Randie hatte den ganzen Tag fast nichts gegessen.
Er schuldete Faith eine Erklärung oder wollte ihr zumindest den Eindruck vermitteln, dass man ihre Großmutter nicht vergessen hatte. Er hoffte nur, sie verstand, was er zu tun versuchte, verstand, welchen dornigen Pfad er zu gehen versuchte. Er war ein Gesetzeshüter und er spürte die Anspannung, es beiden Seiten recht machen zu wollen: Er wollte Geneva vor einem ungerechtfertigten Gefängnisaufenthalt bewahren, während er gleichzeitig den wahren Mörder seiner gerechten Strafe zuführen wollte. Er betete, dass er an dem einen nicht scheiterte, während er das andere wahrzumachen versuchte. Pop , dachte er und rief damit seine beiden Onkel mit dem gleichen Spitznamen an. Helft mir . Er hätte es beinahe laut gesagt. Was hätte er dafür gegeben, die Sache mit seinen Onkeln am Esstisch zu besprechen, wie sie es getan hatten, als sie noch zu dritt waren, bevor William Naomi geheiratet und seine eigene Familie gegründet hatte, bevor die beiden Brüder sich entzweit hatten. Was würde er nicht dafür geben, die Zeit zurückdrehen zu können, um die Sache bei einem Bohneneintopf, Claytons Spezialität, auszudiskutieren – sie beide zu fragen, den Anwalt und den Gesetzeshüter, was er tun sollte, während sich die Brüder stritten und dabei kleine Schlucke aus einer Flasche Tennessee-Whiskey nahmen. Als Kind hatte Darren an einem Glas Apfelsaft genippt und so getan, als wäre es die gleiche rauchige Flüssigkeit, die seine Onkel dazu brachte, sich in Träumen über eine sichere Welt für Schwarze zu ergehen.
Das mit Missy Dale tat ihm natürlich leid. Aber es gab genügend Leute, die sich um ihren Fall kümmerten. Die ganze Welt hatte den Blick auf Missy Dale gerichtet. Van Horn konnte bis morgen zwanzig Ranger bekommen, damit sie Beweise im Fall Melissa Dale sammelten, er brauchte nur zu fragen. Kein Bezirksstaatsanwalt würde die Verurteilung von Missy Dales Mörder verschleppen. Dateline würde rausfahren, um eine Story über Missy Dale zu bringen – 48 Hours und 20/20 ebenfalls. Doch Wozniak hatte recht: Um den ungeklärten Todesfall eines Schwarzen im ländlichen Texas zu klären, hatte Wilson einen einzigen Mann mit eingeschränkt gültiger Marke entsendet. Im Grunde war es nicht einmal Wilson gewesen, der ihn geschickt hatte: Er hatte nur auf eine Situation reagiert, die zu einem PR-Problem für das Department zu werden drohte. Es war buchstäblich das Mindeste, was er hatte tun können. Es war Greg gewesen, der als Erster die Morde in Lark erwähnt hatte, der Michael Wrights Namen genannt hatte. Er sollte ihn anrufen. Er würde diese Berichte über Keith Dale, um die er gebeten hatte, vom Texas Department of Criminal Justice nie bekommen. Als er bei Geneva’s Café auf den Parkplatz fuhr, ging gerade die Sonne unter. Randie stieg als Erste aus, wobei sie sich die Flasche mit dem Bourbon vom Rücksitz schnappte und ins Café mitnahm.
Sie kippte eiskalte Schlucke Dr Pepper dem Bourbon hinterher, während sie auf das Essen warteten. Dünne Scheiben Schweinefleisch, im eigenen Schmalz knusprig gebraten, Dirty Rice und gegrillte Zwiebeln, dazu eingelegter Kohl und Tomatenwürfel. Die ersten beiden Drinks stürzte Randie auf leeren Magen hinunter und wurde seltsam still, während sie mit den Fingerspitzen im Rhythmus der Slidegitarre, die aus der Jukebox tönte, über die Tischplatte strich. Sie blickte zu der Gitarre in der Nische, der Les Paul, die ihr Mann in den Süden gebracht hatte. Darren stand vorn am Tresen und sprach mit Faith, die entgegen dem Wunsch ihrer Großmutter den Laden geöffnet hatte.
»Sie wird nicht lange drin sein«, sagte er zu ihr und Huxley.
Wendy saß auf dem Hocker neben Huxley und war über einen Teller mit gebackenem Hühnchen und Süßmais gebeugt, wobei sie das Essen herumschob, als schuldete es ihr Geld oder hätte sie persönlich beleidigt. Sie bat Faith zweimal um Salz – »Lawry’s oder so.«
Darren sagte Folgendes zu ihnen: »Ich verspreche Ihnen, ich tue alles, um Geneva da rauszuholen.« Ihnen war noch nicht zu Ohren gekommen, dass Keith Dale ebenfalls wegen potenziell überlappender Vorwürfe die Nacht im Gefängnis verbrachte, und obwohl ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg, weil er nicht die ganze Wahrheit rausließ, brachte es Darren eine gewisse Sympathie ein, als er es ihnen erzählte. Die Stammkunden verschwanden nach und nach, während Darren und Randie es sich schmecken ließen und die großen Portionen mit Shots von Jim Beam hinunterspülten. Wie als Reaktion auf Freddie King in der Jukebox, dessen Gitarre über gebrochene Herzen weinte, sagte Wendy: »Was für ein Schlamassel.« Und Huxley nickte, als Faith ihm eine zweite Tasse Kaffee einschenkte. »Geneva hat nicht mal zugemacht, als Joe getötet wurde.«
»War das ein Überfall?«, fragte Darren.
»Es war das erste Mal seit Jahren, dass Geneva Joe allein gelassen hatte«, sagte Huxley.
»Grandma ist mit mir nach Timpson gefahren, um ein Kleid für meinen Abschlussball am Junior College zu kaufen. Großpapa kümmerte sich allein um den Laden«, erklärte Faith. Aus der Schürzentasche ihrer Großmutter zog sie ein weißes Tuch und wischte den Tresen damit ab.
»Was ist passiert?«, fragte Darren.
Randie, das Gesicht aufgedunsen vom Alkohol, sagte langsam und mit schwerer Zunge: »Er hat meinen Mann geschlagen. Keith hat ihn geschlagen.« Wendy hörte sie und begriff, dass sie mit etwas zu kämpfen hatte, das über diese Situation hinausging. Sie stand auf und ging auf ihren dürren Beinen zur Nische hinüber. Wortlos glitt sie neben Randie auf die Kunstlederbank. Sie tätschelte der jungen Frau die Hand und nahm sie dann in ihre.
»Nach dem, was wir gehört haben, waren sie zu dritt«, sagte Huxley.
»Nach dem, was ich gehört habe, ebenfalls«, sagte Wendy.
»Isaac sagte, sie seien nach Mitternacht gekommen.«
Darren blickte an Faith vorbei zu der winzigen Friseurecke, die um diese Zeit leer war, kein Besucher auf dem Drehstuhl, kein einziger Kamm in dem stahlblauen Barbicide-Desinfektionsglas. Keine Spur von Isaac.
Faith sagte: »Er war heute nicht da. Seit durchs Fenster geschossen wurde, hat er Angst.«
»Er ist ein Nervenbündel, Isaac«, fügte Wendy hinzu. »Und wirr im Kopf.«
»Jedenfalls hat Isaac erzählt«, sagte Huxley, »er hätte gerade den Müll rausgebracht und beim Reinkommen die Schüsse gehört. Zwei, nacheinander, einfach so.« Er klopfte in rascher Folge zweimal mit den Fingerknöcheln auf den Tresen, eins, zwei. »Er hat erzählt, er hätte die Männer nur noch wegfahren sehen, als er aus der Küche kam.« Er nickte in Richtung Vorderfenster. Hinter der Zapfsäule und Darrens Truck war der Himmel tiefblau, der honigfarbene Sonnenuntergang war einem intensiven Indigo gewichen, während die Nacht langsam hereinbrach. »Es waren drei Weiße, sagte er.«
Darren folgte Huxleys Blick in die Dämmerung.
»Woher wusste er, dass sie weiß waren?«, fragte er.
Huxley zog eine Braue hoch und blickte zu Wendy, die zu Darren sagte: »So wie Sie wussten, dass der Mann, der durch diese Tür hier geschossen hat, weiß war.« Sie zuckte leicht mit den Schultern, als wollte sie sagen: Wer hätte es sonst sein sollen? »Das ist nichts Neues.« Darren war nur Sekunden nach dem Schuss hinausgerannt. Doch er hatte kaum ein paar Ziffern auf dem Nummernschild des Trucks erkennen können, geschweige denn Gesichter in der Fahrerkabine. Es waren die Umstände, die den Rest zutage befördert hatten.
»Die Leute haben den Mann geliebt«, sagte Wendy über Joe. »Für viele, die ihr Leben auf der Straße verbringen, haben er und Geneva das hier zu ’ner Art Zuhause gemacht.«
»Er hat alles für sie aufgegeben«, sagte Huxley. »Die Musik, die Großstadt.«
Faith lächelte und sagte: »Großpapa hat hier aus Liebe Wurzeln geschlagen.«
»Dieser Mann bedeutete Geneva alles«, sagte Wendy.
»Was passiert ist, hat sie gebrochen«, sagte Huxley. »So sehr, dass keiner von uns es je erwähnt.« Er blickte von seinem Kaffee auf und zu Randie hinüber. »Bevor Ihr Mann kam, hatte lange Zeit niemand mehr nach Joe gefragt.«
Randie setzte sich gerade hin, doch es war Darren, der als Erster sprach: »Hat sich Michael Wright nach dem Überfall erkundigt?«
»Das hat Geneva gesagt.«
»Das hat er immer getan«, sagte Randie leise. Sie zog Wendy ihre Hand weg und schenkte sich noch einen ein. Sie tranken aus Keramikschnapsgläsern, auf denen ein Bild von Big Tex in Dallas war. Faith hatte sie aus der selten benutzten Vitrine in der Küche genommen. Randie trank zuerst den Shot und anschließend die Limonade. Inzwischen klangen ihre Worte ziemlich undeutlich. »Ich fand, er hätte sich auf Strafrecht spezialisieren sollen. Vielleicht hätte er das auch, wenn ich nicht gewesen wäre, und das Geld. Er hat für mich Dinge aufgegeben.« Sie wurde erneut weinerlich und wiederholte sich. Darren sagte ihren Namen, doch sie redete weiter. »Er hat das immer getan, aus allem einen Fall gemacht. Er fühlte sich zu Strafrecht hingezogen. Ich hätte ihn stärker ermutigen sollen. Ich hätte ihm sagen sollen, dass ich ihn dann noch mehr lieben würde. Ich hätte ihm sagen sollen, er soll …«
Sie hielt plötzlich inne.
»Ich fühle mich nicht gut«, sagte sie und rutschte aus der Nische. Wendy war überraschend flink auf den Beinen, um sie rauszulassen. Randie schaffte es durch die mit Pappe verklebte Eingangstür hinaus und vorbei an der einzelnen Zapfsäule, bevor sie auf die Knie sank und alles erbrach. Den Bourbon und das Schweinefleisch und den Reis und die klebrig süße Limonade, die sauren Tomaten und den in Essig und Cayennepfeffer eingelegten Kohl. Es kam mehrmals in einem milchig rosa Schwall, ihr schmaler Körper wurde geschüttelt. Darren rannte hinaus und hörte die Türglocke hinter sich bimmeln, als er Randie an den Schultern packte und ihr aufhalf.
Sie waren beide nicht mehr in der Lage zu fahren.
Faith überließ ihnen ein Zimmer im Trailer. Sie sagte, sie hätte kein gutes Gefühl dabei, jemandem im Zimmer ihrer Großmutter schlafen zu lassen, auch wenn Geneva es heute Nacht ganz bestimmt nicht brauchte, doch Darren erwiderte, dass er das verstehe, und sagte zu Randie, dass er ihr das Gästezimmer überlassen und auf dem Sofa schlafen würde. Doch sobald Faith frische Handtücher und Bettwäsche herausgelegt hatte und gegangen war, um das Café abzuschließen, fragte Randie Darren, ob er bei ihr bleiben könnte, und er stimmte zu. Sie legte sich in ihren Sachen aufs Bett. Und Darren setzte sich auf einen zierlichen Messinghocker, der keinen passenden Tisch oder Spiegel hatte – zumindest nicht in diesem winzigen Zimmer, das mit Holzfurnier verkleidet war und den knallorangenen Teppich hatte. Weil er keinen anderen Platz dafür fand, stellte er die Bourbonflasche zwischen seine Füße. Er wusste, dass er ihr lieber nichts mehr davon anbieten sollte, doch der Texas-Gentleman in ihm tat es aus Reflex. Sie schüttelte den Kopf und sah ihm einfach dabei zu, wie er direkt aus der Flasche trank. Randies Haare lagen wie ein Fächer auf dem Kopfkissen ausgebreitet und sie hatte die Augen geschlossen. Dann sagte sie auf einmal: »War das der Grund für Ihre Suspendierung?«
Sie meinte den Schnaps.
Er stellte die Flasche neben seine Füße und schüttelte den Kopf.
»Das«, sagte er, »wurde erst zum Thema oder Problem oder was auch immer, als das mit Mack passiert ist.« Es war das erste Mal, dass er in Zusammenhang mit seinem Trinken das Wort Problem benutzte. Es betäubte seine Gedanken und ließ seine Welt an den Rändern auf eine Weise verschwimmen, die nicht unangenehm war.
»Ich habe erst angefangen, so viel zu trinken, als ich wegen der Sache mit Mack in Schwierigkeiten geriet, als die Sache einen Keil zwischen mich und Lisa trieb.«
»Ich verstehe nicht.«
»Die Suspendierung lieferte ihr einen Vorwand – einen Vorwand, um mir zu sagen, dass ich leichtsinnig sei, dass vor allem die Idee, zu den Rangern zu gehen, leichtsinnig sei«, sagte er und erzählte ihr von Macks Haus im San Jacinto County, dem Vorfall, der zu seiner vorübergehenden Suspendierung und der möglichen Verurteilung eines Mannes geführt hatte, der nur versucht hatte, seine Familie zu beschützen. Als er wieder zu ihr hinübersah, hatte sie die Augen noch immer fest geschlossen, und er beugte sich vor und zog eine Ecke der Überdecke hoch und legte sie ihr über die Beine. Sie rollte sich auf die Seite und Darren lehnte sich auf dem Messinghocker zurück. Er wollte gerade wieder nach der Flasche greifen, als Randie sich auf einen Ellbogen aufstützte und auf einmal sagte: »Wieso haben Sie es getan?«
Die Frage erschreckte Darren. Er spürte einen Anflug von Panik, als ob er sich irgendwie angreifbar gemacht hätte, dass sie den Abend in San Jacinto County meinte, bis sie klarstellte, was sie meinte. »Wieso sind Sie hierher zurückgekommen? Sie hatten die Möglichkeit, von hier wegzugehen. Michael hatte die Möglichkeit, von hier wegzugehen. Da waren Notre Dame und dann die juristische Fakultät an der UC. Er hatte Texas hinter sich gelassen.« Sie blickte hinüber zu Darren. Im schummrigen Licht der Stehlampe in der Zimmerecke, einem Tiffany-Imitat aus buntem Glas, sah er dunkle Ringe unter ihren Augen und er fühlte sich auf einmal furchtbar müde und war sich nicht sicher, ob er gegen das Schweregefühl in seinem Körper ankäme. Am liebsten hätte er sich irgendwo ausgestreckt. Er ging zur Tür, um sich nebenan aufs Sofa zu legen. »Legen Sie sich zu mir«, bat ihn Randie.
An der Tür blieb er stehen, die Hand am Türrahmen, und ein durchdringender Geruch stieg von seinen feuchten Achselhöhlen auf. Die Flasche war ihm egal, er wollte nur noch seinen Kopf irgendwohin legen.
»Legen Sie sich einfach zu mir.«
Er ließ den Bourbon in dem orangefarbenen Teppichmeer stehen und schlüpfte aus den Stiefeln. In Socken setzte er sich auf die gehäkelte Tagesdecke und streckte seinen Körper ein paar Zentimeter von Randies entfernt aus. Den Kopf bettete er auf einen Arm und starrte an die niedrige Decke. Im Stehen konnte er sie beinahe berühren. Jetzt, wo er auf dem Rücken lag, schien sie meilenweit entfernt zu sein. »Wieso sind Sie zurückgekommen?«
»Es ist meine Heimat.«
Randie konnte mit seinen Worten nichts anfangen. Sie hatte den größten Teil ihrer Kindheit in Washington und Baltimore verbracht, war anschließend mit ihrer Familie nach Delaware gezogen, wo sie ihrem Vater, einem Handlungsreisenden, von Stadt zu Stadt gefolgt waren. Als sie in der Highschool war, waren sie nach Ohio gegangen und hatten sich danach, im Sommer vor ihrem Collegeabschluss, endgültig in Illinois niedergelassen. An ihr Geburtshaus und die Stadt, in der sie die ersten sechs Jahre ihres Lebens verbracht hatte, konnte sie sich kaum erinnern. Sie war direkt nach dem Masterabschluss nach Washington zurückgekehrt; ihr erster Job war ein besseres Praktikum bei einem Politikmagazin gewesen. Sie hatte nach dem Reihenhaus gesucht, wo sie aufgewachsen war, und war orientierungslos die 16th Street auf- und abgelaufen, weil sie sich nicht daran erinnern konnte, ob ihre Familie, die Winstons, in nordwestlicher oder südwestlicher Richtung gewohnt hatten.
Es war ein Nachmittagsausflug gewesen; ein kleiner Spaß. Sie hatte fotografiert, anschließend in einem schäbigen Café etwas getrunken und war vor Einbruch der Dunkelheit wieder in ihrer Wohnung gewesen, nicht sicher, ob sie an ihrem früheren Zuhause vorbeigelaufen war. Doch im Grunde spielte es keine Rolle, ob sie das Haus fand oder nicht. Der Ort bedeutete ihr nichts, nicht so, wie Michael Texas immer etwas bedeutet hatte. Es war, als hätte ein Teil von ihm die rote Erde von Texas nie verlassen, etwas, das Randie nicht verstand.
Das konntest du nicht , dachte Darren.
»Die Wahrheit ist aber, er ist fortgegangen. Denn er wusste, dass dieser Ort nichts für ihn war. Sie haben es bis zur University of Chicago geschafft«, sagte sie und faltete ein flaches Kissen unter ihrem Kopf. »Sie hätten sonst wohin gehen können.«
»Ich weiß.«
Sie nickte und sah ihn in dem gedämpften Licht an. »Aber wieso hierher zurück?«
»Jasper«, sagte er leise.
Er starrte an die Decke, die vom Lampenschirm in gelb und blau getaucht wurde. Einer von ihnen müsste irgendwann aufstehen und das Licht ausschalten, falls sie schlafen wollten. »Jasper«, sagte Randie langsam. »Ich erinnere mich daran. Es war in meinem ersten Collegejahr. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen; wie man einen Menschen nur so hinter einem Auto herschleifen kann. Und ich dachte nur … Texas.«
»Das war mein elfter September.«
Randie schwieg einen Moment, und Darren zog sein Handy aus der Hosentasche und legte es neben Lederholster und Stiefel auf den Boden. Seine Frau hatte nicht mehr angerufen, seit er gesagt hatte, dass er nicht nach Hause käme. Und ein Teil von ihm wusste, dass ihr nächstes Gespräch über Dinge entscheiden würde, denen er sich noch nicht gewachsen fühlte. Er holte tief Luft, bevor er sagte: »Es war ein Weckruf. Es war eine Linie im Sand für mich, eine Linie, die man nicht überschreiten durfte, nicht mit mir. Die Marke sollte sagen, das ist auch mein Grund und Boden, mein Staat, mein Land, und ich laufe nicht davon. Ich kann auch hier meinen Mann stehen. Meine Leute haben das hier aufgebaut, und wir gehen nirgendwohin. Ich habe unter anderem die Arische Bruderschaft ins Visier genommen und ich habe mein Leben den Rangern gewidmet, dieser Marke hier«, sagte er und zeigte auf den Stern an seiner Brust. Und als Randie nichts erwiderte und er in dem honigfarbenen Licht ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte, sagte er: »Sie hat es auch nicht verstanden.« Er drehte sich zur Bettkante, von wo aus er die Stehlampe ausschalten konnte. »Lisa versteht nicht, was mir das bedeutet. Ich meine, sie weiß, was im ländlichen Texas los ist. Sie hält die Arbeit auch für wertvoll, aber sie will, dass andere sie tun. Sie will, dass ich jeden Abend nach Hause komme.«
»Das kann ich ihr nicht verübeln«, sagte Randie.
Darren machte schließlich die Augen zu. Er hörte das Knarren der Sprungfedern, als sich Randie auf der anderen Seite des Bettes zur Wand drehte. »Ich will Sie nicht beleidigen«, flüsterte sie im Dunkeln. »Aber was immer Sie hier unten versuchen, es wird nicht funktionieren. Er hätte nie zurückkommen dürfen.«