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G leich nachdem ich wieder im Büro angekommen war, rief ich Jakob Leiser an und berichtete ihm, was ich mit Nick besprochen hatte. Als ich erzählte, dass Nicks Chef gedroht hatte, keine Beamte mehr zur Verfügung zu stellen, unterbrach Jakob mich.

»Ich hatte heute Morgen auch Besuch von meinem stellvertretenden Behördenleiter, Siggi.« Seinem Tonfall nach war es kein Besuch der Sorte Danke-für-Ihre-großartige-Arbeit.

»Er erkundigte sich sehr genau nach unserem Fall und wollte wissen, wie weit wir in der Sache sind. Dann hielt er mir einen endlos langen Vortrag, dass ich zu viel Zeit und Mühe darauf verschwende und warum auch die Kapazitäten der Polizei voll ausgeschöpft sind.« Jakob machte eine diplomatische Pause. Dann seufzte er. »Ich soll das Verfahren dichtmachen, Siggi.«

»Was?! Das machst du doch nicht!«

»Wenn er mich anweist, muss ich. Ich bin ja kein Richter, ich bin weisungsgebunden.« Damit hatte der Oberstaatsanwalt leider recht. Im Gegensatz zu mir konnte er von seinem Chef einfach angewiesen werden, ein Verfahren einzustellen.

»Hat er dich denn angewiesen?«

»Nein. Also: noch nicht.« Jakob holte tief Luft. »Wir haben drei Tage Zeit, Siggi. Dann wird er mich anweisen, das Verfahren einzustellen.«

»Drei Tage? Wie stellt er sich das vor?«

»Er stellt sich das überhaupt nicht vor«, platzte es aus Jakob heraus. »Dieser kleine Sesselpupser hat überhaupt keine Ahnung von unserer Arbeit. Das interessiert ihn alles nicht. Ich vermute, irgendjemand von oben hat ihn angerufen und Druck gemacht. Damit kann er gar nicht umgehen.«

Karrieristen gibt es eben nicht nur unter uns Richtern.

»Aber drei Tage! Das ist zu wenig Zeit, Jakob!«

»Meinst du, ich weiß das nicht?« Jakob schäumte noch immer.

»Wenn Nick diesen Yildiz überzeugen kann, uns zu helfen, dann hättest du doch etwas in der Hand, um mehr Zeit rauszuholen.«

»Möglich«, erwiderte Jakob in einem etwas ruhigeren Ton.

»Dann gib Nick mal ein bisschen Verhandlungsmasse. Haftvergünstigung für Yildiz oder Zwei-Drittel-Strafe. Das wäre schon mal gut.«

»Ich klär das sofort ab.« Jakob wollte auflegen.

»Ach, Jakob, eine Sache finde ich merkwürdig.«

»Nämlich?«

»Woher kommt das plötzliche Interesse an unserem Fall?«

»Habe ich mich auch schon gefragt, Siggi.«

»Und hast du dir auch eine Antwort gegeben?«

»Bis jetzt noch nicht. Ich denke drüber nach.«

Jakob beendete das Telefonat, und ich benachrichtigte Nick. Er hatte sich bereits für den nächsten Vormittag bei der Vollzugsanstalt angemeldet, in der Özman Yildiz einsaß.

»Nick, du musst irgendeine brauchbare Information aus Yildiz rausholen. Lieferanten, Transportwege, Kontaktleute. Irgendetwas!«

»Versprich dir nicht zu viel, Siggi! Yildiz hätte sich schon damals während seines Prozesses ein paar Jahre ersparen können, wenn er ein umfassendes Geständnis abgelegt und seine Mitarbeiter ans Messer geliefert hätte. Das ist kein Zinker.«

»Nick, um es ganz deutlich zu sagen: Wenn du aus Yildiz nichts rausholst, sind wir echt in den Arsch gekniffen!«