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Die Frau auf dem Sofa war jünger, als Walter sie zuerst geschätzt hatte, vielleicht Ende zwanzig. Sie drehte sich wieder um, suchte seinen Blick und bombardierte ihn mit Fragen, schob immer wieder deutsche Floskeln ein.

Walter stand auf, schnappte sich eine Wollsocke von dem Trockenständer und ging zu ihr. Sie ahnte, was er vorhatte, wandte sich schnell ab und kniff den Mund zusammen. Er griff ihr mit einer Hand ums Kinn und drückte die Kiefer auseinander. In ihren Augen stand blanke Panik. Er drückte ihr die Socke in den Mund, bis sie zu würgen anfing. Sobald er den Griff lockerte, spuckte sie die Socke wieder aus.

Das Klebeband lag auf dem Tisch. Er streckte sich danach aus, stopfte ihr die Socke erneut in den Mund und klebte ihn zu. Der größere Teil der Socke hing aus dem Mund über das Kinn herunter. Sie schrie und protestierte hinter dem Knebel, aber es drang kaum noch ein Laut heraus.

Er zog sie an den Beinen vom Sofa, dann durch die Küche bis zur Kellertreppe. Er hörte sie hinter sich wimmern, als ihr Kopf immer wieder auf die Stufen aufschlug. Gnadenlos zog er sie weiter bis in den Verschlag unter dem Wohnzimmer und der Küche. Im Schloss steckte ein Schlüssel. Er drehte ihn herum, zog ihn heraus und ging wieder nach oben.

Der Flickenteppich in der Küche war verrutscht. Er zog ihn wieder gerade, blieb stehen und lauschte. Aus dem Keller war kein Laut zu hören. Walter ging an die Spüle und goss sich ein Glas Wasser ein. Er trank und spürte, wie sein Puls sich langsam beruhigte.

Der Wasserhahn tropfte. Er drehte ihn fester zu und stellte das Glas in die Geschirrspülmaschine. Er wollte keine Spuren in der Küche hinterlassen, die auf Gäste im Haus schließen ließen, sah sich zufrieden um und ging ins Wohnzimmer.

Die Wäsche war trocken, er legte sie militärisch präzise zusammen, wie er es von seinem Vater gelernt hatte, und dachte darüber nach, was in der letzten Nacht alles schiefgegangen war.

Es war seine Idee gewesen, die Leiche wegzubringen. Er war auf der Flucht; es war nur eine Frage der Zeit, bis er gefasst würde. In den Nachrichten spekulierten sie bereits darüber, ob er Rita umgebracht hatte, und wenn seine Spuren diesen Verdacht bestätigten, könnte er so vielleicht dazu beitragen, dass Samantha verschont wurde.

Er hätte ihr niemals zugetraut, einen Menschen zu töten.

Nicht auf diese Weise, von Angesicht zu Angesicht, und nicht eigenhändig. Darum war er schließlich gekommen, um bei ihr zu sein, wenn Jarl Inge entlassen wurde. Er wollte sie bei der Abrechnung unterstützen.

Andererseits war das, was mit Rita passiert war, eine Impulstat. Wobei Samantha erstaunlich kalt und ruhig gehandelt hatte. Und Anzeichen von Reue zeigte sie auch nicht. Ihr einziges Problem war, dass Ritas Verschwinden so viele Polizisten und Journalisten ins Dorf geholt hatte. Und die von ihm verbockte Aktion in der letzten Nacht machte die Situation nicht gerade besser.

Er klappte den Wäscheständer zusammen und trug ihn ins Bad. Die Kleider legte er in eins der Fächer unter dem Waschbecken.

Er schaute durch den Flur zur Kellertür.

Was sollte er jetzt mit der Journalistin machen?

Vielleicht sollte er die Entscheidung Samantha überlassen, dachte er.

Sie müsste eigentlich bald zurück sein.