Kapitel 12

Ihre Beziehung lief nun schon seit zwei Wochen, und Isaac hatte fast jeden Tag bei Lauren zu Abend gegessen. Er hatte angeboten, ihr auch mal einen »freien« Abend zu gönnen, aber sie hatte darauf bestanden, dass er blieb, und gesagt, dass sie es hasste, allein zu essen, dass sie so mehr Zeit hätten, sich kennenzulernen, nachdem er sich ja eigenmächtig zu ihrem festen Freund ernannt hatte.

Nach den Küssen zu schließen, mit denen sie ihn jedes Mal an der Tür begrüßte, schien sie allerdings kein wirklich großes Problem damit zu haben, dass er sie zu seiner Freundin erklärt hatte. Sie hatte sich perfekt in die Rolle eingefügt.

Sid und Mel hatten sich königlich darüber amüsiert, dass er Lauren keine Wahl gelassen und einfach ihre Beziehung beschlossen hatte.

»Und sie hat dich nicht sofort vor die Tür gesetzt? Diese Frau muss entweder vollkommen verrückt nach dir sein – oder einfach nur verrückt. Wenn du mich so rumkommandiert hättest, hätte ich dir sofort den Laufpass gegeben«, hatte Mel gesagt, die auf und ab hüpfte und in ihre Hände blies, um sich in der Schlange vor der beliebten Chocolaterie Wicked Sister warm zu halten. Lowenna, der der Laden gehörte, schickte immer eine Nachricht an all ihre Social-Media-Kontakte, wenn sie eine neue Pralinensorte ausprobierte. Für gewöhnlich führte das dazu, dass sich die Leute fast zu Tode trampelten, um eine der Köstlichkeiten abzubekommen.

Sid und Mel waren beide große Fans von Lowennas Kreationen und hatten Isaac in der Mittagspause hierher geschleift, mit dem Versprechen, ihm alles zu kaufen, »was sein kleines Männerherz begehrte«. Inzwischen hatten sie die Ladentür fast erreicht, und der Duft von Schokolade war schon so intensiv, dass sein Magen zu knurren begann.

»Ich glaube, sie ist einfach verrückt nach ihm«, sagte Sid und rieb ihrer Frau den Rücken.

Neben den beiden braun gebrannten Frischvermählten, die erst vor zwei Tagen aus den Flitterwochen zurückgekehrt waren, kam Isaac sich vor wie ein Gespenst. Sie hatten ihm frische Macadamianüsse aus Hawaii mitgebracht, doch die hatte er schon am Vorabend auf dem Weg vom Fitnessstudio nach Hause aufgegessen. Er musste schließlich seine Muskeln füttern, damit die fleißig weiterwuchsen.

Langsam bewegte sich die Schlange vorwärts, und alle drei seufzten auf, als sie endlich den warmen Laden betraten.

»Unglaublich, dass sie gleich zwei neue Sorten hat«, sagte Sid, die immer noch so heftig zitterte, dass ihr brauner Pferdeschwanz hin und her schwang. Sie leckte sich die Lippen und zog ihr Handy aus der Tasche. »Ich meine, hört euch das mal an: Weiße Zitronenschokolade mit roter Ganache und japanischem Curry.« Sie hielt ihr Handy so, dass Isaac den Bildschirm sehen konnte. »Die Praline sieht aus wie Feuer. Feuer!«

»Und ich wette, sie schmeckt himmlisch«, gurrte Mel. Selig lächelnd und mit geschlossenen Augen legte sie die gefalteten Hände ans Kinn, als würde sie eine Liebhaberin anhimmeln statt einer Praline.

Isaac verdrehte die Augen.

»Okay, und was ist mit der hier?«

Sid schnappte sich ihr Handy wieder und las vor: »Erdnussbutter und Himbeerkaramell mit gerösteten Erdnüssen, hausgemachtem Erdnussnougat, Erdnuss-Duja – was auch immer das ist – und einer Schokoladenmischung aus Nicaragua.« Sie erschauerte. »Gut möglich, dass ich mir gerade ein kleines bisschen in die Hose gemacht habe vor lauter Aufregung.«

Mel und Isaac schnaubten, als sie sich mit der Schlange einen weiteren Schritt nach vorn bewegten.

Wenn Lowenna eine neue Pralinensorte einführte, konnte es in ihrem Laden ganz schön chaotisch werden, aber meistens schaffte sie es, einigermaßen die Ordnung zu wahren und ihre Kunden trotz langer Wartezeiten zufriedenzustellen. Jeder musste warten, bis er dran war, und sich an die Regeln halten. Kein Drängeln, keine Schadenfreude, kein Rumjammern, keine Skalpierungen. Das stand tatsächlich in großen Buchstaben auf einem Schild an der Wand. Angeblich hatten sogar schon mal Leute vor dem Laden gezeltet, bevor eine neue Schokoladensorte eingeführt worden war, hatten dann eine ganze Ladung gekauft und sie den Leuten ganz hinten in der Schlange zum doppelten Preis weiterverkauft.

Es war schlimmer als am Black Friday.

Aber im Moment war Lowenna mit ihren Zwillingen in Elternzeit und kam laut Mason nur zwei halbe Tage die Woche in den Laden, um an neuen Kreationen zu arbeiten und bei ihren Angestellten nach dem Rechten zu sehen. Doch am ersten Verkaufstag einer neuen Sorte war sie immer dabei. Weil sie die Wicked Sister war, die dem Laden seinen Namen gegeben hatte, musste sie eben ihr Gesicht zeigen, wenn sie eine neue Schokoladensorte präsentierte.

Endlich hatten Isaac, Sid und Mel den Verkaufstresen erreicht.

»Na, wenn das nicht Sergeant Foxy McSexy ist.« Lowennas Lächeln war warm, strahlend und aufrichtig, genau wie die Frau selbst.

Isaac verdrehte die Augen. »Ist das etwa mein Spitzname?«

Lowenna lachte. »Ist nicht meine Schuld. Alle Frauen nennen dich so. In unserer Runde bleibt nichts lange geheim, und wie ich höre, hast du Lauren quasi gefesselt und geknebelt, bis sie dich als ihren festen Freund akzeptiert hat, obwohl sie glaubt, sie sei verflucht.«

Neben ihm kicherten Sid und Mel.

»Was für ein Gentleman«, sagte Sid kaum hörbar.

Isaac warf Sid einen bösen Blick zu, aber ihr Grinsen wurde nur noch breiter, und auch Mel sah aus, als könnte sie eine sarkastische Bemerkung kaum zurückhalten.

»Ich habe sie nicht gefesselt und geknebelt. Ich habe eine Entscheidung für uns beide getroffen, und sie hat diese Entscheidung nicht innerhalb des ihr zugestandenen Zeitrahmens angefochten.« Trotz der lachenden Frauen um ihn herum – sogar Lowenna und ihre Angestellten lachten ihn aus – grinste er breit.

»Ich freue mich auf jeden Fall für euch«, sagte Lowenna. »Lauren hat einen guten Mann verdient.«

Sid klopfte ihm auf den Rücken. »Und Isaac ist der beste. Zwingt Frauen dazu, seine Freundin zu sein. Einen besseren Mann kann es gar nicht geben.«

»Ich steh nicht so auf das, was in seiner Hose ist, aber seine Haare sind schön«, warf Mel ein, was ihr ein Prusten ihrer Frau einbrachte.

»Und er ist verdammt rechthaberisch«, fügte Sid hinzu.

»Ich mag dominante Männer ja ganz gern«, sagte Lowenna mit einem Zwinkern. »Aber was darf’s denn für euch sein?«

»Ich muss unbedingt deine neuen Kreationen probieren«, sagte Sid mit großen Augen. »Wie viele kriegen wir davon pro Person?«

Lowenna lächelte verschmitzt. »Ich sehe mal, was sich machen lässt.«

Sid wippte auf den Ball auf und ab, klatschte sogar in die Hände. »Ich bin so aufgeregt.«

Mel nickte Isaac zu. »Was möchtest du? Geht auf uns.«

Er schüttelte den Kopf. »Ich kann mich schon selbst versorgen, danke.« Er wartete, bis Lowenna von der Pralinenvitrine zurück zur Kasse kam. »Weißt du zufällig, welche Sorte Lauren am liebsten isst?«

Sid und Mel stießen ein entzücktes Ohhhh aus, aber Lowenna lächelte nur.

»Ja, das weiß ich zufällig«, sagte sie, griff nach einer leeren Pralinenschachtel und ging damit zurück zur Vitrine.

Mel lachte. »Jetzt bringt er seiner Frau schon Pralinen mit.«

Isaac reichte einer der Angestellten seine Kreditkarte. »Na klar. Was auch immer sie glücklich macht.«

Lowenna kam zu ihnen zurück und stellte die gefüllte Pralinenschachtel auf die Theke. »Grüß Lauren von mir.« In ihren Augen lag ein Blitzen, das merkwürdig durchtrieben wirkte. »Wir sollten uns demnächst mal mit den Kindern treffen.«

Er nahm seine Kreditkarte wieder entgegen und zog die Nase kraus, als er die Pralinenschachtel einsteckte. »Können Neugeborene überhaupt schon miteinander spielen?«

»Nein. Die liegen nur nebeneinander auf einer Decke oder starren sich an, wenn sie auf den Bauch gedreht werden. Solche Treffen sind eher für die Mütter. Aber die Jungs werden sich sowieso anfreunden, also können wir auch jetzt schon damit anfangen. Lad am besten auch noch Aurora mit Dawson ein.«

»Es gibt ja ganz schön viele Babys in eurer Gruppe«, sagte Mel. Sie öffnete ihre Schachtel und betrachtete sehnsüchtig die Pralinen darin.

»Ja, unsere Gruppe wird immer größer«, sagte Lowenna. »Aber wir sind fertig mit dem Kinderkriegen. Drei sind genug.«

Sid und Mel bezahlten für ihre Ausbeute, dann verabschiedeten sie sich. Keine von Isaacs Freundinnen schaffte es bis zur Tür, bevor sie den Mund voller Schokolade hatte.

»Ihr beide seid wirklich der Inbegriff disziplinierter Gesetzeshüter«, neckte er seine pausbäckigen Freundinnen.

»Halt die Klappe. Du ruinierst meinen Schokoladenrausch«, sagte Mel, die mitten auf dem Gehweg stehen geblieben war und für einen Moment die Augen schloss. »Ich glaube, die Zitronenschokolade ist meine neue Lieblingssorte.«

»Alle Sorten von Lowenna sind meine Lieblingssorten«, sagte Sid und schob sich die nächste Praline in den Mund.

Sie gingen weiter den Gehsteig entlang. Isaac fand eigentlich nicht, dass sie besonders einschüchternd aussahen, erst recht, da Sid und Mel sich weiterhin den Mund mit Schokolade vollstopften, aber die Leute machten ihnen trotzdem Platz. Ein paar Frauen drehten sich nach ihm um, daran war er gewöhnt. Er lächelte, nickte, grüßte kurz und ging dann weiter.

Ja, er war groß und konnte es mit einem Mann aufnehmen, der doppelt so viel Masse hatte wie er, aber er hatte auch Mel und Sid schon in Aktion erlebt. Obwohl beide Frauen nur knapp eins siebzig maßen, hatten sie mehr Kraft und Ausdauer, als man glauben sollte. Beide würden in ein paar Monaten zum SWAT-Team wechseln, und er hatte keinen Zweifel daran, dass sie dort hervorragende Arbeit leisten würden. Eine Zeit lang hatte er selbst mit dem Gedanken gespielt, sich zu bewerben, aber ihm gefiel die Idee nicht, ständig verfügbar sein zu müssen. Er wünschte sich eine Familie, und das SWAT ging mit einem Lebensstil einher, der nicht dazu passte. Sie könnten sich niemals darauf verlassen, dass er bei einem Fußballspiel bis zum Ende dabei war oder einen ganzen Film mit ihnen schauen konnte.

Sein Captain hatte ihm angeboten, eine Ausbildung zum Bombenentschärfer zu machen, was er durchaus noch in Erwägung zog. Aber auch für diesen Job musste man jederzeit verfügbar sein, und er legte Wert auf seine Freizeit. Vor allem, wenn dann noch eine Familie ins Spiel kam.

»Sag mal, hast du es eigentlich schon mit der Autobahn-Mama getan?«, fragte Sid, als sie ihre nebeneinander geparkten Streifenwagen erreichten. »Hast du deine – sind es inzwischen acht Monate? – Durststrecke beendet?«

»Ich finde ja, diese Durststrecke hat ihm mehr als gutgetan«, warf Mel ein. »Seine Konzentration hat sich verbessert. Er ist viel mehr im Hier und Jetzt anwesend und nicht mehr nur in seiner Hose.«

Mit einem Augenrollen entriegelte Isaac seinen Wagen. »Wie lieb von dir.«

Mel grinste mit einem Schokoladenfleck an der Lippe. Ihre Frau trat neben sie und wischte ihn weg. »Ich sage ja nur, dass es schön war, den echten Isaac kennenzulernen, nicht nur den sexbesessenen Isaac, der ständig auf der Suche nach dem nächsten Paar Beine war, zwischen das er sich legen konnte.«

Sid sah ihn erstaunlich mütterlich, wenn auch ein wenig kritisch an. »Gib’s zu, du hast deinen Schwanz in alles gesteckt, was willig war und zwei Paar Lippen hatte. Das war wirklich widerlich.«

Wenn sie es so formulierte, hatte sie natürlich recht.

Mit einem Schulterzucken drückte sie ihrer Frau einen Kuss auf die Wange, bevor sie auf die Fahrerseite ihres Wagens hinüberging. »Ich sage ja nicht, dass du mit der Autobahn-Mama nicht sollst oder nicht darfst …«

»Lauren. Sie heißt Lauren.«

Das brachte ihm eine erhobene Augenbraue und ein vielsagendes Grinsen ein. »Entschuldige. Lauren. Ich sage nicht, dass du nicht mit Lauren schlafen solltest oder darfst, aber wenn das zwischen euch den Bach runtergeht …«

»Wird es nicht.«

Sie presste die Lippen zusammen. »Aber falls doch, verwandle dich bitte nicht zurück in die Schlampe, die du früher warst. Du bist doch jetzt auf der Suche nach was Echtem, oder? Jemandem, mit dem du eine Familie gründen kannst.«

Darauf erwiderte er nicht. Das musste er gar nicht. Mel und Sid waren zwei seiner besten Freundinnen. Sie wussten ganz genau, dass er sich eine Familie wünschte.

»Wir sagen das nur, weil wir dich lieben«, sagte Mel. Ihr Ton war deutlich gutmütiger als Sids, ihre grünen Augen sanft. Sie war mit blonden Strähnchen und kurz geschnittenen Haaren aus Hawaii zurückgekommen – einem Bob, wie sie es nannte. Beides stand ihr gut. »Und wir wollen, dass du glücklich bist.«

Er sah sie an. »Ich weiß.«

»Wir würden sie auch gern mal kennenlernen«, fuhr Sid fort, die den Ausdruck der strengen Mutter mit dem Holzlöffel in der Hand wieder abgelegt hatte. »Wenn du dafür schon bereit bist.«

»Ihr zwei seid echt anstrengend«, sagte er. »Vielleicht laden wir euch nächstes Weihnachten ein, dann könnt ihr sie kennenlernen.«

Sid und Mel streckten ihm die Zunge raus.

In diesem Moment meldeten sich ihre Funkgeräte.

»Okay, dann mal zurück an die Arbeit«, sagte Mel und öffnete ihre Wagentür. »Lasst euch nicht erschießen, Leute.«

»Du auch nicht«, erwiderten die zwei anderen, bevor sie ebenfalls in ihre Autos stiegen.

So verabschiedeten sie sich immer voneinander. Etwas makaber, aber es machte den Ernst ihrer Jobs ein bisschen erträglicher.

Mel parkte aus, gefolgt von Sid, beide ließen zum Abschied kurz ihre Sirenen aufheulen, bevor sie sich in den Verkehr einfädelten.

Isaac ließ den Motor seines Streifenwagens an, legte aber noch nicht den Rückwärtsgang ein. Er blieb einen Moment sitzen, nahm sein Handy und betrachtete den Bildschirmhintergrund. Er zeigte Ike und Lauren. Er hatte das Foto vor ein paar Tagen geschossen, als Lauren den Kleinen auf dem Schoß gehabt und ihm etwas vorgelesen hatte. Ike sah zu seiner Mutter auf, als wäre sie sein ganzes Universum – was genau genommen ja auch so war –, und sie hatte den schönsten, friedvollsten Ausdruck im Gesicht. In diesem Moment hatte er gewusst, dass die beiden sein Zuhause waren. Seine Familie. Sein Happy End.

Er wollte diese Beziehung mehr als alles andere. Jetzt musste er nur noch darauf achten, Lauren nicht zu verschrecken, damit dieser angebliche Fluch ihr Happy End nicht ruinierte.

***

Lauren wusch sich die Hände im Bad und trocknete sie ab, bevor sie ihr Handy aus der Tasche ihres Hoodies zog.

Sie schickte eine Nachricht an Celeste und Bianca. Kein Blut mehr. Die Naht ist verheilt. Muss ich mich untersuchen lassen, bevor ich mit dem Sergeant ins Bett springe?

Ihre Freundinnen antworteten sofort.

Bianca: Woohoo! Halleluja! Und nein. Wenn sich alles gut anfühlt, brauchst du keine Untersuchung. Du kennst deinen Körper am besten.

Celeste: Vielleicht machst du erst mal eine Probefahrt mit Idris. Lass ihn die Lage auskundschaften, bevor du den Sergeant ranlässt.

Lauren schnaubte, hielt in ihrem Schlafzimmer aber inne, als ihr Blick auf die Nachttischschublade fiel, in der Idris voll aufgeladen und vermutlich sehr einsam lag.

Ike schlief in seiner Wippe im Wohnzimmer, und Isaac würde Penny erst in ein paar Stunden abholen. Sollte sie?

Das Letzte, was sie wollte, war ein schmerzhaftes erstes Mal mit Isaac, wenn es endlich so weit war. Die Orgasmen waren nicht das Problem, das hatte sie unter der Dusche nun schon mehrere Male ausprobiert – aber Idris war größer als ihre Finger, und Isaac war definitiv größer als Idris.

Sie biss sich auf die Unterlippe und zog den lila Samtbeutel aus der Schublade.

Vor Monaten, auf einem Weinabend mit Eva, Bianca, Richelle, Zara, Paige und Celeste, waren sie über die Rezensionen des Vibrators aller Vibratoren gestolpert – Tracy’s Dog. Der grauenhafte Name ließ sie immer erschaudern, aber die Bewertungen waren so überzeugend, dass Bianca, Lauren und Celeste sich alle einen bestellt hatten. Die anderen Frauen hatten gemeint, sie bräuchten keinen, weil sie Männer in ihrem Leben hatten. Und wenn schon! Lauren benutzte Sexspielzeug auch, wenn sie in einer Beziehung war. Manchmal brauchte man einfach ein kurzes Zap, um einzuschlafen, hatte aber keine Lust auf Kuscheln oder darauf, zu warten, bis auch er zum Höhepunkt kam.

Celeste behauptete, sie könnte Farben hören, Bianca schwor, sie hatte Gott getroffen, aber Lauren war sich sicher, dass sie für eine Sekunde gestorben war, als sie Idris das erste Mal angeschaltet hatte, nur um von seinen Klitoris saugenden Fähigkeiten wieder zum Leben erweckt zu werden.

Es hatte nicht lange gedauert, bis alle Frauen der Gruppe ein Exemplar besaßen. Männer hin oder her.

Sie öffnete den Beutel und zog Idris heraus.

Er sah genauso herrlich aus wie das letzte Mal, als sie ihn benutzt hatte. Glatt und weich. Ein dunkles Lila, geformt wie ein gestauchtes L, mit einem gerippten Knubbel an einem Ende und einem weiteren Knubbel am anderen, der ein Loch in Klitorisgröße hatte – mit zehn Saugstärken.

Sie schaltete die Saugfunktion ein und hielt einen Finger an das Loch. Ihr ganzer Körper erbebte, als der Vibrator sich festsaugte und ihre Fingerspitze kitzelte.

Konnte sie?

Sollte sie?

Sie war nicht gern so lang in einem anderen Zimmer als Ike. Aber sie wollte sich auch nicht im Wohnzimmer vor ihrem Sohn befriedigen.

#SingleMomProbleme?

Sie legte Idris aufs Bett, ging dann ins Wohnzimmer und trug die Wippe behutsam durch den Flur. Vor ihrer Schlafzimmertür stellte sie Ike ab, allerdings so, dass er sie nicht sehen konnte. Nicht, dass seine Augen offen gewesen wären, aber trotzdem.

Sie schloss die Tür nur halb, sodass auch sie nur noch eine Ecke der Wippe sehen, ihren Sohn aber hören konnte, falls er aufwachte.

Sie wollte ihr Kind dabei einfach nicht sehen und auch nicht von ihm gesehen werden. Aber sie wollte sich auch nicht völlig in den Wellen der Ektase verlieren, kurzeitig sterben, ein Pläuschchen mit Gott halten und Farben riechen, während sich ihr Baby im Wohnzimmer die Seele aus dem Leib brüllte, ohne dass sie es mitbekam.

Nachdem sie das Babydilemma gelöst hatte, dimmte sie das Licht, zog Yogapants und Unterhose aus und schlüpfte unter die Decke.

Es fühlte sich beinahe an wie das Wiedersehen mit einem Liebhaber, nachdem man monatelang getrennt gewesen war. Nur dass Idris ihr keine Liebesbriefe oder Gedichte geschrieben hatte. Er hatte still und geduldig auf sie gewartet.

Sie ließ ihn an ihrem Körper hinabgleiten. Bisher hatten Isaac und sie nur auf dem Sofa rumgemacht. Wie damals in der Highschool. Nicht mal mit den Händen hatten sie sich verwöhnt. Sie hatte ein paarmal versucht, weiterzugehen, hatte ihre Hände in seine Hose geschoben oder war auf die Knie gesunken, doch er hatte sie immer aufgehalten.

»Das will ich erst, wenn ich mich bei dir revanchieren kann«, hatte er gesagt. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir es langsam angehen.«

Tja, aber ein Satz wie dieser macht sie leider nur noch heißer.

Dieser Mann hatte es ihr absolut unmöglich gemacht, ihm nicht zu verfallen. Unmöglich. Er war perfekt. Liebevoll, aufmerksam, fürsorglich, aber auch dominant, wenn es darauf ankam. Wenn er sie küsste, küsste er sie mit allem, was er hatte. Als wäre es eine Mission, die ihm nicht misslingen durfte.

Wie war es wohl, mit einem Mann zu schlafen, der so küsste?

Würde sie für einen Moment sterben? Sich mit Gott unterhalten, Farben riechen und hören?

Vermutlich.

Hoffentlich.

Sie aktivierte die erste Stufe des vibrierenden Endes und führte es in ihre Pussy ein.

So weit, so gut. Kein Schmerz.

Als sie den Vibrator in Position gebracht hatte, schaltete sie die Saugkraft dazu.

O ja.

Idris wusste genau, was zu tun war.

Sie schloss die Augen und drehte die Geschwindigkeit an beiden Enden hoch. Normalerweise brachte sie Stufe drei in Nullkommanichts ans Ziel.

Idris war effizient. Das liebte sie am meisten an ihm.

Sie wand sich auf der Matratze, ihr Becken zuckte immer wieder nach oben, während sie die Finger ins Laken grub. Richelle hatte ihr verraten, dass es einer außerkörperlichen Erfahrung gleichkam, diesen Vibrator zu benutzen, während man Analsex hatte. Sie würde herausfinden müssen, ob Isaac dafür zu haben war.

Sie war gestorben, hatte mit Gott gesprochen und wusste, wie Lila klang und roch, aber ihren Körper hatte sie noch nie verlassen.

Mit noch immer geschlossenen Augen ersetzte sie Idris in Gedanken durch Isaac. Seine Zunge, seine Finger, seinen Schwanz. Sie presste sich an ihn, zupfte an ihren Nippeln. Er lag auf ihr, sah aus seinen blauen Augen so eindringlich auf sie herab, dass ihr ganzer Körper erbebte.

»Komm noch nicht, Baby«, schnurrte er, als er eins ihrer Beine anhob und mit dem Knie gegen ihre Brust drückte, um den Winkel zu verändern.

Sie schüttelte den Kopf. »Nicht ohne dich«, flüsterte sie.

Sie drückte den Kopf ins Kissen, das Kinn zur Decke gereckt. Lange würde sie nicht mehr durchhalten.

Als sie die Saugstärke auf fünf hochdrehte, begann ihr Körper heftig zu zucken, und ein Stöhnen brach aus ihrer Kehle. »Ich kann nicht mehr warten«, wimmerte sie. »Ich kann nicht.« Das glorreiche, vertraute heiße Prickeln kroch ihren Rücken hinunter, sammelte sich zwischen ihren Beinen. Wie ein brennendes Streichholz setzte es die Zündschnur in Flammen, und ihre Welt explodierte. Ein Pulverfass der reinen Lust, das sich aus ihrem Innersten bis in jeden Nerv ihres Körpers ausbreitete.

Lauren spannte sich an, riss den Kopf vom Kissen, nur um sich im nächsten Moment in einem Zustand absoluter Euphorie wieder zurückfallen zu lassen.

Völlig ausgelaugt, befriedigt und erleichtert lag sie da, als das Lustgefühl sich langsam wieder zurückzog. Das Saugen an ihrem Kitzler war jetzt viel zu intensiv, deswegen schaltete sie es aus, ebenso wie die Vibration, bevor sie das Spielzeug herauszog. Mit müden Gliedern schwang sie erst das eine, dann das andere Bein über den Bettrand, um sich im Bad kurz frisch zu machen. Gerade als sie das Bett wieder herrichtete, begann Ike sich im Flur zu regen.

Sie packte Idris in seinen Beutel, legte ihn in die Schublade, dankbar, dass alles an ihr noch funktionierte, und freute sich darauf, diese Neuigkeit mit Isaac zu teilen.