Schauriger Fund
Wie die Polizei mitteilte, fanden Arbeiter der Speditionsfirma Holzmann & Co in den frühen Morgenstunden des gestrigen Tages auf ihrem Weg zur Arbeit auf einem Straßenstück, das durch mehrere unbebaute Grundstücke im Gewerbegebiet „Maintal“ führt, ein völlig ausgebranntes Auto mit einer bis zur Unkenntlichkeit verkohlten Leiche auf dem Fahrersitz. Ersten Ermittlungen zufolge handelt es sich bei dem Fahrzeug um einen Sportwagen „Calibra“ der Firma Opel. Die Identität des Todesopfers ist noch nicht bekannt.
Ein Ermittler: „Die Leiche wird in die Gerichtsmedizin nach München gebracht.“ Das Ergebnis der Obduktion soll bis Anfang nächster Woche vorliegen. Währenddessen sucht die Spurensicherung nach Hintergründen der Tragödie. Die Polizei vermutet, dass ihr ein Unfall zugrunde liegt und ermittelt auch wegen möglicher Fahrerflucht. Da es auch in einem unbewohnten Gewerbegebiet unwahrscheinlich ist, dass ein Fahrzeug unbemerkt ausbrennen kann, bittet die Polizei um die Mitarbeit der Bevölkerung. Wer hat in der Nacht zum Dienstag Feuer oder eine ungewöhnliche Rauchentwicklung bemerkt bzw. wer kann Anhaltspunkte zum Hergang des Unfalls geben. Sachdienliche Hinweise sind an die Polizei Burgstatt zu richten.
Phil drückte Strg + P, um seinen Bericht auszudrucken. Er las seinen Bericht aufmerksam, ob sich nicht einiges von seinem illegitim erworbenen Zusatzwissen eingeschlichen hatte. Zufrieden mit dem Ergebnis, speicherte er das Geschriebene ab und schickte es als E-Mail an seine Redaktionsadresse. Er war früh aufgestanden, die Geschichte hatte ihn nicht schlafen lassen. Noch im Schlafanzug hatte er sie niedergeschrieben. Das Wenige, das er preisgegeben hatte, hielt seinem Anspruch auch noch stand, nachdem er geduscht und gefrühstückt hatte.
Er drehte sich eine Zigarette, stand auf und ging ans Fenster.
Zwei Mädchen gingen vorbei, lachend und gestikulierend in ein Magazin vertieft, und Phil ertappte sich bei einem flüchtig aufflackernden Gefühl von Neid auf ihre Unbeschwertheit. Mechanisch öffnete er einen Fensterflügel. Der Luftzug wehte seine Notizen vom Schreibtisch und Phil schloss es wieder. Noch hatte er kein genaues Konzept für die Story, die den Hintergrund zu den knappen Fakten hergeben würde.
Sein Instinkt riet ihm zu genauerer Recherche, sein Ehrgeiz drängte ihn zu schneller Veröffentlichung. Er kalkulierte, wie viel Zeit ihm blieb. Auch wenn die Polizei bis morgen sicher Gewissheit hatte, dass es sich bei dem Toten um Ludwig Moreno, einen der Juniorchefs der größten Baufirma Schweinfurts handelte, würde sie dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekanntgeben. Obwohl sie den Opel Calibra bereits als seinen identifiziert hatten, würden die Ermittler nach seinen Erfahrungen bis zum offiziellen Ergebnis der Obduktion mauern. Und das würde am Montag vorliegen. Mit Kugelschreiber kritzelte er wahrscheinlich Ludwig Moreno, 45, an den Rand seines Manuskripts, nahm seine Jacke vom Garderobenständer, steckte den Bericht in die Innentasche und machte sich auf den Weg. Bis zum Wochenende musste die Geschichte stehen.