Als Mika und Edda auf Sommerblüte den Strand erreichen, wartet Hardy schon auf sie und vor allem auf den Korb mit den Käsebroten. Ihr Drachenschiff ankert in einer abgelegenen Bucht, damit nicht jeder gleich bemerkt, dass das kein gewöhnliches Schiff ist. Dabei erkennt man das auf den ersten Blick. Statt dem Kopf eines Drachen hat es einen Wildschweinkopf vorne am Bug. Das war natürlich Hardys Idee.
Um an Bord zu kommen, müssen die kleinen Wikinger ein paar Schritte durchs Wasser waten.
„Ihr müsst mich tragen!“, verlangt Hardy.
„Sonst mache ich mir die Hufe nass!“
„Na und?“, entgegnet Edda. „Meine Schuhe und mein Kleid werden auch ganz nass.“
„Aber mit nassen Hufen kann ich nicht zaubern! Und wenn ich nicht zaubern kann, erreichen wir die Insel, auf der es die riesigen Vogeleier gibt, nie. Ihr könnt mich ja wieder im Korb tragen.“
„Das geht nicht, da sind die Käsebrote für die Fahrt drin“, erwidert Mika.
Hardy steckt seine Schnauze in den Korb. Kurz darauf taucht sein Kopf wieder auf und er verkündet schmatzend: „Jetzt nicht mehr!“
Mika und Edda sehen sich an und seufzen tief.
„Meinetwegen“, sagt Edda.
„Steig schon ein“, sagt Mika.
„Warum nicht gleich so!“ Satt und zufrieden hüpft Hardy in den Korb und lässt sich an Bord ihres Schiffes schleppen.
Während Mika den Anker lichtet und Edda das Segel hisst, macht es sich Hardy an Deck bequem. Mika und Edda winken noch einmal Sommerblüte zu, die am Strand zurückbleibt. Dann schnappen sie sich die Ruder und treiben ihr Schiff mit ein paar kräftigen Schlägen auf das offene Meer hinaus. Hardy tut gar nichts! Nein, das stimmt nicht. Mit seinem Rüssel sucht er den Boden des Korbes nach Krümeln ab, die er vorher übersehen hat.
Erst als sie von Land kaum noch zu sehen sind, taucht Hardy wieder auf. Er geht zu dem Mast ihres Drachenbootes und klopft mit seinem Huf gegen das Holz. Im selben Moment ertönt ein Knall mit drei roten, grünen und blauen Blitzen.
Dann erscheint hinter ihnen ein Wirbelsturm, der sich schnell nähert. Mit all seiner Kraft greift er in ihr Segel und hebt das Schiff aus dem Wasser. Beim ersten Mal hatten Mika und Edda schreckliche Angst, aber mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt, durch die Luft zu reisen.
„Wo geht es diesmal hin?“, will Mika wissen.
„Lasst euch überraschen“, erwidert Hardy.
„Und wie findest du den Weg?“, fragt Edda.
„Die Insel kann man gar nicht verfehlen. Seht nur, da vorne ist sie schon!“ Hardy zeigt auf einen winzigen Punkt in der Ferne, von dem eine dunkelgraue Rauchwolke in den Himmel steigt.
„Oh je, da brennt es!“, ruft Edda besorgt.
„Da müssen wir beim Löschen helfen!“, erklärt Mika tapfer.
Hardy lacht so laut, dass ihr Schiff in der Luft gefährlich ins Trudeln gerät. Die beiden kleinen Wikinger müssen sich an die Reling klammern, um nicht über Bord zu fallen.
„Was ist denn bitte schön so komisch?“, will Mika wissen.
„Da brennt es doch nicht!“, ruft Hardy, der sich nur langsam beruhigen kann. „Habt ihr etwa noch nie einen Vulkan gesehen? Der raucht immer ein bisschen und manchmal spuckt er auch Feuer! Das weiß doch jedes Wildschwein!“
Als sie näher kommen, sehen sie es selbst. In der Mitte der grünen Insel thront ein Berg. Aber der hat keine Spitze, sondern ein großes rundes Loch. Er sieht ein bisschen aus wie ein Backenzahn mit Karies. Aus dem Loch quellen dunkle Rauchwolken und ab und zu züngelt eine grellrote Flamme in den Himmel.
„Müssen wir da unten landen?“, fragt Edda, der die rauchende Insel überhaupt nicht gefällt.
„Hast du etwa Schiss?“, fragt Mika.
„Mika! Lass das sein!“, erwidert Edda sauer. „Du weißt, dass ich keinen Schiss habe, aber …“
„Wir können auch wieder zurückfliegen, wenn euch das lieber ist“, mischt sich Hardy ein. „Aber dann kriegt ihr auch keines dieser riesigen, unglaublich großen Vogeleier, die es dort unten massenhaft gibt.“
„Ich bin doch bei dir!“, versucht Mika seine Freundin zu beruhigen. „Und wenn wir jetzt umdrehen, gewinnt Ulf der alte Angeber. Das willst du doch auch nicht, oder?“
„Na gut, dann schauen wir uns eben ein bisschen um auf der Insel. Aber nur ganz kurz“, gibt Edda nach, obwohl sie kein gutes Gefühl dabei hat. Ganz und gar nicht.
„Hurra!“, rufen Mika und Hardy, der mit seinem Huf schnell ein zweites Mal gegen den Mast klopft. Es blitzt und donnert wieder und dann setzt der Wirbelsturm, der sie in die Höhe getragen hat, das Boot und seine Besatzung sanft in der Nähe eines Strandes mit schwarzem Sand ab.
Die letzten Meter rudern Mika und Edda ihr Schiff, während sich Hardy von der anstrengenden Zauberei erholen muss.
Als sie den Strand erreicht haben, springen Mika und Edda in den schwarzen Sand. Zum Glück haben sie Schuhe an. Der Sand ist schrecklich heiß und als Hardy ihnen an den Strand folgt, hüpft er herum wie ein Känguru.
„Aua! Meine Hufe! Aua! Ich verbrenne! Aua! Ist das heiß!“, ruft das Wildschwein und macht einen weiten Satz ins Meer. Es zischt und raucht, als er mit seinen glühenden Hufen im Wasser landet.
Auch Mika und Edda spüren die Hitze unter den dünnen Sohlen ihrer Schuhe. Am liebsten würden sie so schnell wie möglich in den Schatten flüchten. Aber sie können Hardy ja nicht alleine zurücklassen.
„Holt den Korb! Damit könnt ihr mich über den Sand tragen“, ruft Hardy.
„Nicht schon wieder“, stöhnt Mika.
„Was bleibt uns anderes übrig“, seufzt Edda.
Weil auch ihre Füße schon anfangen zu glühen, schnappen sich die beiden kleinen Wikinger schnell den Korb aus dem Boot, holen Hardy im Meer ab und flitzen über den heißen Sand zu den Bäumen, die am Fuße des großen rauchenden Berges ein wenig Schatten spenden.