Vor demDeli stellen sie gerade die Stühle und Tische zusammen. Marla unterhält sich mit Denise, winkt mir zu. Ich habe es grade noch geschafft, in meiner Wohnung zu duschen und ein neues Hemd anzuziehen, David ist nicht da gewesen, jetzt bringe ich ein kaltes Bier mit, wir trinken es auf dem Weg zum Park am Gleisdreieck. Am Rand stehen Townhouses, die vor allem von Botschaftsangehörigen bewohnt werden, Lateinamerikaner und Asiaten. Am Wochenende flanieren die Eltern mit blasierten Gesichtern im Park, ihre Kinder tragen Sneaker von Brunello Cucinelli. Gegenüber hat man einen lang gestreckten Parkhauskomplex bis aufs Betonskelett heruntergestrippt und dann zu eleganten Penthouses mit Glasfassaden umgebaut, natürlich als Eigentumswohnungen verkauft. Für Berliner sind diese Wohnungen nicht gedacht, wir kommen da nur als Lieferanten und Paketboten rein.
»Was war eigentlich gestern los im Wettbüro«, fragt Marla, als wir nebeneinander gehen. »Ich habe dich rauslaufen sehen. Habt ihr euch geprügelt?«
Ich erzähle von Rudi und seinem Beil. Die ekligen Einzelheiten lasse ich weg, die gebrochene Nase, aus der das Blut schoss, die Tritte von Atila, die Stakkatoschläge von Ufuk, als Rudi längst ohnmächtig war. Frauen müssen nicht alles wissen. Mir fällt ein, dass ich keine Ahnung habe, was aus Rudi geworden ist. In welches Krankenhaus er gekommen ist.
»Wir dachten, jemand ist in der Hitze umgekippt, als der Rettungswagen kam«, sagt Marla. »Polizei gleich dahinter. Es gab viel Geschrei, zwei Türsteher von dem Tabledance-Schuppen oben auf der Potsdamer kamen auch angerannt, die kennen sich. Die Polizisten mussten sie handgreiflich aufhalten, als der Typ rausgetragen wurde.«
»Rudi ist zäh«, sage ich. »Der schafft das.« Aber so ganz sicher bin ich mir nicht. Immerhin haben Gezim und Zef vom Golden Dolls ihn nicht erwischt.
»Aber wieso zum Henker geht der da mit einem Beil rein, spinnt der?«, fragt Marla. »Kannst du mir das mal erklären?« Ich zucke bloß mit den Schultern. Bin mir nicht so sicher, ob sie es verstehen würde, dass er einfach nur ein Zocker ist und Geldprobleme hat, und da greift ein Mann schon mal zum Beil.
An den Schaukeln auf der großen Wiese hängen ein paar Teenie-Mädchen in neuen Jeans herum und machen Selfies. Die gelben U-Bahn-Waggons quietschen über die lange Kurve der Hochbahn hinüber zur Bülowstraße. Die Tischtennisplatten sind leer, ich packe die Schläger aus, wir spielen uns ein und mir wird rasch klar, dass Marla nicht vorhat, nett zu mir zu sein. Sie ist von Anfang an im Kampfmodus, nach fünf Minuten ist ihr Shirt durchgeschwitzt.
»So wird das nichts«, sagt sie, als sie mir zum vierten Mal meinen lauen Aufschlag zurückgeschmettert hat. »Was ist los mit dir? Ich dachte, du wolltest spielen.«
»Das sagt die Richtige«, sage ich. Von da an spiele ich mit Unterschnitt und versuche ihr das Leben so schwer wie möglich zu machen. Das mag sie. Marlas Schläge haben Kraft und Präzision, dennoch spielt sie mir den Ball zu, probiert einfach aus, wie weit sie gehen kann, ohne das gemeinsame Spiel zu versauen. Wir bekriegen uns mit allem, was wir haben, sie fischt noch die härtesten Bälle zehn Meter hinter der Platte fast vom Boden und bringt sie zurück auf die Platte. Athletischer Körper, starke Beinarbeit, sie hängt sich rein, das Shirt klebt an ihrem BH. Ihr Pferdeschwanz fliegt bei jedem Schlag hoch und ihre Augen blitzen. Schließlich springt ihr der Ball an den Bauchnabel, und sie muss grinsen. »Geht doch.«
»Stimmt das jetzt mit der Juniorenmeisterin Britz-Süd?«, sage ich in einer Pause. Wir sitzen auf der Platte und teilen uns das zweite Bier. Es ist immer noch unsagbar schwül, am Horizont brütet ein Gewitter, man sieht ein paar Blitze flackern, Donner rollen.
»Britz-Süd stimmt«, sagt Marla. »Aber Junioren ist natürlich Quatsch, ich war zehn, das hieß Jugend 11 bei uns.«
»Du spielst immer noch gut«, sage ich.
»Ich weiß«, sagt sie. »Ich kann nicht gut verlieren.«
Die nächste U-Bahn zieht über die Hochbahn zum Gleisdreieck. Man hört das Klappern der Skateboards an der kleinen Rampe. Der ganze Park ist voller Skater, seit Justin Bieber vor zwei Jahren in den beiden Bowls am Waldstück herumgerutscht ist.
»Ehrlich, ich war noch nie in Britz-Süd«, sage ich. »Ich weiß bloß: Da gibt’s eine eigene U-Bahnstation. Aber du kannst gern zugeben, dass du aus Gropiusstadt kommst, das macht mir gar nichts. Damit kannst du ruhig offensiv umgehen.«
»Ich komme nicht aus Gropiusstadt«, sagt sie. »Sonst würde ich sagen, dass ich aus Gropiusstadt komme, aber ich komme nun mal aus Britz-Süd. Der Tischtennisverein, der war in Gropiusstadt. Wir haben in der Nähe der Dorfkirche gewohnt, falls dir das was sagt.«
»Sagt mir nichts«, sage ich. Unsere Schultern berühren sich fast, sie dreht ihre Kelle in der Hand herum und klatscht sich auf die Oberschenkel. Ich mag ihren Geruch und ihre nervöse, ungelenke Art.
»Die Dorfkirche ist der Hammer«, sagt sie. »Ich war neulich noch mal da. Die ist uralt. Richtig schön.«
Wir laufen durch den Park und weiter, hinüber zum Kreuzberg, steigen die steilen Wege entlang den Wasserfall hoch und schauen über die Stadt hinweg. Hinten im Westen sammeln sich dunkle Wolken.
»Was machst du eigentlich so«, fragt Marla. »Du kommst jeden Tag, um dir deinen Americano zu holen, und hast nie erzählt, was du so machst.«
»Ich mache Facility Management«, sage ich.
»Das heißt, du bist Hausmeister«, sagt sie. »Kannst du ruhig zugeben. Wir hatten auch einen Hausmeister, der immer den Hof gefegt hat, jeden Dienstag. Hast du auch so einen Kastenwagen, auf dem Kontrollieren Pflegen Warten draufsteht?«
»Ich bin kein Hausmeister«, sage ich. »Ich habe ein paar Wohnungen an der Hand, die ich an Touristen vermiete, so wie Airbnb, nur in korrekt. Außerdem besorge ich ihnen, was sie sonst noch brauchen, wenn sie ausgehen wollen. Und die Leute, die meine Apartments buchen, die wollen alle ausgehen. Partyvolk. Hipster. Hauptsache Musik und Party.«
»Und Drogen«, sagt Marla.
»Klar, Drogen auch«, sage ich. »Machst du Party ohne Drogen? Die kommen ja eigentlich nur deswegen nach Berlin, weil es hier überall Drogen ohne Ende gibt. Gut und günstig. Versuch das mal in Stockholm.«
»Hör mir auf mit Stockholm«, sagt Marla. »Ich war da mal mit einer Freundin. Weißt du, was die für ein Bier haben wollen? Das willst du gar nicht wissen. Und dann ist das eine 3,5-Prozent-Plörre, von der du das Doppelte trinken musst, um überhaupt was zu merken.«
»Das ist genau der Punkt«, sage ich. »Deshalb kommen die Leute zu mir.«
»Die Leute kommen zu dir, weil ich in Stockholm Plörre trinken muss?«
»Die Schweden wollen alle nach Berlin«, sage ich. »Weil sie hier ein anständiges Bier zu korrekten Preisen kriegen. Die Briten, die Franzosen, die Italiener. Die Amis, die Australier, die Kolumbianer. Und weil sie nach dem Biertrinken ausschlafen müssen, buchen sie eine Wohnung bei mir. Ich bin ihr Provider, wenn du so willst.«
»Im Grunde bist du doch ein Hausmeister, würde ich sagen«, sagt Marla und hakt sich bei mir ein. »Hausmeister mit Benefits. Es fängt gleich an zu regnen, lass uns in die Bergmannstraße gehen.«
Wir laufen an der ehemaligen Schultheiß-Brauerei vorbei, über den Mehringdamm, da fallen schon die ersten Tropfen, kurz danach rauscht ein heftiger Schauer herunter. Ich ziehe Marla in eine Toreinfahrt, streiche ihr das nasse Haar aus der Stirn und küsse sie. Sie kommt mir entgegen, warme schnelle Zunge an meinen Lippen, meiner Zunge, der Regen prasselt wie verrückt an uns vorbei auf die Straße, wirft Blasen im Rinnstein, ich nehme sie so fest in den Arm, dass ich die Wärme ihres Körpers fühle, streichle ihren Haaransatz im Nacken, weicher blonder Flaum.
Sie trennt sich langsam von mir. »Ich glaube, ich habe noch nie einen Hausmeister geküsst«, sagt sie.
»Gönnung«, sage ich.
»Ganz genau«, sagt Marla. »Gönnung. Geht mir durch und durch. Ist lange her, das ganze verdammte Corona-Jahr habe ich nichts mit fremden Männern gemacht. Hat mir gefehlt, kann ich dir sagen.«
Unsere Hände spielen miteinander herum, der Regen wird allmählich schwächer, hört auf, der Himmel klart wieder auf und wir laufen die Bergmannstraße weiter.
»Hier hat eine Freundin von mir gewohnt, als ich ein Kind war, und da haben wir gespielt«, sagt Marla am Marheinekeplatz und zeigt rüber zum Postspielplatz. Auf dem ehemaligen Fuhrhof der Post nebenan steht ein Baukran, offenbar sollen hier Wohnhäuser gebaut werden, überall stellen sie jetzt Wohnhäuser hin.
Man wird selbst zum Kind, wenn man auf einen Spielplatz geht. Wir setzen uns in das Holzhäuschen vor der Rutsche, in dem nur die Dreijährigen aufrecht stehen können, und rauchen eine. Ich will weiterküssen, ihr das nasse Shirt ausziehen, ihren Pferdeschwanz fliegen sehen. Es wird dunkel, ich habe vielleicht noch zwei Stunden, ehe ich wieder in der Potsdamer Straße sein muss, Ecke Pohlstraße warten Ronny und Henne und ihr Freund und zweitausend Euro.
»Warst du schon mal auf so einem Teil?«, fragt Marla und zeigt auf den Baukran.
»Noch nie«, sage ich. »Ich bin nicht schwindelfrei. Allein würde ich da nie im Leben hochgehen.«
»Du bist doch nicht allein«, sagt sie. »Ich bin doch bei dir. Aber du musst vorgehen.«
Der Kran ragt in den Himmel über Kreuzberg. Die Luft nach dem Regen ist klar und frisch, in dieser Gegend sind nur wenige Leute unterwegs; keiner von ihnen merkt es, wenn hier jemand mal schnell die Leiter des Krans hochklettert.
»Wir können auch bis Mitternacht warten«, sagt Marla. »Hab ich kein Problem mit, außer dass ich wahrscheinlich verhungert bin bis dahin.«
»Sorry«, sage ich. »Ich muss nachher noch was erledigen. Lass es uns gleich machen oder wir gehen jetzt einfach noch was essen.«
Marla sieht mich an und zeigt ihr Grübchen. Sie drückt die Zigarette aus und klopft sich den Mulch von der Hose.
»Dann mal los«, sagt sie, »du gehst vor, ich komme nach. Aber ich will auf alle Fälle bis in dieses Führerhäuschen kommen oder wie das heißt. Umkehren gibt’s nicht.«
Wir springen über den Zaun auf den Fuhrhof und quetschen uns an den Fundamentplatten des Krans vorbei zur inneren Leiter. Ich schaue nicht nach oben. Nach oben zu schauen hat mir noch nie was gebracht. Ich konzentriere mich auf die Sprosse vor mir, immer nur auf die nächste Sprosse. Mit jedem Meter, den wir nach oben klettern, wird es frischer und windiger. Der Kran scheint im Nachtwind zu schwanken. Die Welt unter mir versinkt, bis auf Marla, die beharrlich hinterherkommt.
»Trödel nicht so«, sagt sie, als ich eine Pause einlege. »Ich würde gern noch heute ankommen. Ausruhen kannst du dich oben.«
Die Sprossen sind kalt, durch den Regenguss nass, ich packe fest zu, als müsse ich mich an jeder einzelnen Sprosse festklammern. Drüben breiten sich die Friedhöfe der Bergmannstraße aus, die Baumwipfel rauschen.
»Mach hin«, sagt Marla unter mir. »Oder lass mich vor.«
Wir erreichen das Führerhäuschen, die Bodenluke lässt sich hochklappen, ich setze mich auf den Sessel des Kranführers und Marla stemmt sich hinter mir durch die Luke.
»Endlich Boden unter den Füßen«, sagt sie und kichert. »Ist da noch Platz bei dir?«
Ich rücke zur Seite, sie setzt sich auf meinen Schoß. »Mir ist kalt«, sagt sie. »Mein Shirt ist nass. Das macht doch nichts, wenn ich es ausziehe?«
»Das macht nichts«, sage ich und helfe ihr beim Ausziehen. Ihr Rücken ist warm, sie schmiegt sich an mich, legt meine Hände auf ihre Schenkel, rutscht ein wenig hin und her mit ihrem Hintern.
»2020 war ein schlimmes Jahr«, sagt sie. »All diese Beschränkungen, Abstandsregeln, das geht nicht spurlos an einem vorbei. Außerhalb des eigenen Haushalts die Kontakte auf ein absolutes Minimum reduzieren. Mein Haushalt sieht mittlerweile aus wie ein Lager von Dildo King. Und ich sage dir ganz ehrlich, das ist nicht das Gleiche. Weißt du noch, wie im ersten Corona-Frühling die halbe Stadt plakatiert war mit Sex macht schön? Das macht einen total kirre. Ich will schön sein. Ich will Sex. Und nicht nur mit Dildos.«
»Es ist nicht das Gleiche«, sage ich und schiebe sie kurz von mir, um meine Hose auszuziehen, es ist nicht auszuhalten. Marla wirft einen Blick auf meinen Schoß, meinen Schwanz und streift sich ihre Shorts ab.
»Hast du ein Gummi?«
»Habe ich«, sage ich und fingere es aus der Hosentasche, ziehe es über.
»Wäre das okay für dich, wenn wir das ganze Kennenlernen nachher fortsetzen?« Sie setzt sich, mir zugewandt, auf meinen Schoß, lässt ihn in sich hinein.
»Ist okay für mich«, sage ich.
»Ich meine, die Lieblingsserien und so, als du zwölf warst, was dein Vater beruflich gemacht hat, Kindheitstraumata und alles, wo du dich in fünf Jahren siehst, da können wir gern drüber reden, gleich«, sagt sie und bewegt sich mit kleinen festen Stößen. Ich ziehe sie an mich, atme ihren Leib. Ganz Tier sein im Dunkel der Nacht.
»Hör nicht auf, hör nicht auf«, sagt sie noch, und was sie danach flüstert, kann ich nicht mehr verstehen.
Lass es dauern. Ihr Bauch schmiegt sich an meinen, die beiden Schenkel eine heiße Klammer. Ich schaue über ihre tanzende Schulter weit über die Dächer Kreuzbergs, über die Friedhöfe hinweg. Lass es dauern. Nicht aufhören. Auf der Gneisenaustraße schnüren die Lichtfäden der Autos zum Südstern und Hermannplatz. Wo sehe ich mich in fünf Jahren? Mit Marla in einer engen Küche, Spaghettiträger-Top, ein Baby auf dem Arm, ein Kleinkind zieht sich an ihrer linken Wade hoch, und ich habe auch zwei Kinder auf dem Arm. Und einen Ständer, ich kann nicht genug von ihr kriegen. Der Kran schwankt, aber er steht, stramm und fest, mitten in der unendlichen Nacht.
Marla dreht sich danach eine Zigarette, zündet sie an und gibt sie mir. Wir rauchen abwechselnd. Kein Handysurren. Stille. Über uns wölbt sich der Himmel.
»Überraschend intensiv«, sagt Marla, als sie ihre Shorts wieder anzieht, ein Fenster aufschiebt und das Gummi rauswirft, und ich bin noch weit weg, irgendwo ganz weit draußen. Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast. Wann habe ich eigentlich angefangen, an Gott zu glauben?
»Alter«, sagt Marla, »komm mal wieder runter auf den Teppich hier.« Sie zieht ihr Shirt an, gibt mir meine Hose, und jetzt denke ich an die Verabredung mit Henne und Ronny, wie viel Zeit habe ich noch, eine halbe Stunde vielleicht. Wir machen uns an den Abstieg, diesmal geht Marla voran. Der Turm schwankt immer noch, wir tasten mit den Füßen nach unten.
»Nur keine Eile«, sagt Marla, als sie losgeht. »Latsch mir nicht auf die Finger. Ich brauche meine Hände noch.« Ihre Stimme ist dünn und verweht im Wind. Wir lassen uns Zeit und kommen glücklich unten an, klettern wieder über den Zaun zum Spielplatz und ich hole die Tasche mit den Tischtenniskellen, die ich unter der Rutsche gebunkert habe.
»Ich muss leider noch mal kurz los«, sage ich und schaue auf mein Handy, es ist knapp vor zehn.
»Ich verstehe schon«, sagt Marla. »Romantischer Szenenwechsel. Ich hatte mal einen Banker, der nach einer Nummer immer zwanghaft zum Smartphone langte, um sich die Börsenkurse anzusehen. Super kuschlig. Du als Hausmeister bist wahrscheinlich auch rund um die Uhr im Einsatz.«
»Ich bin kein Hausmeister«, sage ich. »Aber ich muss wirklich mal kurz weg. Da ist ein Kunde, der ein Apartment in Fennpfuhl beziehen will. Das dauert keine Stunde, dann können wir noch was trinken gehen.«
»Können wir gerne mal machen«, sagt sie. »Aber heute nicht mehr. Ich lege mich noch vor die Cam, ein bisschen Geld verdienen. Heute ist Freitag, da sind viele Männer einsam.«
Was für eine Cam? Ich frage lieber nicht, ich sehe ihr spöttisches Grinsen, sie wartet nur darauf, dass ich nachfrage. Soll sie sich vor ihre Cam legen in ihrem Haushalt voller Dildos. Es gibt mir trotzdem einen Stich in der Herzgegend. Sie streicht sich eine Haarsträhne aus der Stirn und schaut mich mit ihrem Grübchen in der Wange an, und am liebsten bliebe ich die Nacht bei ihr. Auf der Gneisenau kriegen wir ein Taxi und fahren zuerst bei ihr vorbei, Gustav-Müller-Platz auf der Roten Insel in Schöneberg. Sie beugt sich zu mir, als die Taxe hält, und küsst mich auf den Mund.
»Hoffe, du kommst klar«, sagt sie. »Du weißt, wo du mich findest.«
Ich weiß es. Und ich hoffe, dass ich klarkomme.
Zum Taxifahrer sage ich: »Und jetzt zur Potsdamer, Ecke Kurfürstenstraße.«