Nach meiner Verurteilung ging ich wieder an die Uni. Drei ereignislose Jahre später machte ich meinen Abschluss und änderte meinen Namen. Die Frau, die Charlies Familie terrorisiert hatte, verschwand aus den Akten.
Ich war nicht einmal in die Nähe der Rothschilds gegangen und hatte es auch nicht vor. Stattdessen hatte ich die alles verschlingende Kraft meines Kummers in die Suche nach meiner Krabbe gesteckt. Immer wenn ich ein paar leere Tage hatte – und leere Tage gab es viele, in diesen frühen Jahren –, fuhr ich nach Northumberland, um nach ihr zu suchen. Weder fand ich sie, noch stellte ich die Suche ein. Ich machte einfach immer weiter.
Ich machte meinen Master in Plymouth, und irgendwann bot man mir dort eine Forschungsstelle an. Langsam begann mein Leben, den Mindestanforderungen an »normal« zu genügen. Manchmal war es sogar richtiggehend angenehm, immer vorausgesetzt, dass ich nicht zu viel darüber nachdachte, was hinter mir lag. Emma wurde immer mehr wie die junge Emily gewesen war, und die Menschen mochten sie und suchten ihre Gesellschaft. Dafür sorgte ich.
Ich weiß nicht, ob ich glücklich war, aber mein Leben hatte Sinn und Zweck, und meistens war ich von Menschen umgeben. Das schien zu genügen.
Granny starb ein paar Jahre später. Ein Mann namens Leo rief mich wegen ihres Nachrufs an, und ich wusste, noch ehe wir uns das erste Mal gesehen hatten, dass das Leben mir eine zweite Chance geben wollte.
Und diese zweite Chance war wunderbar, viel wunderbarer, als ich es je zu hoffen gewagt hätte. Mein Körper heilte, mein Herz lernte wieder zu lieben.
Aber immer bleibt eine Lücke, ein Schatten im Sand. So ist es, wenn man jemanden verliert: Man kann den Verlust nicht ungeschehen machen, ganz gleich, was man auch dazugewinnen mag.