377Anmerkungen

1Baruch den Spinoza an Heinrich Oldenburg, Anfang Oktober 1665, in: ders., Briefwechsel. Neu übersetzt, mit einer Einleitung und Anmerkungen hrsg. v. Wolfgang Bartuschat, Hamburg 2017, S. 129 [Fragment 2].

2Siehe meinen Beitrag »An Era of Pandemics? What Is Global and What Is Planetary about COVID-19!, in: In the Moment (blog), Critical Inquiry, 16. Oktober 2020, 〈https://critinq.wordpress.com/2020/10/16/an-era-of-pandemics-what-is-global-and-what-is-planetary-about-covid-19〉.

3Ken Ruthven (Hg.), Beyond the Disciplines. The New Humanities, Canberra 1992.

4Was zwei anregende neuere Diskussionen zu diesem Thema anbelangt, siehe Sebastian Conrad, What is Global History?, Princeton 2016, und Sumathi Ramaswamy, Terrestrial Lessons. The Conquest of the World as Globe, Chicago 2017.

5Jan Zalasiewicz u. ‌a., »A General Introduction to the Anthropocene«, in: ders., Colin Neil Waters, Mark Williams, Colin Summerhayes (Hg.), The Anthropocene as a Geological Time Unit. A Guide to the Scientific Evidence and Current Debate, Cambridge 2019, S. 2-11. Vier weitere wichtige Einführungen in das Problem des Anthropozäns aus Sicht der Geistes- und Sozialwissenschaften sind Simon Lewis, Mark Maslin, The Human Planet. How We Created the Anthropocene, London 2018; Jeremy Davies, The Birth of the Anthropocene, Berkeley 2018; Eva Horn, Hannes Bergthaller, Anthropozän zur Einführung, Hamburg 2019; und Carolyn Merchant, The Anthropocene and the Humanities. From Climate Change to a New Age of Sustainability, New Haven 2020.

6Einige dieser Debatten schildere ich in meinem Aufsatz »The Human Significance of the Anthropocene«, in: Bruno Latour (Hg.), Modernity Reset!, Cambridge, Mass., 2016, S. 189-199.

7In Zalasiewicz u. ‌a. (Hg.), The Anthropocene as a Geological Time Unit, S. 31-40 finden sich Argumente, warum die formale Anerkennung dieses Begriffs von Nutzen wäre.

8Zitiert in Andrew S. Goudie, Heather A. Viles, Geomorphology in the Anthropocene, Cambridge 2016, S. 28. Siehe auch die ausführlichere Er378örterung in J. ‌R. McNeill, Peter Engelke, The Great Acceleration. An Environmental History of the Anthropocene since 1945, Cambridge, Mass., 2014.

9Peter Haff, »Technology as a Geological Phenomenon. Implications for Human Well-Being«, in: C. ‌N. Waters u. ‌a. (Hg.), A Stratigraphical Basis for the Anthropocene, Sondernummer der Geological Society of London 395 (2014), S. 301-309, hier 301f., 〈https://sp.lyellcollection.org/content/395/1/301〉.

10Haff, »Technology as a Geological Phenomenon«, S. 302.

11Was eine Kritik von Haffs Begriff der Technosphäre anbelangt, siehe Jonathan F. Donges u. ‌a., »The Technosphere in Earth System Analysis. A Coevolutionary Perspective«, in: Anthropocene Review 4, Nr. 1 (2017), S. 23-33.

12Carl Schmitt, »Gespräch über den Neuen Raum« (1955/1958), in: ders., Staat, Großraum, Nomos. Arbeiten aus den Jahren 1916-1969, Berlin 1995, S. 552-572, hier 563ff.

13Peter Haff, »The Technosphere and Its Relations to the Anthropocene«, in: Zalasiewicz u. ‌a. (Hg.), The Anthropocene as a Geological Time Unit, S. 143.

14Jan Zalasiewicz u. ‌a., »Scale and Diversity of the Physical Technosphere. A Geological Perspective«, in: Anthropocene Review 4, Nr. 1 (2017), S. 9-22, hier 10.

15University of Leicester, »Earth's ›Technosphere‹ Now Weighs 30 Trillion Tons, Research Finds«, in: Phys.org, 30. November 2016, 〈https://phys.org/news/2016-11-earth-technosphere-trillion-tons.html〉. Was diesen Berechnungen zugrunde liegt, wird dargelegt in Zalasiewicz u. ‌a., »Scale and Diversity of the Physical Technosphere«.

16Zalasiewicz u. ‌a. (Hg.), The Anthropocene as a Geological Time Unit, S. 105.

17Goudie, Viles, Geomorphology in the Anthropocene, S. 33.

18Zalasiewicz u. ‌a. (Hg.), The Anthropocene as a Geological Time Unit, S. 71.

19Ich stimme grundsätzlich mit Jeremy Davies' Argument überein, dass die Aufnahme der Diskussion über Klimawandel und Anthropozän in den Geisteswissenschaften mit der Frage verknüpft ist, wie man – in der menschlichen Geschichtsschreibung oder in der Politik – mit der Tiefenzeit verfahren soll. Davies, The Birth of the Anthropocene.

20Naomi Oreskes, »Scaling Up Our Vision«, in: Isis 105 (2014), S. 388. Die Frage der Massensterben und warum sie für menschliches Leben ein Problem darstellen, erörtert Peter F. Sale, Our Dying Planet. An Ecologist's View on the Crisis We Face, Berkeley 2011, S. 102, 148f., 203-211 und 233. Siehe auch Elizabeth Kolbert, Das sechste Sterben. Wie der 379Mensch Naturgeschichte schreibt. Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Bischoff, Berlin 2016 [2014].

21Frédéric Worms, Pour un humanisme vital. Lettres sur la vie, la mort, le moment présent, Paris 2019.

22An dieser Stelle gebe ich – mit Respekt und Bewunderung – eine kleine begriffliche Uneinigkeit mit einigen Vorschlägen zu Protokoll, die Daniel Lord Smail in seinem nachdenklich stimmenden Buch On Deep History and the Brain (Berkeley 2008) gemacht hat. Das Buch beginnt mit der Behauptung: »Wenn die Menschheit der eigentliche Gegenstand der Geschichte ist, wie Carl von Linné wahrscheinlich empfohlen hätte, dann liegt es nahe, auch das Paläolithikum, jenen sich lang hinziehenden Teil der Steinzeit vor der landwirtschaftlichen Wende, in unsere Geschichte einzubeziehen« (2). Dem stimme ich zu. Doch dann sagt Smail über die Gene, die ein »beträchtliches Alter« hätten und »verantwortlich für die Ausbildung des autonomen Nervensystems« seien, dass »diese Geschichte zugleich Weltgeschichte ist, da alle Menschen dieselben Anlagen haben, auch wenn diese in den verschiedenen Kulturen auf unterschiedliche Weisen ausgebildet, verarbeitet und optimiert werden« (201). Das mag stimmen, aber das physische Merkmal eines autonomen Nervensystems teilen die Menschen mit vielen anderen Tieren, sodass diese Weltgeschichte nicht aus Menschen allein bestehen kann. Vielleicht sollten wir anfangen, diese Art von Geschichtsschreibung zwischen verschiedenen Arten aufzuteilen, aber das wäre eine gesonderte Diskussion. Die auf der Geschichte des menschlichen Gehirns und seiner Plastizität beruhenden Vermutungen der Philosophin Catherine Malabou sind indes höchst einschlägig und könnten, wenn die zukünftige Entwicklung sie bestätigt, durchaus einige meiner Behauptungen in Frage stellen. Catherine Malabou, »The Brain of History, or The Mentality of the Anthropocene«, in: South Atlantic Quarterly 116, Nr. 1 (Januar 2017), S. 39-53. Siehe auch ihr Buch Was tun mit unserem Gehirn? Aus dem Französischen von Ronald Voullié, Zürich, Berlin 2006 [2004].

23Fruchtbare Gedanken darüber, wie das Anthropozän Einfluss auf unser herkömmliches Verständnis von Politik und politischem Denken nimmt, finden sich bei Duncan Kelly, Politics and the Anthropocene, Cambridge 2019.

24Siehe Patchen Markells vorzüglichen Aufsatz »Arendt's Work. On the Architecture of The Human Condition«, in: College Literature 38, Nr. 1 (Winter 2011), S. 15-44, hier 36 und 37 (Anm. 3), in dem er zur »Interdependenz« von Herstellen und Handeln Stellung nimmt. Vgl. auch Miguel Vatters folgenden Kommentar: »Handeln und Natalität […] stehen zueinander in einem Verhältnis, das man ›mimetisch‹ nennen kann: 380Handeln kann nur eine Steigerung von Natalität sein, niemals ihre Einschränkung, Steuerung oder Beherrschung.« Miguel Vatter, »Natality and Biopolitics in Hannah Arendt«, in: Revista de ciencia politica 26, Nr. 2 (2006), S. 137-159, hier 155.

25Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, Stuttgart: Kohlhammer 1960 [1958], S. 14, vgl. auch S. 164.

26Ebd., S. 15f. Denselben Punkt macht Arendt in Vom Leben des Geistes: »hätte Kant die Augustinische Philosophie des Geborenwerdens gekannt, so hätte er vielleicht zugestanden, daß die Freiheit einer relativ absoluten Spontaneität für die menschliche Vernunft nicht anstößiger sei als die Tatsache, daß die Menschen geboren werden – jeder ist wieder Neuankömmling in einer Welt, die zeitlich vorausging [m. Herv.].« Hannah Arendt, Vom Leben des Geistes, Bd. II: Das Wollen, München, Zürich 1979 [1978], S. 107. In »Natality« erörtert Vatter die Genese von Arendts Kategorie der »Natalität« bzw. des Geborenwerdens und wie sie in der Literatur über Arendt behandelt wird, auf eindringliche Weise. Vermutlich betonte Arendt die Natalität, um ihr Denken von der Heideggerianischen Tradition abzugrenzen, die vom Horizont der Sterblichkeit und Endlichkeit her denkt. Zu einer ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Punkt, ob Natalität Heideggers Hervorhebung von Endlichkeit und Sterblichkeit entgegensteht oder sich von Heideggers Betrachtungen zur Geburt herleitet, siehe Vatter, S. 138f. Vatter betont die unabhängige Herkunft dieses Begriffs und macht einige sehr interessante Beobachtungen über die Verbindungen zwischen Walter Benjamin und Arendt in Bezug auf die Frage der Natalität. Dana Villas Buch Arendt and Heidegger. The Fate of the Political, Princeton 1995, enthält hilfreiche Ausführungen, wie Arendt sich Heidegger für die Zwecke ihrer eigenen Philosophie zu Eigen macht.

27Arendt, Vita activa, S. 16.

28Arendt, Vom Leben des Geistes, Bd. II, S. 107. Siehe außerdem Hannah Arendt, »Die Lüge in der Politik« (1972), in: dies., Wahrheit und Lüge in der Politik. Zwei Essays, München 1987, S. 7-43, hier 8: »Ein Wesenszug menschlichen Handelns ist, daß es immer etwas Neues anfängt; das bedeutet jedoch nicht, daß es ihm jemals möglich ist, ab ovo anzufangen oder ex nihilo etwas zu erschaffen.«

29Hannah Arendt, Was ist Politik? Fragmente aus dem Nachlaß. Hrsg. v. Ursula Ludz, München, Zürich 1993, S. 11. Zitiert in Vatter, »Natality«, S. 142.

30Siehe zum Beispiel Sheldon S. Wolin, Hannah Arendt. Democracy and the Political«, in: Salmagundi 60 (Frühjahr/Sommer 1983), S. 3-19; Hannah Fenichel Pitkin, »Justice. On Relating Private and Public«, in: Political Theory 9, Nr. 3 (August 1981), S. 327-352; Keith Breen, »Violence 381and Power. A Critique of Hannah Arendt on ›The Political‹«, in: Philosophy and Social Criticism 33, Nr. 3 (2007), S. 343-372; Jacques Rancière, Zehn Thesen zur Politik. Aus dem Französischen von Richard Steurer-Boulard, Wien 2018 [2001].

31Siehe besonders Markell, »Arendt's Work«. Siehe auch Steven Klein, »›Fit to Enter the World‹. Hannah Arendt on Politics, Economics, and the Welfare State«, in: American Political Science Review 108, Nr. 4 (November 2014), S. 856-869.

32Die Schwierigkeiten, die diese Unterscheidungen den Interpret:innen bereiteten, fasst Markell in »Arendt's Work« zusammen. Siehe besonders die Darlegungen auf den Seiten 15-17. Außerdem zieht Markell einige interessante Verbindungslinien zwischen Arendts Deutung des Totalitarismus als eines Systems, das juristische Personen auf »reine Naturwesen« reduzierte, von 1951, und ihrer späteren Ausarbeitung der Unterscheidung zwischen »Arbeiten« und »Herstellen« (siehe S. 19).

33Arendt, Vita activa, S. 14. »Das Herstellen […] durchbricht den Kreislauf der Arbeitszeit: Durch diese Tätigkeit bringen Menschen eine Welt dauerhafter Gegenstände hervor«, Markell, »Arendt's Work«, S. 22, m. Herv. Siehe auch seine Kommentare auf den Seiten 27 und 32. Wie mir scheint, muss sich die Dauerhaftigkeit über die Gegenwart hinaus und über Generationen hinweg erstrecken, damit das »Herstellen« die Beschaffenheit behält, die Arendt ihm zugewiesen hat.

34Arendt, Vita activa, S. 125. Zum Zusammenhang von Herstellen und Handeln siehe Markell, »Arendt's Work«, S. 20. Arendts Gedanke der Natalität muss nicht unbedingt als Argument für geburtsbedingte Identität gelesen werden. Siehe Vatter, »Natality«, S. 151 und 152: »In Wirklichkeit geht Natalität der gemeinsamen Welt voran.« Eine ziemlich ähnliche Interpretation der Natalität in Arendts Schriften legt Peg Birmingham in ihrem Buch Hannah Arendt and Human Rights. The Predicament of Common Responsibility (Bloomington 2006) auf S. 76 vor: »Sie [Arendt] beschäftigt sich ständig mit dem doppelten Wunder des Ereignisses, geboren zu werden: sowohl mit dem Wunder des Gegebenen als auch mit dem Wunder des Anfangens.«

35Arendt, Vita activa, S. 163.

36Arendts Erörterung (ebd., S. 154-163) bewegt sich auf eine Betrachtung des Verhältnisses von Herstellen und Kunst zu. In »Arendt's Work« nimmt Markell eindrucksvoll zu den Komplikationen Stellung, die mit diesem Schritt verbunden sind.

37Eine starke, wenn auch pessimistische Betrachtung des Problems generationenübergreifender Ethik und Verantwortung im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist Stephen Gardiners A Perfect Moral Storm. The Ethical Tragedy of Climate Change, New York 2011.

38382In indischen Zeitungsberichten heißt es, dass »in den letzten 50 Jahren« im Aravalligebirge im Bundesstaat Rajasthan 31 von 128 Hügeln »durch massiven, illegalen Abbau verschwunden« sind. Amit Anand Choudhary, »A Fourth of Aravali Hills in Rajasthan Gone Forever«, in: Times of India, 23. Oktober 2018, 〈https://timesofindia.indiatimes.com/india/31-hills-in-aravali-region-in-rajasthan-disappeared-sc-directs-state-to-stop-illegal-mining-in-48-hours/articleshow/66336416.cms〉.

39Zur Debatte über Geoengineering, siehe Clive Hamilton, Earthmasters. The Dawn of the Age of Climate Engineering, New Haven 2013; David Keith, A Case for Climate Engineering, Cambridge, Mass., 2013; und Holly Jean Buck, After Geoengineering. Climate Tragedy, Repair, and Restoration, London 2019. Was Warnungen vor einer möglichen Rebarbarisierung der Welt anbelangt, siehe Bruno Latour, Das terrestrische Manifest. Aus dem Französischen von Bernd Schwibs, Berlin 2018 [2017].

40Kelly, Politics and the Anthropocene; Geoff Mann, Joel Wainwright, Climate Leviathan. A Political Theory of Our Planetary Future, London 2018. Das hier beschriebene zeitliche Problem hat außerdem den Gedanken einer »Endzeit« zur Folge, der sehr umsichtig behandelt wird in François Hartog, Chronos. L'Occident aux prises avec le Temps, Paris 2020.

41Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corrolarien, Berlin: Duncker und Humblot, 3. Aufl. 1991 [1963], S. 54. In dieser Hinsicht bleibe ich skeptisch, was die Umsetzbarkeit von Vorschlägen anbelangt, welche die Lösung für den unersättlichen Akkumulationstrieb des Kapitals in so etwas wie einem einzigen rationalen Prinzip entdecken, dem alle Menschen freiwillig oder unfreiwillig zustimmen werden. Siehe John Bellamy Foster, Brett Clark, Richard York, Der ökologische Bruch. Der Krieg des Kapitals gegen den Planeten. Aus dem US-amerikanischen Englisch von Klaus E. Lehmann, Hamburg 2011 [2010], S. 395f. und 414. Warum eine solche Sachlage, selbst wenn sie durch irgendeine Revolution erreicht worden ist, nicht von einer Handvoll Menschen für ihre beschränkten Interessen missbraucht werden sollte, ist mir nie klar geworden. Wie mir scheint, müssen Menschen ihre konfligierenden Interessen, Wünsche, Macht und Vorstellungskraft real durcharbeiten.

42Siehe die Einleitung meines Buches Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historial Difference, Princeton 2008 [2000].

43Zalasiewicz u. ‌a. (Hg.), The Anthropocene as a Geological Time Unit, S. 11.

44Bernard Williams, Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Übersetzt von Joachim Schulte, Frankfurt/M. 2003 [2002], S. 13. Williams' Äußerung zielt direkt auf Bruno Latour, was meines Erachtens Latour gegenüber unfair 383ist. Ganz unrecht hat Williams aber leider nicht. Ich bin auf kritische wissenschaftsgeschichtliche Schriften gestoßen, die allem Anschein nach mit der Annahme arbeiten, die Williams kritisiert.

45Denn wenn Wissenschaft nichts anderes ist als (wie auch immer verstandene) Politik, welchen kognitiven Status hat dann diese Behauptung selbst? Ist sie zuverlässiger als Wissenschaft oder Politik?

46Dass in vielen Teilen der Welt eine politisch-praktische Notwendigkeit besteht, die abstrakte Wissenschaft von Klimawandel und Anthropozän in lokal verständliche Auflagen und Anliegen zu übersetzen, ist von vielen Anthropologen belegt worden. Siehe zum Beispiel die Ausführungen von Sara de Wit in »To See or Not to See. On the ›Absence‹ of Climate Change (Discourse) in Maasailand, Northern Tanzania«, und von Vimbai Kwashirai in »Perspectives on Climate Change in Makonde District, Zimbabwe since 2000«, in: Ingo Haltermann, Julia Tischler (Hg.), Environmental Change and African Societies, Leiden 2019, S. 23-47 und S. 48-70.

47Siehe meinen Aufsatz »Postcolonial Studies and the Challenge of Climate Change«, in meinem Buch The Crises of Civilization. Exploring Global and Planetary Histories, Neu-Delhi 2018, S. 223-243.

48Siehe C. ‌B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Von Hobbes bis Locke. Übersetzt von Arno Wittekind, Frankfurt/M. 31990 [1962].

49Die Archäologin Kathleen D. Morrison behauptet, dass die »Kodifizierung von Erzeugnissen der Bewässerungswirtschaft in mehreren Küchen der Elite« sich »in Südindien seit dem ersten Jahrtausend u. ‌Z.« belegen lässt. Siehe ihr Papier im Auftrag des Nehru Memorial Museum and Library »The Human Face of the Land. Why the Past Matters for India's Environmental Future«, History and Society, New Series, Nr. 27, Neu-Delhi 2013, S. 16.

50Robert Emmett, Thomas Lekan (Hg.), »Whose Anthropocene? Revisiting Dipesh Chakrabarty's ›Four Theses‹«, Sonderausgabe der Online-Zeitschrift RCC Perspectives: Transformations in Environment and Society, Nr. 2 (2016), und mein Aufsatz »The Politics of Climate Is More Than the Politics of Capitalism«, in: Theory, Culture & Society 34, Nr. 2/3 (2017), S. 1-13. Relevante feministische Kritikpunkte an meiner Position in der ursprünglichen Fassung von »The Climate of History« finden sich in Richard Grusin (Hg.), Anthropocene Feminism, Minneapolis 2017 – insbesondere in Grusins Einleitung und in den Aufsätzen von Claire Colebrook und Stacy Alaimo. Siehe auch Tom Cohen, Claire Colebrook, »Vortices. On ›Critical Climate Change‹ as a Project«, in: South Atlantic Quarterly 116, Nr. 1 (2017), S. 129-143. Was eine neuere Kritik an meiner Position anbelangt, sieht Dan Boscov-Ellen, 384»Whose Universal? Dipesh Chakrabarty and the Anthropocene«, in: Capitalism, Nature, Socialism 31, Nr. 1 (2020), S. 70-83, online veröffentlicht am 23. August 2018, 〈https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/10455752.2018.1514060?journalCode=rcns20〉. Die bislang nachhaltigste, großzügige und doch entschiedene Kritik an meinen Arbeiten zum Klimawandel findet sich in Ian Baucoms Buch History 4 ‌° Celsius. Search for a Method in the Age of the Anthropocene, Durham 2020.

51»In seinem […] Aufsatz »Climate of History« von 2009«, schreibt Wood, »hat Dipesh Chakrabarty behauptet, der geologische Maßstab des Klimawandels verändere die Ausgangsbedingungen von Kritik. […] In der Annahme, dass der Klimawandel eine Kategorie menschlicher Handlungsmacht auf Gattungsebene und eine ›tiefenzeitliche‹ Durchdringung der Weltgeschichte erforderlich macht, drängt Chakrabarty im Weiteren sowohl auf feinkörnige historische Differenzierung als auch auf ein planetarisches, tiefenzeitliches Bewusstsein, aber seine Kritiker […] haben seine Argumentation als binäre Gegenüberstellung karikiert, die zu einer Nullsummenentscheidung zwischen ›Kritik‹ und ›Wissenschaft‹ führe.« Gillen D'Arcy Wood, »Climate Delusion. Hurricane Sandy, Sea Level Rise, and 1840s Catastrophism«, in: Humanities 8, Nr. 131 (2019), S. 3f.

52https://www.sealevel.info/1988_Hansen_Senate_Testimony.html〉.

53Edward Said, Orientalismus. Aus dem Englischen von Hans Günter Holl, Frankfurt/M. 2009 [1978].

54Was eine ältere Beschreibung der Rolle der Geisteswissenschaften im akademischen Milieu der USA anbelangt, siehe Irving Babbit, Literature and the American College. In Defense of the Humanities, Boston 1908. Siehe außerdem meinen Aufsatz »An Anti-Colonial History of Postcolonial Thought. A Tribute to Greg Dening« in meinem Band Crises of Civilization, S. 28-53, und einige andere Aufsätze in diesem Buch, die ein Gefühl für den Wandel vermitteln sollen, den die Geisteswissenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchlaufen haben.

55James C. Scott, Weapons of the Weak. Everyday Forms of Peasant Resistance, New Haven 1985.

56Der erste, von Ranajit Guha herausgegebene Band Subaltern Studies. Writings on Indian History and Society erschien 1982 in Neu-Delhi.

57Die Geschichte und Wirkung dieses Essays wird geschildert in Rosalind C. Morris (Hg.), Reflections on the History of an Idea. Can the Subaltern Speak?, New York 2010.

58Alan Reed (Hg.), The Fact of Blackness. Frantz Fanon and Visual Representation, London, Seattle 1996.

59Homi K. Bhabha, Die Verortung der Kultur. Übersetzt von Michael Schiffmann und Jürgen Freudl, Tübingen 2000 [1994].

60385Dennis Meadows u. ‌a., Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Aus dem Amerikanischen von Hans-Dieter Heck, Stuttgart 16. Aufl. 1994 [1972].

61Der klassische Text ist Anil Agarwal, Sunita Narain, Globale Erwärmung in einer ungleichen Welt. Ein Fall von Öko-Kolonialismus. Aus dem Englischen von Birgitt Krumböck und Elisabeth Kreuz, Herrsching 1992 [1991]. Rob Nixons Buch Slow Violence and the Environmentalism of the Poor, Cambridge, Mass., 2011, wird zu Recht als ein postkolonialer geisteswissenschaftlicher Text gefeiert, der die Sorge um menschliche Ungleichheiten mit der Sorge um die durch die Geschäfte kapitalistischer Unternehmen verursachte, zunehmende Schädigung der Umwelt zusammenbringt.

62Sverre Raffnsøe, Philosophy of the Anthropocene, Houndmills 2016, S. 53 (Anm. 1).

63Immanuel Kant, Logik (Jäsche, 1800), in: Kant's gesammelte Schriften. Hrsg. v. ‌d. Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd, IX: Logik, Physische Geographie, Pädagogik, Berlin, Leipzig 1923, S. 1-150, hier 25 (Einl., Abschn. III: »Begriff von der Philosophie überhaupt«). Diese Fragen haben Kant lange beschäftigt, siehe seine Kritik der reinen Vernunft (1781), A 805, B 833 und A806, B 834.