Eine seltsame Art von Erleichterung durchströmte McCoy, als er Hammersmith' Hand auf der Schulter spürte. Er hatte gewusst, dass ihm diese Konfrontation bevorstand, und er war froh, dass die Zeit des angespannten Wartens nun zu Ende ging.
»Bitte warten Sie in meinem Büro«, wandte sich der Vizeadmiral an Kirk und Spock, die sich Wilforth und Richter anschlossen. »Der Doktor und ich kommen gleich nach.«
Jim warf Leonard einen kurzen Blick zu, der ihn fragte: Brauchst du Hilfe, Pille? McCoy schüttelte stumm den Kopf und beobachtete, wie die vier Männer hinter einer Ecke des Korridors verschwanden.
»Keine Sorge, Doktor«, sagte Hammersmith, als sie allein waren. »Ich verlange nicht von Ihnen, dass Sie sich entschuldigen.«
Dazu wäre ich auch nicht bereit gewesen, dachte McCoy.
»Vermutlich hätte es auch gar keinen Sinn«, fuhr der Vizeadmiral fort. »Ich möchte nur wissen: Zum Teufel auch, warum sind Sie hierhergekommen?«
Leonard versteifte sich und versuchte, den Ärger im Zaum zu halten. »Ich bin hier, um etwas zu erledigen, woran Sie mich zu hindern versuchten. Es geht mir darum, dem ganzen Schlamassel auf den Grund zu gehen.«
Hammersmith schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht versucht, Sie an irgend etwas zu hindern, Doktor.«
»Sie haben Spock und mich nach San Francisco versetzt«, sagte McCoy hitzig. »Sie vermieden es, offiziell Anklage zu erheben – weil Ihnen nichts an einer peinlichen Verhandlung lag. Sie …«
Hammersmith hob den Zeigefinger, und der Arzt unterbrach sich sofort. »Es hat eine Verhandlung stattgefunden, Doktor. Starfleet verzichtete darauf, Anklage zu erheben, als Kirk ankündigte, den Dienst zu quittieren. Und wohin hätte ich Sie sonst versetzen sollen? Vielleicht an Bord eines Raumschiffs, das auf der anderen Seite des galaktischen Arms Patrouille fliegt? Zu einer Starbase an der Föderationsperipherie? Glauben Sie vielleicht, dort wären Sie in der Lage gewesen, den Talin irgendwie zu helfen?«
McCoy starrte den Vizeadmiral groß an. »Und in San Francisco? Was haben Sie auf der Erde von mir erwartet?«
»Ich habe Sie zu Starfleet Command geschickt, Doktor, zum Föderationsrat und zu den zentralen Niederlassungen der meisten Nachrichtenagenturen. Halten Sie das nicht für einen der besten Orte, um etwas in Hinsicht auf Talin IV zu unternehmen? Bei Mr. Spock hat diese Taktik gut funktioniert.«
McCoy glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können. »Soll das heißen, Sie haben uns absichtlich zur Erde versetzt? Weil sich uns dort die besten Möglichkeiten boten, zugunsten der Talin aktiv zu werden?«
Hammersmith' Gesicht verwandelte sich in eine ausdruckslose Maske. »Natürlich nicht, Doktor. So etwas gehört nicht zu meinen Befugnissen als Kommandant der Starbase Neunundzwanzig.«
McCoys Verwirrung wuchs.
»Hören Sie, Doktor …« Der Vizeadmiral senkte die Stimme. »Ich weiß, warum Sie mir in der Starbase einen Fausthieb verpassten. Ich weiß auch, warum Sie das am liebsten wiederholen möchten. Weil Ihnen die Argumente ausgegangen sind. Und die Argumente sind Ihnen ausgegangen, weil ich recht habe. Was Ihnen ganz und gar nicht gefällt.«
»He, einen Augenblick …«
Hammersmith ließ den Arzt nicht zu Wort kommen. »Nein, Doktor, diesmal sperren Sie die Ohren auf. Ich habe viele Jahre gebraucht, um meinen derzeitigen Rang zu erreichen, und ich bin Vizeadmiral geworden, weil ich es werden wollte. Um maßgeblich an der Gestaltung der Zukunft mitwirken zu können. Um Einfluss zu nehmen. Um Verantwortung zu tragen. Und in diesem Zusammenhang wiederhole ich: Es ist mir ein Rätsel, warum Sie hier sind.«
»Ich bin hier, um dabei zu helfen, dass sich Gerechtigkeit durchsetzt.«
»Mit ›hier‹ meine ich nicht den Mond, sondern Starfleet.« Hammersmith hob die Hand, um einem Einwand des Arztes zuvorzukommen. »Ich habe mir Ihre Personalakte angesehen, Doktor. Sie waren ein hervorragender Medizinstudent. Im privaten Sektor hätten Sie es weit bringen und reich werden können. Aber aus irgendeinem Grund entschieden Sie sich für Starfleet, für das All. Ich weiß, was der Medo-Dienst an Bord eines Raumschiffs bedeutet. Die meiste Zeit haben Sie überhaupt nichts zu tun, weil Ihre potentiellen Patienten zu den gesündesten Leuten überhaupt zählen. Oder Sie sehen sich plötzlich Krankheiten und Giften gegenüber, über die keine medizinische Datenbank Auskunft geben kann.«
McCoy hörte jetzt aufmerksam zu und musste zugeben, dass Hammersmith' Worte durchaus etwas für sich hatten. Aber mir bleibt schleierhaft, worauf er hinauswill.
»Nun, Doktor, in Ihrem Wesen verbirgt sich ein mit Pioniergeist ausgestatteter Rebell, und das ist einer der Gründe dafür, warum Sie Starfleet wählten. Ich habe beobachtet, wie Sie sich in Gegenwart Ihrer Freunde verhalten, und daher ist mir klar: Sie beneiden Mr. Spock um seine Logik, um die Fähigkeit, Rationalität und Vernunft nicht von Gefühlen beeinflussen zu lassen. Mit ähnlichem Neid begegnen Sie Kirks Fähigkeit, intuitiv die richtigen Entscheidungen zu treffen, aus dem Stegreif heraus zu handeln – und anschließend recht zu behalten. Ich frage mich, was passieren könnte, wenn Sie sich jeweils einen Teil von Kirks Spontaneität und von Spocks Logik aneignen.«
Die Ausführungen des Vizeadmirals verblüfften McCoy, und er versuchte, seinen Zügen die gleiche maskenhafte Starre zu geben. Aber es fehlte ihm an Übung.
Hammersmith entdeckte etwas in Leonards Augen. »Haben Sie das schon versucht?«, fügte er hinzu. »Haben Sie bereits auf der Grundlage von Anteilnahme und Logik gehandelt – um anschließend festzustellen, dass es die schlimmste Entscheidung Ihres Lebens war?«
»Ich gehöre nicht mehr zu Starfleet«, brummte McCoy. »Deshalb brauche ich mir das nicht anzuhören.«
Der Vizeadmiral zuckte mit den Achseln. »Natürlich brauchen Sie es sich nicht anzuhören. Weil Sie bereits darüber Bescheid wissen.«
McCoy wandte sich ab.
»Als wir uns in der Starbase stritten, Doktor …«, sagte Hammersmith ungerührt. »Als wir versuchten, uns gegenseitig mit Hinweisen und Einwänden zu übertreffen … Einige Male fühlte ich mich ziemlich in die Enge getrieben, und daraufhin strengte ich mich noch mehr an, um Sie zu überzeugen – von etwas, das nicht nur für Sie am besten war, sondern auch für Starfleet.
Als Sie plötzlich schwiegen und zuschlugen … Da begriff ich, dass Sie verloren hatten. Sie gaben auf.«
McCoy blieb stehen und drehte den Kopf. »Sie irren sich, wenn Sie einen Sieg für sich beanspruchen. Ich habe den Dienst quittiert.«
»Offenbar haben Sie zuviel Zeit in Kirks Gesellschaft verbracht, Doktor. Es ging mir nicht um einen Sieg. Manchmal ist das Gewinnen weniger wichtig als der Umstand, nicht zu verlieren. Und ich habe nicht verloren. Die Starfleet-Vorschriften verlangten Ihre Versetzung, und ich schickte Sie dorthin, wo Ihre Aktivitäten den größten Nutzen bringen konnten. Aber um ganz ehrlich zu sein: Ich hätte nicht gedacht, jemals wieder von Ihnen zu hören.«
»Offenbar verstehen Sie mich nicht annähernd so gut wie Sie glauben«, erwiderte McCoy mit beißendem Sarkasmus.
Hammersmith ging einige Schritte auf ihn zu und verharrte neben dem Arzt. »Ich verstehe Sie sehr gut, Doktor – weil Sie Starfleet und der Föderation ähneln. Menschen auf der einen Seite, Vulkanier auf der anderen – und die Flotte in der Mitte versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Ich darf Ihnen versichern: Zwar gewinnen wir nicht jeden ›Kampf‹, aber wir verlieren nie.«
Hammersmith setzte den Weg durch den Korridor fort, und McCoy vermutete, dass die Lektion vorbei war.
Doch der Vizeadmiral hatte noch einen letzten Hinweis für ihn. »Bevor ich's vergesse, Doktor. Ich bin alles andere als nachtragend, aber wenn Sie noch einmal versuchen, mich zu schlagen, passieren zwei Dinge.
Erstens: Dann bekomme ich eine neue Trophäe für die Wand in meinem Starbase-Büro. Zweitens: In einem solchen Fall verbringen Sie die nächsten sechs Monate in einem Regenerationsmodul, um sich neue Lungen wachsen zu lassen.« Hammersmith klopfte McCoy auf den Arm. »Ich verstehe Sie, Doktor. Und Sie sollten versuchen, auch mich zu verstehen.«
Spock kannte den Grund für Zalan Wilforth' Nervosität. Seine Unruhe basierte nicht nur auf dem Umstand, dass die EKA-Mission im Talin-System von Anfang an gefährdet war; sie ging auch auf den Konflikt zwischen den beiden verschiedenen Wesensaspekten zurück. Die unterdrückte menschliche Seite in Wilforth wollte schreien und Alonzo Richter zur Rechenschaft ziehen, doch der Centaurier in seinem Innern schreckte vor einer Konfrontation zurück. Der frühere Direktor des EKA-Außenpostens fühlte sich hin und her gerissen zwischen der falschen Lösung einerseits und gar keiner andererseits. Spock überlegte, ob er Wilforth mit einer angemessenen Bemerkung helfen sollte, sein emotionales Chaos zu überwinden, aber er wusste aus Erfahrung, dass derartige Interventionen nur selten zum angestrebten Resultat führten. Deshalb beschränkte er sich darauf, Wilforth stumm inneren Frieden zu wünschen, um anschließend Hammersmith in den Fokus seiner Aufmerksamkeit zu rücken. Der Vizeadmiral bot ihm vertrauteres Terrain.
Hammersmith saß hinter dem einstigen Schreibtisch Wilforth', lehnte sich im Sessel zurück und betrachtete die Daten auf dem Terminalschirm. Er wirkte völlig entspannt, aber Spock sah, wie sich seine Augen bewegten – ihm entgingen keine Details der Bildschirmdarstellung.
Nach einer Weile hob der Vizeadmiral den Kopf und wandte sich den übrigen Personen zu. McCoy saß in der einen Ecke, die Arme wie trotzig verschränkt. Kirk stand reglos neben der Tür, und Richter hatte auf einem Stuhl Platz genommen, starrte wortlos zu Boden.
Anteilnahme erklang in Hammersmith' Stimme, aber auch leiser Ärger. »Seit wann wissen Sie von den Fremden, Dr. Richter?«
Der greise Wissenschaftler atmete rasselnd. »Ich habe ihre Präsenz vermutet … Seit ich vor sechs oder sieben Jahren die erste Skala-Einstufung von Talin IV sah.«
Hammersmith rieb sich eine Braue. »Wie kann die Richter-Skala der Kultur auf die Anwesenheit extraplanetarer Beobachter hinweisen?«
Richter sah auf. Seine Augen waren gerötet, die Lippen feucht. Bleiche, fast farblose Haut spannte sich über den Wangenknochen. »Ich habe das Ding erfunden. Und daher weiß ich genau, wie man es interpretieren muss.« Er schloss die Hand fester um den Gehstock, klopfte einmal auf den Boden. »Sie sollten sich folgender Erkenntnis stellen: Leben ist immer gleich – es spielt keine Rolle, woher es kommt. Es zeichnet sich durch verschiedene Farben, verschiedene Formen und verschiedene chemische Strukturen aus, aber in Hinsicht auf die Motive gibt es kaum Unterschiede.« Der Greis blickte zu Spock. »Selbst Vulkanier haben die gleichen Bedürfnisse und Emotionen wie die Angehörigen anderer Völker – sie üben nur eine bessere Kontrolle darüber aus.«
Spock wusste, dass der Vizeadmiral unter erheblichem Zeitdruck stand, aber er versuchte ganz offensichtlich, höflich zu bleiben. »Für eine genauere Erklärung wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
»Das Leben ist berechenbar. Die Entwicklung der Kultur, einer Zivilisation … Mir gelang es, sie in Form einer Gleichung zum Ausdruck zu bringen, aus der sich die nach mir benannte Skala ergab. Aber die Talin passten nicht in das Schema.«
»Wieso nicht?«
Richter hustete, und Spock schloss aufgrund des Geräuschs, dass die Kongestion in den Lungen des alten Wissenschaftlers schlimmer geworden war. »Wenn Sie zwanzig Jahre Zeit hätten, könnte ich es Ihnen vielleicht erklären. Und wenn mir noch zwanzig Jahre zur Verfügung stünden … Die Zivilisation der Talin entsprach im großen und ganzen der von vielen hundert anderen Völkern. Aber wenn man sowohl ihr Wissen über das Universum als auch das technische Niveau berücksichtigte, dachten sie zu sehr über die Sterne nach. Bei ihnen gewann der Wunsch, ins All zu gelangen, eine anomal starke Ausprägung.«
»Wie meinen Sie das, Dr. Richter?«, fragte Hammersmith.
»Die Talin sahen etwas. Sie wussten, dass es jenseits der Atmosphäre ihres Planeten mehr gab als nur Leere, und daraus ergab sich ein Empfinden, das alle Bereiche der Kultur erfasste: Literatur, Kunst und so weiter. Der intensive Wunsch, in den Kosmos vorzustoßen, obwohl die technologischen Grundlagen dafür fehlten … Dadurch geriet die Richter-Skala aus den Fugen.« Der Alte versuchte, seine Worte zu unterstreichen, indem er seinen Gehstock erneut auf den Boden pochen ließ, aber dadurch wäre er ihm fast aus der Hand gerutscht. »Das ist kein leeres Gerede. Auch andere Leute sahen das Problem bei der Einstufung, und deshalb wandte sich Starfleet an mich. Deshalb bin ich hier. Alle Fachleute erkannten das Problem, aber nur ich ahnte den Grund dafür.«
Spock bemerkte, dass Kirk erstaunlich viel Geduld zeigte. Einem jüngeren Wissenschaftler gegenüber hätte er bestimmt nicht darauf verzichtet, eine Frage nach der anderen zu stellen.
»Warum haben Sie Starfleet nicht auf Ihren Verdacht hingewiesen?«, erkundigte sich Hammersmith.
Richter murmelte etwas Unverständliches.
»Wie bitte, Doktor?«
»Die Erste Direktive«, schnaufte der Greis. »Die verdammte Erste Direktive ist der Grund.«
Falten fraßen sich in Hammersmith' Stirn. »Verstehe ich das richtig? Sie wollten nicht eingreifen?«
»Nein! Natürlich wollte ich intervenieren. Ich hasse die Direktive. Durch sie vergeuden wir wertvolle Zeit. Durch sie bekommen wir keine Gelegenheit, Geheimnisse zu lüften. Sie behindert unsere Forschungen. Sie …« Er erlitt einen Hustenanfall. McCoy sprang auf, hielt einen medizinischen Scanner über den Rücken des alten Wissenschaftlers und presste ihm einen Injektor an den Arm, bevor Richter protestieren konnte.
Der Greis atmete tief durch – die Lungenkongestion hatte erheblich nachgelassen. »Was konnte ich unternehmen?«, fuhr er fort und winkte McCoy verärgert beiseite. »Ein Wissenschaftler unter vielen … Und alle fühlten sich ganz und gar dem Nichteinmischungsprinzip verpflichtet. Alle zogen es vor, einfach nur zuzusehen und passiv zu bleiben.«
Einmal mehr klopfte Richter mit seinem Gehstock auf den Boden, und diesmal hielt er ihn fest in der Hand. »Aber die anderen, die Fremden … Sie gaben sich nicht mit der Rolle von Beobachtern zufrieden, sondern nahmen direkten Einfluss. Das Warum war mir ebenso rätselhaft wie das Wie. Aber darauf kam es gar nicht an. Die Talin sahen jene Besucher, sprachen über sie und versuchten, sie zu lokalisieren. Ich ging von folgender Annahme aus: Wenn ich mein Wissen für mich behielt, wenn ich zuließ, dass die Kontroverse in Bezug auf die Skala-Einstufung andauerte, so würde es den Talin irgendwann gelingen, eins der fremden Raumschiffe – oder vielleicht ein Phantom-Shuttle des EKA – zu erbeuten.«
»Das erhofften Sie sich?«, fragte der Vizeadmiral vorwurfsvoll.
»Ja«, bestätigte Richter. »Denn dann hätten die Talin gewusst, dass es außer ihnen noch andere Zivilisationen in der Galaxis gibt. Und dann wäre es nicht mehr erforderlich gewesen, die Bestimmungen der Ersten Direktive zu achten. Von einer derartigen Entwicklung versprach ich mir die Möglichkeit, einen Kontakt herzustellen, zu lernen, neues Wissen zu sammeln …« Richter schloss die Augen, und Spock beobachtete, wie Tränen der Enttäuschung unter den Lidern hervorquollen. »Sie ahnen nicht, wie viel es zu lernen gibt – und wie wenig Zeit einem dafür bleibt.« Er hob die Hände vors Gesicht.
»Dr. Richter …«, begann Kirk. Es klang sanft und gleichzeitig besorgt. »Wenn Sie so sehr bestrebt waren, die Erste Direktive zu umgehen – wieso sind Sie dann ganz außer sich geraten angesichts der Möglichkeit, dass die Enterprise von den Talin-Astronauten gesichtet wurde?«
Der Greis sah nicht auf. »Wenn die Erste Direktive durch Sie oder das EKA verletzt worden wäre, hätte Starfleet den lunaren Stützpunkt geschlossen und das Sonnensystem isoliert. Aber eine Entdeckung der Fremden oder unserer Shuttles durch die Talin, aufgrund ihrer eigenen Bemühungen … Dann wäre der Planet nicht länger vom Rest des Universums getrennt gewesen.« Richter hob den Kopf und sah zu Kirk. »Dann hätten wir zu den Talin gehen können, um sie mit offenen Armen im interstellaren Völkerbund zu empfangen. Und zwar sofort, ohne Zeit zu vergeuden.«
Hammersmith sah einige Sekunden lang auf den Schreibtisch. »Dr. Richter … Indem Sie entschieden, nicht mit dem Erstkontakt-Amt Starfleets zusammenzuarbeiten und den Bestimmungen der Ersten Direktive keine Beachtung zu schenken, haben Sie vielleicht zu der Katastrophe auf dem Planeten beigetragen.«
»Das lag nicht in meiner Absicht«, erwiderte Richter leise und bestürzt.
»Niemand von uns beabsichtigt so etwas, Doktor. Und genau deshalb haben wir die Erste Direktive. Damit wir nichts überstürzen. Damit wir nicht übereilt handeln, wenn eine ganze Welt auf dem Spiel steht.«
»Die Zeit ist so knapp«, flüsterte der alte Wissenschaftler.
»Vielleicht für Sie und mich«, entgegnete Hammersmith. »Aber nicht für die Föderation, Dr. Richter. Die Föderation kann es sich leisten, geduldig zu sein.«
Spock wartete mit Kirk und Hammersmith außerhalb des Büros, während McCoy den erschöpften Richter behandelte.
»Und nun?«, fragte Jim ernst.
»Keine Ahnung.« Hammersmith wirkte besorgt. »Was Richter vorhin sagte – und Wilforth' Eingeständnis, dass er darauf verzichtete, den alten Wissenschaftler unter Druck zu setzen, obgleich er ahnte, dass er ihm wichtige Informationen vorenthielt …« Der Vizeadmiral holte tief Luft. »Ich schätze, Starfleet muss ganz neue Ermittlungen einleiten. Vielleicht dauert es Jahre, um Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen …« Er schüttelte den Kopf.
Mit dieser Antwort wollte sich Kirk nicht abfinden. »Was für ein Durcheinander meinen Sie? Fremde Wesen haben die natürliche Entwicklung von Talin IV beeinflusst, um spezielle Algen oder was weiß ich in den Ozeanen wachsen zu lassen. Die Sache ist doch ganz klar.«
Hammersmith bedachte Jim mit einem finsteren Blick. »Klar ist hier überhaupt nichts. Ich weiß, wie Sie sich fühlen, Kirk. Sie haben Ihr Kommando verloren. Vielleicht durch Ihre eigene Schuld, vielleicht auch nicht. Wie dem auch sei: Hier geht es um mehr.«
»Alles läuft auf die Erste Direktive hinaus. Und die Präsenz von anderen Fremden bedeutet: Die Bestimmungen des Nichteinmischungsprinzips können hier nicht angewandt werden.«
»Von welchen Fremden sprechen Sie, Kirk? Sie haben Richter selbst gehört. Er hat die Präsenz von uns unbekannten extraplanetaren Beobachtern vermutet. Wir haben es hier nur mit Mutmaßungen zu tun.«
»Und die Bilder von Talin?«
»Was soll schon damit sein? Es sind Computerdaten von einer verheerten Welt. Die Speichermodule erreichten eine EKA-Basis, zu deren Personal ein Wissenschaftler gehörte, der die Erste Direktive verabscheut. Es gibt tausend Möglichkeiten, um solche Informationen zu manipulieren, und wahrscheinlich brauchen die Starfleet-Spezialisten viele Monate, um festzustellen, ob die Daten authentisch sind. Im Anschluss daran bekommen wir vielleicht die Möglichkeit, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen.«
Kirk starrte den Vizeadmiral verblüfft an.
Dem Vulkanier hatte es nicht die Sprache verschlagen. »Entschuldigen Sie bitte, Sir, aber ich glaube, wird sind schon jetzt imstande, diese Angelegenheit endgültig zu klären.«
»Wie denn, Mr. Spock?«
Kirk verstand sofort. »Indem wir die fremden Wesen finden, auf deren Einwirken die nukleare Katastrophe zurückgeht.«
Hammersmith breitete die Arme aus. »Wenn es sie wirklich gibt … Es würde bedeuten, dass sie acht Jahre lang in diesem Sonnensystem aktiv gewesen sind, ohne dass die EKA-Basis etwas von ihnen bemerkte. Wie viele Jahre brauchen Sie, um die mysteriösen Unbekannten zu entdecken?«
»Es dürfte etwa drei Stunden dauern, um ihren genauen Aufenthaltsort festzustellen«, sagte Spock.
Hammersmith und Kirk musterten ihn verblüfft.
Der Vulkanier wölbte die Brauen. »Ich weiß, wie wir die Fremden lokalisieren können.«
Sie betraten ein anderes Büro, und dort schaltete Spock das Tischterminal ein, drehte den Schirm so, dass Kirk und Hammersmith die Darstellungen im vergleichsweise kleinen Projektionsfeld sehen konnten. Mit einigen Tastenbefehlen öffnete er Datenkanal Nummer fünfundvierzig, woraufhin eine Grafik von Talin IV und dem Mond erschien.
»Eine gewöhnliche Orbitalkarte«, brummte der Vizeadmiral. »Was beweist das?«
»Für sich genommen gar nichts«, erwiderte Spock. »Sie dient nur als Grundlage für weitere Informationen.« Er übermittelte dem Computer eine Anweisung, und ein kleines rotes Dreieck blinkte auf dem Planeten.
»Ist das eine weitere militärische Basis?«, fragte Hammersmith.
»Nein«, sagte Kirk. »Ich kenne die Koordinaten. Das Dreieck kennzeichnet den unterirdischen Raketenbunker, in dem der Sprengkopf explodierte.«
»In der Tat«, bestätigte Spock. Wieder drückte er eine Taste, und ein blauer Punkt leuchtete im Orbit über Talin IV.
»Das ist eine geostationäre Umlaufbahn«, stellte Kirk fest. »Ich nehme an, es handelt sich um einen der von uns ausgeschleusten Satelliten.«
»Ja, Captain.«
Jim beugte sich vor, stützte dabei die Hände auf den Tisch. »Ist das zufälligerweise Sensorsatellit Nummer fünf?«
Spock trat zurück. Kirk hatte bereits verstanden – ihm brauchte er nichts mehr zu erklären.
»Warum soll Nummer fünf so wichtig sein?«, erkundigte sich Hammersmith.
Kirk betätigte die Kontrollen, und daraufhin rotierte die Grafik. »Beim fünften Satelliten kam es zu einer Fehlfunktion. Die Transtatoren verloren alle in ihnen gespeicherten Informationen.«
»Das müsste eigentlich unmöglich sein, nicht wahr?«, erwiderte der Vizeadmiral. »Immerhin verfügen EKA-Satelliten über zusätzliche Abschirmungen.«
»Er befand sich tatsächlich über dem betreffenden Gebiet!«, entfuhr es Kirk aufgeregt.
»Was meinen Sie?« Hammersmith' Verwirrung nahm immer mehr zu.
»Ja, das ist es.« Erneut justierte Kirk die Darstellung. »Sehen Sie sich das an. Wir haben den Satelliten fast genau über dem Raketenbunker ausgeschleust. Welches Signal auch immer hinuntergeschickt wurde … Es passierte den Satelliten und löschte den Inhalt der Speicherzellen.«
Der Vizeadmiral konnte Kirk nicht ganz folgen. »Es wurde ein Zündsignal aus dem All übermittelt? Um den nuklearen Sprengkopf zur Explosion zu bringen?«
»Nein«, sagte Kirk. »Die Atombombe ging lange nach der vermeintlichen Fehlfunktion des Satelliten hoch. Das Signal veränderte die Schaltkreise – der Sprengkopf sollte detonieren, wenn die Talin versuchten, ihn zu entschärfen. Scotty hat eine ähnliche Methode benutzt, um die Raketen an Bord des lunaren Raumschiffs unschädlich zu machen.« Er schnippte mit den Fingern. »Spock! Wenn so starke Signale nicht fokussiert sind und sich im ganzen Sonnensystem ausbreiten …«
Der Vulkanier nickte. »Sie würden alle Subraum-Kommunikationskanäle blockieren. Das könnte erklären, warum wir die Notfall-Meldungen vom Außenposten Siebenundvierzig nicht empfingen.«
»Aber woher stammte das Signal?«, warf Hammersmith ein.
Kirk trat vom Tisch zurück und beobachtete, wie der Computer dem Bild letzte Details hinzufügte. »Es kam vom logischsten aller Orte, nicht wahr, Spock?«
»Ja, Captain.«
Auf dem Bildschirm entstand eine Linie, die von der unterirdischen Raketenbasis zum Sensorsatelliten fünf führte – und von dort aus zum Mond von Talin IV.