21. November »Tengo la cabeza en las nubes.« Dieses spanische Sprichwort für eine Person, die verträumt ist und keinen Blick mehr auf die Realität hat, beschreibt meinen derzeitigen Zustand recht gut. Mein Kopf steckt in den Wolken, rundherum ist es weiß, ich hab die Orientierung verloren, hab Watte im Hirn und manchmal schaffe ich es, meinen Kopf über die Wolken zu bewegen, dort ist dann ein blauer Himmel, die Sonne kitzelt mich an der Nase und fordert mich auf, nichts zu tun. Meine Schreiberei liegt brach, »Oma to go« auf Eis, ich komme nicht in Schwung. Logisch, dass ich aus allen Wolken falle, als F. X. mir gut aufgelegt zum Frühstück erklärt, dass wir am Donnerstag fahren. Hä? »Die Fähre fährt um halb zwei in der Früh, das heißt wir fahren schon am Mittwoch!« »Warum nicht?«

Meine Abreisen sind jedes Mal derart perfekt, dass ich auch jahrelang nicht mehr heimkehren könnte. Von der Pflanzenversorgung bis zum Testament, alles organisiert. Etwas mehr Spontanität könnte auch mir nicht schaden. Reisekaugummi wichtig, sonst speib ich auf dem Schiff. »Gut, aber eine große Fahrt mit dem Auto machen wir noch!«, fordere ich. Einverstanden. Ohrstöpsel für Franz wegen meinem Schnarchen. F. X. will die Strecke nach Masca fahren. Dort hängen aber dicke fette Wolken und mir graut davor, den Bussen und Touristen in Mietwägen auf den engen Straßen im Nebel und Rückwärtsgang auszuweichen. Medizinische Masken fürs Schiff.

So machen wir die Teide-Tour, drei Stunden Autofahrt. Wir fahren durch die dicken Wolken im Norden, die für Teneriffas Wasserversorgung wichtig sind, fahren über den Pass und bereits in Santiago del Teide zeigt sich die Sonne. Extrakiste fürs Auto mit Wasserkocher. Wir fahren die Serpentinen rauf und runter und durch Lavalandschaften. Zwei Wärmflaschen. Die Nadel der Tankanzeige spinnt. Also tanken wir den Wagen voll, sicher ist sicher. Das Auto stinkt nun in den Kurven nach Benzin. Franz ist jetzt der Chauffeur. Ein Besteckset mit zwei Gabeln, Löffeln und einem scharfen Messer. Er fährt wie ein junger Gott. Allerdings bin ich nicht die geborene Beifahrerin, mir wird bei zu vielen Kurven schlecht. Reisetassen, Tellerchen und einmal Tupper. Er freut sich daran, das Auto auszuprobieren.

Auf zweitausend Metern Höhe mitten in der Pampa, links schwarze Lava, rechts schwarze Lava, eine Straße und sonst nichts, wird Franz nervös. »Die Kupplung hängt!« Er kann keinen Gang mehr einlegen. Shit, das ist jetzt typisch für unser Autoglück. Mein Hirn rattert, uff, gut, dass das Handy Empfang hat, dann können wir den Abschleppdienst anrufen. Franz hält den Wagen an. Das Kupplungspedal ist durchgedrückt stecken geblieben. »Versuche es mal zu lösen«, schlage ich vor. Er greift ans Kupplungspedal und zack, springt es zurück. Er startet den Motor. Vorsichtig steigt er auf die Kupplung. Sie geht wieder, der Wagen setzt sich in Bewegung. Eine zweite Warnweste.

Erleichtert fahren wir durch die wunderschöne Landschaft der Cañadas, die der Wüste Nevadas ähnelt. Franz will nirgendwo stehen bleiben. Er möchte nur noch fahren und eine neue freundschaftliche Beziehung zur Kupplung aufbauen. Drum verlassen wir die Hochebene. Notfallapotheke! Wir stoppen kurz zum Kaffeetrinken, bevor es wieder retour auf der anderen Seite in die Wolken geht. Ein weiterer Besuch bei Santi wird für Montag eingeplant. Aber insgesamt fährt sich der Wagen gut und stinkt nun auch weniger. Die Teide-Tour ist anstrengend. Wir gehen wieder Cazuela essen, den Fischeintopf. Der schmeckt vorzüglich, nur das Ambiente ist heute von Deutschen geprägt. Der Laden ist voll und man hört kein spanisches Wort, außer das vom Wirt und selbst der sagt »Hallo hallo« statt »Hola«. Wir fahren heim. Franz klopft dem Auto aufs Dach. »Braves Auto. Man muss ihn loben!«, meint er. Das Auto schenkt ihm die Freiheit, sich wieder sicher zu fühlen.

Daheim angekommen, beschäftige ich mich mit Fährtickets und Unterkünften. Möge das Reisefieber uns freudig erfüllen.

Ich vergaß: Heute vor zwanzig Jahren ging ich mit der »Hausfrauenrevolution« online und mutierte zur »Internetpionierin« weit vor Facebook, Twitter und Instagram. Wenn ich damals Werbung gesetzt hätte, wer weiß, was aus mir noch hätte werden können. Aber ich wollte ja »zusammenhalten, um zu verändern« und die Revolution.