Dinner for One in einer Nacht, die einem das Herz gebrochen hat

Nein, mir reicht’s, du bekommst nichts mehr von mir.

MICHAEL DRAYTON

Ziel:

Sie wollen sich mit lebensbejahendem, mit viel Butter unter minimalem Aufwand zubereitetem Essen stärken und trösten, was Ihnen ein Maximum an Zeit verschafft, um sich mit einem guten Buch früh ins Bett zurückzuziehen (oder mit einer Schlaftablette und einem Whisky, je nach Schwere und Geschmack der Trennung).

 

Menü:

Linguine mit Butter und Parmesan

Ein Rest Schokoladeneiscreme* nach Eva Polons Geheimrezept (siehe Sommerparty zur Feier der Abreise Ihrer hochnäsigen Nachbarn und deren kläffendem kleinem Pekinesen)

 

* Sollten Sie keinen Eiscreme-Rest im Gefrierfach haben, ist es zu diesem Anlass vollkommen akzeptabel, jeden Kuchen in Reichweite zu verzehren.

Kate schüttelt den Kopf, rasch und energisch. Sie wird nicht weinen, sie wird nicht wieder wegen dieses Idioten weinen. «Ich weiß, dass ich mich fangen werde. Es ist in Ordnung, dass er mich nicht liebt. Es ist nicht das Ende der Welt.»

«Stimmt – aber ich weiß, dass Sie viel für ihn empfunden haben.»

«Und ich weiß, dass Sie ihn nicht mochten», sagt Kate, putzt sich die Nase und wartet darauf, dass Cecily hinzufügt: Ich habe es Ihnen ja gleich gesagt.

«Es hat mir nur nicht gefallen, wie er Sie behandelt hat.»

«Ich denke, Sie können Ihr Buch zurückhaben», sagt Kate und nimmt Cecilys Exemplar von Thought for Food aus ihrer Handtasche. «Damit habe ich ihn auch nicht dazu gebracht, mich zu lieben.»

«Ein Buch kann keine Wunder tun», sagt Cecily, nimmt es entgegen und betrachtet das Cover neugierig. «Trotzdem glaube ich, dass es etwas Gutes für Sie bewirken wird.» Bei diesen Worten spielt ein leises Lächeln um ihre Lippen. «Schauen wir einmal, was als Nächstes geschieht. Ihre Geschichte ist noch nicht vorbei.»

«Ach, Mrs. Finn, ich habe keine Lust, noch einmal eine Beziehung mit einem Mann anzufangen. Das bringt ja doch nichts. Welchen Sinn hat es überhaupt, jemanden zu lieben, wenn man ihn nur wieder verliert?»

«Der Sinn ist die Liebe. Gestehen Sie sich Zeit zu. Die Trennung ist erst eine Woche her.»

«Es hängt davon ab, was man mit ihr anfängt», bemerkt Cecily nachdenklich. «Ach, übrigens, ich habe ein Geschenk für Sie. Es ist nicht viel, ich weiß nicht einmal, ob Sie es werden nutzen können. Nehmen Sie den», sagt sie und deutet auf einen Umschlag, der auf ihrem Nachttisch liegt.

Kate öffnet den Umschlag. Darin befindet sich eine Karte mit einem kurzen Text, der in Cecilys eleganter Handschrift verfasst ist.

Für Kate,

anlässlich Ihres vierzigsten Geburtstags.

Ich kenne Ihre Interessen noch immer nicht, glaube allerdings, dass Sie beim Essen einen guten und bei Männern einen schlechten Geschmack haben. Sie hatten erwähnt, dass Ihnen mein Versuch, ein Kochbuch zu schreiben, gefallen hat, daher dachte ich, Sie würden es vielleicht gern besitzen.

«Mein Werk dürfen Sie nehmen, mein Werk sollen Sie nutzen, Sie dürfen es entlehnen, wenn Sie’s von Fehlern putzen.» – Frei zitiert nach Browning.

Mit von Herzen kommenden Grüßen

Mrs. Cecily Finn

«Ah, danke, Mrs. Finn – das ist reizend von Ihnen», sagt Kate und nimmt das Buch erneut zur Hand. «Meinten Sie, ich soll dieses Exemplar behalten?»

«Sie sagten mir doch, Sie hätten das Buch bereits mehrfach zu Hause stehen.»

«Warum schauen Sie schon wieder so verwirrt?»

«Nein, schon gut, ich … es tut mir leid … mir ist nicht klar, welches Exemplar Sie mir schenken.»

«Ach, Kate, wirklich nicht?»

«Was denn?», fragt Kate mit einem verlegenen Lachen.

«Ich schenke Ihnen das Buch selbst, das Copyright.»

Kate stockt der Atem, während ihr schon wieder die Tränen in die Augen schießen.

«Ach bitte, werden Sie nicht wieder gefühlsduselig», sagt Cecily. «Sonst gehen mir noch die Papiertaschentücher aus.»

Es ist das Netteste, was jemals jemand für Kate getan hat, und eine große Dankbarkeit ergreift sie. Sie sitzt einen Moment benommen da. «Aber, Mrs. Finn, es ist Ihr Werk, und es war Ihr Leben.»

«Deshalb hat es ja ein gutes Zuhause verdient. Sonst kommt es doch nur mit mir ins Grab.»

«Sind Sie sich vollkommen sicher?»

«Stellen Sie jedermanns Entscheidungen in Frage oder nur die meinen? Ich sage immer, was ich meine – und umgekehrt.»

«Ja, das ist mir schon aufgefallen», sagt Kate, schluckt ihre Tränen herunter und lacht. «Sie schenken mir das Buch nicht nur, weil ich Ihnen leidtue, oder?»

«Guter Gott, Kate, ich habe Ihnen gegenüber schon alles Mögliche empfunden. Ich war schon genervt, gelegentlich wütend und ein- oder zweimal verwirrt, aber leid haben Sie mir niemals getan, und schon gar nicht jetzt. Jetzt bin ich hoffnungsvoll. Und das ist ein Gefühl, das ich schon eine ganze Weile nicht mehr hatte.»

Cecily schüttelt den Kopf. «Ich hatte nie viel für Sport übrig.»

«Ich hatte immer Angst vor diesem Spiel. Manchmal hatte ich Glück. Ich holte mit dem Schlagholz aus – ich konnte ziemlich kräftig schlagen –, traf den Ball, und er flog weit. Obwohl ich nur durchschnittlich schnell rannte, schaffte ich eine Runde oder gelangte zumindest zu einem der nächsten Laufmale. Doch immer wenn ein bestimmtes Mädchen, Laura John, den Ball warf, zischte er direkt an mir vorbei. Ich schwang das Schlagholz, verfehlte den Ball aber jedes Mal. Mein Gesicht wurde brennend rot, und alle starrten mich an. Immer hätte ich dann am liebsten um eine neue Chance gebeten, nächstes Mal würde ich es besser machen, ganz bestimmt, denn ich wusste, dass ich das konnte. Aber Schlagball ist nicht wie Baseball, man bekommt keine zweite Chance. Also blieb ich stattdessen einen Augenblick zu lang stehen, von mir selbst enttäuscht, und dann erst lief ich los, aber weil ich gezögert hatte, wurde ich erwischt und schaffte es nicht rechtzeitig zum Laufmal.»

«Kate, wieso erzählen Sie mir das?»

«Oh, es ist eine Metapher, Mrs. Finn. Na ja, eine Analogie. Es fühlt sich so an, als würde mein ganzes Leben so laufen wie damals mit vierzehn, wenn ich mit dem Schlagholz in der Hand dastand, vor aller Augen schrecklich versagte und zu spät reagierte, weil ich mich verzweifelt nach einer weiteren Chance sehnte.»

«Ach, Kate», sagt Cecily kopfschüttelnd. «Das Leben ist voller Enttäuschungen, großen und kleinen, selbst bei den

«Ja, da haben sie vermutlich recht. Ach, Scheiße. Oh, Entschuldigung, tut mir leid, Mrs. Finn», sagt sie und legt errötend die Hand auf den Mund.

«Was ist denn jetzt los?»

«Nick hat noch immer all meine Kochbücher. Und ich bin letzte Woche ziemlich dramatisch aus dem Restaurant gestürmt – ich will wirklich keinen Kontakt mehr zu ihm. Daher sagt man wohl auch, eine saubere Trennung sei das Beste – sonst bleibt man nur mit all diesen schmerzhaften Splittern zurück.»

«Ich habe eine Idee», sagt Cecily und wirft einen Blick auf ihre Bücherregale. «Sollten Sie tatsächlich einmal bei Ihrer Mutter ausziehen, können Sie sich hier die Bücher aussuchen, die Ihnen gefallen.»

«Nein, Mrs. Finn, das kann ich unmöglich annehmen.»

«Ich kann sie nicht mitnehmen.»

«Das stimmt. Aber bei allem Respekt, Mrs. Madrigal ist gerade hundertundvier geworden, ich kann ruhig noch ein Jahrzehnt abwarten.»

«Darum sage ich ja, nehmen Sie sie jetzt.»

«Ich kann Ihre Sammlung nicht zerstören.»

«Doch, das können Sie sehr wohl, und danach könnte ich die Existenzialisten aus dem Badezimmer holen, bevor eine dieser Idiotinnen sie durchnässt, während sie meine Intimsphäre verletzt. Kate – dann würde ich mich noch einmal nützlich fühlen.»

«Mrs. Finn – warum sind Sie so gut zu mir?»

Cecily zuckt mit den Schultern. «Weil ich es sein kann.»

Cecily sieht Kate mit zusammengezogenen Augenbrauen an. «Das ist eine dumme Bemerkung, selbst für Sie. Ich halte es für recht offensichtlich, wer mehr verloren hat.»

«Entschuldigung, Mrs. Finn, ich wollte meine Verluste wirklich nicht mit den Ihren vergleichen. Ich kann mir kaum vorstellen, was Sie durchgemacht haben müssen.»

«Nein», entgegnet Cecily und schüttelt ungeduldig den Kopf. «Darauf wollte ich nicht hinaus. Die Person, die in dieser Beziehung etwas Kostbares verloren hat, ist offensichtlich Nick. Aber Sie, Kate? Sie haben überhaupt nichts verloren. Sie haben Ihre Zukunft zurückgewonnen.»

 

Während der Heimfahrt starrt Kate aus dem Busfenster in den verregneten, grauen Tag hinaus. Tut es ihr nach allem, was vorgefallen ist, leid, dass sie Nick eine zweite Chance gegeben hat?

Hätte sie nicht so viel Hoffnung in ihre Beziehung gesetzt, hätte sie sich damals am Flughafen Stansted für immer verabschiedet. Sie hätte Nick keine weitere Zeit eingeräumt, um herauszufinden, was er wollte.

Hätte sie das getan, hätte sie angefangen, den Verlust zu akzeptieren – sie hätte sich zwar hundeelend gefühlt, aber sie hätte Klarheit gehabt. Sie hätte sich nicht bei dem Versuch verausgabt, Nicks Verhalten zu entschlüsseln, als wäre er das geheimnisvollste Kreuzworträtsel der Welt. Die Erkenntnis, dass es vielleicht gar keine Lösung gab, hat sie halb verrückt gemacht.

Nein, keineswegs, denn ohne sie hätte sie Mrs. Finn nicht kennengelernt.