41. Eintrag Seit ich da bin, füttere ich jeden Tag einen mutigen gelb-rötlichen Kater. Er steht in der Früh vor der Haustür und miaut laut und fordernd. Ich geb ihm Milch mit warmem Wasser oder Sahne mit warmem Wasser. Danach sitzt er draußen auf der obersten Stufe und döst vor sich hin. Nach Corona gibt es hier viele Hunde und viele Herrchen, die sie runter Richtung Playa zum Scheißen führen (drum ist das ja auch verboten).
„Mein“ Kater lässt sich nicht vertreiben, egal wie groß der vorbeigeführte Hund ist, wie laut er bellt, der Kater verteidigt das Haus gegen jeden fremden Vierbeiner. Ich liebe dieses freche, aufdringliche, mutige Biest.
Heute Morgen, als ich aufstand, wurde ich von seinem Miauen begrüßt und es miaute noch was anderes! Die Ex kam auf die Azotea und miaute mich genauso fordernd an wie der Kater. Mir war nicht ganz klar, was es bedeutet, aber ich hab mich gefreut. Soll ich dir auch ein Schälchen warme Milch geben, fragte ich, aber ohne zu antworten miaute sie mich weiter eindringlich an. Es war sicher keine sexuelle Anmache, das haben wir – denk ich mal – LEIDER hinter uns, aber es war ein herzlicher Tagesanfang und so ging es weiter, den ganzen Tag, mit einem kleinen Tiefschlag: Wir waren im Alcampo in Puerto und sie hat einen Schlafanzug probiert, für die Reise, so eine gelbgräuliche schlappernde Hose und ein knallgelbes hässliches Top. Da das alles sehr eng war, sah sie aus wie eine Weißwurst, die schon mehrmals das Zwölfeläuten gehört hat …
Als sie aus der Umkleidekabine kam unds mir zeigte, wusste ich, dass ich vieles, aber nicht das sagen darf, sonst ist die gute Stimmung im Arsch und ich sagte nur: wenns dir gefällt … Da schaute sie mich mit kleinen, weißlichen, hasserfüllten Augen an und sagte: Es gefällt mir nicht, es steht mir nicht und das weißt du auch, warum sagst du das nicht, du Feigling, in dem Schlafanzug hab ich die Figur von meiner Mutter, wie sie zehn Jahre älter war, als ich jetzt bin, und sah rundum scheiße aus.
Dann verschwand sie wieder in der Umkleidekabine und ich dachte: Jetzt bin ich unschuldig wie beim Heimatkanal …
Aber sie fing sich und sagte nur: Lass uns schnell den Laden verlassen, sonst krieg ich noch eine Wut auf dich, und du bist an vielem schuld, aber dass ich zu fett bin, daran bin ich selber schuld.
Am liebsten hätte ich sie bei so viel Selbstkritik geküsst, aber das hab ich mich dann doch nicht getraut …