60. Eintrag Das Hirnmagma und der Writer’s Block – bin ich einfach zu schwach (alt?), um nochmal ein Stück zu schreiben, auch ein schlechtes? Hab ich doch zu mir gesagt – seit fünf Jahren: Schreib ein Stück, und wenn es noch so beschissen ist, aber schreib eins, wie früher auch, von deinen über sechzig Stücken sind doch auch nur zehn wirklich gut, aber man kann nicht nur gute Stücke schreiben, man MUSS auch schlechte schreiben, um sich zu erholen, um gute Kraft zu sammeln, das weißt du doch alles! Warum, ja warum geht das nicht mehr? Ich glaub, Sartre hat in einem seiner ellenlangen Gespräche mit Simone de Beauvoir gesagt: Um Theaterstücke zu schreiben, muss man jung sein, drum habe er nichts mehr fürs Theater geschrieben. Andererseits war Aischylos fast achtzig Jahre alt, als er die Antigone schrieb?! – 

Ja, schreiben, schreiben, schreiben, wir „Fachidioten“! Günter Herburger hat mal zu mir gesagt: Ich lebe kaum noch, ich schreibe nur noch! Was für ein – eigentlich – schrecklicher Satz! Und ich fand ihn damals heroisch.

Am 27. Mai 22 hab ich handschriftlich notiert: Wenn Verzweiflung und Agonie ARBEITEN ist, dann bin ich fleißig. Sehr fleißig.

Und am 24. Juni 22 heißt es: Ich versuche mich durch Schreiben am Leben zu halten = Depression und Selbsttötung abzuwehren …

Aber es kann auch umgekehrt sein: die aussichtslosen Versuche, sich zu zwingen, machen den Rest an Lebensmut zunichte?

Und weil ich grade im manisch-depressiven Zickzack bin: Es gibt auch Tage, wo ich mit dem Gefühl aufstehe: Heute schaff ich es, jetzt beginnt eine Altersblüte … ja, Altersblüte nenn ich es! Ist vermutlich lächerlich, klar, schon klar, aber die Hoffnung, die Drecksau usw.

Mit der Ex heute Nachmittag Bordeaux erkundet, so weit die Knie tragen – lt. Schrittzähler auf dem Handy der Ex gehe ich jeden Tag zwischen sieben und zehn Kilometer – kann es gar nicht glauben, das wäre super weit für einen Krüppel …