Einige Zeit später sind wir wieder angezogen und stehen in der Küche; die Gerte und das Seil haben wir bereits weggeräumt, und ich schenke Hadley ein Glas Wein ein. »Ich muss gehen«, sage ich weich und bin nicht überrascht, ihr protestierendes Quieken zu hören. Ich wende mich ihr zu und reiche ihr das Weinglas. »Erinnerst du dich noch an die Probleme mit der Klatschpresse?«
»Ja«, sagt sie und nimmt das Glas entgegen.
»Das hat damit zu tun. Du musst dich nicht damit befassen, und um ehrlich zu sein, ich auch nicht mehr. Nach heute Abend wird das alles vorbei sein, und es wird keine weitere Nacht geben, in der ich dich für irgendjemand anderen allein lassen muss.«
»Gott, sag das nicht so«, sagt sie und stellt das Weinglas auf die Arbeitsfläche. »Bei dir klingt es, als wäre ich furchtbar bedürftig.«
»Du, Hadley Winters, bist alles, aber nicht bedürftig«, sage ich ihr geradeheraus und lehne mich mit verschränkten Armen gegen die Arbeitsfläche. »Aber wie es scheint, bin ich ein bedürftiger Mann, und ich will dich nicht allein lassen.«
Sie lächelt und stellt sich auf die Zehenspitzen, küsst mich voller Leidenschaft.
Es klopft plötzlich an der Tür, und sie sieht kurz in die Richtung, bevor sie wieder mich ansieht. »Das ist Alex«, erkläre ich.
Sie kann zwischen den Zeilen lesen. »Ryder, ich brauche keinen Babysitter«, brummt sie und bringt Abstand zwischen uns. »Tobias ist im Gefängnis. Der Killer ist tot. Du hast heute Abend eine ziemlich verrückte emotionale Intervention vollführt. Ich habe kein Problem damit, allein zu sein.« Sie dreht sich um, um, wie ich annehme, Alex zu sagen, dass sie gehen soll.
Ich packe ihr Handgelenk und halte sie auf. »Du gehst nirgendwohin.« Ich marschiere los, bis sie rückwärts gehen muss, und als ich sie zwischen meinem Körper und dem Küchenschrank eingeklemmt habe, füge ich hinzu: »Alex würde dich in kleine Stücke schneiden, wenn sie hören könnte, wie du sie als deinen Babysitter bezeichnest.« Ich beuge mich hinunter, atme ihren Duft ein. Es ist eine Mischung aus Blüten und Vanille, und er ist ganz sie. »Ich habe sie gebeten heute Abend herzukommen, weil ich will, dass du meine Freunde näher kennenlernst, und es wäre niemand besser geeignet, den Anfang zu machen, als Alex.«
Hadley knabbert an ihrer Unterlippe, mustert mich eingehend und zuckt schließlich mit den Achseln. »Okay, ich vergebe dir. Lass sie rein.«
Wieder küsse ich sie, kurz, aber bedeutsam, dann gehe ich zur Tür und öffne sie.
Alex grinst mich an und hält zwei Flaschen Wein in die Höhe. »Damit du es weißt, ich arbeite heute nicht. Also, so gar nicht. Hadley und ich werden uns abschießen.«
Ich lache leise und trete beiseite, damit sie eintreten kann. »Gut. Ihr beide könnt mich dann später unterhalten.«
»Nein, das werden wir nicht, denn wenn du zurückkommst, wirst du dich auch abschießen. Nach alldem haben wir uns das verdient.« Alex macht einen Schritt nach vorn, bleibt dann aber stehen, greift in ihre Hosentasche und reicht mir einen Zettel. Dann geht sie in die Küche, und die beiden Frauen ignorieren mich sofort und beginnen sich über den schönen Gabriel Macht zu unterhalten, wer auch immer das sein mag.
Ich lächle, froh, dass Hadley sich nicht weiter gesperrt hat, Alex reinzulassen. Denn ich fühle mich besser, weil sie hier ist, und bin froh zu sehen, dass die beiden so gut miteinander auskommen. Ich schätze, ich bin noch nicht bereit, Hadley allein zu lassen. Und es stimmt, ich will, dass Hadley die Menschen kennenlernt, die mir viel bedeuten. Und Alex ist eine von ihnen.
Ich werfe einen Blick auf den Zettel, den Alex mir gegeben hat, lese die handgeschriebene Notiz darauf und seufze. Dann hebe ich den Kopf wieder. Hadley hebt ihr sehr volles Weinglas an den Mund und winkt mir kurz zu.
Ich lächle als Erwiderung.
Ich verlasse das Loft durch die Vordertür, entschlossen bald wieder zu ihr zurückzukehren. Zwei meiner Lieblingsmenschen befinden sich in meiner Wohnung, und das fühlt sich verdammt gut an, beschließe ich, und gehe zu meinem Parkplatz.
Sofort entdecke ich Darius, Gabe und Micah, die vor dem Hauptquartier warten.
Als ich bei ihnen angekommen bin, winke ich sie nach vorn. »Kommt rein.« Ich lasse sie ins Gebäude und lotse sie schnell an der Security vorbei in das Kommandozentrum, das heute Abend leer ist. Mein Team hat sich nach den letzten Tagen ein paar freie Tage verdient, und die haben sie auch bekommen.
Ich gehe in das Konferenzzimmer, mache das Licht an, und nachdem jeder am Tisch Platz genommen hat, komme ich gleich zu dem Punkt, weswegen ich sie alle hergebeten habe. »Ich habe heute Abend meinen Club verschenkt.«
»Wie bitte?«, fragt Micah und wirft mir einen verwirrten Blick zu.
Ich lache leise und erkläre: »Ich habe die Managerin angerufen, die das Impulse seit einiger Zeit führt. Ich habe ihr gesagt, dass ich nichts mehr mit dem Club zu tun haben will, und habe sie gefragt, ob ich das Gebäude auf sie umschreiben soll, damit sie die alleinige Besitzerin des Clubs wird, und sie hat sehr gerne zugestimmt.«
»Na ja, natürlich hat sie das«, sagt Darius, tauscht einen Blick mit den anderen, bevor er sich wieder an mich wendet. »Du willst wirklich das ganze Geld zurücklassen, das du in dieses Gebäude gesteckt hast?«
»Ganz genau. Ich bin raus«, erwidere ich und sehe jeden in der Runde an. »Das ist das letzte Mal, dass wir uns so sehen. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, will ich Hadley euren Frauen vorstellen, und ich will, dass wir das machen, was wir machen sollten, nämlich Zeit zusammen als Freunde verbringen. Wir werden uns nicht mit der Klatschpresse befassen und nicht über Sexclubs diskutieren, die drei von uns vier gar nicht mehr interessieren.« Unsere Prioritäten haben sich verändert. Unsere Leben haben sich verändert. Wir wollen nicht mehr jede Menge schmutzigen Sex mit unzähligen Frauen. Wir wollen jede Menge schmutzigen Sex mit einer Frau. »Ich habe Hadley heute Abend einen Antrag gemacht«, fahre ich fort, wohl wissend, dass es eine Menge Informationen sind, die ich gerade auf einmal sie herabprasseln lasse. »Das bedeutet, die Vergangenheit muss bereinigt und endgültig begraben werden.«
Gabe schüttelt langsam den Kopf, als wäre er verwirrt, dann sieht er mich mit einem Stirnrunzeln an. »Lass mich das klarstellen. Das Dominant’s Council, das vor etwas mehr als einem Monat noch vier Mitglieder hatte, existiert jetzt nicht mehr?«
»Ja«, bestätige ich.
Er flucht und fügt dann hinzu: »Wie konnte das so schnell passieren? Ihr wurdet alle domestiziert.«
Micah wirft Gabe einen düsteren Blick zu, dann wendet er sich wieder mir zu und fragt ohne den finsteren Blick: »Mich beschäftigt etwas anderes, was du gesagt hast. Du hast Hadley einen Antrag gemacht? Als wir dich das letzte Mal gesehen haben, wolltest du nichts mit ihr zu tun haben.«
»Na ja, in einer Handvoll Tage kann eine Menge passieren.« Und es ist eine ganze Menge passiert.
»Wie es aussieht, stimmt das«, fährt er fort. »Na, dann will ich der Erste sein, der Hadley und dir gratuliert. Das sind großartige Neuigkeiten.«
»Das sind sie. Danke.« Ich lächle.
Micah fügt hinzu: »Aber bitte erklär uns, was vorgefallen ist, dass du etwas für dich derart Untypisches machst.«
Ich atme tief ein, weil ich nicht noch einmal durchleben will, was Hadley und ich durchmachen mussten, aber die Jungs müssen alles erfahren. In diesem Wissen fange ich an zu erzählen: »Es hat damit begonnen, dass Hadley ein Video zugeschickt wurde …«
Ich lasse kein Detail aus, denn es gibt nichts, was ich nicht mit diesen Männern besprechen würde. Das ist unser Schwur. Das ist unsere Freundschaft. Was auch immer hier besprochen wird, verlässt nicht diesen Raum. Sie müssen erfahren, womit sie es jetzt zu tun haben. Denn jetzt, wo ich zurücktrete, müssen sie die Kontrolle über all das übernehmen.
Ich ende mit: »Was mich zu heute bringt. Tobias Harrington und die anderen Verbrecher sitzen im Gefängnis. Viktor Sokolov ist tot.«
Darius’ Augenbrauen ziehen sich über seinen beeindruckenden Augen zusammen, und er reibt sich mit der Hand über seine Bartstoppeln. »Nur um sicherzugehen, dass es keine Missverständnisse gibt: Der Gouverneur, unser Gouverneur, ist der Grund, warum die Geschichten über uns an die Klatschpresse gelangt sind?«
Ich nicke, kann seine Überraschung verstehen. »Zum Teil, ja.«
Micah fragt: »Was ist der andere Teil?«
»Harrington hat jemanden angeheuert, der die Wanzen in deinem Pub platziert hat«, berichte ich Gabe. »Derjenige hat sie nicht selbst dort platziert, aber es handelt sich dabei um die Person, die die Informationen an die Klatschpresse verkauft hat.«
Gabe fährt sich mit der Hand durchs Haar, und ein vertrautes Stirnrunzeln zeigt sich auf seinem Gesicht. »Warum habe ich das Gefühl, dass mir nicht gefallen wird, wo das hinführt?«
»Weil es wahrscheinlich so ist«, sage ich zu ihm und komme gleich zum Punkt. »Ich habe Alex heute gebeten ein Störsignal an eine der Wanzen zu schicken, damit es so aussieht, als wäre sie kaputt. Ich wusste, dass, wer auch immer sie dort platziert hat, noch immer die Informationen benutzt und sie an die Klatschpresse verkauft, also wusste ich auch, dass derjenige hinfahren und sie reparieren würde.«
Darius fragt: »Ist derjenige hingefahren?«
Ich nicke. »Es ist McKenna.«
Gabes Augen verengen sich langsam. »Nicht meine Kenna.«
»Leider doch, diese McKenna«, sage ich sanft, weil ich nachvollziehen kann, wie er sich fühlen muss. McKenna, die Barkeeperin in seinem Pub, liegt ihm am Herzen, und das schon seit einer Weile, und das weiß auch jeder an diesem Tisch.
»Hast du ein Video, auf dem sie zu sehen ist, wie sie die Wanze repariert?«, fragt Micah.
Ich schüttle den Kopf. »Nein, aber sie hat ihren Sicherheitscode benutzt, um in den abgeschlossenen Raum zu kommen, wo Gabes Server stehen. Sie hat den Code vor einer Stunde eingegeben, zwei Minuten später sind die Sicherheitskameras ausgefallen. Nachdem sie den Code ein weiteres Mal eingegeben hat, sind die Kameras wieder angegangen.«
Gabes Blick ist direkt auf mich gerichtet, und er ist konzentriert. »Erklär mir bitte, woher du überhaupt wusstest, dass jemand aus dem Pub dahintersteckt? Was hat sich geändert? Du dachtest, es ginge um den Senator und dass es nichts mit uns zu tun hätte.«
Ich fahre mir mit der Hand über meine müden Augen und beginne zu erklären: »Ich habe heute mit dem Gouverneur gesprochen, und ich hatte ein Druckmittel, das ihn zum Reden gebracht hat. Er hat mir gesagt, dass er eine Angestellte in deinem Pub dafür bezahlt hat, gewisse Informationen über den Senator zu beschaffen, in der Hoffnung, dass ich weitere Informationen preisgebe.«
Micah versteht sofort, worauf ich hinauswill. »Aber er hat ihr gegenüber nie die Klatschpresse erwähnt?«
»Er hatte keine Ahnung, wovon ich spreche, als ich die Zeitschriften erwähnte«, sage ich in die Runde.
»Und du glaubst ihm?«, fragt Micah.
Ich nicke fest. »Das tue ich.«
»Auch wenn ich deinem Urteilsvermögen vertraue«, sagt Darius und spielt mit seinem Manschettenknopf, »gibt es doch ein paar logische Lücken. Wenn ihr bereits gutes Geld dafür gezahlt wurde, damit sie die Wanzen in Gabes Pub platziert, warum sollte sie noch weitergehen und diese Geschichten für noch mehr Geld an die Klatschpresse verkaufen?«
»Das weiß ich nicht«, erkläre ich. »Wirkt sie wie jemand, der nur hinter dem Geld her ist?«, frage ich Gabe.
»Nein«, sagt er und starrt auf den Tisch.
Versöhnlich biete ich ihm an: »Ich kann mein Team tiefer graben lassen und sehen, was sie noch finden.«
Alle sehen Gabe an, denn die Wahl liegt bei ihm.
»Grab so tief, wie du nur graben kannst … und dann grab noch tiefer.« Er hebt den Kopf, die Augen dunkel, und darin lese ich den Verrat an ihm. »Dann wird sie mir erklären müssen, warum sie mich hintergangen hat.«