Alba 80

Die nächsten zwei Tage zogen sich derart in die Länge, dass Alba den Eindruck hatte, sie würden nie vergehen. Jedes Ticken der Uhr auf ihrem Nachttisch empfand sie wie einen Messerstich. Wer weiß, welche Qualen Seven und Dolly gerade ausstehen müssen, dachte sie immer wieder. Und ich kann nichts dagegen tun. Wenn sie doch wenigstens bei ihnen hätte sein können, um ihr Leid mit ihnen zu teilen. Stattdessen saß sie in ihrem Zimmer fest, mit Unmengen von nutzlosen Büchern, Schmuckstücken und sonstigem Plunder.

Sie hatte ihrer Mutter nicht geglaubt, als diese gesagt hatte, das Leben würde normal weitergehen. Nach allem, was passiert war, kam ihr eine solche Behauptung völlig absurd vor. Seven hatte sie geküsst. Sie hatten einen Mann sterben sehen. Sie hatten die Wahrheit über das Erinnerungshüter-Projekt herausgefunden.

Die ganze Welt schien anders geworden zu sein.

Oxana hatte davon gesprochen, dass Alba in der nächsten Woche wieder zur Schule gehen müsse, nachdem auf dem Winterball ihre Verlobung mit Thierry bekannt gegeben worden war.

»All deine Freundinnen werden vor Neid platzen«, hatte ihre Mutter gesagt.

Was für Freundinnen?, hatte Alba gedacht. Ihr habt mir doch die zwei einzigen Freunde, die ich hatte, genommen.

Doch Alba hielt den Mund. Ihre Mutter sollte glauben, dass sich alles wieder normalisieren würde. Einen Verdacht konnte sie nicht haben, denn dann hätte sie Alba nicht erlaubt, auf den Winterball zu gehen. Sie musste aber gehen. Für Seven. Für Dolly.

Und für sich selbst.