Kapitel 13

Nachdem Molly die Redaktion der Maple Creek News Time verlassen hatte und ins Auto gestiegen war, schloss sie erst einmal die Augen und lehnte sich gegen die Rückenlehne. Deutlich spürte sie ihren schnellen Herzschlag und das Vibrieren der Nerven. Ihr ganzer Körper stand unter Hochspannung. Wenngleich sie auf den Moment eingestellt gewesen war und auch mit Franklins Beschluss gerechnet hatte, drehte sich alles in ihrem Kopf. Tatsächlich würde sie am ersten Januar den Chefredakteursposten bei der Maple Creek News Time übernehmen. Weihnachten nahte mit riesigen Schritten, dann folgten die Feiertage und Silvester – und schon war es so weit. Das alles ging viel zu rasch.

Franklin hatte recht, sie musste unbedingt mit jemandem darüber reden. Nat war den ganzen Tag in Besprechungen und auf Baustellen unterwegs. Mehr als ein Telefonat war vor dem Abend nicht möglich. Sie brauchte jedoch jetzt einen Menschen, der sich für sie Zeit nahm. Mit zittrigen Fingern zog sie das Handy aus der Handtasche und wählte Jims Nummer. Als er sich meldete, fragte sie sofort: »Ich weiß, es ist noch zu früh für deinen Spaziergang, aber könntest du ihn vielleicht vorziehen und mich mitnehmen? Ich benötige dringend frische Luft und ein offenes Ohr.«

»Natürlich. Ich habe meine Termine für heute erledigt, und Nora arbeitet. Sie macht allerdings früher Schluss und wird in etwa einer Stunde zu Hause sein. Betrifft es sie?«, erkundigte er sich.

»Nein, ausschließlich mich. Ich sitze im Auto vor der Redaktion und würde auf der Stelle losfahren. In fünfzehn Minuten wäre ich bei dir. Passt das?«

»Jaja, perfekt. Ich wecke inzwischen die Hunde. Bei diesem Wetter bringe ich sie nur mit Mühe von der Couch runter.« Kurz pausierte Jim. »Sag mir, was los ist, Molly. Ich möchte nicht grübeln und mich sorgen müssen, bis du da bist. Fünfzehn Minuten können verdammt lange erscheinen.«

Sie stieß einen Seufzer aus. »Franklin hat mir gerade eröffnet, dass ich ab ersten Januar Chefredakteurin der Maple Creek News Time sein werde.«

»Macht er also in der Tat Nägel mit Köpfen? Ich kenne Franklins Vorhaben, hatte jedoch mit einem Abgang frühestens im kommenden Sommer gerechnet. Es entspricht aber dem Verhalten, das er aktuell an den Tag legt. Unlängst haben wir wegen einiger juristischer Fragen lange in meinem Büro zusammengesessen. Er wirkte unruhig und angespannt auf mich, obwohl er das Gegenteil behauptet hat.«

»Ich glaube, diese Rastlosigkeit rührt weniger vom Verlassen der Zeitung als von der Überlegung, wie er die Zeit danach sinnvoll ausfüllen soll. Franklin ist kein Mensch, der in Rente geht, um sich endlich zurückzulehnen. Ihn zur Trägheit zu verdammen, würde ihn wahrscheinlich um den Verstand bringen«, erwiderte Molly. »Die Arbeit bei der Maple Creek News Time ist er zweifellos leid, allerdings braucht er auf jeden Fall ein Betätigungsfeld. Ich würde gern etwas für ihn finden, das ihn ablenkt.« Wovon genau sie Franklin ablenken wollte, durfte sie nicht preisgeben. Sie wusste nicht, ob Jim über die Reverend-Recherche informiert war. Es gab Themen, die man nicht frei herausplauderte.

»Nun, eventuell lässt sich für Franklin etwas Interessantes finden. Kürzlich hatte ich eine Unterhaltung mit Levi. Franklin ist nicht der Einzige, der sich mit der Zukunftsplanung schwertut. Es wäre nicht das Schlechteste, die beiden zusammenzubringen. Es gibt da so eine Idee in meinem Hinterkopf, bei der ich ebenfalls mitmischen würde. Details erzähle ich dir beim Spaziergang.« Jim lachte. »Ein bisschen was sollten wir uns nämlich aufheben, sonst haben wir am Telefon alles durch. Bist du eigentlich schon losgefahren?«

»Offen gestanden biege ich gerade in deine Straße ein. Ein paar Meter, und ich bin da.«

»Du liebe Güte! Verschluckt deine Freisprecheinrichtung sämtliche Nebengeräusche? Ein Wunderwerk der Technik! Ich habe noch nicht einmal die Hunde aufgescheucht. Eine Nachricht an Nora schreibe ich von unterwegs. Wenn es dir recht ist, nehmen wir die große Runde. Dann kann Nora von der anderen Seite zu uns stoßen. Apropos Nora. In Bezug auf sie will ich die Gelegenheit nutzen und ein paar Takte mit dir reden – unter vier Augen, also am Anfang des Ausflugs. Ich weiß von eurem Gespräch in der Tavern. Keine Ahnung, was du zu ihr gesagt hast, aber es zeigt Wirkung.«

Unwillkürlich erschien ein Lächeln auf Mollys Lippen. »Ich versichere dir, dass ich mit etwaigen Nuancen in eine positive Richtung nichts zu tun habe. So viel verrate ich dir: Nora ist für mich wahrhaft die beeindruckendste Frau, die ich je kennenlernen durfte. Bereits als Chefin hat sie mich fasziniert, und jetzt noch mehr. Mein Tipp … Strecke entspannt die Füße aus und lass sie einfach machen. Alles wird gut.«

»Nun wird es richtig interessant. Ich bin gleich bei dir.« Jim legte auf.

Durch das Beifahrerfenster sah Molly, wie sich Jims Haustür einen Spalt breit öffnete. Cicero und Sugar traten ins Freie. Ihren zaghaften Bewegungen zufolge waren sie vom Wetter wirklich nicht besonders angetan.