Kleine Mahlzeit für eine Freundin, die abnehmen will

Ziel:

die Gelegenheit wahrzunehmen, um Ihrer Freundin ernsthaft ins Gewissen zu reden und ihr die Übel von Diäten klarzumachen. Weisen Sie sie darauf hin, dass alle berühmten Verführerinnen der Geschichte zu einer gewissen Leibesfülle neigten.

Kate wird heute bei Bailey das Abendessen zubereiten, und Bailey macht eine Diät. Aber Bailey braucht gar keine Diät, und außerdem sind Seezunge à la Veronique und gegrillte Tomaten einfach zu tugendhaft. Stattdessen hat Kate sich für etwas anderes entschieden: «Bei einer Freundin zubereitetes Dinner nach einem anstrengenden Tag» – Lamm-Stew, Tiramisu und viel Rotwein –, ein wesentlich leidenschaftlicherer Plan.

Als sie bei Bailey eintrifft, bringt diese gerade ihre Töchter zu Bett. Kate hilft ihr, liest Franny zum elften Mal Der Grüffelo vor und steht dann in Tabbys Schlafzimmertür, während Bailey sich Zeit für ihre jüngere Tochter nimmt, ihr durch die blonden Locken streicht und etwas Lustiges erzählt, das die Kleine so zum Kichern bringt, dass am Ende alle lachen.

Sie gehen in die Küche hinunter, und Bailey schenkt zwei große Gläser Gin Tonic ein. Sie schüttelt erschöpft den Kopf. «Prost – auf das Dasein als Alleinerziehende!»

Kate stößt seufzend mit ihr an. «Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.»

«Du hast doch schon das Essen mitgebracht.»

«Es ist nur ein Exemplar des Buchs, von dem ich dir erzählt habe und aus dem dieses Menü stammt.»

Kate reicht Bailey das Buch und nimmt dann die Frischhaltedosen aus ihrer Tasche. «Seite achtundachtzig:

Halte deinen Fuß zurück vom Hause deines Nächsten; er könnte dich satt bekommen und dir gram werden – aus den Sprüchen der Bibel. Vor jedes Menü hat sie ein einschlägiges Zitat gesetzt.»

«Meine Freundin, du seist willkommen in diesem Hause zu jeder Stunde – du bist besser als Deliveroo», sagt Bailey, bewundernd würdigt sie das Cover des Buchs und schlägt dann die entsprechende Seite auf. «Setting – die Küche einer anderen Frau. Es gibt nichts, was einen mehr demoralisiert, als in der Küche einer Freundin zu kochen. Einer der beiden folgenden Gedanken ist unvermeidlich: a) Wie viel ordentlicher Sie sind, denn sosehr Sie Ihre Freundin auch lieben, es lässt sich nicht leugnen, Bailey lacht. «Tut mir leid, meine ist die reinste Müllkippe.»

Kate mustert die makellos weiße Theke, die über dem Herd hängenden, glänzenden Kupferpfannen und die Reihe der funkelnden Weingläser.

«Glaub mir, das ist ein Saustall», sagt Bailey, die Kates Blick folgt. «Insbesondere im Vergleich zur Küche deiner Mutter.»

«Das liegt nur daran, dass Mum niemals kocht. Ich habe letzten Samstag das Picknick zubereitet, und sie meckert immer noch, ich hätte Unordnung geschaffen.»

Bailey schüttet Kartoffelchips in eine Schale und setzt sich an den Tisch. «Was unternimmst du eigentlich wegen deiner Wohnsituation?»

Kate gibt das Stew in eine Pfanne und stellt sie auf den Herd. «Ich habe dir ja erzählt, dass ich Nick besucht habe, nachdem dieses Arschloch mich versetzt hat?»

«Du hast noch immer nichts von dem Typ gehört?»

«Kein Wort, aber sollte er glauben, dass ich dieses Café künftig meiden werde, irrt er sich – die Mandelcroissants sind die besten in Nordlondon. Jedenfalls hat Nick sich sehr liebevoll verhalten, als ich zu Besuch kam. Er sagt, dass er immer noch nicht begreift, was in Frankreich passiert ist. Ich glaube, er hatte einfach Panik vor der engen Bindung.»

«Kate, Beziehungen sind immer voller Unbekannter – schau doch nur Tom und mich an. Zwanzig Jahre zusammen, zwei Kinder, eine Hypothek, all das, und trotzdem hat er das absolute Klischee einer Midlife-Crisis erfüllt und sich eine Kollegin gesucht, die Lust aufs Ficken hatte.»

«Das finde ich passend, wenn man Kinder hat, aber wie dem auch sei, lass uns nicht bei Nicks jugendlichen Hobbys verweilen. Schau mal, Kate, es kann jederzeit alles Mögliche passieren, da kannst du auch genauso gut mit der Person zusammen sein, die dich glücklich macht. Nick hat einen Fehler gemacht, aber er ist kein schlechter Kerl, er ist kein Betrüger wie Tom, er ist einfach nur ungeschickt. Ihr beide seid ein so tolles Paar, immer wenn ich euch zusammen sehe, lacht ihr. Bring es zu Ende und zieh bei ihm ein. Aber bis dahin bist du mehr als willkommen, in mein Gästezimmer zu ziehen, als meine im Haus wohnende Babysitterin, vielleicht? Ich könnte wirklich eine Frau gebrauchen, der ich vertrauen kann.»

«Pass auf, was du dir wünschst», sagt Kate und setzt das Wasser für die Kartoffeln auf.

«Ich liebe den Geruch von alten Büchern», sagt Bailey, führt das Hardcover an die Nase und atmet seinen Duft ein. «Ach, schau mal», setzt sie hinzu und fährt mit dem Finger am Inhaltsverzeichnis entlang. «Das hier ist phantastisch, dieses Menü brauche ich: ‹Dinner für eine wichtige Kundin (eine toughe Frau) – Ziel: die übliche Kaufanreiz-Resistenz Ihres Gastes durch Zuführen von gutem Wein und gutem Essen zu überwinden. Sie in einem solchen Wohlbehagen und vielleicht sogar leicht alkoholisierter Benommenheit zu wiegen, dass sie Ihren Vertrag ohne Widerspruch unterschreibt. Tischdekoration: Ein Glas mit Zigaretten und Schokoladen-Pfefferminz-Pralinen.› Das waren noch Zeiten …»

«Phantastisch. Ich arbeite jetzt mit einer neuen Keramikerin in Leeds zusammen, die wunderschöne Vasen töpfert. Ich stelle sie nur am Wochenende aus, aber es gibt bereits eine Warteliste.»

«Ooh, ich schaue sie mir auch einmal an. Vielleicht schenke ich mir selber eine, falls – na ja –, wo immer ich letztlich lande.»

«Wie läuft denn deine Arbeit?»

«Ach, der übliche Mist. Wegen der Restrukturierung veranstaltet Devron einen Zweikampf zwischen Annalex und mir, als wollte er ein salomonisches Urteil fällen, nur ohne die Weisheit.»

«Lass dich doch abfinden, du würdest massenhaft Geld bekommen.»

«Es wäre nicht viel, und außerdem schmeiße ich den Bettel nicht einfach hin.»

«Ehrlich, du solltest dich selbständig machen. Hör mal, was planst du für deinen Geburtstag? Hast du meine E-Mail bekommen?»

«Tut mir leid», antwortet Kate und trinkt einen großen Schluck Wein. «Ich habe dich nicht ignoriert. Oder besser gesagt, ich habe eher meinen Geburtstag ignoriert als dich.»

«Bis dahin ist es nicht mehr weit.»

Kate schaudert. «Nick hat für den Samstagabend einen Tisch im Le Montrachet reserviert, aber ich glaube, ich würde lieber etwas mit all meinen Freunden und Freundinnen zusammen unternehmen.»

«Er hat es geschafft, dort einen Tisch zu bekommen? Kate, geh mit ihm hin! Das Restaurant soll phantastisch sein. Ich

«Oh, ich überlege mir etwas», sagt Kate und rührt im Stew. «Cecily hat für dieses Rezept Perlgraupen vorgesehen und ganz viel frischen Thymian. Es riecht köstlich …. Ach, übrigens, wie steht es mit deinem sexy Gärtner?»

«Adam?» Bailey schenkt Wein nach. «Er hat mich gefragt, ob ich eine Eintrittskarte für die Gartenausstellung möchte, auf der er einen Stand hat.»

«Du hast doch hoffentlich zugesagt? Dann kannst du beim nächsten Elternabend vor deinem Hängebacken-Ex mit ihm angeben.»

«Er ist achtundzwanzig und fährt einen Triumph, und ich bin vierzig, habe zwei Kinder und fahre einen klapprigen Volvo. Wahrscheinlich hat er mir das Ticket einfach nur aus Höflichkeit angeboten.»

«Hör sofort damit auf. Du bist ein außergewöhnlicher Mensch, Bailey – liebenswert und schön, jeder Mann, der dich bekommt, kann sich glücklich schätzen.»

«Manche Männer stehen wohl tatsächlich auf ältere Frauen. Wayne Rooney …»

Kate lacht. «Du hast seine Einladung doch hoffentlich angenommen? Du hast ja gesagt, oder?»

«Also», antwortet Bailey und beißt sich auf die Unterlippe. «Ja, das habe ich tatsächlich.»

Kate jubelt wie bei einem Sieg. «Bring ihn zu meiner Party

«Wir greifen damit der Entwicklung ein bisschen vor, oder?»

«Versprichst du es mir, wenn bis dahin alles gut läuft?»

«Immer ein Schritt nach dem anderen.»

 

Mit viel zu viel Tiramisu im Bauch liegt Kate in Baileys Gästezimmer und kann nicht schlafen. Seufzend schaltet sie die Nachttischlampe ein und holt Papier und Stift aus ihrer Handtasche. Sie will sich ein für alle Mal klar darüber werden, ob es überhaupt die Mühe lohnt, auf Nick zu warten und darauf, dass mit ihm am Ende alles gut wird.

Nick

 

Pro:

Liebe

Die bereits investierte Zeit

Mein Vierzigster steht bevor (weniger Kollagen im Gewebe, allgemeines Nachlassen der Attraktivität, graue Haare etc.)

Bailey und Kavita sind mit ihm einverstanden

Seine guten Eigenschaften (siehe Anhang 1)

 

Er könnte jederzeit wieder mit dem Herumeiern anfangen – so bekomme ich niemals festen Boden unter den Füßen

Eine Therapie macht einen Hund nicht zur Katze

Die lästigen Meinungen verschiedener lästiger Freunde (insbesondere Mrs. Finns)

Seine schlechten Eigenschaften (siehe Anhang 2)

Kate hat schon oft solche Listen geschrieben:

Alex: hinreißend / trinkt zu viel

Toby: kreativ, romantisch / zu jung

Maloney: erfolgreich / oberflächlich, nicht nett

Sie träumt von einer Beziehung, in der sie nicht früher oder später zu Papier und Stift greifen muss, damit die Fakten weniger ungenießbar wirken.

Allerdings würde sie auch vor dem Kauf eines bestimmten Sofas Pro und Kontra aufschreiben, und ein Freund und Liebster ist etwas viel Komplizierteres als ein Sofa – sogar ein Freund mit dem Spitznamen Amöbe. Insbesondere ein Freund mit dem Spitznamen Amöbe.

Cecily fordert Kate immer wieder auf, mutig zu sein. Wäre es tapferer, die Beziehung wegen eines (zugegebenermaßen verletzenden) Vorfalls und des rasch nachlassenden Schmerzes aufzugeben? Nein, viel tapferer ist es mit Sicherheit, einen Schlag hinzunehmen, wieder aufzustehen und sich nicht niederzwingen zu lassen. Das Ganze mit Nick aufzuarbeiten – das ist wirklich die mutigere Alternative. Cecily kann nicht über sechzig Jahre mit Samuel verheiratet gewesen sein, ohne

Genug überlegt. Kate hat sich entschieden. Sie wird Donnerstag mit Nick zum Konzert von Radiohead gehen, und sollten die Dinge weiterhin gut laufen, wird sie Samstag einem Abendessen zustimmen. Immer ein Schritt nach dem anderen.