen Kernfragen des Daseins hineinstechen. Wenn die im Vorherigen dargestellte Mustertheorie wirklich stimmen sollte, dann wäre eine simulative Welt, wie sie in Matrix dargestellt wird, keinesfalls bloße Utopie. Um die vier Filme dieser Reihe wirklich bewusst wahrzunehmen, braucht es jedoch teilweise abstraktes Hintergrundwissen, welches erst eine neue Blickweise auf die einzelnen Szenen der Blockbuster ermöglicht. Mit den Impulsen, die du in diesem Buch aufsaugen wirst, erscheinen übrigens sehr viele Science-Fiction Filme in einem völlig anderen Licht. Schau die großen Hollywoodproduktionen also gerne nochmals an, wenn du alle Kapitel gelesen und verarbeitet hast. Die folgenden Ausführungen sind auch für alle Menschen interessant, die bisher keinen der Matrix-Filme gesehen haben.

Wissenschaftlich bilden wir uns ein, dass wir die Details der Schöpfung nahezu exakt untersuchen und skizzieren können. Doch die entscheidenden Fragen bleiben dennoch offen, wie jeder Wissenschaftler an einem bestimmten Punkt seiner Recherche herausfinden wird. Wer als echter Wissenschaftler der ernsthaften Meinung ist, dass wir alles rein auf der materiellen Ebene erklären könnten, hat seine Arbeit leider sehr bequem aufgefasst und sich nicht die wahrhaft provokanten Fragen gestellt. Wir reden beispielsweise vom Urknall. Der Startpunkt aller Dinge bleibt also im Dunkeln, der erste Funke der Existenz bleibt ohne Erklärung. 26 War dies der Start der Simulation? Die Wissenschaft kann zwar Gesetze definieren und Regeln herausfinden, die in der Natur gelten. Doch warum gerade diese Regeln existieren und wie sie entstanden sind, all das bleibt ein Geheimnis. Es scheint so, als würden viele Wissenschaftler der heutigen Zeit sich mit profanen Antworten auf ihre Grundannahmen zufrieden geben, anstatt aus Neugier die wahrhafte Suche nach Erkenntnis zu fokussieren. Doch welche Parallelen hat unsere Welt nun mit der Simulation einer Matrix?

Die aktuell kleinsten bekannten Einheiten, über die sich die Physik mittlerweile relativ einig ist, sind die Elementarteilchen (Quarks, Leptonen, Bosonen). 27 Im Kern der Atome verbaut, haben diese Bausteine eine spannende Eigenschaft: Sie existieren in mehreren Zuständen zeitgleich und legen sich erst auf einen Wert fest, sobald ein Beobachter sie dazu zwingt. 28 Kann man hier eine Analogie zu einer Computerspiel-Welt herstellen, bei der alles in 0 und 1 vorhanden ist und die Welt erst dann geladen wird, wenn der Spieler sie betritt bzw. betrachtet? Wir könnten uns aber auch die einzelnen Pixel unseres Universums anschauen, die Planck-Länge. Diese Messgröße ist die kleinste messbare Einheit, die es gibt (1,6 x 10-35 m). 29 Aus unvorstellbar vielen dieser minimalen Einheiten besteht unsere Welt, wir könnten uns also wie bei einem PC-Bildschirm auch hier eine treffende Vergleichslogik bauen.

Sollte es aber tatsächlich stimmen, dass wir uns in einer simulierten Welt voller Illusionen befinden, so gibt es dabei einen spannenden Aspekt: Wir können als Spielfigur über unsere eigene Programmierung nachdenken. Man stelle sich nur mal vor, die Figuren in dem beliebten Spiel „Sims“ würden plötzlich anfangen, ihren Code und ihre Beschaffenheit zu ergründen. Eine interessante Vorstellung, nicht wahr? Dass die Matrix in den Filmen nicht nur eine technische Kernfrage bearbeitet, sondern auch die gesellschaftliche Matrix unserer Identifikationsgrundlagen beleuchtet, ist mir durchaus bewusst. Die Kernaussage der Filme lautet: Deine Realität ist nur eine Projektion, sie ist nicht die Wirklichkeit.

Die weibliche Hauptfigur „Trinity“ steht in der Filmreihe nicht nur mit ihrem Namen für die Dreifaltigkeit. Sie symbolisiert eine Verschmelzung des weiblichen und männlichen Prinzips zu einer höheren Ebene des Bewusstseins. Biologisch gesprochen: Sie vereint die linke und die rechte Gehirnhälfte zu einer Symbiose. Die Aufteilung der Figuren in die drei Faktoren Wille (Neo), Geist (Morpheus) und Spirit (Trinity) fällt immer wieder auf und lässt die tiefgreifenden Gedankengänge der Erschaffer(innen) dieser Meisterwerke erahnen. Man kann die Perspektiven auch als Handlung, Gedanken und Empfindungen übersetzen, die als Dreiheit den Schlüssel zum Ausbruch aus der Matrix bilden.

Das kreierte Bild der blauen und roten Pille ist mittlerweile weltweit zu einem bekannten Stigma geworden. Ich hoffe, dass auch dieses Buch hier für viele Menschen eine rote Pille sein wird, die das Bewusstsein öffnet und neue Inspiration zulässt. Wenn in Matrix Menschen gezeigt werden, die nur noch als Batterie für Maschinen dienen, dann ist dies womöglich näher an der Wahrheit angesiedelt, als der normale Zuschauer je ahnen würde. An dieser Stelle sei eine Passage eines Artikels der Süddeutschen Zeitung zitiert: „Bei wem sich nun doch Bedenken regen, der darf sich gerne an Microsoft wenden. Auch hier hat man sich nämlich Gedanken darüber gemacht, wie man das Krypto-Ökosystem verändern kann. Und vor einiger Zeit ein Patent eingereicht, in dem eine neue Art und Weise der Digitalgelderzeugung beschrieben wird. Anstatt wie bislang Computer Rechenaufgaben lösen zu lassen, könnten die Münzen auch durch von Menschen generierte Daten geschürft werden. Zum Beispiel, indem die Nutzer Sport treiben oder eine Werbeanzeige betrachten. Sensoren und Scanner würden die physische und psychische Anstrengung des Nutzers messen, und zur Belohnung nach getaner Arbeit winkt dann ein bisschen Kryptogeld.“ 30

Die Matrix-Regisseure stehen mit ihrer philosophischen Ansicht nicht allein. Eine Vielzahl von bekannten Gesichtern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Religionen vertreten ähnliche Meinungen. So wird über Elon Musk in einem Artikel des Focus berichtet: „Das Universum ist 13,8 Milliarden Jahre alt, deshalb hatte jede Zivilisation, die darin auftauchte, jede Menge Zeit, ihre Technologien zu verbessern“, argumentiert Musk. „Dies führt schließlich dazu, dass die Simulation von der Wirklichkeit nicht zu unterscheiden ist, oder die Zivilisation wird enden.“ Denn nur ein katastrophales Ereignis, das eine Zivilisation auslöscht, könne diesen Fortschritt verhindern. Deshalb sei es sehr wahrscheinlich, dass wir in einer Simulation leben – einfach weil wir existieren. „Ich denke, dass es sehr viele Simulationen gibt“, schlussfolgert Musk. „Man kann sie Realität nennen oder auch das Multiversum.“ 31

Der bekannte Astronom Fred Hoyle, der ohne wirkliche Absicht den Begriff des Urknalls prägte, als er sich über diese Theorie im Radio lächerlich machen wollte, sieht das ähnlich wie Elon Musk. 32 Er kam zu dem Schluss, dass eine übergeordnete Macht die Naturgesetze und die Entstehung der weltlichen Regeln festgelegt haben müsse. Ein weiterer bekennender Anhänger der Simluationstheorie ist der Physiker John Barrow. Ein Ausschnitt aus dem vorherigen Artikel, der die These perfekt zusammenfasst: „Barrow bezieht sich auf die Theorie vom Multiversum. Sie besagt, dass es eine unendliche Vielzahl parallel existierender Universen gebe, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften besitzen. In vielen davon müsse es Leben geben, wobei sich in manchen technische Zivilisationen entwickelten, die der unseren weit überlegen sind. Diese sollten höchst leistungsfähige Rechner besitzen, die ganze Kosmen einschließlich intelligenter Bewohner simulieren können. Die gottgleichen Programmierer müssten ihren Supercomputern nur die Gesetze der Physik und Biochemie eingeben, die im simulierten All gelten sollen, dann könnten sie gleichsam im Zeitraffer zusehen, wie ganze Zivilisationen heranreifen – so wie wir Fruchtfliegen im Reagenzglas beobachten. Weil die simulierten Zivilisationen irgendwann in der Lage sein würden, ihrerseits Universen zu simulieren, würde die Zahl der künstlichen Welten exponentiell wachsen und irgendwann die der realen Welten übersteigen. Deshalb sei es statistisch wahrscheinlicher, dass wir in Wahrheit nur aus Elektronen bestehen, die in einem Hochleistungsrechner herumflitzen.“ 33

Dass all diese Vorstellungen konkret nachvollziehbar sind, wird dir im Verlaufe der nächsten Kapitel klar werden. In einer Szene, in der Neo das Orakel trifft, ist der Spruch „Erkenne dich selbst“ deutlich zu sehen. Dieser vielsagende Satz ist vom Orakel von Delphi aus dem alten Griechenland bekannt, welches als Zentrum der damaligen hermetischen Lehre galt. Ist es möglich, dass wir uns selbst erst durch den Druck im Außen erkennen? Dass der aktuelle Prozess notwendig ist, um uns auf die nächste Stufe des Bewusstseins zu führen?

Das Zimmer, in dem Neo am Anfang wohnt, hat die Nummer 303, ebenso wie das Zimmer, in dem er vom Agenten angeschossen wird. Die 33 gilt in vielen okkulten Strömungen als heilige Zahl. Vor allem bekannt ist diese Lehre aus der Freimaurerei, in deren bekanntestem System der 33. Grad eine vollständige Erkenntnis vermitteln soll. Bei 33 Grad Fahrenheit fängt Eis an zu schmelzen und somit gilt diese symbolische Zahl darüber hinaus auch für die Freilegung des Herzens von der umgebenden „Eisschicht“. Hinzu kommt, dass in vielen dieser Weisheitspfade das Todesalter von Jesus mit 33 Jahren angegeben wird und somit die 33 für den obersten aller Eingeweihten steht und für die höchste Bewusstseinsstufe. Wer mehr zu der 33 erfahren möchte, sollte selbst recherchieren – es gibt viele Erkenntnisse, die auf euch warten. Ohne zu tief in die okkulten Verbindungen einzutauchen, sollte jedem Leser klar werden, wie viele Akzente in diesen Filmen extra gesetzt wurden. Dass die Geschichte von Neo unter Umständen die Geschichte von Jesus ist, kann als weitere spannende These aufgestellt werden. Der Ritus der Auferstehung, das alte Ich stirbt, um das neue Dasein zu ermöglich, wird nicht nur in der Bibel und in den Matrixfilmen eindrücklich gezeigt, sondern ist in vielen Einweihungssystemen dieser Welt fester Bestandteil. 34

Dann ist da noch die Stadt Zion, in der die übriggebliebenen vermeintlich echten Menschen ihren letzten Rückzugsort gefunden haben. Zion steht in der kabbalistischen Lehre für das Zentrum des Geistes und spielt in der weltlichen Geschichte eine maßgebliche Rolle bei mehreren politischen Zusammenhängen der letzten Jahrtausende. Ist also der wahre innere Kern geistiger Freiheit die letzte Bastion im Kampf gegen die maschinelle Entwicklung? Oder handelt es sich dabei nur um eine weitere Ebene in der verschachtelten Konstruktion der Matrix? Wer die Filme nun in den folgenden Tagen erneut schauen wird, dem sei noch ein spannender Hinweis gegeben: Stell dir beim Schauen vor, dass eine KI der Hintergrund für verschiedene Figuren ist. Beispielsweise der Architekt als KI oder der Schlüsselmacher. Eventuell öffnet dies neue Türen.

Einer der bekanntesten Hacker dieser Welt, namens George Hotz, hat ebenfalls eine interessante Meinung zur Matrix. Dass er sich mit den technischen Komponenten bestens auskennt, sollte aufgrund seiner Fähigkeiten klar sein. Hotz hat nicht nur betont, dass wir in einer Simulation leben, sondern versucht auch aktiv dieser zu entfliehen und Ausbruchmöglichkeiten zu finden. Zu diesem Zweck hat er sogar vorgeschlagen, eine eigene Religion zu gründen, die sich mit dieser Thematik befasst. 35 Dass unsere Welt möglicherweise nicht das ist, was sie im ersten Augenblick zu sein scheint, stellt also in jeglichen Schichten bekannter und intelligenter Menschen ein diskutiertes Thema dar. Egal in welchen Bereich des Lebens wir im Detail schauen, immer werden wir Anhaltspunkte für eine simulative Welt finden. Spannend ist zum Beispiel der Faktor, dass unsere Körperzellen sich nahezu vollständig innerhalb von 7-10 Jahren reproduzieren und somit austauschen. Dies bedeutet, dass dein Körper vor 7 Jahren nahezu nichts mit dem physischen Körper deiner heutigen Wahrnehmung zu tun hat. Spannend ist hierbei, dass ausgerechnet das Herz bei dieser Zellerneuerung nicht so stetig mitwirkt. Es scheint aktuell, als wäre es das einzige Organ, das über das gesamte Leben zu einem großen Teil die gleichen Zellen besitzt. 36 Doch auch die großen Philosophen aller Zeiten haben die Idee einer getäuschten Realität maßgeblich geprägt: das bekannteste Beispiel ist Platons Höhlengleichnis. Ist der Mensch etwa tatsächlich in einer Art Höhle gefangen und sieht nur Projektionen, die ihm als Wirklichkeit erscheinen? Platon fand diesen Aspekt zumindest sehr wichtig und hielt dies für denkbar. 37 Auch für René Descartes spielte die Frage nach der erkennbaren Wahrheit eine entscheidende Rolle: „Er stellt folgende Frage: Was kann ich sicher wissen? Ob es kalt ist, ob hell oder dunkel, wie sich etwas anfühlt, ob etwas außer uns existiert: Alle diese angenommenen Wahrheiten lassen sich der logischen Möglichkeit nach in Frage stellen. Denn es könnte sich bei ihnen genauso gut um Sinnestäuschungen handeln.“ 38 Seine endgültige Formulierung seiner Erkenntnisse gipfelte in dem bekannten Ausspruch: Ich denke, also bin ich. Doch ist das tatsächlich so einfach? Die folgenden Kapitel werden zeigen, dass der Gedanke womöglich nicht die Quelle der Existenz ist. Vielleicht muss der berühmte Satz bald umgeschrieben werden, wenn die Menschheit eine höhere Stufe des Bewusstseins erlangt: Ich liebe, also bin ich .