7. KAPITEL

Als es am nächsten Morgen an der Tür klopfte und Blossom aufwachte, da wusste sie im ersten Moment nicht, wo sie war. Dann fiel ihr alles wieder ein. Sie befand sich in Zaks Haus, in seinem Bett – nun, ja, zumindest in einem von ihnen – und sie lag vollkommen nackt unter der Decke. Und – sie rutschte leicht hin und her – als er sie zu ihrem Zimmer gebracht hatte, hatte er sich wie der perfekte Gentleman verhalten. Ein kurzer Kuss auf ihre verschlossenen Lippen, das war alles gewesen. Was natürlich gut war. Sehr gut, sagte sie sich mehrfach. Auf diese Weise musste sie ihm keinen Korb geben.

Allerdings … Sie wickelte sich fester in die Decke ein. Es wäre nett gewesen …, wenn er ein wenig mehr Enthusiasmus gezeigt hätte. Der Mann war wirklich ein Meister darin, innerhalb kürzester Zeit von heiß auf kalt zu schalten.

Es klopfte erneut, woraufhin Blossom sich aufsetzte, die Decke sorgsam hochgezogen, und darauf wartete, dass Geraldine ihr das Frühstück brachte. „Herein“, rief sie und fühlte sich ein wenig unwohl bei dem Gedanken, dass die alte Dame sie derart bediente.

Nur dass es sich gar nicht um Geraldine handelte.

„Hi.“ Zak trug einen schwarzen Morgenmantel aus Seide und dazu passende Pyjamahosen. Ganz offensichtlich hatte er bereits geduscht, denn sein Haar war feucht.

Er balancierte ein Frühstückstablett samt zusammengefalteter Zeitung und näherte sich ihrem Bett. „Gut geschlafen? War das Bett bequem?“

„Ja, danke“, brachte sie mühsam hervor. Er hatte einen fantastischen Körper, was von der schwarzen Seide noch betont wurde.

„Gut.“ Er lächelte und stellte das Tablett auf ihrem Schoß ab. Blossom umklammerte krampfhaft die Bettdecke. „Es ist schön, als Erstes am Morgen gleich dich zu sehen“, sagte er sanft und küsste sie.

Sie wünschte, sie hätte die Zeit gehabt, sich die Zähne zu putzen, ihr Haar zu bürsten und nachzusehen, ob sie vor dem Zubettgehen die Wimperntusche auch wirklich restlos entfernt hatte.

„Da drunter befindet sich ein komplettes englisches Frühstück.“ Er deutete auf den mit einer Haube bedeckten Teller, neben dem sich ein paar Scheiben Toast und ein Glas Orangensaft befanden. „Geraldine findet, dass man ordentlich frühstücken muss.“

„Das sehe ich.“ Noch nie in ihrem Leben war sie sich so verletzlich vorgekommen. Immerhin hatte er ein paar Kleider an. Wenn auch nicht viele.

„Sobald du gegessen und geduscht hast, könnten wir einen Antiquitätenmarkt besuchen, der nicht weit von hier entfernt ist. Was hältst du davon?“ Ihr Unbehagen schien er gar nicht zu bemerken.

„Ja, toll.“ Sie nickte vorsichtig. Plötzliche Bewegungen musste sie um jeden Preis vermeiden, wollte sie die Decke an ihrem Platz halten und das Tablett nicht umwerfen.

Zak warf ihr einen langen Blick zu, dann ging er zur Tür und murmelte dabei: „Dein Ex ist der größte Dummkopf, den man sich vorstellen kann, aber ich muss ihm wohl dankbar sein.“

„Was?“ Sie konnte ihm nicht folgen.

Nachdem er die Tür geöffnet hatte, drehte er sich noch einmal zu ihr um, die Hand auf dem Griff. „Nur seiner Dummheit ist es zu verdanken, dass du heute hier bist, oder?“ Darauf schloss er leise die Tür und ließ sie verdutzt ins Leere starren.

Sobald Blossom geduscht und sich angezogen hatte, fühlte sie sich besser. Sie hatte Geraldines köstliches Frühstück bis auf den letzten Krümel gegessen und war jetzt froh darüber, dass sie einen Ausflug machen würden. Sie musste ein paar Kalorien verbrennen, bevor sie sich mit ruhigem Gewissen dem Lunch widmen konnte. Ansonsten würde der Rettungsring wieder auftauchen.

Zak wartete in der Eingangshalle auf sie, als sie mit dem Tablett herunterkam.

„Das hättest du nicht mitzubringen brauchen – Geraldine hätte es geholt“, sagte er und nahm ihr das Tablett ab. „Du bist mein Gast.“

„Gast hin oder her, ich erwarte nicht, dass Geraldine hinter mir herräumt. Ich habe jüngere Beine als sie.“

„Und auch wohlgeformtere.“ Er lächelte sie an, wobei seine stahlblauen Augen noch durch das hellblaue Hemd betont wurden, das er trug. Das Lächeln verblasste jedoch, als er sanft hinzufügte: „Aber vielen Dank für deine Umsicht. Sie ist kein junges Küken mehr, obwohl sie mir die Hölle heiß machen würde, wenn sie das hören würde. Ich bitte sie ständig, es ein wenig langsamer anzugehen.“

Nachdem Zak das Tablett in die Küche getragen und sie das Haus verlassen hatten, fragte Blossom ruhig: „Was wirst du tun, wenn Geraldine und Will zu alt sind, um noch für dich zu arbeiten, Zak?“

Er schaute sie aufmerksam an, als er ihr die Beifahrertür öffnete, antwortete jedoch erst, als er neben ihr saß. „Die Wohnung ist ihr Zuhause. Ich habe sie für die beiden gebaut. Geraldine hat die ganzen Möbel und Einrichtungsgegenstände selbst ausgesucht, und der Garten ist Wills ganzer Stolz. Ich möchte, dass sie hier ihren Lebensabend genießen. Sie sind keine Angestellten, Blossom, sie sind …“ Er zögerte.

„Familie?“, fragte sie sanft. Es war ganz eindeutig, was er fühlte.

„Ich denke schon.“ Er zuckte die Achseln. „Ja, für mich sind sie wie Familie.“

Blossom schaute ihn an und erinnerte sich daran, dass seine Kindheit keine besonders schöne gewesen war. Wie er so den Wagen startete, wirkte er groß und selbstbewusst, so als gehöre ihm die Welt. Warum wollte sie dann trotzdem am liebsten die Arme um ihn legen und den kleinen Jungen trösten, der er einst gewesen war?

Rasch wandte sie sich ab und blickte aus dem Fenster. Es war gefährlich, wenn sie Mitgefühl für Zak empfand. Er war viel zu gefährlich.

Der Besuch des Antiquitätenmarkts machte sehr viel Spaß, oder vielmehr genoss sie es, Hand in Hand mit Zak durch die Reihen und Stände zu spazieren. Allerdings war es auch ein wenig verstörend.

Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie nicht mehr das Gefühl, dass ihr die Worte „Nicht liebenswert“ auf der Stirn standen. Im Gegenteil. Sie fühlte sich jung und attraktiv, und das musste sie auch ausstrahlen, denn sie bemerkte, dass ihr mehr als ein Mann hinterherschaute.

Zak entdeckte am letzten Stand, den sie besuchten, eine wunderbare Porzellanfigur aus Meißen, die zwei liegende Dobermänner darstellte. Der Preis ließ Blossom den Atem stocken. Die Figur war sehr naturalistisch. Die beiden Dobermänner sahen wirklich aus wie Thor und Titus. Nachdem er den Preis etwas heruntergehandelt und die Figur gekauft hatte, wirkte Zak äußerst zufrieden.

„Für Geraldine und Will“, erklärte er auf dem Rückweg. „Im nächsten Monat findet ihre Goldene Hochzeit statt, und ich suche schon seit Wochen nach einem ganz besonderen Geschenk. Geraldine hat vor ein paar Jahren angefangen, Meißner Porzellan zu sammeln, aber so etwas besitzt sie noch nicht. Sie werden die Figur lieben; die Hunde sind ihre Ersatzkinder.“

Blossom lächelte. Seine Großzügigkeit gegenüber dem alten Paar rührte sie, doch sie machte ihr auch etwas Angst. Es war so viel einfacher, ihn auf Abstand zu halten, wenn er in ihren Augen der kalte rücksichtlose Boss von Hamilton Electronics blieb.

Als sie wieder im Wagen saßen, startete Zak den Motor nicht sofort. Stattdessen beugte er sich zu ihr vor. Zwar berührte er sie nicht, dennoch hatte sie das Gefühl, von seiner männlichen Wärme eingehüllt zu sein. „Was ist mit deinem Ex passiert?“, fragte er sanft. „Du musst es mir nicht sagen, wenn es zu schmerzhaft ist, aber ich würde es gern verstehen.“

Vollkommen überrascht starrte sie ihn an. Schließlich entgegnete sie trocken: „Ich dachte, du wüsstest alles von der Person, die du beauftragt hast, um mich zu finden.“

„Nein, nur bloße Fakten, das ist alles. Ihr habt geheiratet, er hat dich nach sieben Monaten verlassen, und es war eine andere Frau im Spiel. Er war ein Model, und laut meiner Quellen ging sein Stern genau in dem Moment auf, nachdem er dir begegnet war. Ich nehme an, das war kein Zufall?“

Blossom starrte auf die Hände in ihrem Schoß. „Nein, es war kein Zufall“, sagte sie tonlos. „Für Dean war ich nur ein Mittel zum Zweck, mehr nicht. Unsere Ehe war von Anfang an eine Farce. Natürlich wusste ich das erst, als er mein Bankkonto abräumte und mich für die Frau verließ, mit der er zusammengewohnt hatte, als ich ihn kennenlernte. Sie war nur ein weiteres seiner gut gehüteten Geheimnisse.“

Blossom schaute auf und blickte ihm direkt ins Gesicht. „Das Absurde an der Sache ist, dass ich tatsächlich glaubte, wir wären vollkommen glücklich. Ich glaubte, wir führten eine gute Ehe, eine sehr gute sogar. Wenn ich jetzt zurückblicke, weiß ich, dass es deutliche Risse gab, aber zu der Zeit …“ Sie schüttelte den Kopf. „Leichtgläubig beschreibt es nicht mal ansatzweise, nicht wahr?“

„Nein.“ Eindringlich schaute er sie an. „Es beschreibt eine warmherzige, liebevolle Frau, die einem Mann vertraut hat, der ein oberflächlicher, verabscheuungswürdiger Betrüger war. Du warst nicht leichtgläubig, Blossom. Nicht so, wie du es meinst. Du hast an das geglaubt, was man dir ganz bewusst vorgespielt hat.“

Er betrachtete sie liebevoll und fuhr fort: „Und wenn jemand hinterhältig und unmoralisch genug ist, wenn jemand über keinerlei menschliche Ethik verfügt, dann wird es ihm immer gelingen, die Guten und Ehrenhaften zu täuschen, die nur an das Beste im Menschen glauben. Aber nur für gewisse Zeit. Dean wird irgendwann ernten, was er gesät hat. Das habe ich schon oft genug miterlebt, sowohl im Beruf als auch privat.“

Blossom zuckte die Achseln. „Das kann ich mir nicht vorstellen – in Bezug auf Dean, meine ich. Mit seinem Charme kann er jeden bezirzen. Er ist der geborene Sonnyboy, verstehst du?“

„Und wenn der Charme verblasst? Wenn das gute Aussehen welkt und der Waschbrettbauch Fett ansetzt?“

„Er hat noch etliche Jahre vor sich, bevor das passiert, falls es überhaupt jemals geschieht.“ Sie schüttelte den Kopf. Dean würde immer auf der Gewinnerseite sein.

„Es wird passieren, glaub mir das. Und in der Zwischenzeit – was besitzt er schon? Wirklich? Die eine Sache, die ihn über das Alltägliche herausgehoben und zu etwas Besonderem gemacht hätte, hat er weggeworfen. Eines Tages wird er das begreifen, und es könnte eher sein, als du denkst. Meine Quelle hat mir berichtet, dass er in den vergangenen ein, zwei Jahren nicht mehr so erfolgreich war. Wusstest du das?“

Erneut schüttelte Blossom den Kopf. Seine Worte waren wie Balsam für ihre geschundene Selbstachtung, doch seltsamerweise verstärkten sie den Schmerz in ihrem Herzen. Das Gefühl war ähnlich dem, das sie am Abend zuvor erlebt hatte, als sie am Fenster gestanden und in die Abenddämmerung geblickt hatte.

Doch diesmal verstand sie es ein wenig besser. Es schmerzte, weil sie über das nachdachte, was vielleicht möglich gewesen wäre – wenn sie Zak zuerst kennengelernt hätte, wenn sie niemals verheiratet gewesen und nie so schlimm betrogen worden wäre, wenn sie immer noch die Frau wäre, die sie gewesen war, bevor sie Dean getroffen hatte …

Aber das war sie eben nicht. Sie hatte sich verändert. Unwiderruflich. Mit einem Mann wie Zak würde sie nie auch nur einen Moment des Friedens erleben.

„Was würdest du tun, wenn er dich noch einmal kontaktieren würde?“, fragte Zak ruhig, wobei er seinen Blick nicht von ihr wandte. „Würdest du ihn treffen?“

Sie zuckte erneut die Achseln. „Ich weiß es nicht“, antwortete sie ehrlicherweise. „Ich hege keinerlei Gefühle mehr für ihn außer Verachtung. Eine ganze Weile lang habe ich ihn gehasst, aber das tat mir auch nicht gut. Schließlich habe ich auf Melissas Bitten hin eine Therapie begonnen.“

Sie seufzte, ehe sie fortfuhr: „Dort habe ich meine Seele offenbart und lange Briefe an Dean geschrieben, die ich meiner Therapeutin vorgelesen und die wir dann verbrannt haben. An einem Tag sind wir sogar zu einer ruhigen Stelle an der Themse gefahren, und ich habe Steine ins Wasser geworfen, die all meine Gefühle von Zorn, Hass und Schmerz repräsentiert haben.“

Sie lächelte leicht. Jetzt wirkte das alles so weit weg, dabei waren nur wenige Monate vergangen, seit sie die Therapie beendet hatte. Die Bitterkeit war endlich verschwunden.

„Hat es funktioniert?“, fragte Zak einfühlsam.

„Erstaunlicherweise, ja.“ In seinem Blick lag Zärtlichkeit, was den Schmerz in ihrem Innern nur umso mehr verstärkte.

„Das freut mich.“ Zak beugte sich zu ihr herüber und streifte ihre Lippen. Er verlängerte den Kuss nicht – schließlich befanden sie sich auf einem öffentlichen Parkplatz –, doch als er sich in seinen Sitz zurücklehnte, begegneten sich ihre Blicke. Die Zärtlichkeit war verschwunden, ersetzt durch glühendes Verlangen. Plötzlich herrschte eine geradezu elektrisch aufgeladene Atmosphäre im Wagen.

Hastig riss sich Blossom von seinem Blick los. Sie fühlte Panik in sich aufsteigen. Was auch immer er sich von ihr wünschte – sie konnte es ihm nicht geben. Sie wollte es nicht geben. Sie würde es nicht geben.

Ehe sie völlig die Nerven verlor, erklärte sie rasch: „Jetzt weißt du also, warum ich mich so sehr meiner Karriere verschrieben habe. Daran wird sich nie etwas ändern, weil ich es nicht zulassen werde. Ich will und brauche keinen Mann in meinem Leben, Zak. Ich denke, es ist nur fair, dir das von vornherein zu sagen, für den Fall, dass ich während dieses Wochenendes einen falschen Eindruck vermittelt habe. Es hat sich nichts geändert. Überhaupt nichts.“ Trotzig starrte sie ihn an.

Er saß da und schaute sie stumm an. Nach einer Weile wich sie seinem Blick aus und sah wieder aus dem Fenster. So, jetzt hatte sie es laut ausgesprochen, ehe sich noch mehr zwischen ihnen entwickelte. Jedenfalls konnte er ihr nicht vorwerfen, sie hätte sich nicht fair verhalten.

„Geht es dir jetzt besser, wo du es mir gesagt hast?“ Seine Stimme klang völlig ruhig, sodass sie beim besten Willen nicht einschätzen konnte, was er dachte.

Nein, sie fühlte sich furchtbar. Mehr als furchtbar. „Ich wollte nur …“

„Es laut aussprechen. Ja, ich weiß“, unterbrach er sie vollkommen gelassen. „Und da du das jetzt getan hast, was hältst du davon, zurückzufahren und uns auf Geraldines fantastischen Yorkshire-Pudding zu stürzen, ehe wir uns im Garten in den Schatten legen und ein wenig ausruhen. Hört sich das nicht gut an? Wenn es kühler ist, könnten wir die Hunde nehmen und einen Spaziergang machen.“

Es klang himmlisch. Was zugleich bedeutete, dass es keinesfalls infrage kam. „Ich muss zurück in meine Wohnung – auf meinem Schreibtisch liegt noch ein Berg Arbeit.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Dinge, die nicht warten können.“

„Die du umso schneller erledigst, wenn du ein entspanntes Wochenende hattest, währenddessen du deine Batterien aufladen konntest“, entgegnete er lässig. „Ich bringe dich nach dem Tee zurück, okay? Geraldine bereitet einen ganz traditionellen Tee zu mit zahlreichen Sandwichs und Kuchen und hausgemachten Scones mit Marmelade und Sahne. Die Art Schlemmerei, die für frühere Generationen selbstverständlich war.“

„Denkst du eigentlich auch noch an etwas anderes als an deinen Magen?“, versetzte sie schnippisch.

„Soll ich das wirklich beantworten? Ich möchte nicht, dass du schreiend aus meinem Auto flüchtest“, meinte er und lächelte sie unverschämt an.

Also gut, sie hatte diese Bemerkung geradezu herausgefordert. Einmal mehr bestätigte es ihr, dass es sinnlos war, mit ihm argumentieren zu wollen. „Aber ich muss sofort nach dem Tee los“, gab sie widerwillig nach. „Und ich werde die ganze Nacht durcharbeiten müssen.“

„Kein Problem.“ Trotz der Tatsache, dass er sie gerade gegen ihren Willen dazu gebracht hatte, noch länger in seinem Haus zu bleiben, schien er gar kein schlechtes Gewissen zu haben. Erneut küsste er sie.

Seine Lippen waren warm und fest. Deutlich spürte sie den Besitzanspruch, den er auf sie erhob, und es war ihr völlig unmöglich, dieser sinnlichen Verführung zu widerstehen. Zak hauchte Küsse auf ihre Wangen, ihre geschlossenen Augen, ihre Ohrläppchen. Erschauernd kapitulierte sie vor den überwältigenden Empfindungen, die er so mühelos in ihr weckte.

„Das hier ist real.“ Als sie die Augen öffnete, schaute er sie intensiv an – alle Belustigung war verflogen. „Was wir fühlen, wenn wir uns berühren und küssen. Das ist keine Lüge.“

„Dean hat mich auch geküsst und geliebt.“ Sie hatte nicht darüber nachgedacht, was sie sagen würde, es kam ganz von selbst heraus. „Und es war alles nur Lüge.“

„Falsch. Er hatte Sex mit dir.“ Seine direkten Worte ließen sie zurückzucken. „Das war alles. Und wenn du mir sagen willst, dass das, was wir haben, dasselbe ist wie das, was du mit ihm gefühlt hast, dann glaube ich dir nicht. Denn ich sage dir eins, Blossom – ich habe Frauen gehabt, mehr als mir im Moment lieb ist, und nicht eine hat es geschafft, dass ich das empfinde, was ich bei dir empfinde. Ich habe mit ihnen geschlafen und es hat mir Vergnügen bereitet, aber keine ließ mich das fühlen, was ich bei nur einem einzigen Kuss mit dir fühle. Also, wie willst du das erklären?“

„Ich bin … eine Herausforderung für dich.“ Sie hob trotzig das Kinn.

„Unsinn.“ Seine Stimme klang sanft. „Dumme Jungs, die noch grün hinter den Ohren sind, mögen sich von einer Herausforderung angezogen fühlen – ich habe meine Teenagerjahre schon lange hinter mir. Ehe ich dich traf, gebe ich zu, dass ich nur auf der Suche nach geteiltem Vergnügen war.“

Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Meine Kindheit hat mich gegen die Liebe eingenommen. Ich sah, was sie meinem Vater antat. Er hat meine Mutter geliebt, egal, wie sehr er dagegen angekämpft hat. Er liebte sie von ganzem Herzen. Vielleicht hat sich diese Liebe in Hass verwandelt, ich weiß es nicht. Was ich aber mit Sicherheit weiß, ist die Tatsache, dass diese Liebe sein Leben so gründlich ruiniert hat, dass es keinen Platz mehr für jemand anders gab, nicht mal für seinen eigenen Sohn.“

Sie saß ganz still da und sagte keinen Ton. Es war schmerzhaft, den Gesichtsausdruck zu sehen, den er nun hatte.

„Damals habe ich mir geschworen, dass ich so etwas in meinem Leben niemals zulassen würde. Liebe wäre der Gipfel der Dummheit. Blossom, ich kann dir nicht sagen, was an dir ist, das mich gleich bei unserer ersten Begegnung derart umgehauen hat, aber es ist passiert.“

Er machte eine Handbewegung durch die Luft. „Einfach so – peng. Die Tür öffnete sich, und da stand eine zerzauste Frau vor mir mit Essensresten überall auf ihrem T-Shirt und Schokolade auf der Stirn. Sie hat mich mit ihren großen braunen Augen angesehen, und ich war verloren.“ Er schüttelte den Kopf, so als ob ihn das Ganze immer noch verwundern würde.

Sie wollte nicht, dass er solche Dinge zu ihr sagte. So sollte es nicht sein. Während sie ihn wie gebannt anstarrte, pochte ihr Herz wie wild.

„Und da wusste ich, dass ich dich wiedersehen musste – was auch immer es kosten würde, ich musste es wissen.“

Blossom fragte ihn nicht, was er wissen musste. Sie wollte das Gespräch beenden. Wenn sie sich noch weiter auf ihn einließ, würde das Ende sie umbringen. Und es würde ein Ende geben. Ein Mann wie Zak war nicht für sie bestimmt. Niemals würde sie jemanden wie ihn halten können. Überall traf er atemberaubende Frauen – bei der Arbeit, bei gesellschaftlichen Anlässen, überall.

„Du bist weiß wie eine Wand“, bemerkte er. „Sprich mit mir.“

„Es … es tut mir leid, Zak.“ Wie benommen zwang sie sich, zu sprechen. „Aber ich kann nicht das sein, was du dir von mir wünschst. Das musst du verstehen. Es liegt nicht an dir, sondern an mir.“

„Ich will nur, dass du du selbst bist, das ist alles.“

Doch das war nicht genug. Niemals. Verzweifelt schaute sie ihn an. Nie wäre sie in der Lage, ihm das verständlich zu machen. Zak war so selbstsicher. Welten trennten sie. „Es tut mir leid“, wiederholte sie und drehte den Kopf zur Seite.

Draußen gingen Paare und Familien an ihrem Wagen vorbei, Kinder sprangen fröhlich umher und wurden von ihren gestressten Eltern zurückgerufen. Ein ganz normaler Tag. Für jeden anderen.

„Okay“, meinte Zak nach einer Minute oder zwei. „Dann machen wir weiter wie bisher. Wir lernen uns besser kennen, ohne jegliche Verbindlichkeit, wenn es das ist, was du willst.“

Sie wusste nicht, was sie wollte. „Ich denke, es wäre nur fair, dir die Chance zu geben, das Ganze gleich jetzt zu beenden“, sagte sie nüchtern, so als würden die Worte sie nicht in Wahrheit umbringen.

Er lächelte schwach. „Ich bin ein großer Junge, Blossom“, erklärte er ruhig. „Ich halte das aus. Und ich will nichts von dir, was du nicht freiwillig geben kannst. Wenn du bereit bist, die Beziehung auf eine andere Ebene zu bringen, dann lass es mich wissen.“

„Und falls ich niemals dazu bereit sein werde?“

Zaks Augen verengten sich, und er warf ihr einen langen Blick zu. „Du wirst bereit sein.“ Dann lächelte er, seine Stimme klang leichter. „Du wirst mir nicht ewig widerstehen können, glaub mir. Das weiß ich.“

„Weil du immer alles bekommst, was du willst?“

„Das auch.“

Mit diesen rätselhaften Worten startete er den Motor, und die Unterhaltung war beendet.