Die Haas und ich fahren von Wieck aus am Darßwald entlang auf der Bäderstraße – L21.

Von der Küste im Westen her weht der Wind durch die Bäume hindurch ins Seitenfenster. Die Luft schmeckt nach Salz und Kiefernnadeln, nach Laub und nach Wildblumen.

Die Haas sitzt neben mir und hat die Augen geschlossen. Sie atmet ruhig. Ihr Gesicht ist ernst. Ich kann erkennen, dass sie die Kiefer aufeinanderpresst, um sich aufs Atmen zu konzentrieren.

Ich überlege, ob ich etwas sagen kann, um wenigstens zu versuchen, sie ein wenig wieder aufzubauen.

Aber was will man in einem solchen Moment schon sagen? Da ist nichts, was Sinn ergibt oder trösten könnte. Wir haben einer alten Frau mit der Nachricht vom Mord an ihrer Schwester das Herz gebrochen. Und wenn das zehnmal unsere Pflicht und unsere Arbeit war, nimmt das doch nicht den Schmerz.

Auch wenn wir den Mörder noch fassen sollten, nach all den verstrichenen Jahrzehnten, bringt das der Wiebke Tetzlaff doch die Imke nicht zurück.

„Sollen wir eine Pause einlegen?“, frag ich sanft.

Sie schüttelt mit dem Kopf, ohne die Augen zu öffnen. „Mit den Ermittlungen zu beginnen, hilft mehr.“

Sie seufzt und fügt leise hinzu:

„Die Vorstellung, dass mir jemand meine Schwester auf diese Weise wegnehmen würde…“ Sie schluckt trocken. „Die allein ist schon unerträglich. Aber erst fünfzig Jahre später davon erfahren…“

Eine Träne kullert ihr aus den Wimpern und fließt ihr über die Wange.

Ich greife nach ihrer linken Hand, die auf ihrem Oberschenkel ruht, und drücke sie sachte.

Sie erwidert den leichten Druck meiner Finger mit einem festen Klammern und beginnt zu weinen … ohne sich ihrer Tränen zu schämen.

Mir schnürt es die Kehle zu.