»Wir kriegen das wieder hin«, sagten die Ärzte. »Dauert aber.«

Sie haben es hingekriegt. Gut sieht es nicht aus, doch ich bin wieder draußen.

Der Asphalt der Potsdamer Straße schimmert vor Nässe, die Autos pflügen durch Pfützen. Zehn Grad tagsüber, die Leute laufen noch in Anoraks herum. Ich fahre am Deli vorbei, muss vor der Ampel halten und sehe, dass der Laden wieder voll ist, die Leute drängen sich vor der Kasse, an den kleinen Tischen, die Scheiben sind beschlagen von ihrem Atem. Draußen unter der Markise sitzen die Raucher und die Deli-Mädchen, die einen Tisch für sich gepachtet haben, an dem sie nach der Schicht sitzen können, um zu quatschen und zu rauchen. Sie wollen nicht nach Hause gehen, das wollten sie noch nie. Marla ist nicht mehr dabei. Die Deli-Mädchen schauen zwar herüber, wenn sie die Straße scannen, doch sie sehen mich nicht. Sie sehen einen Lieferando-Fahrer mit grellorangenem Regencape und dem quadratischen Kasten der Thermobox auf dem Rücken, sie sehen einen Paria mit Buckel.

Im Wettbüro gegenüber sitzt Dmitri der Locher hinter den Scheiben und macht wie eh und je Löcher in die alten Wettscheine. Auf den Bildschirmen flirrt ein Tor von Lewandowski in Superslomo, die Saison ist längst entschieden, doch sie hören nicht auf zu spielen, die Champions League kommt jetzt erst in die interessante Phase, die Ampel springt um, ich muss weiter. Nehme die Busspur, vorbei an Harbs Feinkost aus dem Libanon, an den Acne Studios und der Joseph-Roth-Diele, über die Lützow hinweg und dann die kleine Anhöhe hinauf zur Potsdamer Brücke. Die Haut spannt noch, wenn es kalt ist, die Narben ziehen, das geht vorbei, haben die Ärzte gesagt.

Hinten in der Frobenstraße liegt immer noch mein altes Daddel-Paradies, die verwahrloste Spielhalle mit den verklebten Fenstern, vermutlich steht Dragana immer noch am Tresen und scrollt mit ihren langen Fingernägeln auf ihrem Smartphone. An den Automaten sitzen die Zocker und starren auf die springenden Zahlen, Anker, Herzen. Die Spiele laufen jetzt noch schneller ab als früher, es gibt keine Atempause mehr. Die Zocker hoffen längst nicht mehr auf Gewinne, sie sind weise geworden, duldsam. Wenn sie was gewinnen, stecken sie es gleich wieder in die Maschine, damit das Rad sich weiterdreht, die Karten neu gemischt und ausgeteilt werden. Ich bin seit fünf Monaten nicht mehr da gewesen, schaue nicht mal hin, wenn ich jetzt zufällig vorbeifahre, sondern trete in die Pedale, um den Jieper hinter mir zu lassen, die Fanfare beim Jackpot habe ich immer noch im Ohr. Den Zigarettenrauch, den Geruch nach Kaffee und abgeranztem Teppichboden habe ich immer in der Nase. Habe immer noch Schweißausbrüche, feuchte Hände und einen trockenen Mund, wenn ich die Spielotheken sehe in der Müllerstraße und oben am Gesundbrunnen mit ihren abweisenden Schaufenstern. Der Tag wird kommen, an dem ich nicht mehr vorbeifahre. Die Stunde wird kommen, in der ich nachgebe und anhalte und absteige. Ich werde das Rad abschließen, den Kasten mit dem Essen mit reinnehmen. Der Kunde wird lange auf sein bestelltes Bun Bo Nam Bo warten müssen, wird hektisch anrufen, mich nicht erreichen, beim Dispatcher anrufen und sich beschweren, soll er doch.

Diesen Moment, in dem ich die Tür zur Spielhalle aufdrücke, sehne ich herbei. Dann ist es entschieden. Die nächsten Schritte kenne ich auswendig, eine logische und organische Abfolge: Geld wechseln, den besten Automaten aussuchen, die Thermobox mit dem Essen ablegen, das Spiel starten, in die Zone gleiten. Book of Ra, Razor Shark, Video Poker – mir egal. Vielleicht gehe ich in eine der Spielhallen in der Turmstraße oben in Moabit, wo niemand mich kennt. In eines der Wettbüros auf der Hermannstraße in Neukölln, wo jetzt die afrikanischen Dealer zocken, wenn sie nach einem langen Arbeitstag aus der Hasenheide kommen. Wo soll man auch sonst hingehen, wenn es ständig regnet?

Doch ich fahre weiter, die Ampel springt auf Grün, muss mich beeilen, der Rucksack mit der Thermobox sitzt schief, hoffentlich läuft da jetzt keine Soße aus. In zwei Minuten über den Potsdamer Platz, dann rechts in die Köthener Straße rein, die Hausnummer finden, dann den Namen auf dem Klingelbrett suchen, gegen die Tür lehnen, wenn der Summer kommt, dritter Stock, kein Fahrstuhl. Mein Regencape ist klatschnass und tropft das Treppenhaus voll.

»Hat ja ewig gedauert, hoffentlich ist das nicht total kalt«, sagt die Frau oben an der Tür, sie hält die Hand mit der Zigarette hinter ihren Rücken, damit ich den Rauch nicht mitkriege. Oft erschrecken die Kunden, wenn sie mein Gesicht sehen, doch sie zeigen es nicht. Das immerhin war geil an der Corona-Zeit, dass man sein Gesicht nicht jedem zeigen musste. Wenn ich jetzt einen Mundnasenschutz tragen will, halten sie mich für gestört.

»Kannste mir das nicht schnell reintragen, wie soll ich das alles nehmen?«, fragt die Raucherin.

Ich trage ihr das Essen rein, stelle es auf den Tisch neben ihren Laptop und die alte Kaffeetasse und einen Nagellackentferner, stapele Styroporbox auf Styroporbox, aus der letzten suppt es raus, nur schnell raus hier, ihr Freund kommt vom Klo, zieht sich die Hose hoch.

»Das hat ja ewig gedauert, wir wollten schon anrufen. Musst du hier mit deinen nassen Botten den Fußboden vollsauen?«

Die Frau drückt mir achtzig Cent Trinkgeld in die Hand, ich tappe mit meinen durchweichten Schuhen wieder runter, schließe das Fahrradschloss auf, der nächste Auftrag ist schon da, oben im Wedding. Ich fahre überall. Schwinge mich aufs Rad, der Regen ist mir so was von egal, ich bin frei und jeder Tag zählt.

Ich liebe diesen Job, auch wenn er mein Fahrrad und mein Handy auffrisst, auch wenn ich bei jedem Bordstein fürchten muss, dass die Ladung auf meinem Rücken verrutscht und die Zitronengrassuppe ausläuft. Trotzdem fahre ich den Bordstein hoch und runter, wir müssen auf dem Bürgersteig fahren und über jede rote Ampel, sonst kommen wir nicht schnell genug hin, der Dispatcher kontrolliert die Zeiten. Unten klingeln, im Treppenhaus vier Stockwerke hoch, Essen abstellen, Treppen wieder runter, mach das mal in zwanzig Sekunden. Es gibt Pakistanis, die das können, die sind klein und drahtig und haben den Biss, den es braucht, und die Dispatcher sagen, wenn die das können, wieso kannst du das nicht.

Im zweiten Hinterhof nach der Start-up-Firma fragen, bei der alle was anderes bestellt haben, und wenn du die Klitsche endlich gefunden hast, dann ist da keiner mehr. Nur der Kickertisch steht geduldig wie ein Pony im riesigen Loft. Ich komme in fünf Minuten noch mal wieder, telefoniere mit dem Dispatcher, wo sie denn sind, keine Ahnung, vielleicht ein Meeting. Kommt vor. Bezahlt haben sie ja. Eigentlich müssen wir das Essen wegschmeißen, doch ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen und setze mich hin und esse alles auf, den Veggie-Burger, den Algensalat, die Rote-Bete-Chips, schlürfe die japanische Nudelsuppe.

Irgendwann werden sie mich finden, Zef oder Gizem oder wer sonst von Krasniqis Männern, aber das macht nichts. Ich bin schnell, wenn ich auf den Straßen unterwegs bin und das Essen ausliefere, nachts sitze ich in unserer Butze in Oberschöneweide, Kottmeierstraße, Hinterhaus dritte Stiege. Irgendwann werden sie mich an einer Kreuzung erkennen, wenn ich vor der Ampel stehe und grad einen neuen Auftrag bekommen habe. Was sollen sie dann tun, mich von der Straße rammen? Vorfahren zur nächsten Ampel und mit dem Quarzer auf mich warten? Oder sie sind schlau und kämmen die Spielhallen durch, es gibt ja nicht mehr viele, vielleicht noch hundert. Irgendwann werde ich in einer sitzen und Zef wird seinen Arm um meine Schultern legen: »Tom, wo hast du gesteckt, ich habe dich gesucht.«

Vielleicht erkennen sie mich überhaupt nicht mehr. Marla hat mich im Krankenhaus besucht, in den ersten Wochen, als ich noch schlimm aussah, wirklich schlimm, das wusste ich selbst, die Augenbrauen und Schläfen völlig verschorft, die Gesichtszüge durch die Narben verzerrt. Freddy Krueger hat besser ausgesehen. Marla schaute mich an und lief weinend aus dem Zimmer. Ich habe sie nicht wiedergesehen seitdem. Manchmal, wenn ich nicht einschlafen kann, gehe ich auf ihren YouTube-Kanal, als einer von ihren dreitausend Followern, die ihrer gehauchten Stimme lauschen. Man sieht ihr Gesicht als Close-up, die Lippen, ihre Grübchen, wenn sie lächelt, und ich weiß, sie lächelt nicht für mich.

Max Kallatzky jedenfalls hat mich nicht erkannt, als ich ihm einmal Essen gebracht habe. Er lebt ganz bescheiden: Lichterfelde, Seitenstraße, Kopfsteinpflaster, Einfamilienhaus aus den Sechzigerjahren, sein Dacia Duster Prestige vor der Garage. Bei der Wahl im Oktober hat er einen Platz im Bundestag gekriegt. An jenem Abend hatte Kallatzky was Indisches bestellt, Lamm Malabari Masala, stand in Hosenträgern und Pantoffeln in der Tür, als ich die Lieferung brachte. Trinkgeld gab es bei ihm nicht, Dankeschön auch nicht. Ich habe ihn nicht nach Ronny und Henne gefragt, doch seine Adresse habe ich mir gemerkt.

Mein Vater hat sich nicht blicken lassen, als ich im Krankenhaus lag, und ich respektiere seinen Wunsch, ihn nicht mehr in Fennpfuhl zu besuchen. Einmal sah ich ihn zufällig an der Storkower Straße, als ich dort eine Tour hatte, er ging einkaufen, beige Windjacke, Sandalen mit weißen Socken, eine Hand auf den Rücken gelegt, er bemerkte mich nicht. Gelegentlich höre ich von Romina, wie es ihm geht. Die beiden verstehen sich gut. Sie trifft ihn auf einen Kaffee in Plötners Destille am Anton-Saefkow-Platz, um mit ihm über schwierige Ermittlungen zu reden.

»Er ist gut«, sagt Romina. »Handwerklich ist er tipptopp, besser als alle meine Kollegen. Er hat den Blick fürs Detail, für die Nuance. Stellt die entscheidenden Fragen. Männliche Intuition, ich glaub ja nicht dran, doch bei ihm ist das eine krasse Gabe. Wenn du mich fragst, ist das eine Schande, dass sie ihn rausgeworfen haben, nur weil er bei der Stasi war.«

»Er war nicht bei der Stasi«, sage ich zum zehnten Mal. »Sie haben ihn sich nur ausgeliehen, weil seine Zeichnungen so geil waren, er musste es machen. Und dann hat er es bei der Stasi-Überprüfung bei der Übernahme der Volkspolizei nicht angegeben, weil es ihm peinlich war. Oder er wurde von einem Kameradschaftsgericht der alten Führungskader wegen Nichteignung aussortiert, weil sie ihn los sein wollten, keine Ahnung.«

»Whatever«, sagt Romina und zieht sich unter der Bettdecke die Schlafanzughose aus. »Komm endlich.«

Und ich lege mich zu ihr ins Bett. Das ist der Deal. Als ich aus dem Krankenhaus kam, hatte ich keine Wohnung mehr. David hatte mein WG-Zimmer vermietet, die Sachen in den Keller gestellt. »Wusste ja nicht, ob du noch mal wiederkommst«, sagte er, als ich sie abholen kam. »Woher sollte ich das wissen?« Seine Geschäfte laufen weiterhin ungestört. Ich habe niemals ein Wort über ihn verloren bei allen Vernehmungen. Auch wenn er ein Arsch ist, ich bin keine Snitch. Sein Job ist systemrelevant. Die Jungtouristen kommen nach Berlin, um sich hier ordentlich die Kante zu geben, und wenn David seinen Job aufgibt, bleiben sie weg, und dann geht die ganze Stadt den Bach runter.

Ich bin aus dem Business raus, vermiete nicht mehr. Mein Vater verwaltet die übrigen Wohnungen in Fennpfuhl, Hellersdorf, Kreuzberg und im Wedding jetzt selbst. Verdient gut damit. Hat Romina mir später erzählt, ich wurde nicht gefragt. Ich fand nichts, als ich aus dem Unfallkrankenhaus kam, fand absolut keine Bleibe in der ganzen Stadt, bis Romina sagte, ich könne bei ihr einziehen. Kottmeierstraße, Oberschweineöde, außerhalb des S-Bahn-Rings.

»Und du musst auch was dafür tun, dass du hier leben darfst«, sagt sie. »Ein kleines Stückchen Fleisch ist besser als eine Schüssel voll Kohl, hat meine Mutter immer gesagt. Wenn ich von der Arbeit komme, nach acht oder zehn oder zwölf Stunden mit diesen jungen, durchtrainierten Polizeibeamten, dann habe ich Bedürfnisse. Dann will ich nicht mehr reden. Nur dass das klar ist, wenn du zu mir ziehst. Nach Feierabend möchte ich mich nicht zurückhalten müssen.«

Muss sie nicht. Wenn sie nach der Arbeit nach Hause kommt, dann tun wir, was getan werden muss. Ausgiebig. Ich liebe ihre glatte braune Haut, ihren Geruch, ihr schwarzes Haar, ihre Hitze. Sie murmelt dunkle Romani-Worte, wenn sie kommt, auch wenn sie das danach nie zugeben will.

Ich werde niemals aufhören, mit ihr zu schlafen. Niemals aufhören, Kaffee zu trinken, Zigaretten zu rauchen, mit dem Rad durch die Stadt zu fahren und abends um sechs ein Wettelsheimer Helles im »Erika und Hilde« zu trinken. Dann geht es weiter. Die nächste Bestellung ist da, manchmal nur zwei Häuser weiter, die Leute sind zu faul, um nach unten zu gehen und sich das Essen zu holen. Ich bin der Laufbursche, ich trage es ihnen hoch. Ich bringe es ihnen, auch wenn sie in Hermsdorf wohnen oder Alt-Marienfelde. Der Verkehr rauscht unaufhörlich durch die Stadt, wird von Woche zu Woche dichter und hektischer, und ich bin mittendrin.

Wir alle machen weiter. Der Gerät wird nie müde. Der Gerät schläft nie ein. David hört nicht auf zu dealen. Gras, Koks, Speed, Lachgas, Ketamin, Mushrooms, Tilidin, musst nur sagen, was du brauchst und wohin er es dir bringen soll. Mein Vater, sagt Romina, hört nicht auf, an seinen Zeichnungen zu arbeiten. Die Deli-Frauen hören nicht auf, den besten Kaffee der Stadt zu machen, willst du Zucker in deinen Americano, Hafermilch in deinen Cappuccino? »Damit können wir Sektion II noch anfetten«, sagt ein Kunde in der Wildlederjacke von Acne Studios zu seinem Kollegen beim Warten. »Keine Ahnung, was der Kunde will, and at this point I’m too afraid to ask.«

Max Kallatzky hört nicht auf zu kämpfen. Gegen Moslems, gegen die Zwangsgebühren und die Zwangsimpfungen, gegen die engen Meinungskorridore, gegen Dunja Hayali, Sawsan Chebli, Volker Beck, die Grünen, die Linken, die Sozen, die Feministinnen, Greta Thunberg und die Schulschwänzer und Klimalügner, die Schwulen und die Schneeflocken. Gegen Berlin, die Kriminalitätshochburg, den Schandfleck Deutschlands. Was er gut findet, ist die U-Bahn in Pjöngjang, die ist sauber, da wird nicht gebettelt. Da müssen wir hinkommen.

Ronny hört auch nicht auf, er ist Märtyrer geworden in seinen Kreisen. Seit seinem Feuertod wird ein regelrechter Kult um ihn betrieben, sein Grab wurde zur Pilgerstätte mit monatlicher Gedenkstunde, sodass die Friedhofsverwaltung ihn umbetten musste. Seine Freunde draußen im Lande sind schon einen Schritt weiter, sie rüsten sich für den Marsch auf Berlin, sie sammeln sich für den Tag X. Das Volk steht auf, der Sturm bricht los, wer legt noch die Hände feig in den Schoß? In Mecklenburg haben sie 24000 Schuss Munition gehortet, 187000 Schuss in Hessen, jedenfalls ist das ermittelt worden, und was sie in Niedersachsen, Bayern, Sachsen gebunkert haben, das weiß niemand außer ihnen. Außerdem Sprengstoff, Waffen, Blendgranaten, sie wappnen sich für ihren Rassenkrieg, verabreden sich für den Erstschlag, Elitesoldaten, Reservisten, rechte Burschenschaftler, kampfbereite Reichsbürger, ungeimpfte Querdenker, Männer aus der Sicherheitsbranche, Elitepolizisten, austrainierte Jungs aus dem Mobilen Einsatzkommando, Schießtrainer, Hundeführer, Präzisionsschützen, Kampfschwimmer. Sie bereiten sich auf die Machtübernahme vor, auf die Ausschaltung der Volksfeinde, die Listen sind längst geschrieben, der Löschkalk, um die Leichen unkenntlich zu machen, ist bereits vorrätig.

»So ein Quatsch«, sage ich und lege mich neben sie, »das ist bloß heiße Luft, das geht eh nicht.«

»Und ob das geht«, sagt Romina, während sie meine Hose öffnet. »Die wissen genau, was sie tun. Ein achtzig Kilogramm schwerer Mann besteht neben rund vierzig Kilo Wasser aus vierundzwanzig Kilo Fett, zwölf Kilo Proteinen und vier Kilogramm Knochen. Das ist alles löslich. Mal abgesehen von Nierensteinen und Zahnimplantaten, aber wir wollen ja nicht päpstlicher sein als der Papst. Das haben wir schon alles gehabt. Wenn die ihre Listen abarbeiten, wird das zwar von der Masse her problematisch, die haben Tausende angebliche Volksverräter auf ihren Listen stehen, aber da finden die Jungs sicher eine Lösung. Wo gehobelt wird, fallen Späne. Isso. Leute wie Ronny sind nur die Vorhut. Testläufe. Du weißt das eigentlich selbst, Burnie, du willst das bloß nicht sehen.«

»Nenn mich nicht so«, sage ich.

Romina lacht. »Ich mag dich«, sagt sie. »Ich mag dich so, wie du bist.«

Die Sirenen der Rettungswagen, Feuerwehr, Polizei nachts auf der Petersburger, auf der Schönhauser, auf der Skalitzer, auf der Sonnenallee hören nicht auf. Corona hört auch nicht auf, doch das macht nichts. Marla hört nicht auf, in meinem Kopf zu flüstern. Dmitri der Locher hört nicht auf, in der Arena die weggeworfenen Wettscheine zu lochen. Dragana hört nicht auf, auf ihrem Handy zu scrollen, vielleicht findet sie eines Tages die Nachricht, auf die sie seit Jahren wartet. Der Durchgangsverkehr auf der Potsdamer hört nicht auf. Snake hört nicht auf, wenn du nicht aufgibst.

»Du verlierst nicht«, sagt Romina. »Du fängst einfach wieder von vorn an. Komm jetzt.«