Kapitel 12

 

Jim Kirk starrte mit einem Gefühl düsterer Vorahnung in das unerschrockene Auge, das in grellen Farben auf die Hülle der Kriegsschwalbe aufgemalt war. An Bord der Paladin befanden sich jetzt mehr als dreihundert Besatzungsmitglieder – viele davon Kadetten – sowie die über zweihundert Leute, die von der Recovery herübergebeamt worden waren. Im ersten Moment hatte ihn das Wissen, dass Riley, Pille und all die anderen gerettet waren, zutiefst erleichtert – doch dieses Gefühl war nur kurzlebig gewesen. Die Paladin verfügte zwar noch über einige Waffen, besaß aber keine Schilde mehr, und Jim bezweifelte, dass sich die Recovery ein zweites Mal übertölpeln lassen würde. Wenn man das nächste Mal auf sie feuerte, würde die Recovery sie einfach alle in die nächste Welt blasen und es anderen überlassen, die Guten und die Bösen auszusortieren.

Und wenn die Klingonen ihr übliches Spiel abzogen – erst schießen und überhaupt keine Fragen stellen –, dann würde keiner von ihnen eine Chance haben.

Aber wie, um Himmels willen, sollte er den Klingonen das klarmachen?

Als er sich umdrehte, um Diksen den Befehl zu geben, die Grußfrequenzen zu öffnen, kam sie ihm zuvor. »Wir werden gerufen, Admiral. Von dem klingonischen Schiff. Sie kontaktieren auch die Tholianer.«

Jim tauschte einen Blick leiser Verwunderung mit Sonak. »Auf den Schirm.«

Das Bild des plumpen Schiffes verschwand und wurde durch den Anblick eines klingonischen Offiziers in voller Kriegsrüstung ersetzt. Das lange dunkle Haar und der Bart, beides von rötlichen Strähnen durchzogen, fielen bis zu einer Brustplatte aus schwarzem Leder und stumpf schimmerndem Metall herab. »Hier spricht Captain Qo'dar vom klingonischen Kriegsschiff Fury

»Und ich bin Admiral …«

»Ich weiß, wer Sie sind!«, donnerte der Klingone. Die kleinen Augen unter dem Knochenkamm blitzten wütend. »Wir haben alle Kom-Übertragungen überwacht. Zuerst war ich überzeugt, es handle sich um einen heimtückischen Verrat der Föderation, doch jetzt weiß ich, dass die Tholianer den Zwischenfall inszeniert haben, um Zugang zu modernster Föderationstechnologie zu gewinnen!« Er schlug mit seiner stahlumhüllten Faust auf die Konsole; es krachte vernehmlich. »Technologie, die sie benutzen werden, um das Klingonische Imperium zu erobern!«

»Admiral«, sagte Sonak leise, »die Recovery zeigt erhebliches Interesse an dem durch Schilde geschützten Klingonenschiff.«

»Einen Moment, Qo'dar!«, rief Kirk. »Wenn Sie alles beobachtet haben, dann wissen Sie auch, dass die Recovery uns alle vernichten wird, wenn Sie jetzt auf die Tholianer feuern! Schon allein Ihre Schilde veranlassen die Recovery, sich auf Sie zu konzentrieren, Ihr Schiff zu scannen …«

Der Klingone wandte sich einem anderen Offizier auf seiner Brücke zu und knurrte etwas in seiner Sprache. Die Antwort des Offiziers ließ Qo'dar zurückprallen. Wütend wandte er sich wieder dem Schirm zu. »Schlagen Sie mir vor, ich soll mich wie Sie verhalten und den Hilflosen spielen, nur um die Sensoren eines unbemannten Schiffes zufriedenzustellen?«

Sonaks perfekt modulierte Stimme ertönte. »Die Recovery lädt ihre Phaser auf.«

»Sie haben es gerade gehört, Qo'dar«, sagte Kirk rasch. »Sie haben die Wahl: Behalten Sie die Schilde weiter oben und lassen Sie sich vernichten – oder spielen Sie den Hilflosen und leben Sie, damit Sie uns helfen können, die Recovery zu überlisten.«

Der Offizier neben Qo'dar sagte etwas zu seinem Captain. Der Klingone ballte frustriert die Fäuste und gab schließlich ein knappes Kommando.

Für einen Augenblick hielt Kirk den Atem an.

»Die Fury senkt ihre Schilde, Captain«, meldete Sonak. »Und die Recovery sichert ihre Waffen und senkt ebenfalls die Schilde.«

In dem Bewusstsein, dass die Klingonen mittlerweile die gleichen Informationen hatten, wandte sich Kirk wieder nach vorn und suchte nach den richtigen Worten, nach der gemeinsamen Basis, von der aus sie vielleicht zu einer Lösung des Problems gelangen konnten. In einem Punkt hatte der Klingone absolut recht: Wenn die Tholianer die vollständige Kontrolle über die Recovery erlangten, würden sie die hochentwickelte Föderationstechnologie nutzen, um ihre Nachbarn zu überwältigen – und als erstes würden sie sich dabei die Klingonen vornehmen.

»Captain Qo'dar«, begann Kirk, »wie Sie sagten, wissen Sie, dass wir nicht …«

»Admiral«, unterbrach ihn Diksen, »die Tholianer senden ein Standard-Notsignal der Föderation. Sie senden es direkt …« Ihre Augen waren vor Verblüffung weit aufgerissen, als sie sich zu Kirk umdrehte. »… an die Recovery, Sir.«

»Verdammt!«, fluchte Kirk leise und registrierte, dass sich Qo'dar ebenfalls mit einem seiner Offiziere unterhielt. »Sonak?«

Den Blick konzentriert auf seinen Monitor gerichtet, erwiderte der Vulkanier: »Die Recovery antwortet, Sir. Die Tholianer berichten, ihr Schiff sei ernstlich beschädigt, bestehen aber darauf, wegen der spezifischen Umweltbedingungen, die ihre Physiologie erfordert, an Bord zu bleiben. Die Recovery analysiert ihre Koordinaten.«

»Lokara!«, grollte Qo'dar und schüttelte die Faust gegen den unsichtbaren Gegner. »Ich werde Sie in Stücke schießen, bevor Sie auf diesem Schiff Zuflucht nehmen!«

Sonak schaute von seinem Pult hoch und sah Kirk bedeutungsvoll an. »Ich glaube, Captain, die Klingonen bereiten einen Feuerschlag gegen die Skotha vor.«

»Qo'dar, nein!«, rief Kirk. »Die Recovery wird uns beide vernichten und die Tholianer trotzdem retten. Sie gewinnen gar nichts!«

Der Klingone zögerte, als enthielten Kirks Worte zuviel Wahrheit, als dass er sie ignorieren könnte, doch sein Gesicht blieb wutverzerrt, und seine Augen zogen sich misstrauisch zusammen. »Sie wollen zulassen, dass diese schleimigen Feiglinge Zugang zur Recovery erhalten, Kirk? Besser, wir vernichten die Tholianer jetzt und blicken dann dem Tod ins Auge …«

»Die Recovery beamt das tholianische Schiff in einen ihrer Hangars«, meldete Sonak, noch immer tief über seinen Monitor gebeugt.

Der Klingone heulte vor Wut, als die Skotha entmaterialisierte – so laut, dass Kirk beinahe zusammengezuckt wäre und Diksen ein Zeichen gab, die Lautstärke zu senken.

Er holte tief Luft und sagte dann mit einer Ruhe, die er im Grunde gar nicht empfand: »Die Recovery ist darauf programmiert, den tholianischen Raum anzufliegen. Einmal dort, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie in einem tholianischen Energienetz gefangen wird, wo man sie in aller Ruhe untersuchen und reprogrammieren kann.«

Der Klingone lauschte finster und beugte sich dann mit knirschender Lederrüstung vor. »Und was wird sie jetzt aufhalten, Kirk? Ihr zusammengeschossener Schrotthaufen? Oder mein einsames Kriegsschiff?«

»Admiral«, warnte Sonak, »die Recovery befasst sich zwar noch immer mit dem beschädigten tholianischen Schiff, das sich jetzt bei ihr an Bord befindet, bereitet aber gleichzeitig ihren Weiterflug in tholianisches Gebiet vor.«

Kirk wusste, dass die Recovery die Probleme der Paladin als erledigt betrachtete, seit sie die Menschen hinübergebeamt hatte. Selbst wenn die Klingonen Kirks Beispiel folgen würden – und der Admiral würde sich hüten, diesen Vorschlag zu machen –, würde die Recovery sehr wahrscheinlich auf deren Notsignal reagieren, indem sie alle Klingonen zu sich an Bord beamte. Er hatte plötzlich das Bild vor Augen, wie ein Dutzend kampfeswütiger Klingonen auf der Suche nach den Tholianern durch die Korridore der Recovery schwärmte, und schüttelte den Kopf. Das würde das Schiff nicht daran hindern, die tholianische Grenze zu überschreiten, und eine klingonische Mannschaft war auch nicht in der Lage, die Tholianer davon abzuhalten, die Recovery einzufangen. Er musste irgend etwas unternehmen, um die Recovery hier zu halten, etwas, das ihren Abflug verhinderte, damit er anschließend …

Er ging zur Wissenschaftsstation hinüber und beugte sich über Sonaks Schulter. »Hat der Computer die Übersetzung des tertiären Codes beendet?«

Der Vulkanier richtete sich auf und seufzte kaum hörbar. »Negativ, Admiral. Wir brauchen mehr Zeit.«

»Mr. Sonak«, sagte Kirk leise, »wenn wir keinen Weg finden, sie zu kontrollieren oder abzuschalten …« Er sprach nicht weiter, sondern schaute zum Schirm hinüber, zu dem unbeherrschbaren Giganten, und beendete den Satz in Gedanken.

dann müssen wir sie zerstören.

Während sich ihr Konstrukteur noch an Bord befindet.

Das war eine inakzeptable Lösung, doch er konnte auch nicht zulassen, dass das Schiff die Grenze überquerte. Eins nach dem anderen – erst musste das Schiff am Weiterflug gehindert werden.

»Qo'dar, haben Sie irgendwelche Drohnen an Bord?«

Der Klingone musterte ihn einen Moment, dann antwortete er: »Sie meinen die Sorte, die bei der Simulation benutzt wurde? Ja, einhundert.«

»Können die Drohnen zu einem bestimmten Ziel geschickt werden, ohne dass sie ihre Waffen scharfmachen, bevor sie dort eintreffen?«

Qo'dar zögerte. »Wenn Sie damit fragen wollen, ob die Drohnen zur Überwachung eingesetzt werden können – das ist möglich.«

Kirk nickte dankbar angesichts dieses Eingeständnisses. Er wusste, dass die Klingonen automatische Überwachung als feige betrachteten und eine direktere Annäherung vorzogen. Er wandte sich an den Vulkanier. »Sagen Sie Ingenieur Gambeta, dass wir ein besonderes Shuttle brauchen – eines, das die Anwesenheit von Lebensformen so überzeugend simuliert, dass die Recovery glaubt, es befänden sich Menschen an Bord. Und wir brauchen das Shuttle in fünf Minuten.«

»Aye, Sir«, erwiderte Sonak und wandte sich seinem Pult zu.

»Sie planen eine Neuauflage der Simulation?«, fragte der Klingone ungläubig. »Muss ich Sie daran erinnern, Kirk, dass es die Simulation war, die beinahe zu unserer Vernichtung geführt hätte?«

Kirk hob abwehrend die Hände. »Während der Simulation wurde die Recovery selbst angegriffen. Denken Sie darüber nach, Qo'dar – ihre Kernprogrammierung ist noch intakt. Ihre Reaktionen waren immer angemessen, solange jemand anderer angegriffen wurde. Können Ihre Drohnen auf ein Ziel feuern, wenn sie die entsprechenden Koordinaten haben?«

»Natürlich!«

»Gut.« Kirk holte tief Luft. Wenn seine nächsten Worte wie ein Befehl klangen, würde er nie die Kooperation des auf seine Ehre verpflichteten Kriegers erlangen. »Qo'dar, würden Sie jetzt bitte einen Strom von etwa zwanzig Drohnen ausschleusen, in kleinen Gruppen, nur damit die Recovery etwas zu analysieren hat, bis wir unser Shuttle losschicken können …?«

Es gab eine kurze Pause, dann knurrte Qo'dar einem anderen Offizier einen Befehl zu.

Über seinen Monitor gebeugt, sagte Sonak: »Die Fury schleust ihre Drohnen aus – zwei – fünf – acht – zwölf – zwanzig … Die Recovery hat ihre Startvorbereitungen unterbrochen, um sie zu analysieren und ihre Absicht herauszufinden.«

»Vielen Dank, Captain Qo'dar.« Ohne den Blick von seinem zögernden Verbündeten auf dem Schirm abzuwenden, sagte Kirk: »Sonak, es gibt zwar keinen zentralen Kommandobereich oder eine Brücke auf der Recovery, aber dafür ein Kerngehirn. Die Pläne, wo genau es untergebracht ist, befinden sich im Computer der Paladin. Ich möchte, dass Sie diese Pläne an Captain Qo'dar übermitteln.«

Die Überraschung des Klingonen war seinem Gesicht deutlich abzulesen.

Es gab eine kurze Pause, bevor Sonak kühl antwortete: »Als Erster Offizier muss ich Sie daran erinnern, Sir, das diese Information als geheim eingestuft ist.«

»Vielen Dank, Commander«, sagte Kirk, ohne den Blick von Qo'dar zu wenden. »Übermitteln Sie jetzt diese Information. Captain Qo'dar wird sie benötigen.« Er wandte sich an den Klingonen. »Wenn Sie diese Information bitte benutzen würden, Sir, um die verbleibenden Drohnen damit zu programmieren, dann schaffen wir es vielleicht, sie mit einem unbemannten Shuttle in die Recovery zu schmuggeln.«

Qo'dars Miene blieb argwöhnisch, selbst nachdem er die Information erhalten hatte. Er gab seinen Soldaten ein paar Befehle und löste damit hektische Aktivitäten aus. »Ich folge Ihrem Vorschlag und handle entsprechend, Kirk, aber welchen Nutzen soll es haben, die Drohnen auf das Schiff zu bringen? Man hat uns gesagt, das Schiff würde alle Waffen konfiszieren, die an Bord gebracht werden.«

»Deshalb dürfen die Waffen der Drohnen nicht scharfgemacht sein«, erklärte Kirk. »Stellen Sie sie so ein, dass sie ihre Waffen erst scharfmachen und abfeuern, wenn sie das Ziel erreichen. Wenn sie ihre Waffen zu früh aufladen, wird die Recovery sie einfach ins All hinausbeamen. Unbewaffnet sind sie nicht gefährlicher als Tricorder oder andere mit Sensoren ausgerüstete Geräte.«

Die Augen des Klingonen glitzerten amüsiert. »Ja. Ja. Ich verstehe Ihren Plan. Wenn die Drohnen das Gehirn zerstören, wird aus dem Schiff ein treibendes Wrack. Es wird die Grenze nicht überqueren, um von den dort wartenden Tholianern eingefangen zu werden. Und wir bekommen die Chance, Lokara Auge in Auge entgegenzutreten.« Der Krieger strich nachdenklich über seinen Bart, während er einen Entschluss fasste. »Fünf meiner Krieger werden die Drohnen begleiten.«

Kirk trat näher an den Schirm heran. Wenn er jetzt nicht die richtigen Worte fand, würde er die Ehre des Klingonen verletzten, und dann wäre alles verloren. »Qo'dar, dieser Plan … basiert auf der Voraussetzung, dass die Drohnen ihr Ziel erreichen, bevor die Tholianer im Innern des Schiffes die Kontrolle übernehmen können. Wenn Sie Krieger hinüberschicken, werden deren Waffen augenblicklich konfisziert und sie selbst vermutlich eingekerkert. Die Chancen, dass sie dort überhaupt etwas erreichen, sind außerordentlich gering. Wenn irgend etwas schiefgeht, haben sie ihr Leben für nichts geopfert. Welche Ehre soll darin liegen?«

Qo'dar runzelte die Stirn, während er überlegte. »Das ist typisch für die Föderation. Sie schicken Roboter aus, um die gefährlichsten Arbeiten zu erledigen. Sie reden und reden, nur um einen Krieg zu vermeiden. Sie verschwenden wertvolle Ressourcen für ein Schiff, dessen einziger Zweck darin besteht, Leben zu retten.« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde Ihr Volk nie verstehen.«

Kirk spürte Diksens Augen in seinem Rücken und erinnerte sich an ihr Gespräch darüber, wie die Föderation in den Augen kriegerischer Spezies erscheinen musste. Er wollte gerade antworten, als Sonak sich einmischte.

»Admiral, Mr. Gambeta meldet, dass das Shuttle startklar ist.«

»Schnell, Sonak. Schleusen Sie das Shuttle aus und senden Sie seine Koordinaten an Captain Qo'dar.« Er wandte sich wieder dem Klingonen zu. »Würden Sie die verbliebenen Drohnen in das Shuttle beamen?«

Qo'dar bellte die entsprechenden Befehle.

»Das Shuttle hat Kurs auf die Recovery genommen«, meldete Sonak Sekunden später. »Kadett Diksen, bitte teilen Sie den Schirm, damit der Admiral sahen kann, was vorgeht.«

Diksen gehorchte. Neben Qo'dars Bild erschien ein Ausblick ins All, und die mächtige Hülle der Recovery wurde sichtbar. Kirk beobachtete den Flug des Shuttles, während Sonak es mit seinen Sensoren verfolgte und laufend Bericht erstattete.

»Das Shuttle hat gestoppt und hält jetzt seine Position fünfzig Kilometer von der Recovery entfernt. Laut den Sensoren befinden sich zwei menschliche Passagiere an Bord – und jetzt auch achtzig klingonische Drohnen. Die Sensoren der Paladin melden, dass es sich dabei um Überwachungsgeräte handelt, mehr nicht. Die Recovery hat die Aktivitäten des Shuttles registriert.«

»Qo'dar, lassen Sie jetzt die zwanzig im Raum treibenden Drohnen das Shuttle einkreisen und das Feuer eröffnen. Zwei, drei leichte Treffer, das ist alles, was wir brauchen. Aber stellen Sie sicher, dass sie nicht auf die Recovery oder eines unserer Schiffe feuern.«

Der Klingone nickte und gab die Befehle weiter.

Plötzlich sammelte sich die kleine Gruppe von Drohnen, umschwärmte das Shuttle und gab zwei oder drei Schüsse ab.

»Das Shuttle sendet einen Standard-Notruf der Föderation, Captain«, rief Diksen.

»Gut«, murmelte Kirk leise und wartete darauf, dass das Schiff entmaterialisiert und ins Innere der Recovery transportiert wurde. Sekundenlang wagte niemand, sich zu bewegen oder zu sprechen. Doch nichts geschah.

»Kirk?«, knurrte Qo'dar.

Jim schaute Diksen fragend an.

»Das Notsignal wird immer noch ausgestrahlt, Sir«, meldete sie.

»Was geht hier vor?«, fragte der Admiral. »Weshalb wird es nicht an Bord gebeamt?«

Er glaubte eine Spur von Enttäuschung in Sonaks Stimme wahrzunehmen. »Sir, wie es scheint, ist die Recovery nicht überzeugt, dass sich Lebensformen an Bord befinden. Ihre Sensoren sind empfindlicher als unsere …«

Plötzlich brüllte Qo'dar einen weiteren Befehl, und die Klingonen an Bord der Fury beeilten sich zu gehorchen. Kirk gefiel nicht, was man ihnen vermutlich befohlen hatte. »Nein, warten Sie!«, rief er, doch es war schon zu spät.

»Captain«, meldete Sonak, »gerade sind fünf Humanoide an Bord des Shuttles gebeamt worden.«

Bevor er seinen Protest gegen Qo'dars Handlungsweise ausdrücken konnte, sah Kirk, wie das Shuttle entmaterialisierte und vom Schirm verschwand.

»Das Shuttle befindet sich jetzt an Bord der Recovery, Admiral«, bestätigte Sonak.

»Jetzt werden Sie erleben, wie Klingonen dem Tod ins Gesicht sehen, Terraner!«, prahlte Qo'dar und schwenkte die Faust. »Und auch die Tholianer werden es erleben. Aber ich habe Ihren Rat berücksichtigt. Meine Krieger sind unbewaffnet; ein klingonischer Krieger ist selbst Waffe genug.«

Kirk schluckte und zwang sich zu der Bemerkung: »Ich wünsche Ihren tapferen Kriegern Glück, Qo'dar. Mögen sie auf ihrer Mission Erfolg haben.«

»Captain«, meldete Sonak, »die Recovery hat ihre Schilde hochgefahren und mit Impulsantrieb Kurs auf den tholianischen Raum genommen.«

Plötzlich flackerte der Schirm unregelmäßig auf, und als Kirk sich umdrehte, sah er, dass Diksen hektisch an ihrer Station arbeitete. »Was ist los, Diksen? Was geht da vor?«

»Es ist die Recovery, Sir«, antwortete die Kadettin, ohne den Blick vom Pult zu nehmen. »Sie erzwingt eine Übertragung.«

»Nehmen Sie die Sendung an, Kadett.«

Das verzerrte Gesicht Lokaras schaute ihn vom Schirm her an. Qo'dar war verschwunden.

»Die Sensoren registrieren, dass diese Sendung gleichzeitig an das klingonische Schiff geschickt wird«, sagte Sonak.

Der Schirm zeigte die Brücke des beschädigten tholianischen Schiffes. Die Farben des Bildes schwankten so heftig, dass es in den Augen schmerzte, und Kirk kniff angesichts der grellen Töne die Augen zusammen.

»Kirk!«, rief Lokara mit seiner Oktaven umfassenden Stimme. »Ich habe die Kontrolle über die Kommunikationsanlagen der Recovery. Schon bald werde ich auch das Gehirn des Schiffes kontrollieren. Unterdessen folgt die Recovery weiterhin ihrem Plan, und Sie werden sie nicht aufhalten können. Dieses Schiff mit all seinen Waffen und seiner Technologie wird der Tholianischen Versammlung gehören.«

»Commander Lokara.« Kirk zwang sich zu einem ruhigen, ernsten Gesichtsausdruck, obwohl er nicht sicher war, ob der Alien die Feinheiten menschlicher Mimik überhaupt verstand. »Sie verurteilen Ihr Volk zu einem langen, verlustreichen Krieg …«

Ein Schwall gedämpfter, mechanisch verzerrter Geräusche drang durch die Lautsprecher. Lokaras verschleierte Gestalt beugte sich zur Seite, als er seine Konsole zu Rate zog; unterdessen nahmen die Geräusche an Lautstärke zu.

»Sonak, was geschieht dort?«

Der Vulkanier zog nachdenklich eine Augenbraue hoch. »Ich glaube, Captain, das sind die Klingonen, die ihr Zielobjekt gefunden haben.«

Während er noch sprach, ließen sich die Laute als klingonisches Kriegsgeschrei identifizieren.

Auf dem Schirm war zu sehen, wie sich Lokara hektisch bewegte und Kontrollen zu betätigen versuchte, die offenbar nicht mehr reagierten. Kirk fragte sich, ob die Klingonen Laserwerkzeuge benutzt hatten, um sich einen Weg in das Schiff zu schneiden. Würde die Recovery das zulassen?

»Kirk!«, schrie der Tholianer, dessen wütende Stimme durch die mechanische Verzerrung fast schon komisch schrill klang, »das ist wieder eine Ihrer Heimtücken!«

Der Schirm flammte auf, Lokara verschwand und wurde durch die drohend aufragende Gestalt Captain Qo'dars ersetzt. »Sie wagen es, Kirk das Verdienst zuzuschreiben?«, dröhnte er. »Es sind Klingonen, die vor Ihrer Tür stehen, Lokara! Sie können sie auch gleich hereinlassen – denn die Recovery wird Sie nicht länger beschützen!« Er brüllte einem Untergebenen einen Befehl zu.

»Captain, die Drohnen haben ihr Ziel erreicht«, sagte Sonak, »ihre Waffen scharfgemacht und sofort gefeuert. Das Gehirn der Recovery ist definitiv zerstört. Sie kann nicht mehr in den Warptransit gehen und treibt jetzt mit der ursprünglich erreichten Impulsgeschwindigkeit. Schilde sind unten.«

Kirk verzichtete auf den Luxus, Erleichterung zu empfinden; die Situation war noch nicht geklärt. »Mr. Sandover, können Sie einen Traktorstrahl auf das Schiff richten, bevor es außer Reichweite kommt? Wir müssen es daran hindern, die Grenze zu überqueren.«

Sandover drehte sich zu ihm um. Seine normalerweise blasse Haut war vor Aufregung gerötet. »Captain, wenn wir in unserer Verfassung versuchen, einen Traktorstrahl an etwas so Großem zu befestigen, werden wir in Stücke gerissen!«

Kirk begriff, dass er recht hatte, und wandte sich an Diksen. »Funken Sie Qo'dar an! Sein Schiff ist in gutem Zustand. Vielleicht können sie das Trägheitsmoment der Recovery kompensieren.«

Plötzlich nahm das Bild des Klingonen die Hälfte des Schirms ein, während auf der anderen Seite die Recovery zu sehen war, die sich weiter und weiter entfernte. »Ihr Kommunikationsoffizier hat Ihre Bitte weitergeleitet, Kirk. Es tut mir leid, aber das Schiff ist zu groß, als dass wir es beeinflussen könnten.« Er hielt eine Sekunde inne und knurrte dann: »Wir werden es zerstören müssen.«

Und Shulman befand sich noch immer an Bord. »Nein«, entgegnete Kirk. »Ihre Leute, Qo'dar …«

»Es ist der Traum eines jeden klingonischen Kriegers, im Kampf zu sterben, Kirk. Meine Männer werden freudig in den Tod gehen.«

»Mr. Sonak«, rief der Admiral, erfüllt vom Bewusstsein des drohenden Scheiterns. Noch bevor der Vulkanier reagierte, wusste er, wie die Antwort lauten würde.

»Noch immer kein Erfolg bei der Entschlüsselung des tertiären Codes, Admiral.« Sonak hielt kurz inne. »Sie sollten wissen, Admiral, dass sich laut unseren Anzeigen keine menschlichen Lebensformen mehr an Bord der Recovery aufhalten.«

Shulman war also tot; doch es befanden sich immer noch fünf Klingonen und der Tholianer dort. Er starrte auf das sich rasch entfernende Schiff und sagte dann düster: »Mr. Sandover. Fahren Sie alle Phaser hoch. Feuern Sie auf mein Kommando alles auf die Recovery ab.«

»Auf Ihr Kommando, Kirk«, sagte Qo'dar mit einem Respekt, der Kirk dazu brachte, seinen Blick dankbar zu erwidern – er hätte nie geglaubt, dieses Gefühl einmal einem Klingonen gegenüber zu empfinden. »Seien Sie gewiss, dass meine Krieger ihr Schicksal willkommen heißen.«

»Mr. Sandover«, sagte Kirk bitter, »feuern Sie alle Waffen ab.«

Der klingonische Captain stieß ein heiseres, einsilbiges Wort aus. Auf dem Schirm waren grelle Phaserstrahlen zu sehen, die sich in die Hülle des Schiffs brannten. Die Recovery wurde vom dem Feuerschlag erschüttert und driftete außer Kurs – beschädigt, aber nicht zerstört.

Der Klingone fluchte. »Was ist das für ein Schiff!«, knurrte er, und Kirk begriff, dass diese Bemerkung seiner Bewunderung entsprang. »Wäre das ein klingonisches Schiff …«

Abermals flackerte der Schirm, und Diksen rief: »Eine Sendung von der Recovery, Captain.«

Es war Lokara. Das Bild war so verzerrt, das Kirk eine Sekunde brauchte, um zu erkennen, dass der Tholianer sein Visor verloren hatte und jetzt unverhüllt vor ihm stand. Er gewann einen kurzen Eindruck von golden schimmernder Haut, durchdrungen von regenbogenfarbenen Funken, von langen, sich windenden Tentakeln … doch das Bild schwankte so heftig und war derart verzerrt, dass Kirk nicht in der Lage gewesen wäre, den Alien einigermaßen zutreffend zu beschreiben. Die Schreie der Klingonen waren nicht schwächer geworden, sondern klangen jetzt so, als hätten sie den belagerten Tholianer fast schon erreicht.

»Es ist vorbei, Kirk!«, brabbelte Lokara mit seinem grotesken Stimmenchor. »Vorbei, für immer. Ich habe Ihnen ja gesagt – Tholianer ergeben sich niemals!«

Die körnige, verzerrte und doch eindeutig erkennbare Gestalt eines Klingonen tauchte hinter Lokara auf. Als der Klingone den Tholianer in eine tödliche Umarmung zog, kreischte Lokara und schlug mit einem goldfarbenen Tentakel auf die Konsole vor ihm.

Der Schirm explodierte zu grellweißem Licht. Kirk hob geblendet eine Hand, bis Diksen den Kanal schloss und wieder das Bild des Weltraums mit der kleiner werdenden Recovery einspeiste.

»Admiral«, rief Sonak, »die Tholianer haben die Selbstzerstörung ihres Schiffes ausgelöst. Die Explosion hat einen Riss im Warpkern der Recovery verursacht. Innerhalb weniger Sekunden wird eine zweite Explosion erfolgen. Ohne Schilde werden wir nicht in der Lage sein, dem Druck …« Er unterbrach sich und schaute, eine Augenbraue verwirrt hochgezogen, auf seinen Monitor.

Bevor Kirk eine Erklärung verlangen konnte, tauchte Qo'dar auf dem jetzt wieder geteilten Schirm auf.

»Festhalten, Kirk! Halten Sie sich fest, so gut Sie können!«, grollte der Klingone.

Kirk starrte in das dunkle Gesicht des Commanders und war sich nicht ganz klar darüber, ob der Klingone ihn nur verspotten wollte; die Fury jedenfalls war gut geschützt und würde die Explosion ohne Zweifel überstehen.

Auf der anderen Seite des Schirms, direkt vor der Grenze zum tholianischen Raum und in Sichtweite der Flotte, die schon auf sie wartete, explodierte die Recovery.

Es war ein in seiner Lautlosigkeit unheimlicher Anblick, als sich das riesige Schiff in einen Lichtblitz und davonwirbelnde Trümmer auflöste. Kirk schaute hilflos zu, wie die Schockwelle, ungebremst durch das Vakuum des Alls, auf sie zurollte.

»Festhalten«, sagte er sinnloserweise zu seiner Besatzung. Eine Million Gedanken durchzuckten ihn in einem Sekundenbruchteil: Pille war hier, an Bord dieses Schiffes, doch er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, ihn zu sehen, und jetzt war es zu spät; Diksen, ihre ganzen Karriere noch vor sich, die sie nach seinem Vorbild hatte gestalten wollen, würde nun sterben; Sonak, ein hervorragender Wissenschaftler, der einen ausgezeichneten Ersten Offizier abgeben würde; Gambeta, Ngo, Riley und seine Frau, Sandover; alle hatten so hart gearbeitet, so viel gegeben, jeden seiner Befehle befolgt – und nun sollte alles so enden?

Es tut mir leid, Baldassare. Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr persönlich von Ihrer tapferen Mannschaft erzählen kann …

Die Schockwelle traf sie hart. Kirk spürte, wie die Gewalten an seinem Körper zerrten, als er in seinem Sessel herumgeschleudert wurde. Er hörte die Alarmsirenen, sah, wie Sandovers Station in Flammen aufging, beobachtete, wie der Steuermann sich trotz der Erschütterungen abmühte, den Brand zu löschen. Hinter ihm stöhnte jemand vor Schmerz. Er hörte, wie Stoff riss, Metall und Plastik zersplitterten. Die Paladin wurde in Stücke gerissen.

So würde es also enden …

Er schloss die Augen und fühlte, wie die Gewalt der Schockwelle durch ihn und das Schiff hindurchging – und dann schwächer wurde und ganz verebbte, obwohl sich das Schiff noch immer heftig schüttelte. Verblüfft öffnete er die Augen. Seine Crew war damit beschäftigt, die Feuer zu löschen und Notrufe aus allen Teilen des Schiffes zu beantworten.

Sie hatten überlebt. Aber wie …?

Er drehte sich zu Sonak.

»Ich hatte keine Zeit mehr, es Ihnen zu sagen«, meinte der Vulkanier und strich seine Uniform glatt, »aber die Fury hat in letzter Sekunde ihre Schilde auf uns ausgedehnt. Wir sind schwer beschädigt – für die Reparaturen werden wir uns zur nächsten Starbase schleppen lassen müssen –, aber die Lebenserhaltung funktioniert, und das Schiff ist noch in einem Stück.«

Kirk blickte zum Sichtschirm, der jetzt nichts als statische Störungen zeigte. »Diksen, funken Sie die Fury an …« Er hielt inne und drehte sich zur Station der Kadettin um. »Diksen, alles in Ordnung?«

Er konnte sehen, dass ihre Hände zitterten, doch sie straffte die Schultern und sagte ohne das leiseste Schwanken in der Stimme: »Mein Pult ist in Ordnung, Sir. Grußfrequenzen sind offen. Ich meine, ich stelle die Verbindung zur Fury her, Sir.«

Während sie arbeitete, erwachte der Schirm zu neuem Leben, und gleich darauf erfüllte ihn Qo'dar mit seiner dunklen Präsenz.

»Wie ich sehe, sind Sie meinem Rat gefolgt und haben sich festgehalten, Kirk. Sie haben die Schockwelle überlebt. Zu schade. Das bedeutet, es gibt ein Föderationsschiff mehr, mit dem wir uns befassen müssen.« Qo'dar bemühte sich, eine missbilligende Miene beizubehalten, konnte jedoch ein leises, zufriedenes Grinsen nicht ganz unterdrücken.

»Sie haben Ihre Schilde ausgedehnt, Qo'dar«, beschuldigte ihn Kirk. »Leugnen Sie es nicht. Sie haben eindeutig versucht, uns zu retten. Was wird das klingonische Oberkommando dazu sagen?«

»Es kann sich nicht zu etwas äußern, von dem es nie erfahren wird, Kirk. Und soweit ich weiß, stehen Sie nicht gerade in dem Ruf, ständig mit unserem Generalstab in Kontakt zu stehen. Wir haben beide erreicht, was wir wollten – auch wenn wir unterschiedliche Ziele hatten. Ohne Zweifel hätten Sie die Recovery lieber zum Aufgeben überredet.«

»Und Sie hätten es gewiss vorgezogen, wenn sie sich gegen Ihr Kriegsschiff gewehrt hätte«, meinte Kirk mit einem schiefen Grinsen.

Qo'dar legte den Kopf in den Nacken und brach in heiseres Gelächter aus.

»Ich hoffe, Ihre Krieger sind ruhmvoll gefallen«, sagte Kirk ernst.

Die Heiterkeit des Klingonen verschwand. »Und ich bedaure, dass wir Ihr Rettungsschiff nicht erhalten konnten. Es war ein ehrenvolles Experiment.«

»Captain«, sagte Diksen leise, »wir werden von einem Föderationsschiff gerufen, das auf unser früheres Notsignal hin antwortet. Sie … sind besorgt wegen der Anwesenheit der Klingonen, Sir.«

Kirk nickte. »Captain Qo'dar, eins unserer Schiffe ist unterwegs, um uns zu helfen. Doch Ihr Beistand wird nicht in Vergessenheit geraten. Vielleicht eines Tages, in der Zukunft …«

Qo'dar kicherte nur. »Sie meinen, eines Tages werden die Klingonen so sein wie Sie, den ganzen Tag herumsitzen und reden, reden, reden? Ich hoffe nicht! Auch ich träume davon, wie ein Krieger zu sterben!« Mit einem knappen, klingonischen Befehl beendete Qo'dar die Verbindung, und der Schirm zeigte wieder das Bild des Weltraums mit seinen glitzernden Sternen – und zahllosen Trümmerstücken, die durch das schwerelose Vakuum trieben und alles waren, was noch an das Rettungsschiff Recovery erinnerte.

Es tut mir leid, Myron. Mehr leid, als Sie jemals erfahren werden. Er ließ sich in Romolos Sessel zurücksinken, erschöpfter und zugleich munterer als je zuvor in den letzten zwei Jahren.

»Wir werden von der Cavalry gerufen, Sir«, erinnerte ihn Diksen, als das klingonische Schiff in den Warp ging.

Kirk drehte sich zu ihr um und fragte grinsend: »Die … Kavallerie?«

»Aye, Sir. Der Captain der U.S.S. First Air Cavalry möchte Sie sprechen.«

Kirk schmunzelte in der Erinnerung an die Auseinandersetzungen um diesen Namen, die die Taufe des Schiffes begleitet hatten. Doch die First Air Cavalry war eine berühmte historische Kampfeinheit gewesen und hatte diese Ehrung verdient, und außerdem brauchte die Paladin im Moment alle Ressourcen, die jenes große Sternenschiff zu bieten hatte.

»Auf den Schirm, Diksen.«

Als das vertraute Gesicht von Captain Marie Childress auftauchte, mit Botschafter Sarek an ihrer Seite, gestattete sich Jim ein breites Lächeln.

»Marie! Der richtige Anblick für müde Augen. Das gilt auch für Sie, Botschafter.« Er genoss es zu sehen, wie Botschafter Sarek mit einem winzigen Hochziehen der Augenbraue seine Überraschung zum Ausdruck brachte. »Wie sind Sie so schnell hergekommen?«

»Jim, es waren mehrere Schiffe in der Nachbarschaft der Simulation stationiert worden«, antwortete Childress, »einfach nur aufgrund der Anwesenheit von Romulanern, Klingonen und Tholianern. Wir hörten vom Zusammenbruch der Recovery und sind seitdem hinter Ihnen hergejagt. Ein paar weitere Schiffe folgen uns, und mehrere andere sind zur Unterstützung der Starhawk zurückgeblieben.«

»Ist Captain Romolo bei Ihnen?«, fragte Kirk hoffnungsvoll. Er wünschte sich nichts mehr, als Baldassare – vor versammelter Mannschaft – zu berichten, wie tapfer sich die Besatzung für ihren ›Ersatz-Captain‹ geschlagen hatte.

Captain Childress bewegte sich unruhig in ihrem Sessel, während ihre Augen Sareks Gesicht suchten. Der Botschafter neigte kurz den Kopf. Als er wieder aufsah, wirkte seine Miene düster. »Es tut mir leid, Admiral, aber ich fürchte, Captain Romolo hat den Angriff auf die Starhawk nicht überlebt. Darf ich Ihnen und der Besatzung der Paladin gegenüber zum Ausdruck bringen, dass ich mit Ihnen trauere.«

Kirk konnte nichts sagen – er fühlte sich, als hätte er soeben einen Tiefschlag erhalten. Ein paar Sekunden verstrichen, dann sprach Sarek weiter, und diesmal war ein Hauch von Neugier in seiner Stimme zu erkennen.

»Captain Akhmatova wurde schwer verletzt und befindet sich noch in der Krankenstation. Sie bat mich, Ihnen eine Botschaft zu übermitteln …« Er zögerte kurz. »Sie meinte, ich soll Ihnen sagen, sie wüsste jetzt, was sie tun sollte. Und sie sagte: Erzählen Sie Kirk, Baldassare hätte die richtige Wahl getroffen. Die vierte Möglichkeit.«

»Die vierte Möglichkeit«, wiederholte Kirk, noch zu betäubt von den Neuigkeiten, um die Worte zu begreifen. Und dann fiel ihm seine Unterhaltung mit Akhmatova wieder ein.

»Ich glaube, ich habe drei Möglichkeiten: Ich kann die Beförderung akzeptieren und mich die Treppe hinauftreten lassen, ich kann sie ablehnen, oder in den Ruhestand gehen und alles hinter mir lassen.« Baldassare hatte die vierte Möglichkeit gewählt, die richtige: Er war im Kampf gestorben, als Captain auf einem Sternenschiff.

Ein schwacher Laut hinter ihm veranlasste ihn, über die Schulter zu schauen. Reese Diksen saß mit steinerner Miene an der Kommunikationsstation, starrte auf ihr Pult und hatte die Fäuste vor Wut geballt.

Mit einem Seufzen wandte sich der Admiral wieder dem Schirm zu.

»Marie, diese Crew ist verletzt, hungrig und erschöpft. Viele von ihnen werden direkt zur Cavalry gebeamt werden müssen, um medizinisch versorgt zu werden. Wir brauchen ein Ersatzteam – insbesondere für die Brückenmannschaft – und eine Menge Hilfskräfte.«

»Ich schicke Ihnen meine besten Leute, Jim«, versprach Marie. »Sie werden die Brücke noch in dieser Stunde verlassen können.«

Er nickte und dachte: Irgendwo auf diesem Schiff muss es saurianischen Brandy geben. Wenn ich den entdeckt habe, muss ich nur noch Pille finden …