62. Eintrag In Dijon angekommen, ein gemütlicher „Ritt“ wieder durch die absolute Provinz, auf den Straßen kaum ein Auto, alles friedlich, freundlich und bei Tageslicht. Und diesmal haben wir das ausgesuchte Apartment mühelos gefunden, weil es ist auch vorhanden. Und es ist zentral, richtig hübsch, mit großem Ehebett!
Da ich die Ex wieder lobe, hat sich die Stimmung gebessert und wir wollen noch mal probieren, im Bett, ohne Ehe. Stopf ich mir eben wieder die Ohrstöpsel rein und hoffe, dass ich in den Pausen, in denen sie nicht schnarcht, so fest einschlafe, dass mich die folgenden schnarchologischen Äußerungen nicht mehr stören können.
Hat ja schon mal geklappt.
Allen gegenseitigen Schuldzuweisungen, Wutanfällen und Frustrationen zum Trotz sehe ich bei Google, dass wir nur noch ca. sieben Stunden von München weg sind – und das will ich nicht.
Ich will noch nicht heim, ich scheiß noch auf daheim, ich mag noch nicht nach Pasing und ich mag noch kein Chiemgau, ich mag mich noch mit ihr streiten, mit ihr fahren und mit ihr gute Stunden erleben und Wein trinken und Fußball schauen (gestern noch Verlängerung Kroatien – Brasilien). Ich will mich noch über sie totärgern, bevor ich tot bin.
Szenen keiner Ehe ist schon klar, denn ich bin ein verwelktes Männchen – wäre ich, sagen wir, zwanzig Jahre jünger oder fünfzehn oder zehn, ich würde mich schon nochmal an das runde Weibchen ranmachen, ganz klar, sie ist noch recht appetitlich, bloß ich nicht mehr, und Szenen keiner Ehe in einem Ehebett sind vermutlich sowieso problematisch auf die Dauer.
Früher haben wir auch gestritten, die letzten Jahre nur gestritten, aber dann haben wir eben auch immer wieder mit einem Joint ausgiebig gefickt und auch das eine oder andere Problem einfach weggefickt – aber ich bin ein toter Krieger, thats the problem.
Auch literarisch sitz ich auf einem toten Ross und kann ihm die Sporen in die blutenden Weichteile treiben: Das steht nicht mehr auf, das schreibt kein Stück mehr, das verjüngt sich nicht mehr durch Ekstase. Der Pegasus ist hin.