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Phil ging in seinem Zimmer auf und ab wie ein eingesperrtes Raubtier.

Er fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut. Nicht zum ersten Mal hatte er Skrupel über seine Vorgehensweise. Er wusste doch schließlich ganz genau, dass Sandra etwas anderes von ihm wollte als einen Eisbecher beim Italiener und ein paar stereotype Flirteinheiten, und der Zweck rechtfertigte nicht immer die Mittel.

Was brachte es ihm außerdem, eine Story besser recherchiert und früher geliefert zu haben als andere Kollegen? Wieland schätzte seine Reportagen weder fachlich noch konnte er mit seiner Berichterstattung die Auflage steigern, schließlich hatte das Tagblatt in Schweinfurt so gut wie keine Konkurrenz. Und die fromme Lüge von der Chronistenpflicht hatte er sich ohnehin schon lange abgeschminkt. Wen wollte er eigentlich beeindrucken, Anne Michel vielleicht?

Der heutige Morgen hatte ihm doch endgültig klar gemacht, was es hieß, einer Frau hinterherzulaufen, die absolut nichts von ihm wollte. Ja, er zweifelte daran, ob sie ihn als Mann überhaupt wahrnahm. Sie hatte doch längst ihre Prioritäten anders gesetzt und war auch nicht Dornröschen, das auf seinen Kuss wartete. Entweder wollte sie nicht wachgeküsst werden oder es hatte ein anderer schon vor ihm getan.

Er verschwendete nur seine Zeit und seine Energie. Verärgert nahm er einen Schluck aus seiner stets präsenten Tasse und hätte fast ausgespuckt. Der Kaffee war längst kalt und schmeckte sauer. Noch so ein Zwang, der ihm längst lästig war und den er doch nicht aufgab. Warum musste ein Mann täglich freiwillig an die zehn Tassen Kaffee trinken, die ihm weder guttaten, noch irgendeinen Genuss darstellten. Sein Magen dankte es ihm doch immer öfter mit Sodbrennen.

Phil nahm sein ausgedrucktes Manuskript zur Hand und korrigierte es widerwillig. Gut, er hatte herausgefunden, dass die Polizei beim Tod von Ludwig Moreno inzwischen einer anderen Spur nachging.

Aber wenn wirklich Fahrerflucht im Spiel war, würde sie sich doch ohnehin mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit wenden. Er fand den Ton, den er angeschlagen hatte inzwischen zu aggressiv. Zwar hatte die Spurensicherung wirklich schlampig gearbeitet, wenn erst jetzt Lackreste zweier verschiedener Autos in der Nähe des Tatortes aufgetaucht waren, aber musste er gleich von Vertuschung ausgehen?

Fast hätte er sein Manuskript zerknäult und weggeworfen, mit Wielands Mumm war es doch sowieso nicht weit her. Er würde seinen Artikel in der Luft zerreißen.

Mit einem schalen Geschmack im Mund dachte er an Sandras Eifer, mit dem sie ihm die Nachricht zukommen ließ. Auch für sie war es wahrscheinlich besser, wenn er sie nicht mehr gefährdete und als Informantin missbrauchte.

Andererseits durfte man der Polizei eine so nachlässige Ermittlung einfach nicht durchgehen lassen. Er drückte auf Speichern und sandte seinen Bericht als E-Mail in die Technik.