12. November Sieben Jahre Nichtraucher. Zwei Jahre später, nachdem ich innerhalb von neunzig Minuten das Laster ablegen konnte, machte ich in derselben Praxis ein Coaching, um meine »Erfolgsblockaden zu lösen«. Ich wurde vom Chef behandelt. Während der Sitzung fragte er mich, ob ich nicht »Nichtrauchercoach« werden will. Deal: Er bildet mich aus, ich schreibe mit ihm ein Buch darüber. Warum nicht? Ich saß einen Monat lang in den Sitzungen und schrieb mit. Im Monat darauf führte ich die ersten Coachings alleine durch, einen Monat später war ich meistens allein in der Praxis. Die Menschen fühlten sich bei mir sehr wohl und ich glaube, meine Erfolgsquote war recht hoch. Mir war aber unheimlich, so ganz ohne Zertifikat und für einen Apfel und ein Ei zu arbeiten. Als ich den Chef darauf ansprach und meine Ausbildung und ein Zertifikat forderte, flog ich raus. Ich hab in dieser Zeit viel gelernt, trotzdem stand ich wieder mal mit leeren Händen da.

Kopfweh ohne Ende. So als ob der Schmerz von innen heraus den Schädel sprengen und in vier Teilen wie eine Knospe aufklappen würde. Ich habe Angst, bei Kopfschmerzen zu erbrechen. Also liege ich und schlafe viel. Franz ist nett, hilfsbereit und kocht mir Basmatireis. Er bittet mich, einen Test zu machen, der ist aber negativ. »Kranksein hat doch auch was Gemütliches«, meint er. Aber mein Leben hat sich in den letzten fünf Wochen derart verlangsamt, dass mein Prosit auf die Gemütlichkeit etwas lebendiger und heiterer ausfallen könnte.

Neuigkeiten von Santi: Das Auto bekommt nun den Auspuff, dann geht’s zum ITV. Ich nehme an, dass unsere Warterei am Montag ein Ende hat. Wir gehen spazieren. »Nein«, erklärt mir Franz, »ich werde jetzt keine Reise durch Spanien machen. Im Winter! Kommt ja gar nicht infrage! Außerdem muss ich irgendwann nach Deutschland und du kommst mit.« Die Freude übers fertige Auto hält sich in Grenzen. »Ich fliege nicht im Winter nach Deutschland, das ist mir zu kostspielig. Super, dann darf ich hier dein Auto fahren«, antworte ich enttäuscht, nachdem ich alles dafür tat, dieses Roadmovie lebendig werden zu lassen. Es geht die alte Leier von SEINEM Auto und SEINEM Geld los und wir können ja die Reise im Frühjahr machen. »Franz, ich kann nicht ewig zur Disposition stehen. Ich brauche einen neuen Job und weitere Entscheidungen stehen an.« Aber das versteht er nicht oder will es nicht verstehen. Ich hab mich fünf Wochen nach ihm gerichtet, damit diese Reise klappt – das wäre sozusagen mein Honorar gewesen. Schreiben ist Luxus.

Ein Königreich für ein wenig heiteren Leichtsinn. Aber je mehr ich darüber nachdenke, wird mir klar, dass mein Ex vor dem Trip im Winter Angst hat und darum mit verbalen Keulen schlägt, mild im Vergleich zu früher, aber huhu, Geld ist Macht.

Egal, ich werde mich wieder mit dem abfinden, was sein soll. Was anderes bleibt mir eh nicht übrig. Durch das tägliche Schreiben ist vielleicht meine Wortblockade gelöst. Auch das wäre mir recht.

Meine beste Freundin ruft mich an und gibt mir die Post durch. Ihre Stimme klingt dünn. Ihr Cousin, achtundfünfzig, hat sich letzte Nacht erhängt. Vor einem Jahr wurde ihm der Job gekündigt. Davon hat er sich nicht mehr erholt. Ein Gesellschaftsopfer. Wie heftig.

Der Himmel färbt sich im Abendrot und das Grün der Palmen- und Bananenblätter ergänzt das idyllische Bild. Wie dankbar bin ich, so privilegiert sein zu dürfen. Ich gehe schon um sieben Uhr ins Bett. Nun mit Grippe.