KAPITEL 25
: FIXING
Die Operationssäle in Marshalls Anwesen standen denen eines offiziellen Krankenhauses in nichts nach. Tatsächlich war es ein wenig, wie nach Hause zu kommen, als Byth hinter den Assistenten, die Okijens Liege schoben, in den klinischen Bereich eintrat, das vertraute, hydraulische Zischen der Türen hinter sich vernahm und die weißen Wände der Gänge betrachtete. Der Geruch nach Desinfektionsmittel und neurostimulierenden Lösungen hatte sich in den letzten zwei bis drei Jahren nicht verändert. Damals war sie regelmäßig hier gewesen.
»Darf ich Ihnen Ihre Tasche abnehmen, Miss Vica-Chun?«, fragte einer der Assistenten und wandte sich zu ihr um, während ein dritter die Doppeltür vor ihnen öffnete und sie Okijen auf seiner Liege hineinschoben.
»Nein, alles gut«, dankte sie lächelnd. Es fühlte sich seltsam an, von diesen Menschen Miss genannt zu werden. Nicht nur, dass sie sich dadurch irgendwie alt fühlte, Major hatte einfach um einiges besser geklungen.
»Na, aufgeregt?«, fragte sie Okijen, während sie in den sterilen Raum traten, in dem sich weißes und violettes Licht mischten. Er schaute sie nur unter halb geschlossenen Lidern an.
»Wenn ich zwischendurch schlafen darf, dann nicht«, grummelte er. Die Assistenten hievten ihn von seiner Liege auf einen Operationstisch, während Byth ihre Tasche auf eine der fahrbaren Arbeitsflächen wuchtete und die obere Lasche öffnete
.
»Wir schauen mal, wie du dich schlägst«, überlegte sie. Wenn sie mit ihm allein war, fühlte es sich entspannter an, als wenn Leute um sie herumstanden. Die Assistenten zählten nicht. Waren Andra oder Marshall dabei, spürte sie, wie sie sich innerlich anspannte. Vielleicht, weil alle von ihrer Vergangenheit mit ihm wussten und sie es leid war, auf die Frage reduziert zu werden, warum sie ihn verlassen hatte.
Vielleicht allerdings auch, weil sie gedacht hatte, ihn nie wieder zu sehen. Oder zumindest nie wieder mit ihm sprechen zu müssen. Eins davon musste es sein.
»Es ist natürlich gut, wenn du während der OP sagen kannst, was du für Optimierungen brauchst und möchtest«, fuhr sie fort und zog einige der Geräte aus der Tasche. »Wir hatten leider keine Zeit, das alles hier vorzubereiten.« Sie griff sich das Tablet, mit dem sie damals schon gearbeitet hatte, und trat zu ihm hinüber. »Ich kann noch nicht sagen, wie intakt das neurokybernetische System ist. Wenn ich die Schmerzrezeptoren nicht deaktivieren kann, ist es vielleicht doch besser, dich schlafen zu schicken.« Sie stützte sich mit den Händen auf die Liege und sah auf ihn hinab. Bis auf seine Boxershorts trug er nichts mehr, was den Blick auf seine Verletzungen erst vollends freigab. Der obere Teil seines Körpers war stellenweise beschädigt, mit Rissen und Dellen, doch nichts, was man nicht relativ schnell flicken könnte. Bis auf den Arm natürlich. Das Material, aus dem sie ihn gefertigt hatte, war verdammt robust.
An seinem Schlüsselbein und seinem Hals allerdings – den Teilen von ihm, die noch aus Fleisch und Blut bestanden – trug er tiefe Wunden, die bisher nur sporadisch versorgt worden waren. Darum würde sich erst jemand kümmern können, wenn sie den Rest seines Systems repariert hatte. Und sie konnte nicht einschätzen, wie schlimm seine internen Verletzungen waren
.
»Angeschlossen«, informierte sie einer der Assistenten. Keiner von ihnen hatte sich ihr vorgestellt, also entschied sie sich dafür, die Männer nach ihren Haarfarben zu benennen. Blond, Weiß und Braun. Für mehr hätte sie in ihrem Kopf jetzt ohnehin keinen Platz.
»Super.« Blond reichte ihr das leicht eingestaubte Gerät, und sie steckte es in eine der Halterungen und schob diese auf Augenhöhe.
»Mit Verlaub, aber wir haben inzwischen modernere Geräte, die wir auch anschlie–«
»Nein, ich brauche das hier«, fuhr sie Braun dazwischen, bevor er noch mehr Zeit damit verschwendete, sie belehren zu wollen. Sie aktivierte die Sensoren und wartete darauf, dass sie sich mit Okijens System verbanden. »Seine Konstruktion ist einmalig, das können andere Geräte nicht abbilden.«
»Ich hatte vorhin schon fast die Sorge, du hättest es weggeworfen«, murmelte er und regte sich leicht. Ein Kribbeln müsste gerade durch seinen Körper fahren, während die elektrischen Impulse testeten, was noch funktionierte und was nicht. Erst wenn sie ein klares Bild davon hätte, was alles ersetzt werden müsste, könnte sie mit der Arbeit beginnen.
Das war ein verdammter Mist. Normalerweise lagen zwischen dem ersten Scan und der eigentlichen Operation mehrere Tage, die sie brauchte, um Kleinigkeiten zu konstruieren, Materialien zu besorgen und Pläne zu machen. Da jedoch niemand wusste, wie viel Zeit sie haben würden, müsste sie mit dem arbeiten, was sie hier hatten.
»Das würde ich niemals wegwerfen.« Obwohl sie in die Anzeigen vertieft war, sah sie sein Stirnrunzeln. Natürlich. Er dachte noch immer, dass sie ihn hasste. Warum auch nicht, sie hatte ihm allen Grund zu der Annahme gegeben. Dass es ihr selbst lange Schmerzen bereitet hatte, auch nur an ihn zu denken, war ihm und allen anderen vermutlich egal
.
Doch zum Glück war die Zeit vergangen. So viel Zeit, dass es jetzt mehr ein Kribbeln als ein Schmerz war. Mehr Nostalgie als Leid. Sie vermisste die Zeit, doch an dieser Zeit vermisste sie nicht nur ihn. Sie vermisste auch, wer sie selbst damals gewesen war.
»Scan abgeschlossen«, teilte sie mit. »Sieht gut aus. Wir müssen allerdings mehrere Nerven replizieren. Nehmen Sie eine DNA-Probe, und wärmen Sie das Gerät schon mal auf.«
Weiß nickte verstehend und machte sich sofort an die Arbeit. Die Anzeigen auf dem Screen flackerten ab und an, sonst schien alles zu funktionieren.
»Also dein Arm«, setzte sie wieder an, beobachtete, wie die Assistenten umherwirbelten, und wies den nächsten Scan an. »Wie um alles in der Welt ist das passiert?«
»Na ja.« Okijen gab sich alle Mühe, zu ihr zu schauen, aber vermutlich würde er nicht lange wach bleiben. »So richtig weiß ich das auch noch nicht.«
Er wusste nicht genau, wie ihm der Arm abgetrennt worden war? Vielleicht sollte sie sich ein paar Aufnahmen des Vorfalls in den Saal hier legen lassen, um genau analysieren zu können, was geschehen war. Vielleicht könnte sie etwas einbauen, das eine derart heftige Zerstörung beim nächsten Mal verhinderte.
»Es war KAMI, oder? Der Moja der vierten Generation.«
»Gut deduziert, Sherlock.« Okijen lachte heiser, doch Byth bedachte ihn nur mit einem mitleidigen Lächeln.
»Du bist Moja Gen 3 Proof. Da muss schon etwas Krasseres passieren, um das hier zu verursachen.« Sie deutete leidvoll auf die leere Stelle, an der sein Arm eigentlich sein sollte. »Was hat das Ding gemacht, um das hier …« Sie schüttelte leicht den Kopf und ging davon aus, dass er wusste, was er meinte.
Okijen fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Er hat mich nur berührt.
«
Byths Augen weiteten sich vor Verwunderung.
»Was?«
»Da gibt’s nichts zu erklären«, fuhr er fort, und sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder ganz auf ihn, riss sich kurz von den angezeigten Daten los. »Ich habe ihn angegriffen, und er … sie … hat mich abgewehrt, wie man eine Fliege verscheuchen würde. Sie hat nicht einmal richtig ausgeholt.«
Byth biss die Zähne fest aufeinander, um das unwohle Gefühl zu bekämpfen, das in ihr aufstieg. Sie hatte sich so etwas denken können, nach den Aufnahmen aus der Sperrzone. Nachdem sie gesehen hatten, wie zweihundert Soldaten innerhalb weniger Sekunden von diesem Ding hingerichtet worden waren. Was um alles in der Welt gab ihm die Kraft dazu?
Eine solche Kraft hatte sie bisher erst einmal gesehen.
Der zweite Scan war abgeschlossen.
»Viele der Sensoren sind ausgefallen«, stellte sie fest. »Ich brauch ein paar leere Naniten in Lösung und einen Programmer, am besten einen, an dem ich im Stehen arbeiten kann.«
»Jawohl«, bestätigte Blond und verschwand sofort durch die Tür.
»Wir brauchen außerdem einige Mengen Silizium, Beryllium und Kohlenstoff. Ich muss den Arm ja neu zusammenbasteln.«
»Wir haben auch …«, wollte ihr Weiß widersprechen, schwieg allerdings, als Byth zu ihm aufsah und ihm allein durch einen Blick deutlich zu erkennen gab, dass sie seine Vorschläge nicht hören wollte.
»Ich weiß, wir haben nicht viel Zeit«, versuchte sie trotzdem so freundlich wie möglich zu erklären. »Aber ich werde an dieses Kunstwerk«, sie deutete unbestimmt auf Okijens gesamten Körper, »sicher keinen Ihrer Standardarme dranschrauben.
«
Der ältere Mann schien unzufrieden mit ihrer Reaktion zu sein, erwiderte jedoch nichts. Vielleicht war er gar kein Assistent, sondern nahm sonst die Rolle des Mechanikers ein? Dann war es zu verstehen, dass ihm ihre Methoden zu unkonventionell waren. Aber Marshall hatte ihn Byth zur Seite gestellt, also war das hier ihr OP.
»Das bedeutet, sie wollen, den neuen Arm
hier
konstruieren?«, wollte Braun mit vor Ehrfurcht geweiteten Augen wissen.
Bevor Byth etwas erwidern konnte, lachte Okijen leise. »Den ersten hat sie in ihrem Keller gebaut«, offenbarte er amüsiert, und nun konnten selbst die beiden Wissenschaftler ihre Professionalität nicht mehr wahren und standen mit offenen Mündern da.
»Sie wissen ja, was das bedeutet«, setzte Byth wieder ein, bevor sie beginnen konnten, Fragen zu stellen, die ihr Zeit stahlen. »Neben den Metallen, den Naniten und dem Replikator brauchen wir auch einen Biogenerator. Der kommt erst später zum Einsatz, aber es kann nicht schaden, ihn schon mal zu holen.«
Die beiden Männer sahen einander kurz an, dann nickten sie und verließen den Raum ebenfalls. Byth schaute ihnen hinterher, bis sie gänzlich außer Hörweite sein mussten.
»Fast wie früher, was?«, wollte er wissen, und sie lächelte, auch wenn sie das nostalgische Gefühl in ihrem Herzen eigentlich nicht hatte zulassen wollen. Die Sensoren zeigten an, dass viele der Überträger für körperliche Empfindungen gestört waren. Da müsste sie nochmal ran.
»Ja. Ich liebe es, der Chef zu sein«, feixte sie.
»Hast du in deiner Freizeit auch gebastelt?«
Sie wandte sich ab, um gelassen zu ihrer Tasche zu gehen und einen Handscanner herauszuziehen, den sie seit Ewigkeiten nicht mehr aktiviert hatte. Staub hatte sich in einigen
seiner Rillen abgesetzt, aber funktionieren würde er wohl noch.
»Ein wenig«, antwortete sie wahrheitsgemäß, wenn auch schwammig. Sie wollte eigentlich gar nicht über sich sprechen.
»Schreibst immer noch deine wissenschaftlichen Aufsätze, um dich zu beruhigen?«, fragte er weiter, woraufhin sie die Stirn runzelte.
Byth trat an die Liege zurück, betätigte ein paar der Tasten, und die Hologramme bauten sich flackernd auf. Während sie mit dem Gerät langsam an Okijens Oberkörper entlangfuhr, zeigten sie ihr besorgniserregende Daten an.
»Woher kommt das plötzliche Interesse an meinem Privatleben?«, fragte sie leise, scherte sich im Grunde aber nicht um die Antwort. Viele seiner inneren Systeme waren ausgefallen, ausgehend von seinem abgetrennten Arm. Das Ding hatte ihm nicht nur den Arm abgeschlagen, sondern anscheinend auch durch elektrische Impulse einige seiner internen Prozesse lahmgelegt. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch bei Bewusstsein war. Geschweige denn, dass er nach diesem Vorfall noch so lange hatte kämpfen können.
»Tut mir leid, wenn ich desinteressiert gewirkt habe«, murmelte Okijen. Und nun sah sie doch wieder von den Holozahlen auf. Er schaute ihr nicht in die Augen, sondern starrte an die kühle Decke hinauf. Die dunkelgraue Haut seines Körpers schillerte im violetten Licht.
»Das muss dir nicht leidtun«, sagte sie ernst und meinte es ehrlich. Sie führten inzwischen ganz unterschiedliche Leben, und sie wollte nicht mehr wissen, was in seinem vor sich ging, ebenso wie sie ihn nicht wieder zu tief in ihres lassen würde. Das wäre besser so. Vor allem für sie. »Ich kann ja gern … deine Mechanikerin bleiben«, bot sie dann frei heraus an, auch wenn sie es im nächsten Moment schon bereute. Ve
rdammt, sie konnte sich nicht ihr Leben lang für diesen Menschen verpflichten, selbst wenn ihr das Basteln so ungeheuren Spaß machte! »Darüber hinaus müssen wir ja nicht viel miteinander zu tun haben«, fügte sie rasch an.
»Das wäre schade.«
Erneut runzelte sie die Stirn. »Hast du vielleicht eine Fehlfunktion, die mir hier nicht angezeigt wird?«
»Ich meine es ernst«, beharrte er und schaute sie intensiv an. »Ich denke nur, dass wir ein gutes Team sind.«
Sie gewährte sich nur einen kurzen Moment, um innezuhalten. »Das sind wir«, bestätigte sie knapp. »Aber jetzt lass uns mal bitte über ein paar Ideen reden, ja?« Sie legte den Scanner aus der Hand, ließ seine Daten auf das Tablet übertragen und band sich noch einmal den Zopf neu, als zwei der Assistenten gerade wieder in den Raum kamen und einige der erforderlichen Gerätschaften vor sich herschoben. Sie gab ein paar Anweisungen, bevor sie sich wieder Okijen zuwandte.
»Erstens … habe ich eventuell einen Weg gefunden, die Naniten, die KAMI blockieren, fest in dein System zu integrieren.«
»Was?«, keuchte er, und auch Weiß und Braun hielten inne. »Und das sagst du mir
jetzt?
«
Sie sah auf ihn hinab und musterte ihn genau. »Ja. Das Problem ist, dass ich die Technologie bisher nur unter Laborbedingungen testen konnte.«
»Arbeiten Sie mit den Mechanismen, die auch im Impfstoff zur Geltung kommen?«, fragte Weiß, und Byth nickte.
»Ja. Das Problem beim Impfstoff ist allerdings, dass er sich nach vier Stunden selbst deaktiviert und wir die Impfungen auch abgesehen davon jedes halbe Jahr erneuern müssen, weil KAMI lernt, sich auf ihn einzustellen.«
»Ja, das wäre auch das Problem, das ich sehen würde.
«
»Tatsächlich ist es mir aber gelungen, eine Kultur an Naniten zu programmieren und zu züchten, die sich ebenfalls weiter anpassen und optimieren können.«
Und plötzlich erwiderte niemand mehr etwas. Blond kam in den Raum, einen Tisch mit diversen Materialien hinter sich herziehend, während Byth mit jedem von ihnen – Okijen zuletzt – Augenkontakt aufnahm.
»Das Problem bei der Sache ist naheliegend«, fuhr sie fort.
Okijen schaute schwach zwischen den Anwesenden hin und her, die vermutlich die Verbindung schneller gezogen hatten als er.
»Die Technologie basiert auf einer, die KAMI selbst nicht unähnlich ist«, stellte Weiß fest. Und Byth nickte.
»Genau. Unter Laborbedingungen waren die Kulturen stabil. Das war mit KAMI damals allerdings genauso.«
»Was bedeutet?«, fragte Okijen, und Byth verzog den Mund überlegend. Sie selbst war sich nicht sicher, ob es das Risiko wert wäre. Allerdings würde diese Technologie auch einen erheblichen Vorteil mit sich bringen.
»Das Problem bei anpassungsfähiger Technologie ist, dass sie relativ schnell mutieren kann«, erklärte sie ruhig. Blond sah zwischen ihnen allen hin und her und schien nichts zu verstehen, was sie ein wenig amüsierte. »Das passiert öfter Mal im kleinen Rahmen. Da bekommt man es recht schnell unter Kontrolle, weil die Systeme meist leicht wieder ausgeschaltet werden können.«
»Wenn die Systeme zu intelligent sind, funktioniert das aber nicht immer«, warf Braun ein, und Byth nahm seine Einmischung mit einem Nicken an.
»Manche Formen sind relativ ungefährlich. Wie die Mutationen in den Konstruktionsebenen.«
»Die wuchernden Gebäude«, murmelte Okijen
.
»Tatsächlich sind aber vor allem Technologien instabil, die aus verschiedenen Komponenten bestehen. KAMI allein besteht aus mehreren Dutzend von ihnen. Die verschiedenen Nanoschwärme, aus denen es sich zusammensetzt, haben vollkommen unterschiedliche Funktionen. Analyseeinheiten, Optimierungseinheiten für diverse Bereiche des Gehirns, Replikatoren zur Vermehrung oder Reparation der Einheiten, Kommunikatoren und so weiter. Das macht das System zwar anfällig für Störungen, andererseits aber auch sehr lernfähig. Als die Wissenschaftler damals die Testversuche mit KAMI abbrachen und es deaktivieren wollten, hatten die verschiedenen Komponenten einander schon so weit entwickelt, dass eine Abschaltung nicht mehr möglich war.«
»Und was ist hier der Unterschied?«, hakte Weiß nach einer Weile nach, nachdem Byth eine Pause gemacht hatte.
»Meine Technologie besteht nur aus einer Einheit. Es war schwierig, sie zu programmieren, weil ihre Selbstoptimierung nur auf einen gewissen Bereich beschränkt sein durfte, und ohne einen zweiten Schwarm zur Regulation hat es eine Weile gedauert, die entsprechende Entwicklung abzubilden. Aber ich denke, es funktioniert.«
»Wie um alles in der Welt haben Sie das getestet?« Braun war noch jung und sah sie an wie eine Mischung aus Hexe und Göttin. »Ich meine … so viele Wissenschaftler versuchen genau das seit
Jahrzehnten.
Und Sie sind nicht mal mehr im aktiven Dienst und hatten sicher … keine … Testobjekte.« Ehrfürchtig blinzelte er. »Oder?«
Byth grinste. »Ich habe diesen Wissenschaftlern eine entscheidende Sache voraus.« Bei dieser Erklärung würde sie bleiben. Weitere Ausführungen und Rechtfertigungen wären hier fehl am Platz. »Die Frage ist, ob du bereit dazu wärst, es zu versuchen«, fuhr sie dann an Okijen gerichtet fort. »Es könnte die letzte Chance sein, es dir einzusetzen.
«
Okijen musterte sie intensiv. Er hatte sogar seine Augen ein Stück weiter geöffnet, als würde er sich dazu zwingen, ein wenig wacher zu werden, um sich konzentrieren zu können.
»Ich … ich denke, ich …«, stammelte er und stieß ein Seufzen aus. »Ich vertraue dir. Wenn du denkst, dass es etwas bringt, pack es rein.«
»Ich garantiere für nichts.« Sie lächelte vielleicht ein wenig zu selbstzufrieden. Doch im Grunde war sie sich sicher. Es würde funktionieren. Sie hatte es in den letzten Jahren getestet. Womit hätte sie sich sonst die Zeit vertreiben sollen?
»Das hast du früher auch immer gesagt«, erinnerte er sich und hob seine heile Hand sogar zu einer wegwerfenden Geste, wenn auch zu einer äußerst schwachen. »Bisher hat alles immer funktioniert.«
»Okay.« Abermals warf sie einen Blick auf die Assistenten, die sich um sie gesammelt hatten und auf Anweisungen warteten. »In dem Fall müssen wir noch einmal kurz etwas allein besprechen.«
Wieder warfen die drei Assistenten einander vielsagende Blicke zu. Nachdem sie zögerlich den Raum verlassen hatten, griff Byth nach einem der Cyber-Skalpelle, um es Okijen zu zeigen.
»Eventuell könnte ich darauf basierend noch eine relativ starke Modifikation in dich einbauen, die dir eventuell helfen könnte, wenn du … dem Ding nochmal gegenüberstehst«, offenbarte sie.
Okijen schüttelte lächelnd den Kopf. »Bau alles rein, was du für richtig hältst.« Er versuchte sogar, mit der Schulter zu zucken.
»Du vertraust mir viel zu sehr«, sagte sie, doch er schien vollkommen entspannt zu sein
.
»Ich tu alles, wenn du mich jetzt schlafen lässt«, murmelte er, und ihre Hände glitten bereits über die Funktionsanzeigen auf ihrem Tablet.
»Na gut«, flüsterte Byth. »Hast du dir verdient.«