Wettbewerb

Konkurrenz belebt das Geschäft, lautet eine gängige Wirtschaftsweisheit. Aber sie stimmt nur bedingt, denn tatsächlich ist mehr Wettbewerb nicht immer die bestmögliche Lösung. Doch wie kann man feststellen, ob in einer bestimmten Branche eine große oder eher eine geringe Marktmacht der Produzenten vorzuziehen ist?

In diesem Kapitel erfahren Sie,

  • ob die Nachfrage den Preis treibt,

  • wie mächtig die Produzenten unter verschiedenen Marktbedingungen sind,

  • wann Monopole der Wirtschaft schaden und unter welchen Umständen sie nützlich sein können,

  • ob vollkommene Konkurrenz der Idealzustand ist.

Treibt die Nachfrage den Preis?

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, lautet eine ökonomische Binsenweisheit. Dabei wird unterstellt, dass der Anbieter umso höhere Preise durchsetzen kann, je größer die Nachfrage nach seinem Produkt ist. Das ist zwar oft richtig, stimmt aber längst nicht immer.

Die Regel trifft zu, wenn es um den Handel mit Gütern geht, die schon existieren und nur einmal verkauft werden sollen. Wer auf eBay etwas versteigert, der wird umso mehr dafür bekommen, je größer die Nachfrage ist. Die Regel trifft auch zu, wenn die Stückkosten mit zunehmender Produktionsmenge steigen. Das ist bei natürlichen Ressourcen meist der Fall. Wenn die Nachfrage nach Öl und anderen Rohstoffen steigt und mehr produziert werden soll, dann müssen Lager ausgebeutet werden, die man zunächst beiseitegelassen hatte, weil ihre Ausbeutung als zu aufwändig erschien. Da die Anbieter normalerweise ihre Produktionskosten decken und darüber hinaus noch einen Gewinn erzielen wollen, steigt der Preis mit steigender Nachfrage, wenn diese nur zu steigenden Stückkosten befriedigt werden kann.

In der Landwirtschaft ist es ähnlich. Auch hier steigen die Produktionskosten in vielen Fällen mit zunehmender Menge. Wenn mehr produziert werden soll, müssen zusätzliche, meist schlechtere Flächen eingesetzt werden oder man steigert auf gegebener Fläche die Produktion, was mit zunehmender Menge immer schwieriger und teurer wird.

Ganz anders kann es aussehen, wenn bei der Produktion eines Gutes Kostendegression auftritt, wenn also die Kosten mit zunehmender Produktionsmenge sinken. Das ist unter anderem dort der Fall, wo produktionsunabhängige Verwaltungskosten oder Mengenrabatte eine große Rolle spielen, beispielsweise im Einzelhandel. Es gilt auch dann, wenn bei der Produktion Kostenvorteile der Massenfertigung auftreten. So lohnt sich bei hohen Produktionszahlen der Einsatz teurer Maschinen, Roboter und Automaten, während bei kleinen Produktionsmengen mehr langwierige Handarbeit erforderlich ist.

Ebenfalls möglich und keineswegs selten ist der Fall, dass steigende Nachfrage zunächst zu steigenden, langfristig aber zu sinkenden Preisen führt. Wenn die Produzenten eine kräftig steigende Nachfrage kurzfristig nicht befriedigen können, weil sie mit der Produktion nicht nachkommen, können sie diesen Engpass zunächst in steigende Preise ummünzen. Sobald sie neue Fabriken gebaut, neue Maschinen angeschafft und neue Leute eingestellt haben, können sie aufgrund zusätzlicher Vorteile der Massenproduktion ihre Produkte billiger anbieten.

Ein Team von Ökonomen um Alan Blinder (1998) hat Spitzenmanager von 200 amerikanischen Unternehmen dazu befragt, wie sich ihre Produktionskosten mit zunehmendem Umsatz entwickeln. Das Ergebnis: Bei neun von zehn Unternehmen fallen die Kosten der Produktion einer zusätzlichen Produkteinheit mit steigender Menge oder bleiben zumindest gleich, nur bei jedem zehnten steigen sie.

Wie mächtig sind Produzenten?

Die Preiskonkurrenz unter den Anbietern ist v. a. dort hoch, wo die Vorteile der Massenproduktion schon bei relativ niedrigen Produktionsmengen (im Verhältnis zum Gesamtmarkt) nicht mehr greifen oder gar in Nachteile umschlagen. Denn dann gibt es sehr viele kleine und mittlere Anbieter, die zu mehr oder weniger identischen Kosten produzieren und sich gegenseitig Konkurrenz machen. Das ist z. B. in der Landwirtschaft oft der Fall.

Wenn die Produktionskosten je Stück dagegen bis zu sehr großen Produktionsmengen immer weiter sinken, dann ist die Preiskonkurrenz deutlich geringer. Denn wer in Großserie herstellt, dem können Kleinanbieter kaum noch Konkurrenz machen. Entsprechend gibt es nur eine begrenzte Anzahl großer und sehr großer Anbieter, die sich gegenseitig kaum Konkurrenz machen. Sie haben dann Marktmacht.

Ein anderer wichtiger Faktor für die Schärfe der Konkurrenz sind die Markteintrittsbarrieren. Je mehr Kapital man einsetzen muss, desto schwieriger und gefährlicher wird es für Neulinge, in einen Markt einzutreten. Sie müssen Banken oder Investoren überzeugen, ihnen viel Geld zu leihen, ohne dass sie Erfahrung und ein erprobtes Geschäftsmodell vorweisen könnten. Sie müssen in der Lage sein, jahrelange Verluste zu verkraften, bis sie so viele Kunden gewonnen haben, dass sie ihre teuren Maschinen und Anlagen voll auslasten können. Chemieunternehmen oder Automobilbauer müssen aus diesem Grund kaum den Markteintritt neuer Konkurrenten fürchten, wenn sie zu hohe Preise verlangen, Friseure und Kneipiers dagegen schon.

Auch die Transportkosten spielen eine Rolle für die Intensität des Wettbewerbs. Je höher sie sind, desto eher kann ein Unternehmen von Kunden in seiner Nähe einen höheren Preis verlangen, ohne dass diese zu räumlich weiter entfernten Konkurrenten abwandern. Die Bauwirtschaft ist ein Beispiel für eine Branche, in der hohe Transportkosten den Wettbewerb beschränken.

Eine ähnliche Wirkung auf die Schärfe des Wettbewerbs hat Produktdifferenzierung. Wer eine Handcreme oder ein Auto anbietet, dem die Kunden einzigartige Eigenschaften oder ein bestimmtes Image zuschreiben, der kann seinen Stammkunden höhere Preise abverlangen, ohne dass diese gleich zu einem Konkurrenten wechseln. Vielleicht werten sie den hohen Preis sogar als zusätzliches Indiz für die hohe Qualität ihrer Lieblingsmarke. In den meisten Branchen unternehmen die führenden Anbieter große Anstrengungen, um durch Werbung und die Ausgestaltung ihrer Produkte mit mehr oder weniger sinnvollen Besonderheiten eine größere Produktdifferenzierung herzustellen.

Eine extreme Form der Produktdifferenzierung ist der Schutz durch Patente. Wer ein neuartiges Produkt erfindet, der kann sich für einige Jahre Patentschutz sichern und ist damit in starkem Maße vor Konkurrenz geschützt.

Zusammenfassend ist also der Wettbewerb umso schwächer,

Schwache Preiskonkurrenz unter den Anbietern schlägt sich nicht nur in hohen Gewinnen nieder. In aller Regel zahlen, wie wir im Kapitel „Arbeit“ noch sehen werden, Branchen mit geringerer Wettbewerbsintensität deutlich höhere Löhne und Gehälter als andere Branchen. Dann profitieren auch die Arbeitskräfte vom eingeschränkten Wettbewerb.

In der Praxis ist beim überwiegenden Teil aller Branchen mindestens ein Grund für eingeschränkten Preiswettbewerb gegeben, oft sind es gleich mehrere. So sind z. B. der Fahrzeugbau und noch stärker der Maschinenbau geprägt von hoher Kapitalintensität, großen Vorteilen der Spezialisierung, sehr ausgeprägter Produktdifferenzierung und einem großen Innovationspotenzial. Von seiner starken Stellung in solchen Branchen rührt Deutschlands Wohlstand und das relativ hohe Lohnniveau.

In Beantwortung der Eingangsfrage (Wie mächtig sind Produzenten?) muss man feststellen, dass in den meisten Branchen die Anbieter über einige Marktmacht verfügen. Es wäre jedoch zu leicht, dies als grundsätzliches Problem zu betrachten, denn die Faktoren, die erforderlich sind, um Wirtschaftswachstum und Wohlstand hervorzubringen, nämlich Massenproduktion, Spezialisierung und Innovation, sind gleichzeitig jene Faktoren, die den Wettbewerb zwischen den Anbietern dämpfen. Das eine ist nicht ohne das andere zu haben.

Sind Monopole schlecht?

Gar kein Preiswettbewerb findet statt, wenn ein Anbieter über ein Monopol verfügt.

Der Preis, den ein Monopolist verlangen kann, wird nicht von der Überlegung begrenzt, dass Kunden zu Konkurrenten abwandern könnten, sondern nur von der Möglichkeit, dass Kunden bei höheren Preisen weniger oder ab einer gewissen Höhe gar nichts mehr von dem Produkt kaufen.

Meist gibt es Ersatzgüter, auf die man ausweichen kann, aber diese stellen nicht unbedingt einen gleichwertigen Ersatz dar. Microsoft besitzt mit Windows so etwas wie ein Fast-Monopol auf Benutzeroberflächen für Computer. Kunden können zwar auf Apple-Produkte oder auf frei programmierte Alternativen wie Linux ausweichen. Da aber nur ein kleiner Teil der Computernutzer von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist die Marktmacht von Microsoft beträchtlich und der Gewinn des Unternehmens entsprechend hoch.

Monopole entstehen dort, wo die Faktoren, die den Wettbewerb dämpfen, besonders ausgeprägt sind, z. B. wenn die Kosten mit zunehmender Produktionsmenge stark sinken und die zusätzlichen Größenvorteile nicht enden, bevor mehr als die Hälfte des Marktes bedient ist. Nur Nischenanbietern gelingt es dann, neben dem Marktführer zu bestehen.

Ein verwandter Grund für die Entstehung von Monopol en oder Fast-Monopolen ist gegeben, wenn ein bestimmtes Produkt umso wertvoller für den Konsumenten wird, je mehr andere Konsumenten genau dieses Produkt nutzen. Ein Paradebeispiel sind Computerprogramme. Wenn ein Anbieter einen Vorsprung bei den Nutzerzahlen erlangt hat, stehen daher seine Chancen gut, diesen Vorsprung immer weiter auszubauen.

Bei Computerprogrammen kommen Kostendegression und Vernetzungsvorteile zusammen. Das erklärt die starke Tendenz zur Bildung von (Fast-)Monopolen.

Wenn die Produktionsbedingungen dazu führen, dass die gesamte am Markt absetzbare Menge am kostengünstigsten von nur einem Anbieter produziert werden kann, spricht man von einem natürlichen Monopol.

Bei ausgeprägter Kostendegression und Vernetzungsvorteilen bildet sich allerdings ein Monopol nicht unbedingt von selbst heraus. Nischenanbieter können einem dominierenden Anbieter beträchtliche Marktanteile abnehmen und so dessen Kosten in die Höhe treiben. Deshalb hat der Staat früher manchen Unternehmen wie der Post ein gesetzliches Monopol garantiert. Das schloss aus, dass Konkurrenten sich darauf verlegten, bestimmte Leistungen wie den Briefverkehr zwischen großen Städten billiger anzubieten. Dies hätte zur Folge, dass auf manchen Strecken doppelte Fahrten stattfinden und die Stückkosten der Post steigen.

Höhere Preise

Ein Monopolist kann durch Angebotszurückhaltung den Preis nach oben treiben. Die Folge ist, dass Nachfrager nicht bedient werden, die bereit wären, den kostendeckenden Preis für das Gut zu bezahlen.

Ein Zahlenbeispiel kann das am besten verdeutlichen. In der ersten Spalte der folgenden Tabelle stehen mögliche Preise, die ein Unternehmen setzen könnte. (Wir nehmen zur Vereinfachung an, dass nur volle Euro als Preise praktikabel sind.) In der zweiten Spalte ist die Menge angegeben, die das Unternehmen bei dem jeweiligen Preis absetzen kann.

Weil es feste Produktionskosten gibt, steigen die in der dritten Spalte angegebenen Stückkosten mit abnehmender Menge. In unserem Beispiel nehmen wir feste Kosten von 1.000 EUR und produktionsabhängige oder „variable“ Kosten von 1 EUR je Stück an. Bei einem Preis von 1 EUR werden 1.500 Produkteinheiten abgesetzt. Die Produktion von 1.500 Einheiten schlägt mit 1.000 EUR Fixkosten plus 1.500 EUR an variablen Kosten zu Buche, macht 2.500 EUR oder 1,70 EUR pro Stück. Die Kosten von 2.500 EUR übersteigen bei diesem Preis die Erlöse von 1.500 EUR, sodass ein Verlust von 1.000 EUR entsteht. Bei einem Preis von 6 EUR ist der Gewinn mit 900 EUR am höchsten. Erhöht der Monopolist den Preis auf 7 EUR, steigt zwar sein Gewinn je Stück von 2,37 EUR auf 2,77 EUR, aber der Mengenrückgang schlägt stärker durch, sodass der Gewinn sinkt.

Aus gesellschaftlicher Sicht ist der gewinnmaximierende Preis von 6 EUR viel zu hoch. Zu diesem Preis kaufen nur 380 Kunden das Produkt. Insgesamt 1.000 Menschen wären aber bereit, für das Produkt mindestens den kostendeckenden Preis von 2 EUR zu bezahlen. 620 Menschen, denen das Produkt mehr als 2 EUR, aber weniger als 6 EUR wert ist, bekommen das Produkt nicht. In der Tatsache, dass diese zahlungsbereite Nachfrage nicht bedient wird, liegt ein wichtiger gesellschaftlicher Nachteil eines Monopols.

Preisdifferenzierung als Ausgleichmechanismus

Die Anbieter mit Marktmacht haben selbst einen Trick gefunden, um den gesellschaftlichen Schaden der Monopolpreissetzung gering zu halten und dabei noch zusätzliches Geld zu verdienen. Sofern möglich, verlangen sie von Kunden mit unterschiedlich hoher Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit unterschiedlich hohe Preise. Wer eine hohe Zahlungsbereitschaft hat, soll auch viel zahlen, lautet die zugrundeliegende Philosophie; wer eine geringe Zahlungsbereitschaft hat, soll das Produkt billiger bekommen.

Diese Art der Preisdifferenzierung ist natürlich nicht immer möglich, aber wo die Möglichkeit besteht, wird sie sehr gern genutzt. V. a. bei neuen Produkten der Unterhaltungselektronik lässt sich dieser Mechanismus regelmäßig beobachten. Zunächst werden nur kleine Mengen produziert und teuer an diejenigen verkauft, denen es wichtig ist, stets als erste Konsumenten das Beste und Neueste zu besitzen. Dann wird die Produktionsmenge allmählich gesteigert und der Preis immer weiter gesenkt. Auf diese Weise müssen diejenigen, die nicht so viel Geld ausgeben können oder wollen, nur etwas länger warten, bekommen das Produkt dann aber zu einem geringeren Preis. Die Wartebereitschaft dient als Instrument, um die Kunden in solche mit hoher und solche mit niedriger Zahlungsbereitschaft zu sortieren.

Verluste können wünschenswert sein

Senkt der staatliche Monopolist den Preis von 3 EUR auf 2 EUR, so erwirtschaftet er einen Verlust von 200 EUR statt eines Gewinns von 170 EUR, verliert also 370 EUR. Doch weil die Stückkosten bei größerer Absatzmenge sinken, ist der Gewinn der Kunden größer als der Verlust des Unternehmens. Die 650 Menschen, die das Produkt auch beim Preis von 3 EUR bezogen hätten, sparen durch die Preissenkung 650 EUR. Hinzu kommt der Gewinn der 350 Menschen, denen das Produkt nur zwischen 2 EUR und 3 EUR wert ist. Man kann ihn pro Person mit rund der Hälfte der Preisdifferenz ansetzen, also mit etwa 175 EUR. Das heißt: Die Bürger gewinnen 725 EUR, der Staat verliert nur 370 EUR. Kein schlechtes Geschäft aus gesellschaftlicher Sicht.

Der staatliche Monopolist könnte den Preis sogar bis auf die eigenen variablen Produktionskosten von 1,20 EUR pro Stück (ohne Einrechnung der festen Kosten) senken, und der Gewinn der Konsumenten aus der weiteren Preissenkung wäre größer als der Verlust des Unternehmens.

Man kann also feststellen, dass dort, wo ein Monopol die kostengünstigste Produktionsform ist, ein staatlicher Anbieter oder ein vom Staat regulierter Monopolist oft die sinnvollste Lösung darstellen. Dabei haben wir mit einem recht großzügigen Zuschlag zu den Produktionskosten berücksichtigt, dass der Staat es als Produzent manchmal an Effizienz fehlen lässt.

Monopol oder nicht?

Das Potenzial für technischen Fortschritt ist von Branche zu Branche sehr unterschiedlich ausgeprägt. In der Telekommunikationsbranche ist es hoch. V. a. deshalb war die Abschaffung des staatlichen Monopols in dieser Branche ein sinnvoller Schritt.

Als Gegenbeispiel eines Wirtschaftszweigs, in dem technischer Fortschritt kaum stattfindet, kann die Versicherungswirtschaft herhalten. Gleichzeitig sind die Größenvorteile dort recht ausgeprägt. Der größte Kostenblock eines Versicherers, die Verwaltung, wird pro verkaufte Versicherungspolice immer billiger, je mehr Policen verkauft werden. Die Größenvorteile sprechen also für ein Monopol. Kosten für Werbung, die wenig gesellschaftlichen Ertrag bringen, entfallen ganz, wenn es keinen Wettbewerb gibt. Die Sorge, dass technischer Fortschritt unterbleibt, wenn der Druck zur Umsetzung fehlt, muss man in dieser Branche kaum haben. Außerdem sind Erlöse und Kosten sehr transparent, was Regulierung leicht macht.

Dennoch mussten deutsche Bundesländer, in denen es wie in manchen Schweizer Kantonen Gebietsmonopole für Feuerversicherungen gab, diese Monopole aufgrund des europäischen Wettbewerbsrechts aufgeben. Das könnte, wenn man die Erkenntnisse aus der genannten Schweizer Untersuchung auf diesen Fall überträgt, die Kosten für die Kunden erhöht haben.

Bei den vielen Krankenversicherern in Deutschland muss man sich ebenfalls fragen, ob die Konkurrenz mehr bewirkt, als die Verwaltungs- und Werbekosten in die Höhe zu treiben, zumal Beiträge und Leistungen ohnehin in hohem Maße staatlich reguliert sind. Kassen, die erfolgreicher sind, verdanken dies oft nur dem Umstand, dass sie es schaffen, gesündere und besser verdienende Kunden anzulocken, während die weniger gewinnträchtigen Kunden den übrigen Kassen überlassen bleiben. Aus gesellschaftlicher Sicht erbringt diese Konkurrenz im Rosinenpicken keinen Ertrag, denn letztlich soll jeder versichert werden. Soweit die Unternehmen für diese Art von Konkurrenz Kosten aufwenden, ist dies aus gesellschaftlicher Sicht ein Verlust.

Ist vollkommene Konkurrenz wünschenswert?

Das Gegenstück zum Grenzfall des Monopols ist die vollkommene Konkurrenz. Bei vollkommener Konkurrenz gibt es eine Vielzahl von zumeist relativ kleinen Anbietern, die sich gegenseitig starke Konkurrenz machen. Ein Gewinn, der über die normale Vergütung für Zeit und Aufwand des Unternehmers hinausgeht, lässt sich bei vollkommener Konkurrenz nicht erzielen.

Manche Wirtschaftszweige kommen der vollkommenen Konkurrenz näher als andere. Das sind v. a. diejenigen, in denen nur geringe Größenvorteile bestehen oder wo diese früh genug auslaufen, dass sich auf dem Markt viele Anbieter etablieren können.

Außerdem nähert sich ein Markt der vollkommenen Konkurrenz umso mehr an, je niedriger die Transportkosten ausfallen, je stärker standardisiert die Produkte sind, je niedriger der Kapitaleinsatz ist und je weniger technischen Fortschritt es gibt, den man entweder patentieren oder durch Geheimhaltung schützen kann.

In der Realität gibt es jede Abstufung zwischen fast vollkommener Konkurrenz und reinem Monopol. Die große Mehrheit der Märkte und Branchen bewegt sich irgendwo dazwischen, abhängig von der jeweiligen Kombination von Größenvorteilen, Innovationspotenzial, Transportkosten, Kapitalintensität und Produktdifferenzierung. In dieser Zwischenzone besitzen einzelne Anbieter in ihrem regionalen Haupteinzugsgebiet oder in Bezug auf ihre Stammkunden begrenzte Marktmacht, weil die Kunden nicht so leicht zu anderen Anbietern wechseln wollen oder dies aus unterschiedlichen Gründen nicht können.

Marktmacht hat Vor- und Nachteile

Für Wirtschaftspolitiker stellt sich die Frage, ob sie alles so lassen sollten, wie es ist, oder vielmehr darauf hinwirken sollten, dass sich der Wettbewerb in den einzelnen Branchen eher in Richtung eines vollkommenen Wettbewerbs entwickelt. Wie schon bei der Frage, ob ein Monopol schädlich ist, gibt es auch hier keine allgemeingültige Antwort. Es kommt immer auf den konkreten Fall an.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist, dass es ohne Marktmacht kaum zu Investitionen und Wachstum kommen wird. Denn wer investiert, geht ein beträchtliches Risiko ein, sein Eigenkapital zu verlieren. Das tut er nur, wenn er im Erfolgsfall einen ansehnlichen Gewinn erwarten kann. In einer Wirtschaftsstruktur mit sehr vielen kleinen Unternehmen, die alle wegen scharfer Konkurrenz wenig Gewinn erzielen, fehlt die Basis für Investitionen, die die Wirtschaftsstruktur verbessern, indem sie größere, kapitalintensivere und forschungsstärkere Unternehmen hervorbringen.

Andererseits gibt es ein beträchtliches Missbrauchspotenzial. Ein Unternehmen mit Marktmacht, das hohe Gewinne einfährt, hat sowohl den Anreiz als auch die Möglichkeit, kleineren Konkurrenten das Leben schwer zu machen und potenzielle Neuzugänge abzuschrecken.

Andere, gern genutzte Mittel im Abwehrkampf von Unternehmen mit Marktmacht gegen lästige Konkurrenz bestehen darin,

  • Lieferanten oder Abnehmer zu drängen, nicht mit kleineren Konkurrenten zusammenzuarbeiten,

  • Partner in der Finanzbranche zu drängen, kleinere Konkurrenten nicht zu finanzieren,

  • den Preis zeitweise so niedrig zu halten, dass finanzschwache Konkurrenten oder Neuzugänge pleitegehen und billig aufgekauft werden können.

Solche Praktiken treiben nicht nur potenziell die Preise nach oben, sie verhindern auch einen Wettbewerb um die beste Lösung und damit technischen Fortschritt. Solche Praktiken zu unterbinden gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben der Wettbewerbskontrolle.

Wenn es in einem Markt wenige große Anbieter gibt, die zusammen einen sehr großen Marktanteil beanspruchen, dann kommt es immer wieder vor, dass sie durch Absprachen den Markt unter sich aufteilen, um so ohne lästige Konkurrenz die Preise nach oben ziehen zu können. Sie bilden dann ein Kartell. Solche Absprachen sind illegal; sie aufzudecken und zu ahnden ist eine wichtige Aufgabe der Wettbewerbsbehörden.

Was ist nun besser?

Auch wenn es auf den einzelnen Markt ankommt, so ist dennoch entgegen der Intuition i. d. R. eine Wirtschaftsstruktur vorzuziehen, in der die Unternehmen eine gewisse Größe und Marktmacht erreicht haben, anstatt allzu scharfem Wettbewerb ausgesetzt zu sein. Man denke nur an die beiden Extreme einer von kleinteiliger Landwirtschaft und Tourismus dominierten Wirtschaftsstruktur, wie sie z. B. für Griechenland oder Thailand charakteristisch ist, und einer von Maschinen- und Fahrzeugbau geprägten Wirtschaft wie der deutschen.

Weil die Größenvorteile und das Potenzial für technischen Fortschritt in den ersten beiden Branchen gering sind, ist die Wettbewerbsintensität dort hoch; Wertschöpfung, Löhne und Gewinne sind gering. In den beiden letzten Branchen dagegen bestehen hohe Spezialisierungs- und Größenvorteile und auch das technologische Potenzial ist groß. Die Wettbewerbsintensität fällt dadurch geringer aus, Wertschöpfung, Löhne und Gewinne sind entsprechend höher.

Nicht von ungefähr weisen die wirtschaftlich am weitesten fortgeschrittenen Länder einen besonders hohen Anteil von Beschäftigten in Großunternehmen und einen geringen Anteil von Beschäftigten in Kleinunternehmen auf, wie folgende Rangliste der Industrieländer auf Basis von Zahlen der OECD zeigt.