1Das Schlagwort »Geschichtlichkeitsregime« gibt meine Schuld gegenüber François Hartog zu erkennen, dessen Arbeiten ich diesen Gedanken entnehme. Im Wort Regime deutet sich so etwas wie Geordnetheit an, die Geordnetheit historischer Zeit. »Warum eher ›Regime‹ als ›Form‹?«, fragt Hartog. In seiner Antwort auf diese Frage verweist er darauf, dass das Wort im Französischen assoziiert wird mit »der Vorstellung von graduellen Abstufungen […,] von Mischungen und Zusammensetzungen und mit einem stets vorläufigen oder instabilen Gleichgewicht«, das heißt mit einem vorläufigen Ordnungszustand. François Hartog, Regimes of Historicity. Presentism and Experience of Time. Übers. v. Saskia Brown, New York 2015 [2003], S. xv.
2Martin Heidegger, »Der Ursprung des Kunstwerks« (1935/36), in: ders., Gesamtausgabe, Bd. 5: Holzwege, Frankfurt/M. 1977, S. 1-74, hier 28. Ich sollte klarstellen, dass ich das großgeschriebene Wort Erde verwende (es sei denn es ist Teil eines Zitats), um eine abstrakte und bildlich nicht darstellbare Entität zu bezeichnen, die praktizierende Erdsystemwissenschaftler:innen ausgearbeitet haben. In allen anderen Fällen, zu denen auch die Vorstellung der Erde als Globus – wie etwa im Bild der Blauen Murmel von 1972 – gehört, schreibe ich das Wort Erde klein. 402A. d. Ü.: Soweit möglich, wird dieser auf Deutsch so nicht nachvollziehbare Unterschied durch das Setzen von Anführungszeichen im ersten Fall der »Erde« als Gegenstand der Erdsystemwissenschaft markiert.
3Ebd., S. 31f.
4Martin Heidegger, »Bauen Wohnen Denken (1951)«, in: ders., Gesamtausgabe, Bd. 7: Vorträge und Aufsätze, Frankfurt/M. 2000, S. 145-164, hier 151.
5Ebd., S. 152.
6Heidegger, »Der Ursprung des Kunstwerks«, S. 34. Ich sollte keinen Zweifel daran lassen, dass meine Verwendung von Heideggerianischen Ausdrücken wie Erde oder Welt begrifflich und nicht philologisch ist. Ich gehe mit anderen Worten davon aus, dass unsere Fähigkeit, Heideggers Begriffe zu verstehen, nicht unwiderruflich durch die Tatsache unterlaufen wird, dass womöglich nicht alle Sprachen über Wörter verfügen, die genau denen entsprechen, die Heidegger aufbot.
7Hans-Georg Gadamer, »Die Wahrheit der Kunst« (1960), in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 3: Neuere Philosophie I. Hegel, Husserl, Heidegger, Tübingen 1987, S. 249-261, hier 252.
8Hans-Georg Gadamer, »Martin Heidegger – 85 Jahre« (1974), in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 3, S. 262-270, hier 267.
9Goudie, Viles, Geomorphology in the Anthropocene, S. 7.
10Heidegger, »Der Ursprung des Kunstwerks«, S. 32.
11Heidegger schreibt: »Wir stellen uns einem Baum gegenüber, vor ihn, und der Baum stellt sich uns vor. Wer stellt hier eigentlich vor? Der Baum oder wir? Oder beide? Oder keiner von beiden? Wir stellen uns, so wie wir sind, nicht bloß mit dem Kopf oder mit dem Bewußtsein, dem blühenden Baum gegenüber, und der Baum stellt sich uns vor, als der, der er ist.« Martin Heidegger, »Was heißt Denken?« (1951/52), in: ders., Gesamtausgabe, Bd. 8: Was heißt Denken?, Frankfurt/M. 2002 [1954], S. 3-113, hier 44.
12Heidegger postuliert eine dyadische Wechselbeziehung zwischen Welt und Mensch (allerdings erst, nachdem dieser zur Sprache gekommen ist; Menschen ohne Sprache unterschieden sich vermutlich nicht von den anderen Tieren), wodurch die Sprache, wie Heidegger es formuliert, zum »Haus des Seins« wird und den Menschen das Anwesen des Seins gewährt wird. Das Wesen des Seins – das heißt die Frage des Seins – ist also an den Menschen gebunden, »weil sein Wesen ist, der Wartende zu sein, der des Wesens des Seins wartet, indem er es deutend hütet.« Martin Heidegger, »Die Kehre« (1949), in: ders., Die Technik und die Kehre, Pfullingen ⁴1978 [1962], S. 37-47, hier 41. Die Krise dieser vermeintlichen Wechselbeziehung werde ich ausführlicher in Kapitel 8 erörtern.
13403Poetisch und politisch verleiht Latour Gaia eine Persona und ein Gesicht, damit die Menschen ihr ins Gesicht sehen, sich ihr zuwenden können. Siehe Bruno Latour, Kampf um Gaia. Acht Vorträge über das neue Klimaregime. Aus dem Französischen von Achim Russer und Bernd Schwibs, Berlin 2017, S. 407-413.
14In dieser Hinsicht sind Kants Aufsätze über Erdbeben von 1756 faszinierend. Immanuel Kant, »Von den Ursachen der Erderschütterungen«, »Geschichte und Naturbeschreibung des Erdbebens, welches 1755 einen Teil der Erde erschüttert hat« und »Fortgesetzte Betrachtung der Erderschütterungen«, in: ders., Geographische und andere naturwissenschaftliche Schriften, Hamburg 1985, S. 33-42, 43-79 und 81-89. Siehe außerdem Edgar S. Brightman, »The Lisbon Earthquake. A Study in Religious Valuation«, in: American Journal of Theology 23 (Oktober 1919), S. 500-518; José Oscar de Almeida Marques, »The Paths of Providence. Voltaire and Rousseau on the Lisbon Earthquake«, in: Cadernos de Cadernos de História e Filosofia da Ciência 15, Nr. 1 (2005), S. 33-57; und Dipesh Chakrabarty, »The Power of Superstition in Public Life in India«, in: Economic and Political Weekly, 17. Mai 2008, S. 16-19.
15Siehe Andrea Westermann, »Disciplining the Earth. Earthquake Observation in Switzerland and Germany at the Turn of the Nineteenth Century«, und Frank Oberholzner, »From an Act of God to an Insurable Risk. The Change in the Perception of Hailstorms and Thunderstorms since the Early Modern Period«, in: Environment and History 17 (Februar 2011), S. 53-77 und 133-152.
16Siehe Carl Schmitt, »Gespräch über den Neuen Raum«. Ich danke Bruno Latour, dass er mich auf diesen Text aufmerksam gemacht hat.
17Näher führt Spivak ihre Überlegungen zur Planetarität in ihrem Buch Death of A Discipline, New York 2003, aus. Mehr über Spivaks Einsichten in die Planetarität findet sich bei Elizabeth M. DeLoughrey, »Planetarity. Militarized Radiations«, in: dies., Allegories of the Anthropocene, Durham 2019, S. 63-97; siehe außerdem Benjamin Morgan, »Fin du Globe. On Decadent Planets«, in: Victorian Studies 58, Nr. 4 (Sommer 2016), S. 609-635. Was weitere anregende Gedanken über Planetarität anbelangt, siehe auch Eugene Thacker, Im Staub dieses Planeten. Aus dem Englischen von Frank Born, Berlin 2020 [2011].
18Der folgende Abschnitt erweitert und arbeitet einen Vorschlag weiter aus, den ich zum ersten Mal gemacht habe in »Planetary Crises and the Difficulty of Being Modern«, in: Millenium. Journal of International Studies 46, Nr. 3 (2018), S. 259-282.
19Für diese Formulierung bin ich Catherine Malabou zu Dank verpflichtet. Siehe Dipesh Chakrabarty, »Afterword«, in: South Atlantic Quarterly 116 (Januar 2017), S. 166.
20404Siehe Joyce E. Chaplin, Round about the Earth. Circumnavigation from Magellan to Orbit, New York 2013.
21Thomas Hobbes, Leviathan. Übersetzt von Walter Euchner, Frankfurt/M. 1984 [1972], S. 96.
22Arendt, Vita activa, S. 245f.
23Schmitt, Der Nomos der Erde.
24Siehe auch die Ausführungen in Schmitt, »Gespräch über den Neuen Raum«.
25Carl Schmitt, »Nehmen/Teilen/Weiden« (1953), in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954, Berlin 31985 [1958], S. 489-504, hier 491f.
26Ebd., S. 493.
27Carl Schmitt, »Der neue Nomos der Erde«, S. 519.
28Schmitt, Der Nomos der Erde, S. 55.
29Ebd., S. 56.
30Ebd., S. 144.
31Schmitt, »Der neue Nomos der Erde«, S. 518.
32Carl Schmitt, Land und Meer. Eine weltgeschichtliche Betrachtung, Stuttgart 1954, S. 23ff.
33Siehe Benjamin Lazier, »Earthrise, or The Globalization of the World Picture«, in: American Historical Review 116 (Juni 2011), S. 602-630, sowie Kelly Oliver, »The Earth's Refusal. Heidegger«, in: dies., Earth and World. Philosophy after the Apollo Missions, New York 2015, S. 111-162.
34Martin Heidegger, »Die Zeit des Weltbildes« (1938) und »Zusätze«, in: ders., Gesamtausgabe, Bd. 5: Holzwege, S. 75-113, hier 111.
35Martin Heidegger, »Platons Lehre von der Wahrheit« (1931/32, 1940), in: ders., Gesamtausgabe, Bd. 9: Wegmarken, Frankfurt/M. 21996 [1976], S. 203-238, hier 237.
36Heidegger, »Die Zeit des Weltbildes«, S. 89ff. Was Heideggers Randbemerkung zur »Anthropologie« anbelangt, siehe Zusatz 10 zu diesem Aufsatz (S. 111). Eine ausführlichere Erörterung von Heideggers Verwendungsweise der Wörter Erde, Welt und Planet findet sich in Oliver, »The Earth's Refusal«. Siehe außerdem Dana R. Villa, »The Critique of Modernity«, in: ders., Arendt and Heidegger, S. 171-208.
37Siehe McNeil, Engelke, The Great Accelaration.
38Siehe Pierrehumbert, Principles of Planetary Climate. So weisen Kolleg:innen aus der Geologie darauf hin, dass es universitäre Fachbereiche gibt, die sich der Erforschung der »Earth and Planetary Sciences« widmen, um die an die erdwissenschaftlichen (nicht an die astronomischen) Methoden anknüpfenden Arbeiten über andere Planeten einzubeziehen.
39Hansen, Storms of My Grandchildren, S. xivf.
40Siehe Spencer R. Weart, The Discovery of Global Warming, Cambridge, 405Mass., 2008; Joshua P. Howe, Behind the Curve. Science and the Politics of Global Warming, Seattle 2014; Clive Hamilton, Defiant Earth. The Fate of Humans in the Anthropocene, Malden 2017; sowie Ian Angus, Im Angesicht des Anthropozäns. Klima und Gesellschaft in der Krise. Aus dem Englischen von Christof Mackinger, Münster 2020 [2016]. Siehe außerdem Joseph Masco, »Bad Weather. On Planetary Crisis«, in: Social Studies of Science 40 (Februar 2020), S. 7-40; De Loughrey, »Planetarity. Militarized Radiations«, und Perrin Selcer, The Postwar Origins of the Global Environment. How the United Nations Built Spaceship Earth, New York 2018.
41Siehe Weart, The Discovery of Global Warming, S. 144f.
42Tim Lenton, Earth System Science. A Very Short Introduction, New York 2016, S. 1.
43The International Geosphere-Biosphere Programme, »Earth System Definitions«, 〈http://www.igbp.net/globalchange/earthsystemdefinitions.4.d8b4c3c12bf3be638a80001040.html〉.
44Zitiert in Angus, Im Angesicht des Anthropozäns, S. 33.
45Siehe Bruno Latours faszinierende Ausführungen zu diesem Problem in: Bruno Latour, »Dritter Vortrag: Gaia eine (endlich profane) Gestalt der Natur«, in: ders., Kampf um Gaia, S. 133-192. Siehe außerdem Latour, Lenton, »Extending the Domain of Freedom«.
46Timothy M. Lenton, Andrew Watson, Revolutions That Made the Earth, New York 2011, S. vii.
47Lenton, Earth System Science, S. 17. »Wir sollten einräumen, dass Gaia überhaupt kein Globus ist, sondern ein dünner Biofilm, eine Oberfläche, eine nur wenige Kilometer dicke Haut oder Hülle, die nicht besonders weit in die Atmosphäre hinauf- und auch nicht besonders tief ins Erdinnere hinunterreicht, wie lange man die Geschichte der Lebensformen auch betrachten mag. Deshalb ist es so wichtig, sich vom globalen Blick auf Gaia auf das zu verlegen, was manche Wissenschaftler:innen mittlerweile ›kritische Zone‹ nennen.« Latour, Lenton, »Extending the Domain of Freedom«, S. 676.
48Lee R. Kump, James F. Kasting, Robert G. Crane, The Earth System, Upper Saddle Rivert 2004, S. 3 und xi, m. Herv. Jan Zalasiewicz schreibt (am 6. Oktober 2018 in einer E-Mail an den Autor): »Es stimmt zwar, dass auf der Erdoberfläche die unmittelbarsten und (für uns heute) bedeutendsten Prozesse stattfinden, aber die meisten grundlegenden chemischen Kreisläufe gehen mit kürzeren und längeren Abstechern zur und Modifikationen der Erdoberfläche einher, die in einigen Fällen mit Sicherheit tief in den Erdmantel und vielleicht noch weiter hinabreichen. Der überwiegende Teil des Wassers auf der Erde könnte aus dem Erdmantel stammen (und ein Großteil unserer Ozeane scheint sich 406langsam wieder dorthin zurückzuziehen, wenn auch sehr langsam, in einem Zeitraum von einer Milliarde Jahren). Flachere Zonen in der Kruste/Lithosphäre sind in kürzeren, aber weiterhin geologischen Zeiträumen aktiv.«
49Siehe Zalasiewicz, E-Mail an den Autor, 6. Oktober 2018. Nach Ansicht von Zalasiewicz sind die tiefer gelegenen Teilstücke der Welt definitiv Teil des Erdsystems.
50Zitiert in Erle C. Ellis, Anthropozän. Das Zeitalter des Menschen – eine Einführung. Aus dem Englischen von Gabriele Gockel, München 2020 [2018], S. 48 und 49.
51Lovelock selbst schreibt: »Die Idee zu einer Erdsystemwissenschaft […] kam mir im September 1965 im kalifornischen Jet Propulsion Laboratory. Der erste Text, in dem sie erwähnt wird, erschien 1968 in den Proceedings of the American Astronautical Society.[…] Die Gaia-Hypothese entstand in der Zeit, bevor sie ihren Namen erhielt.« Lovelock, The Vanishing Face of Gaia, S. 159. Den Namen dieser Wissenschaft hielt er jedoch für »blutleer«, denn er betrachtete das Verhältnis von Erdsystemwissenschaft und Gaia-Theorie zwar als »freundschaftlich«, meinte aber, dass »für das Verständnis von Gaia«, »eine instinktive Vertrautheit mit der Handlungsdynamik von Systemen erforderlich« sei, die »normalerweise nicht Teil der Erd- oder Lebenswissenschaft ist«, S. 161 und 167, m. Herv. Siehe auch James Lovelock, »Wer oder was ist Gaia?«, in: ders., Gaias Rache. Warum die Erde sich wehrt. Aus dem Englischen von Hartmut Schickert, Berlin 2008 [2007], S. 29-61.
52James Lovelock, Unsere Erde wird überleben. Gaia – eine optimistische Ökologie. Aus dem Englischen von Constanze Ifantis-Hemm, München, Zürich 1982 [1979], S. 23, m. Herv.
53Ayesha Ramachandran, The Worldmakers. Global Imagining in Early Modern Europe, Chicago 2015, S. 24.
54Ebd., S. 56. Außerdem danke ich Davis Orsbon, der mich freundlicherweise seine unveröffentlichte Dissertation »The Person of Natura« (2017) hat lesen lassen. Sverre Raffnsøe hat mich allerdings am 9. Juli 2019 in einer E-Mail darauf aufmerksam gemacht, dass »die ursprüngliche stoische Vorstellung von kataskopos zwar sicherlich als ›Blick von oben‹ beschrieben werden kann«, dass er aber nicht der Ansicht sei, »man könne diese bereits in der Antike als Blick ›von außen‹ bezeichnen. Bei Cicero blicke Scipio Aemilianus in ›Scipios Traum‹ ›lediglich‹ vom höchsten Ort der Welt auf das zwergenhafte Kathargo und Rom herunter. Erst später könne der christianisierte Betrachter wirklich anstreben, ein ›von außen Zuschauender‹ zu werden.«
55Siehe die Ausführungen in Ronald Weber, Seeing Earth. Literary Responses to Space Exploration. Athens, Ohio 1985.
56407Lenton, Watson, Revolutions, S. 301.
57Lovelock, Unsere Erde wird überleben, S. 23.
58Siehe Timothy Morton, Hyperobjects. Philosophy and Ecology after the End of the World, Minneapolis 2013.
59Delf Rothe, »Global Security in A Posthuman Age? IR and the Anthropocene Challenge«, in: Clara Eroukhmanoff, Matt Harker (Hg.), Reflections on the Posthuman in International Relations. The Anthropocene, Security and Ecology, Bristol 2017, S. 92. Timothy Mortons jüngste Anmerkung zu Heideggers Wort entzogen ist an dieser Stelle hilfreich: »›Entzogen‹ heißt nicht empirisch zurückgeschreckt oder hinter etwas zurückgezogen zu sein; es bedeutet […] so vor einem zu stehen, dass man es nicht sehen kann.« Timothy Morton, Humankind. Solidarity with Nonhuman People, London 2019, S. 37, Herv. i. O.
60Lenton, Watson, Revolutions, S. viif. Siehe Latour, Lenton, »Extending the Domain of Freedom« sowie mein Gespräch mit Latour, das am Ende dieses Buches abgedruckt ist.
61Arendt, Vita activa, S. 258.
62Siehe Lazier, »Earthrise«, sowie Dipesh Chakrabarty, »The Human Condition in the Anthropocene, in: Mark Matheson (Hg.), The Tanner Lectures on Human Values, Bd. 35, Salt Lake City 2016, S. 137-188.
63James Lovelock, Gaia. A New Look at Life on Earth, New York 1995 [1979], S. xiv. A. d. Ü.: In der deutschen Ausgabe ist dieses Vorwort nicht enthalten.
64John Milton, Das verlorene Paradies (1667). Engl.-Dt. Aus dem Englischen von Bernhard Schuhmann, Frankfurt/M. 2008, S. 58-59 (Erstes Buch, Vers 687).
65Siehe Mary R. Albert, Geoffrey Hargreaves, »Drilling through Ice and into the Past«, in: Oilfield Review 25 (Winter 2013/2014), S. 4-15; P. G. Talalay, »Perspectives for Development of Ice-Core Drilling Technology. A Discussion«, in: Annals of Glaciology 55, Nr. 68 (2014), S. 339-350; sowie Richard B. Alley, »Going to Greenland«, in: ders., The Two-Mile Time Machine. Ice Cores, Abrupt Climate Change, and Our Future, Princeton 2000, S. 17-30.
66Siehe die Ausführungen in Paul Warde, »The Invention of Sustainability«, in: Modern Intellectual History 8, Nr. 1 (2011), S. 153-170. Seine faszinierende Argumentation hat Warde später weiter ausgeführt in The Invention of Sustainability. Nature and Destiny, c. 1500-1870, New York 2018.
67Volker Hauff (Hg.), Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Aus dem Englischen von Barbara von Bechtolsheim, Greven 1987, S. 46. Zitiert in Stephen Morse, Sustainability. A Biological Perspective, New York 2010, S. 6. In »Maintaining (Environmental) Capital Intact«, in: Modern Intellectual 408History 8, Nr. 1 (2011), S. 193-212, stellt Emma Rothschild interessante Verbindungen zwischen der Nachhaltigkeitsdiskussion der modernen Ökonomen und ihrer Debatte über die Kapitaltheorie in den 1920er und 1930er Jahren her. Deanna K. Kreisel zitiert aus dem Oxford English Dictionary, wenn sie schreibt, dass »der Begriff ›nachhaltig‹ bis 1976 nicht im Sinne einer Verringerung der Umweltbelastung verwendet wurde und bis 1924 nicht ›das Vermögen, etwas auf einem bestimmten Niveau zu halten‹, bedeutete«. Deanna K. Kreisel, »›Form against Force‹. Sustainability and Organicism in the Work of John Ruskin«, in: Nathan K. Hensley, Philip Steer (Hg.), Ecological Form. System and Aesthetics in the Age of Empire, New York 2019, S. 105.
68Warde, »The Invention of Sustainability«, S. 153.
69Ebd., S. 168 und 170. Karl Marx' tiefes Interesse an von Liebigs Arbeit wird erwähnt in Paul Burkett, »Introduction to the Haymarket Edition«, in: ders. Marx and Nature. A Red and Green Perspective, Chicago 2014, S. xix, und ausführlich erörtert in John Bellamy Foster, Marx's Ecology. Materialism and Nature, New York 2000.
70Donald Worster, Shrinking the Earth. The Rise and Decline of Natural Abundance, New York 2016, S. 140 und 141, m. Herv. Mehr zu Vogt steht bei Selcer, Postwar Origins of the Global Environment, S. 68-70.
71Fairfield Osborn, Unsere ausgeplünderte Erde. Aus dem Englischen von Fritz Levi, Zürich 1950 [1948], S. 18 und 154. Zitiert in Worster, Shrinking the Earth, S. 140. Zur Geistes- und Institutionsgeschichte der Idee der Umwelt, siehe Paul Warde, Libby Robin, Sverker Sörlin, The Environment. A History of the Idea, Baltimore 2018, sowie Selcer, Postwar Origins of the Global Environment.
72Was eine nachhaltige Kritik der neoliberalen Übernahme des Gedankens bzw. Slogans der Nachhaltigkeit anbelangt, siehe Ruth Irwin, Heidegger, Politics and Climate Change. Risking It All, New York 2008.
73P. A. Larkin, »An Epitaph for the Concept of Maximum Sustainable Yield«, in: Transactions of the American Fisheries Society 106 (Januar 1977), S. 1f. Ein ausgezeichneter Aufsatz, der den übertrieben politischen und ökonomischen Charakter des in Europa und Nordamerika im Fischereimanagement geltenden Biologiebegriffs belegt, ist Jennifer Hubbard, »In the Wake of Politics. The Political and Economic Construction of Fisheries Biology, 1860-1970«, in: Isis 105 (Juni 2014), S. 364-378. Was eine kurze biografische Notiz über Larkin anbelangt, siehe den Eintrag über ihn auf Social Networks and Archival Context, 〈https://snaccooperative.org/ark:/99166/w6fj6xxx〉.
74Morse, Sustainability, S. 5f.
75Jeffrey T. Nealon, Plant Theory. Biopower and Vegetable Life, Stanford 2016, S. 53f.
76409Charles H. Langmuir, Wally Broecker, How to Build a Habitable Planet. The Story of the Earth from the Big Bang to Humankind, Princeton 2012, S. 537.
77»Es sind Modelle entwickelt worden, dass er – möglicherweise im Karbon um etwa 30 Prozent – über diesen Pegel hinausgegangen ist oder ihn (während der vermeintlichen ›Sauerstoffkrise‹ an der Perm-Trias-Grenze) unterschritten hat« (Zalasiewicz, E-Mail an den Verfasser, 6. Oktober 2018).
78Langmuir, Broecker, How to Build a Habitable Planet, S. 458.
79Kump, Kasting, Crane, The Earth System, S. 225.
80Lenton, Earth System Science, S. 44.
81Siehe ebd., S. 44-46; Lovelock, Unsere Erde wird überleben, S. 20 und 97-121; Langmuir, Broecker, How to Build a Habitable Planet, S. 458-463; sowie Kump, Kasting, Crane, The Earth System, S. 159 und 225-229.
82Siehe Anthony D. Barnowsky u. a., »Has the Earth's Sixth Mass Extinction Already Arrived?«, in: Nature 471, Nr. 7336 (3. März 2011), S. 51-57. Dabei ist zu beachten, dass bei der Berechnung des Artensterbens in diesem Aufsatz der Faktor Klimawandel nicht berücksichtigt wurde.
83Langmuir, Broecker, How to Build a Habitable Planet, S. 589-595.
84Siehe William E. Connolly, Facing the Planetary. Entangled Humanism and the Politics of Swarming, Durham 2017.
85Langmuir, Broecker, How to Build a Habitable Planet, S. 593. Unter Verweis auf die Bedeutung der Biodiversität für die Landwirtschaft heben Kump, Kasting und Crane hervor, dass es hier eigentlich um die Frage der Biodiversität ginge und nicht bloß darum, ob die Welt sieben, neun oder zwölf Milliarden Menschen ernähren könne: »das potenzielle Problem der modernen Landwirtschaft besteht nicht darin, dass sie nicht produktiv genug ist, sondern in ihrer Einförmigkeit.« Kump, Kasting, Crane, The Earth System, S. 374.
86Connolly, Facing the Planet, S. 4.
87Langmuir, Broecker, How to Build a Habitable Planet, S. 580.
88Die Unterscheidung, die ich hier vornehmen möchte, leitet sich nicht vollständig aus Heideggers Auseinandersetzung mit Platon her, die sich besonders auf das berühmte, in der Politeia erörterte Höhlengleichnis bezieht, ist aber von ihr inspiriert; siehe Heidegger, »Platons Lehre von der Wahrheit«.
89Siehe Geoff Mann, Joel Wainwright, »Planetary Sovereignty«, in: dies., Climate Leviathan, S. 129-156. »Planetarische Souveränität« verweist hier auf eine Art Weltregierung oder Weltordnung, die die globale Erwärmung bewältigt. Siehe auch Kelly, Politics and the Anthropocene.
90410Quentin Meillassoux, Nach der Endlichkeit. Versuch über die Notwendigkeit der Kontingenz. Aus dem Französischen von Roland Frommel, Zürich, Berlin 2008 [2006], S. 24.
91Schmitt, »Gespräch über den Neuen Raum«, S. 564f.
92Ellis, Anthropozän, S. 203.
93Ebd., S. 220f.
94Lenton, Earth System Science, S. 107 und 117.
95Langmuir, Broecker, How to Build a Habitable Planet, S. 645.
96Ebd., S. 650, Herv. i. O.
97Ebd., S. 599f.
98Ebd., S. 668.
99Timothy M. Lenton, Bruno Latour, »Gaia 2.0. Could Humans Add Some Level of Self-Awareness to Earth's Self-Regulation?«, in: Science, 14. September 2018, S. 1068, m. Herv., 〈https://science.sciencemag.org/content/sci/361/6407/1066.full.pdf〉.
100»Die politische Welt ist ein Pluriversum, kein Universum.« Schmitt, Der Begriff des Politischen, S. 54.
101Zu alldem siehe Mark Williams u. a., »The Anthropocene Biosphere«, in: Anthropocene Review 2, Nr. 3 (2015), S. 196-219. Es sei daran erinnert, dass sogar das lasche internationale Pariser Abkommen von 2015 einfach annimmt, dass die Menschen gegen Ende dieses Jahrhunderts über die Technologie verfügen werden, der Atmosphäre CO₂ zu entziehen – das heißt »negative« Emissionen vorzuweisen. Siehe Johan Rockström u. a. »The World's Biggest Gamble«, in: Earth's Future 4 (2016), S. 465-470, und Oliver Geden, »The Paris Agreement and the Inherent Inconsistency of Climate Policy Making«, in: WIREs Climate Change 7 (November/Dezember 2016), S. 790-797.
102Félix Guattari, Die drei Ökologien. Aus dem Französischen von Alec A. Schaerer, Wien 1994 [1985], S. 71f. Prophetisch war Guattari dagegen im Hinblick auf den Aufstieg von »Leuten wie Donald Trump« in der von ihm analysierten Welt (S. 36).
103Natürlich muss an dieser Stelle Latours Name fallen, denn er ist einer der Wegbereiter dieser Argumentation. Was die Erörterung von Guattaris Ansichten anbelangt, siehe Jane Bennett, Lebhafte Materie. Eine politische Ökologie der Dinge. Aus dem amerikanischen Englisch von Max Henninger, Berlin 2020, S. 191.
104Diesen Punkt verdanke ich Diskussionen mit Norman Wirzba, dem ich dafür dankbar bin, dass er mir seinen unveröffentlichten Aufsatz »Rethinking the Human in an Anthropocene World« zur Verfügung gestellt hat. In dem, was ich hier sage, klingen auch einige der jüngsten Äußerungen von Joyce Chaplin an: »Der Begriff Anthropozän […] macht die Menschheit gleichzeitig Groß und Klein. […] Unsere 411kollektiven Taten bewirken eine Große Beschleunigung. […] Umso besser für uns? Nicht wirklich. Netto ist dabei ein dickes Mahnschreiben herausgekommen, dass wir bloß eine Spezies von vielen sind, […] deren Gedeihen von natürlichen Ressourcen abhängt und die verletzlich ist, wenn diese […] knapp werden.« Joyce Chaplin, »Can the Nonhuman Speak? Breaking the Chain of Being in the Anthropocene«, in: Journal of the History of Ideas 78 (Oktober 2017), S. 512.
105Siehe Kapitel 5, unten.
106Holly Robertson, »Snipers to cull up to 10,000 camels in drought-stricken Australia«, in: Phys.Org, 8. Januar 2020, 〈https://phys.org/news/2020-01-snipers-cull-camels-drought-stricken-australia.html〉.
107Einige seiner Überlegungen zu dieser Frage führt Latour näher aus in Bruno Latour, Das terrestrische Manifest. Aus dem Französischen von Bernd Schwibs, Berlin 2018 [2017].
108Bennett, Lebhafte Materie, S. 197.
109Ebd., S. 44f. Im Geiste ziemlich ähnlich ist Kelly Olivers Versuch, aus Heideggers Philosophie eine Ethik der Erde zu entwickeln. Siehe Oliver, »The Earth's Refusal«.
110Jan Zalasiewicz, Die Erde nach uns. Der Mensch als Fossil der fernen Zukunft. Aus dem Englischen von Thomas Schalipp, Heidelberg 2009 [2008], S. 1f.
111»Nun wandte ich mich zu mir selbst und sprach zu mir: Wer bist denn du?« Aurelius Augustinus, Bekenntnisse. Übertragen von Wilhelm Thimme, München 1982, S. 252 (Buch 10, Kap. 6).