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Mindestens zehn Minuten sitzt Philipp Landon reglos an Fanzelaus Bett, nachdem er zu Ende gelesen hat.

Umsonst, denkt er, umsonst, alles umsonst. Wenn man den alten Herrn hier noch einmal auf die Beine bringt, dann nur auf die Beine. Sein Kopf wird wohl nie mehr klar zu denken vermögen. Er wird vermutlich den Rest seines Daseins in jener anderen Welt verbringen, der Welt nebenan.

Schwerfällig steht Landon auf und verläßt das Krankenzimmer, das Krankenhaus. Er fährt ins Polizeipräsidium und übergibt Fanzelaus ›Anzeige‹ dem Kriminalrat Prangel. Der verständigt sofort Mr. A. C. Snowden vom CIC, dieser wiederum Heinz Schuckert vom Bundesverfassungsschutz.

Schuckert verhört Dr. Landon. Er fährt mit ihm zum Bankhaus Fanzelau. Landon erhält das Tonband und übergibt es Schuckert. Die ›Anzeige‹ hat bei deutschen und amerikanischen Abwehrleuten wie eine Bombe eingeschlagen. Hektische, panische Aktivität bricht aus. Dr. Landon darf endlich gehen. Man wird ihn wieder rufen, wenn man ihn benötigt.

Fanzelaus Selbstmordversuch läßt sich nicht verheimlichen. Bald wird Wieland von ihm erfahren. Daß Horster verschwunden ist, weiß er ohne Zweifel schon von Martini. Unschwer kann Wieland sich aus Einzelinformationen ein richtiges Gesamtbild dessen machen, was geschehen ist. Wie wird er reagieren? Er hat doch auch für das CIC ein West-Agentennetz in der Zone aufgebaut! Alle Mitglieder dieses Netzes befinden sich in höchster Gefahr, nun, da feststeht, daß Wieland das CIC von Anbeginn irreführte und immer nur ein Ost-Agent war und blieb.

Dr. Philipp Landon fühlt sich schwer bedrückt und elend an diesem Tag. Er hält sich lange in der Psychiatrischen Universitätsklinik auf – als hätte er Angst, in seine Praxis zurückzukehren.

Erst gegen 17 Uhr trifft er da ein.

Schwester Hilde empfängt ihn vorwurfsvoll.

»Wo waren Sie bloß, Doktor? Das Wartezimmer ist voller Patienten. Manche warten seit Stunden!«

Landon geht in das Sprechzimmer, setzt sich hinter den Schreibtisch und stützt den Kopf in beide Hände.

»Ist Ihnen nicht gut?« fragt Schwester Hilde.

Landon hebt den Kopf.

»Alles in Ordnung, meine Liebe. Wollen Sie bitte den ersten Patienten hereinführen?« sagt er. Seine Stimme ist vollkommen klanglos.