6. Eintrag Kleiner Spaziergang, viele alte, zerfallene Häuser. An den schönsten Plätzen der Insel, zerfleddert, zerschunden, weggeschmolzen, hängen geblieben, gestorben, ragen sie als abgetragenes Mauerwerk aus dem Grünen und wenn man diese Reste anschaut, sieht man hundert und zweihundert Jahre Leben. War das die Küche? Stall? Saßen hier um ein Feuer herum Menschen, die Hoffnungen hatten und Träume, die irgendwann weggezogen sind, den Schlüssel zum letzten Mal umdrehten oder die Türen offen lassen. An den schönsten Flecken mit den wunderbarsten Ausblicken stehen diese Reste menschlicher Existenz und wenn man Spanisch kann, kann man mit diesen Ruinen reden. Ich kann nicht Spanisch. Die Ex sagt: Diese Häuser können auch Deutsch. Es klingt wie eine Zurechtweisung, mein larmoyantes Gelaber nervt sie?

Wenn das Poetische nicht klappt, bleiben wir beim Praktischen: Mit einem halben Ibu 600 komm ich inzwischen zurecht.

Der Mercedes ist noch nicht fertig, der mecánico ist krank, sagt er zumindest (zwölfhundert Euro Vorschuss in den Wind geblasen?). Aber ich will ja auch noch nicht fahren. Ich will so lange bleiben, bis ich meine Depressionen vergessen hab. Die Ex stört mich dabei nicht, wenn ich jammere, sagt sie: Unsinn, so warst du immer, ich kenn dich nicht anders!

Und sie hat recht: Wenn ich jetzt zu Hause wäre, würde ich dasitzen und vor mich hin glotzen, ein Bier aufmachen und glotzen und ein zweites und ein drittes, und mich dann auf den Diwan legen und einschlafen und aufwachen und ‚Brisant‘ anschauen oder ‚Hallo Deutschland‘ und mich vor dem restlichen Tag fürchten, weil der Abend noch nicht mal richtig angefangen hat.

Wir sind jetzt eine Woche hier: Wir haben keinen Fernseher und er fehlt mir nicht, und ich habe keine Angst.

An das Stück denke ich öfter mal, auch ohne Angst. Ich lese rein, atme kurz durch und lege es weg. Es ist ein kurzes Aufatmen, mehr nicht.