Ava
»… neun …«, zählte sie, so laut sie konnte, herunter. Sie hockte auf dem Ast des Baumes, die Fackel in der Hand. Die Männer standen unter ihr, keine zehn Meter entfernt, die Gewehre im Anschlag. Sie war sich sicher, dass die beiden sie problemlos aus dieser Entfernung treffen konnten. Das Licht der Fackel erleuchtete sie hell vor dem Dunkel der einbrechenden Nacht.
»… acht …«
»Ich knall sie ab!«, rief der Söldner. Sein Gewehr zitterte in seiner Hand – sie vermutete vor Wut.
»Stopp!«, sagte Dechambeau. »Sie hat die Erde unter dem Baum mit Benzin getränkt! Und das Erdreich darunter ist voller Erdöl! Der Wald würde abbrennen.«
»Das ist mir scheißegal! Dann suchen wir uns einen anderen Wald. Sie hat Fred auf dem Gewissen!«
»… sieben …«
»Schlampe!« Ein Feuerstoß ertönte, und Kugeln schlugen neben ihren Füßen im Baum ein. Splitter flogen gegen ihre Beine, die sofort zu bluten begannen. Kurz verlor sie das Gleichgewicht, konnte sich aber im letzten Moment fangen.
»Stopp!«, schrie Dechambeau und drehte sich mit der Waffe in der Hand zu seinem Begleiter. »Hör auf!«
»… sechs …«
»Wenn sie fällt, brennt hier alles!«
»Ich scheiß auf deinen Wald.« Der Söldner kam näher.
Dechambeau hielt seine Hand ans Ohr. »Was sollen wir tun?«, hörte sie ihn sagen.
»… fünf …«
Sie richtete sich weiter auf, vernahm plötzlich ein wohlbekanntes Summen in der Dunkelheit. Drohnen.
»… vier …«
»Was ist mit der Sprinkleranlage?«, hörte sie Dechambeau rufen.
»Sie ist hier noch nicht installiert!«, entgegnete sein Begleiter. Keine Neuigkeit für Ava. Juri, Alex und Zach waren ermordet worden, bevor sie die Anlage fertigstellen konnten. Dechambeau näherte sich. »Kommen Sie dort runter!«, befahl er ihr und machte mit dem Gewehr eine Bewegung in Richtung Boden.
»… drei …«, rief sie. Im Schein ihrer Fackel erkannte sie die signalrote Farbe der Kamikaze-Drohnen, die immer noch einige Meter von ihr entfernt in der Luft standen.
»Wie war es, Waverly zu töten?«, rief sie in Dechambeaus Richtung. »Wie ein Feigling! Was muss sie Ihnen Angst gemacht haben! Und nun haben Sie schon wieder Angst vor einer unbewaffneten Frau!«
Dechambeau kam noch einen Schritt näher, die Waffe im Anschlag. »Halt’s Maul!«
»… zwei …«
»Fred hat geschrien, als ich ihn gegrillt habe!«, rief sie nun in Richtung des zweiten Mannes. »Gequiekt wie ein Schwein beim Schlachten!«
»Jetzt reicht es!«, brüllte der Angesprochene. Eine weitere Gewehrsalve landete im Baumstamm neben ihr, während sie sich zur Seite duckte. »Ich bringe das Miststück um!«
»Halt!«, schrie Dechambeau. »Nicht!«
Doch es war zu spät.