Greifswald, 5. Oktober 2021

Vernehmung der KA Cornelia Kressin, Polizeiinspektion Anklam, Polizeihauptrevier Greifswald, in der Ermittlungssache Talvi Caster (KOK), Aktenzeichen 9 Js 451/21

»Ich bin noch ganz durcheinander, das ist alles so unerwartet. Wir hatten bis jetzt gar keine Ahnung, dass es sich so entwickeln würde.

Wir? Ja, das stimmt, ich tausche mich häufig mit Sebastian aus, ich meine, mit dem Kollegen Horn. Das kam ja sehr plötzlich für mich, und er ist eine große Stütze. Ich erlebe so was zum ersten Mal.

Sebastian ist ein großes Vorbild, finde ich. Genau wie Frau Caster natürlich, keine Frage. Er lernt jeden Abend zu Hause und bildet sich fort. Ihm ist diese Beförderung wirklich wichtig. Ja, ich weiß, dass Sie dazu nichts sagen können.

Frau Caster war schon speziell. Einmal natürlich wegen – Sie wissen schon – ihrem Aussehen, und wie sie das alles wegsteckte, aber dann auch wegen ihrer Art zu arbeiten. Sie hatte bei uns immer so gute Ideen, das hat die Ermittlungen echt vorangebracht. Auch nach dem Rückschlag, und dass wir dann ohne den Profiler ganz neu anfangen mussten. Das hat sie alles gemeistert, eine wirklich starke Frau.

Vielleicht hat sie mich deshalb nie so richtig ernst genommen, sie hat mich eigentlich nur als Schreibkraft eingesetzt und betont, wie wichtig lückenlose Dokumentation ist. So hat sich das auf jeden Fall angefühlt. Hatte mir immer vorgenommen, sie mal darauf anzusprechen. Ich konnte aber nachvollziehen, dass sie mit ihrer Vorgeschichte jetzt den Erfolg im Fall Fischerfest für sich reklamieren wollte. Frau Caster musste ja irgendwie Fuß fassen.

Nein, da war nichts zwischen ihr und dem Kollegen Horn, ganz bestimmt nicht. Ich glaube nicht, dass er ihr Typ war, und sie war sicher nicht sein Typ. Ganz sicher. Obwohl so eine wie sie es ja schon schwer hat, überhaupt irgendjemandes Typ zu sein. Sie wissen, was ich meine. Ich bin ja nur ein paar Jahre jünger als sie, auf dem Papier, aber diese Jahre haben sie alt gemacht.

Sie erfährt ja nicht, dass ich das gesagt habe.«