5. Eintrag Heute Nacht ein „grandioser“ Satz, den ich mir unbedingt merken wollte: Das Gift des Niemehrschreibenkönnens träufelt auch hier in mein Herz, auch wenn das Autodafé des Dichters nur in Raten geschieht.

Bei Tageslicht betrachtet: ein hilflos sentimentaler Schmarrn, hochgegriffen und im Alterskitsch ersoffen. Und warum? Weil die Kreativität nur noch eine Endlosschleife von Wiederholungen ist, so wie das Meer, das mir bis ins Bett hinein nachrauscht. Ich schlafe hier gut und weiß, wenn man nicht mehr schreiben kann, dann wiederholt man. Seit zwanzig Jahren wiederhole ich vermutlich ein und denselben Satz, dasselbe Problem, das ist okay, wenn die Wiederholung immer besser wird und irgendwann das Werk dasteht, wenn aber nicht, dann endet der Wiederholende im Irrsinn, das eigene Tun ist ein Strick, der sich um deinen Hals legt. Es gibt einen schrecklichen Ausgang aus der Kunst, den Irrsinn, und einen lächerlichen, den Kitsch. Und dazwischen die leichte, heitere Spur des Genialen …

Ich bin sechsundsiebzig. Wie soll das noch werden. Haben Faßbinder und Sperr das bessere Los gezogen, mit achtunddreißig und achtundfünfzig tot zu sein? Die drei Söhne der Marieluise Fleißer schon lang tot?

Momentan „übe“ ich hier sehr kleine, kurze Wege und die Ex besteht darauf, dass ich nicht ohne Handy geh. Ich fühle mich bevormundet, aber so unrecht hat sie nicht. Ich könnte jederzeit hinfallen, aufs kranke Knie fallen und dann läge ich da, wie ein überfahrener Hund, der – genau – kein Handy hat.

Was tun dagegen? Gut essen! Die Ex kocht noch immer jeden Tag und jeden Tag köstlich. Wir trinken und wir streiten nicht. Für mich ist es so: Ich denke mir, wir haben uns zufällig vor kurzer Zeit kennengelernt und verbringen jetzt, weil es praktisch und angenehm ist, einige Zeit hier miteinander: locker befreundet, und so werden wir uns auch wieder trennen.

Das macht Gespräche über die Vergangenheit und alles Widerliche, was dazugehört, unmöglich: Wir haben kein gemeinsames Leben mehr, aus dem wir die Knüppel nehmen könnten, mit denen wir uns gegenseitig totschlagen.