Kapitel 19

I ch kann nicht glauben, dass ich bei etwas so Großem mithelfen darf«, frohlockte Roman und strich sich die blonden Strähnen aus der Stirn. »Ich meine, wir bekommen ab und zu mal Aufträge, aber nichts Wichtiges wie das hier! Eher so in den Kategorien Putzen, Holzhacken, Kochen – und das, während die Erwachsenen kämpfen und ihr Leben riskieren. Du bist also der Mechaniker, hm?«

»Ingenieur, um genau zu sein«, seufzte Gregory.

»Ja, sag ich doch. Du kannst also alles reparieren? Das erzählt man sich nämlich. Angeblich kannst du aus einem Haufen Stöcke und einem Seil … keine Ahnung! Zeug machen halt.«

Gregory schnitt eine Grimasse. »Äh … genau.«

Sein erster Eindruck von Roman war der eines stoischen Wikingerjungen gewesen, doch nun sprudelte es förmlich aus ihm hervor wie bei einem Wasserfall.

Gregory schaute zum stummen Yuri hinüber, der als Reaktion auf die Worte seines Freundes ab und zu mal nickte oder mit den Schultern zuckte. Es schien, als würde Roman versuchen, genug für sie beide reden – und für halb New Romanov noch dazu!

Gregory konnte sich allmählich vorstellen, dass es Tage gab, an denen sich der kleinere Junge wünschte, er wäre nicht nur stumm, sondern auch taub.

»Also, was werden wir hier draußen im Wald bauen, hm?«

»Wir werden nichts bauen«, korrigierte ihn Gregory und schob einen dichten, tiefhängenden Kiefernzweig vorbei. »Wir werden etwas auseinandernehmen.«

Roman runzelte die Stirn. »Etwas auseinandernehmen?«

»Ja.«

»Was denn?«

Gregory seufzte ergeben und streckte einen Finger aus. »Das da.«

Roman löste seinen Blick von Gregory und schaute hinauf zu dem massiven Rumpf des Luftschiffs, der sich über ihnen erstreckte. Sein Mund fiel vor Staunen weit auf.

»Heilige Kanonenkugel!«

»Genau genommen ist es ein Schiff .« Gregory spürte eine jähe Anwandlung von Zuneigung für die Kreation seines Vaters in sich aufsteigen. »Ein Luft schiff. Die Ungesetzliche

Yuri zerrte an Romans Ärmel und der große Junge sah zu seinem Freund herunter. Dann wandte er sich an Gregory. »Yuri will wissen, warum es die Ungesetzliche heißt.«

Gregory lachte. »Das hast du verstanden, obwohl er nur an deinem Ärmel gezupft hat?«

Roman schaute verwirrt drein, als wäre das doch wohl offensichtlich.

»Nö. Ich weiß immer, was Yuri denkt.«

Gregory musterte die beiden jungen Männer und gab es dann auf, ihre mysteriöse Verbindung entschlüsseln zu wollen. »Na ja, eigentlich ist die Namensgebung ein Insiderwitz. Meine Freundin Hannah hat Ezekiel kennengelernt, kurz nachdem sie als Ungesetzliche abgestempelt wurde – als jemand, der in unserer Heimatstadt illegal Magie benutzt. Sie beschloss, diesen Titel zu rehabilitieren.«

»Hm. Wir werden das Schiff auseinandernehmen?«, fragte Roman. »Warum in aller Welt sollten wir das tun? Es ist doch cool!«

Gregorys Blick huschte den Rumpf des Schiffes entlang, instinktiv auf der Suche nach Schäden, die es auszubessern galt, ehe er sich selbst dabei ertappte.

Die Ungesetzliche war alles, was ihm an Familie geblieben war. Sein Vater war in vielen Dingen schlecht gewesen, aber wenn es eine Sache gab, in der er gut gewesen war, dann war es die Ingenieurskunst. Gregory stand buchstäblich im Schatten seines Vermächtnisses.

Jetzt war es an der Zeit, das Ding, das sein Vater für böse Zwecke geschaffen hatte, in ein Werkzeug für das Gute zu verwandeln – selbst, wenn das bedeutete, das verdammte Ding Schraube für Schraube auseinanderzunehmen.

Aber zu solch extremen Mitteln würden sie nicht greifen müssen – zumindest nicht heute. »Nicht komplett«, korrigierte Gregory seinen Helfer. »Wir nehmen nur die da.«

Er zeigte auf die beiden massiven Kanonen, die zu beiden Seiten am Rumpf befestigt waren.

»Warum? Wirken ziemlich praktisch.«

Gregory nickte und seufzte. »Ja. Sind sie auch. Nur ein paar Tage, bevor wir hier ankamen, haben wir damit eine Mine samt Sklaventreibern in die Luft gejagt.«

»Wow.«

»Ja, das kannst du laut sagen. Es schmerzt mich, sie zu demontieren, aber jetzt gibt es eine wichtigere Aufgabe für sie. Wir brauchen ihre Amphoraldladungen – oder vielmehr: Das Orakel braucht sie, sonst wird sie sterben.«

»Wir helfen also dabei, das Orakel zu retten?«, echote Roman andächtig. Erst ein paar Sekunden später schien ihm einzufallen, dass Gregory ein Wort benutzt hatte, das er noch nie gehört hatte. »Was zum Teufel ist denn ein Amphorald?«

»Willst du die einfachere oder die super-ausführliche und komplizierte Erklärung?«

»Die … äh … die einfachere, bitte.«

Gregory setzte gerade zu einer Erklärung an, da kamen Frau Shutov und Aysa zu ihnen auf die Lichtung. Die alte Frau schaute zu dem massiven Schiff hinauf und lächelte schmal.

»Hübsch, mein Lieber«, sagte sie zu Gregory. »Ich für meinen Teil wäre für die ausführliche Erklärung. Irgendetwas muss Romans Erbsenhirn ja zum Knabbern haben …«

»Oma!«, beschwerte sich Roman.

»Halt mal den Rand, Junge«, forderte Frau Shutov streng, denn sie wartete interessiert Gregorys Erklärung ab.

»Also gut, mal sehen …« Gregory kratzte sich an der Wange, wo sich die dunklen Stoppeln allmählich zu einem Dreitagebart verdichteten.

Er erzählte seinen freiwilligen Helfern von Adrien und dem Bau der Ungesetzlichen. Die drei Bewohner von New Romanov waren von der Geschichte der arcadianischen Revolution hingerissen und sahen betreten drein, als Gregory schließlich bei der Besessenheit seines Vaters angelangte und erklärte, dass dieser viele junge Magier für das Aufladen der Amphoralde getötet hatte. Fast wäre Gregory selbst einer von ihnen gewesen.

Schließlich deutete er auf die Kanonen. »Diese beiden Schönheiten haben vom Hauptantrieb des Schiffes separate Amphorald-Ladungen und die braucht Lilith.«

»Wofür?«, fragte Frau Shutov mit gerunzelter Stirn, doch Gregory winkte ab.

»Dazu kommen wir später. Jetzt lasst uns erst mal an die Arbeit gehen, bevor wir noch den gesamten Nachmittag verquatschen. Wir müssen die Amphorald-Kerne dann auch noch irgendwie in die Stadt zurücktransportieren.«

Er wandte sich an Aysa.

»Bring du Roman auf das Schiff und hole mit ihm die Werkzeuge, die wir brauchen.« Er wandte sich an Roman und bat ihn, Yuri mitzuteilen, dass er zurück in die Stadt gehen und ein Maultier mit Karren für den Transport auftreiben solle.

»Ja … ähm, er ist stumm, nicht taub«, sagte Roman.

Yuri lächelte ironisch und Gregory lief knallrot an. »Stimmt ja! Tut mir wirklich leid, Yuri.«

Der Junge nickte und machte eine abwinkende Handgeste, ehe er in Richtung Stadt davonging

»In Ordnung.« Gregory klatschte in die Hände. »Auf geht’s.«

»Und was ist mit mir?«, fragte Frau Shutov. »Ich bin vielleicht alt, aber weit davon entfernt, nutzlos zu sein!«

Gregory fuhr sich durch sein Krausehaar. »Natürlich. Ich möchte, dass Sie den Boden unter den beiden Kanonen freimachen. Wir werden Platz zum Arbeiten brauchen.«

Sie lächelte – genau wie die Jungs froh darüber, etwas Nützliches im Kampf gegen die Dunkelheit beizutragen.

Aysa legte Gregory einen Arm um die Schulter.

»Das kannst du wirklich gut!«, lobte sie und gab ihm einen Klaps auf die Brust.

Gregorys Gedanken kreisten um Lilith und die Konsequenzen, falls er versagen sollte.

»Das will ich auch hoffen. Jetzt hol bitte die Werkzeuge.«

* * *

Gregory hatte sich in einem Abzweig jenes Tunnels, der zu Liliths Höhle führte, eine Werkbank errichtet. Während seiner Arbeit mit Yuri fragte er sich, ob stumme Menschen wohl überhaupt Geräusche machen konnten.

Als sie die massive Kanone, die sie aus dem Rumpf der Ungesetzlichen entfernt und mit dem Maultierkarren hierhergebracht hatten, auf die behelfsmäßige Werkbank hievten, bekam er seine Antwort, denn der angestrengte Yuri gab ein unverständliches ›Garh‹ von sich. Roman füllte die verbleibende Stille mit einigen Flüchen, die selbst einen Rearick zum Erröten gebracht hätten.

»Gut gemacht, Jungs!«, lobte Gregory, als das Metallrohr mit einem Knall auf die zusammengebastelte Werkbank knallte. Die Jungs sahen total geschafft aus – mit blutunterlaufenen Augen – aber ihr stolzes Lächeln sprach Bände.

Gregory hatte seine Werkzeugtasche vom Luftschiff mitgebracht, aber auch einige Stadtbewohner hatten ihm die Gerätschaften geliehen, die sie erübrigen konnten.

Er fuhr mit den Fingern an einer Naht im Metall entlang und tastete konzentriert jeden Verschluss ab. »Fangt mit den Muttern hier an. Aber lasst euch Zeit. Das ist die Außenseite, die war so einigem Unwetter ausgesetzt. Die Bolzen könnten also in unschönem Zustand sein. Reißt sie nicht ab, das macht uns nur mehr Arbeit. Habt Geduld.«

Die Jungs machten große Augen.

»Und wenn ihr Fragen habt«, ergänzte er und deutete auf das untere Ende des Kanonenrohrs, »fragt Romans Oma. Sie ist mit der ersten Klappe fast fertig.« Frau Shutov hatte tatsächlich längst damit angefangen, akribisch an der Metallverkleidung herumzuschrauben. »Aber ich bleibe auch noch ein paar Minuten hier, um sicherzugehen, dass ihr den Bogen raus habt.«

Roman sah aus, als hätte er gerne einen Witz darüber gemacht, bei seiner Großmutter um Hilfe bitten zu müssen, aber Gregorys strenger Blick ließ ihn eifrig nach seinem Schraubenschlüssel greifen. Er biss sich auf die Unterlippe und konzentrierte sich darauf, die Ösen zu lösen, die den Drehungen des Werkzeugs mit einem widerspenstigen Quietschen nachgaben. »Mission erfüllt, Chef!«

Gregory schüttelte den Kopf. »Na gut. Aber bedenke: Ein gelungener Schwerthieb bedeutet noch lange keine gelungene Schlacht. Sei also weiter vorsichtig.«

»Klar.« Roman machte mit dem nächsten Bolzen weiter und Yuri tat es ihm nach, während sein Freund schon wieder mit dem Geplauder anfing. »Ich kann einfach nicht glauben, was für fortschrittliche Technologie ihr in Arcadia habt. Ist da alles so wie das hier?«

»Da, wo ich gewohnt habe, jedenfalls«, antwortete Gregory verlegen. Er beobachtete Roman und Yuri bei der Arbeit und erkannte, dass seine Befürchtungen, sie könnten zu grob vorgehen, unbegründet waren. Sie waren vorsichtig – fast zu vorsichtig. Sie bewegten sich langsam und bedächtig. Es erinnerte ihn daran, was sein Vater immer sagte: Langsam ist sanft und sanft ist schnell .

Er selbst hatte diesen Spruch immer gehasst – vor allem, weil er sich meistens als zutreffend erwies.

»Ich wuchs im Nobelviertel auf«, erklärte er. »Wir waren die reichen Kinder Arcadias. Magitech – so nennen wir alles, was durch die Amphoralde angetrieben wird – war in unserem Lebensumfeld überall. Ich hatte nachts Licht in meinem Haus, heiße Duschen und sich automatisch öffnende Türen.«

»Wow!«, stieß Roman aus. »Klingt wie die Zukunftsmärchen, die sich mein Onkel immer ausgedacht hat. So nach dem Thema: Wie es wohl in einer Million Jahren hier aussehen würde.«

»Du meinst Science Fiction«, deduzierte Gregory.

»Ja, genau.« Besänftigt stellte Gregory fest, dass das Geplauder Romans Arbeitsgeschwindigkeit zumindest nicht verlangsamte.

»Leider war der größte Teil der Magitech den wenigen Reichen in Arcadia vorbehalten. Für den Rest der Bevölkerung, wie Hannah und Parker, war es kaum mehr als Science Fiction.«

Roman blickte kurz überrascht auf.

Gregory erzählte ihnen mehr von Arcadia, wie es vor der Revolution gewesen war, als Adrien den Gebrauch von Magie eingeschränkt und die weniger Privilegierten unterdrückt hatte. Der einzige Weg, wie jemand vom Boulevard damals Magitech hätte sehen können, wäre durch die grausame Hand eines Jägers gewesen.

»Das klingt ja mal richtig … verkorkst «, murmelte Roman.

»Roman!«, rief Frau Shutov, »Ausdrucksweise.«

»Entschuldige, Oma. Ich meinte, das ist ja mal richtige Kackscheiße.«

Gregory sah schockiert von seiner eigenen Arbeit auf. Zu seiner Überraschung lächelte Romans Oma zustimmend. »Guter Junge.«

Auf seinen verwirrten Blick hin zuckte die alte Dame ungerührt mit den Schultern.

»Hier macht es uns nichts aus, zu fluchen, aber wenn, dann richtig. Das haben uns die Götter gelehrt.«

Gregory lachte. Es fühlte sich gut an, diese familiäre Atmosphäre beim Arbeiten um sich zu haben. »Es war wirklich schlimm, aber wegen der ganzen Propaganda wussten weder die Reichen noch die Armen, wie schlimm es wirklich war. Wir alle – Hannah, Parker und ich – dachten, die Dinge gehörten nun mal einfach so … bis Ezekiel auftauchte.«

»Erzähl uns mehr davon.«

Gregory lachte. »Das ist eine sehr, sehr lange Geschichte, Roman. Sie könnte eine ganze Buchreihe füllen. Andererseits werden wir hier auch noch eine Weile brauchen …«

Roman zeigte mit seinem Schraubenschlüssel auf die nunmehr unverdeckten Stellen der Kanone. »Aber wir sind fast fertig!«

»Auf dieser Seite der Kanone«, entgegnete Gregory mit einem Lächeln. »Auf der anderen Seite müssen wir nochmal dasselbe machen. Ich bin gleich wieder da.«

* * *

Gregory überließ Roman, seine Oma und Yuri ihrer Arbeit und ging ein wenig den Tunnel hinauf, bis er Aysa fand, die an der Tunnelwand lehnte.

»Was geht?« Sie nickte in Richtung der Werkbank. »Und was ist mein Job bei der ganzen Sache?«

Gregory lotste sie zu einem kleineren Tisch gegenüber der großen Werkbank.

»Komm hier rüber.«

Der Tisch war mit sortierten Metallteilen, Muttern und Schrauben, Drähten und Werkzeugen aller Art bedeckt. Alles war akribisch gereinigt und in Reihen angeordnet worden.

»Pfui«, machte Aysa. »Du bist echt so schluderig, Gregory. Ich weiß nicht, wie Laurel es mit deinem Chaos aushält.«

»Zum Totlachen.« Er schüttelte den Kopf und deutete auf die Materialien. »Ich brauche dich, um etwas zu bauen, aber es könnte ein wenig knifflig werden mit deinem …« Er warf einen Blick auf ihren Armstumpf und errötete leicht.

»Mein was?«, fragte Aysa ehrlich verwirrt.

»Im Ernst? Mit deinem Arm.«

Augenblicklich hellte sich ihre Miene auf. »Oh, du wirst staunen: Ich bin handwerklich begabt. Probieren wir’s einfach aus.«

»Dann ist ja gut«, sagte Gregory und atmete erleichtert auf. »Diese Amphoralde, die die anderen aus den Kanonen herausbefördern, sind der Schlüssel zum Bau jenes Geräts, das Lilith am Leben erhalten kann. Was wir tun müssen, ist, ein Gehäuse zu bauen, das diese Energie halten kann …«

»Gregory, sieh mal!«, rief Aysa fröhlich und hielt sich ein Stück Metall vor das Gesicht, das tatsächlich ein wenig wie eine Maske aussah. »Ich bin ein metallenes Ungeheuer!«

»Hör auf!«, tadelte sie Gregory und nahm die Metallmaske an sich. »Du musst dich konzentrieren.«

»Tu ich doch! Lilith, bla, bla. Kanonen, bla, Gerätedings, bla, bla, bla.«

Gregory atmete hörbar aus. »Du musst das hier ernst nehmen. Wir haben nicht alle Zeit der Welt.«

Aysa runzelte die Stirn, nickte aber.

Gregory fuhr fort und zeigte Aysa anhand einiger technischer Zeichnungen genau, was sie zusammenbauen mussten und wie er sich das Gehäuse vorstellte. Dann erklärte er, dass sie die Verdrahtung so konfigurieren mussten, dass sie die Energie in Lilith hinein leiten würden.

Er gab technische Details über die Spezifikationen des Gehäuses preis und demonstrierte ihr eine korrekte Verdrahtung. Währenddessen registrierte er entnervt, dass sie leise vor sich hinmurmelte und gedankenlos mit einigen Werkzeugen herumspielte. Schließlich nahm sie einen Schraubenschlüssel und ließ ihn über die Tischplatte gleiten, wobei er summte wie die Ungesetzliche im Flug.

»Verdammt, Aysa«, rief Gregory und zog damit die Blicke von Roman, Yuri und Frau Shutov auf sich. »Wenn du mir nicht hilfst, zwingt dich keiner, hier zu sein! Wir haben keine Zeit zum Spielen.«

Aysa grinste frech und verpasste Gregory einen leichten Hüftstoß.

»Tritt zurück, du Genie.«

Sie beugte sich über den Tisch und ordnete unter Gregorys entsetztem Blick die Kabel und Metallteile neu an. Nach einer Weile, in der er vor Unbehagen fast die Gesamtheit seiner Nägel zerkaut hätte, trat sie zurück. Er blinzelte überrascht, als ihm bewusst wurde, dass ihre Bastelei allmählich Form angenommen hatte. Sie legte den Kopf schief.

»Nein«, murmelte sie kritisch zu sich selbst und ordnete noch ein paar Platten neu an. »So nicht.« Sie koppelte mit dem Schraubenschlüssel zwei Teile ab und schuf mit einer größeren Metallplatte mehr Platz in der Amphorald-Box. Dann nickte sie. »Besser.«

Und sie hatte recht. Sie hatte Gregorys ursprünglichen Entwurf angepasst und leicht verbessert. Sie drehte die fast einen Meter hohe Box, die sie konstruiert hatte und klappte die Oberseite auf, dann zog sie Drähte von der Tischkante herüber und fädelte sie akribisch durch das Gehäuse, genau wie Gregory es erklärt hatte.

»Wow«, stieß Gregory aus, beeindruckt von ihrer Arbeit und ihrer Liebe zum Detail – ganz zu schweigen von ihrer Geschwindigkeit. »Ich habe nicht …«

»Pst!«, machte Aysa. »Ich versuche, mich hier zu konzentrieren.«

Innerhalb von zehn Minuten hatte sie den Gehäusemechanismus für die von Gregory entworfene Maschine gebaut, verdrahtet und schrittweise Verbesserungen daran vorgenommen. Als sie die letzte Schraube festzog, drehte sie die Maschine zur Inspektion Gregory hin.

»Ta da!«

Kopfschüttelnd blickte Gregory auf das Gehäuse hinunter und dann wieder zu Aysa. Er seufzte. »Du hast ja doch zugehört.«

»Manche von uns können sich eben auf mehr als eine Sache gleichzeitig konzentrieren. Ja, ich habe zugehört.«

Er deutete auf die ursprüngliche Konstruktionszeichnung und dann auf das fertige Objekt. »Es ist … es ist besser als meins.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Klar. So funktionieren Teams nun mal. Aber sei nicht so streng mit dir selbst. Ich hätte allein keinen blassen Schimmer gehabt, wo ich anfangen soll. Wir sind ein tolles Team.« Sie legte ihm ihre Hand auf die Schulter. »Und du hast mir den ganzen Kram schließlich erklärt. Kannst du echt gut. Du bist wie der Ezekiel der Technik.«

Gregory errötete und empfand eine Mischung aus Verlegenheit und Stolz. Er nickte und sie wedelte mit ihrem Armstumpf vor seiner Nase herum.

»Wenn du mir etwas hierfür bauen könntest, wäre ich nachhaltig beeindruckt.«

Er neigte den Kopf zur Seite und fragte sich, ob er ihr, wenn er die nötige Zeit hätte, wirklich eine Prothese bauen könnte, die ihre Behinderung auszugleichen vermochte. Er schob diesen Gedanken für den Moment beiseite und konzentrierte sich auf das aktuelle Ziel: Lilith zu retten und Irth gleich mit.

»Hilf mir mal …«

»Klar doch.« Sie lächelte und half ihm, das Gehäuse auf einen Wagen zu hieven und auf die andere Seite des Schachts zu schieben, wo die anderen immer noch mit den Kanonen kurzen Prozess machten.

Mittlerweile hatten sie eine Menge glühender Amphoralde aus den Tiefen der Kanonen zutage befördert, welche die bereitgestellten Kästen und Container schon bis zum Rand füllten. Aysas Eingebung, den Behälter größer zu machen, war goldrichtig gewesen. Sie luden die Amphoralde in die Box und verschlossen sie anschließend.

»Gute Arbeit, Leute.« Gregory sah strahlend in die Runde. »Was ihr heute getan habt, wird einen Unterschied machen. Ich bringe das jetzt zu Lilith. Aysa, du kommst mit mir. Der Rest von euch sollte eine Brise frischer Luft und Sonnenschein tanken gehen.«

»Scheibenkleister«, stöhnte Roman.

»Was habe ich denn zum Thema Ausdruck gesagt?«, keifte Frau Shutov. »Das nächste Mal sagst du gefälligst ›Scheiße‹, klar?«

»Ja, ja«, antwortete er. »Aber heißt das, wir dürfen nicht mehr helfen?«

Gregory grinste. »Doch, klar. Wenn ihr noch möchtet? Es wäre uns allen eine große Hilfe, wenn ihr meinen Freund Parker finden und ihm sagen könntet, dass ich euch hiermit offiziell im Helferrang befördere. Er wird euch dann spannendere Aufgaben geben als Putzen und Kochen, das verspreche ich euch!«