Das Menü für den nächsten Dinner-Club muss bald stehen. Kate hat sich bereits die ganze Woche den Kopf darüber zerbrochen. Und während Cecily ein Nickerchen machte, hat Kate heute ihr Exemplar von Marcella Hazans Kochbuch Die klassische italienische Küche durchgeblättert. Als die alte Dame aufwacht, bespricht Kate ihre Pläne mit ihr.

«Ich dachte, ich nehme eine Seite aus Ihrem Buch und gebe dafür ein neues Thema vor, so etwas wie: ‹Dinner für Pasta-Liebhaber, denen es nicht peinlich ist, Pasta als Vorspeise zu essen, gefolgt von Pasta als Haupt…›»

«Nur zwei Pasta-Gänge?», fragt Cecily mit gespielter Entrüstung.

«Finden Sie, dass es zu verfressen ist? Und wenn ich einen leichten Nachtisch mache?»

«Als ich in Italien lebte, habe ich andauernd eine doppelte Portion Pasta gegessen. Einmal habe ich in einer Trattoria in Rom drei Carbonaras hintereinander weg bestellt. So was tat man eigentlich nicht, aber wann hätte mich das je bekümmert? Der Koch kam an meinen Tisch, um diesen geheimnisvollen gierigen Esser in Augenschein zu nehmen – er muss mit einem fetten Amerikaner gerechnet haben. Wir sprachen miteinander, und am Ende brachte er mir bei, wie man die perfekte Carbonara zubereitet – unverfroren muss man für so etwas natürlich sein.»

«Oh, ich könnte Carbonara als Hauptgericht machen,

«Wo kann ich mich anmelden?», fragt Cecily entzückt.

«Meine Güte, würden Sie kommen?», fragt Kate. «Ich kann dafür sorgen, dass man Sie mit dem Auto bringt.»

«Gott im Himmel, nein – das war ein Scherz, es wäre viel zu aufregend für mich.»

«Mrs. Finn, versprechen Sie mir, dass Sie sich wenigstens mit mir in den Garten setzen, wenn es wärmer wird?»

Cecily schüttelt den Kopf.

Kate akzeptiert ihre Niederlage mit einem Seufzer. «Ach – ich muss dem Event einen Namen geben, wenn ich eine regelmäßige Veranstaltung daraus mache. Was halten Sie von ‹Nights and Weekends›? Sie erzählten mir, sie hätten Ihre Nächte und Wochenenden mit der verzweifelten Suche nach Vergnügen zugebracht, bevor Sie Samuel kennenlernten. Es sind genau diese Zeiten, in denen die Menschen sich oft am einsamsten fühlen. Und mir gefällt der Klang des Namens – ‹Nights and Weekends›.»

Cecily zieht ein Gesicht, das Kate seit deren letztem Kommentar zu Mauds exzessivem Gebrauch von Creme-Rouge nicht mehr gesehen hat.

«Oder ich könnte die Veranstaltung Thought for Food nennen?», fragt Kate und blickt auf. Cecily nickt, reibt sich aber unruhig die Brust.

«Das ist viel passender», sagt Cecily und stößt einen kleinen Rülpser aus. «Seien Sie so gut – holen Sie mir was gegen Sodbrennen, dieses angebliche Kedgeree-Gericht stößt mir auf.»

An der Pflegestation ist niemand anzutreffen. Nachdem sie

«Wir sind uns also einig?», fragt Mrs. Gaffney. «Das Teriyaki-Hähnchen belassen wir im Speiseplan, aber das Thai-Curry setzen wir ab?» Die Damen geben zustimmende Rufe von sich. «Gut.» Mrs. Gaffney hakt etwas in ihren Unterlagen ab. «Als Nächstes steht das Omelett auf der Tagesordnung: ‹Das Omelett war früher viel besser. Es ist zu trocken … und muss lockerer sein.› Sehen das alle so, oder ist das nur eine Einzelmeinung?»

«Ihr solltet sie weich machen, so wie sie früher im Savoy waren», ruft Maud.

Bernadette bläht gereizt die Wangen auf. «Wir müssen jeden Morgen dreißig Omeletts backen. Tut mir leid, wir können keinen Butler-Service bieten.»

«Und eure Eier sind nicht frisch», fährt Maud fort. «Aus der Zeit, als wir die Farm in Afrika hatten, bin ich an orangefarbenes Eigelb gewöhnt.»

Der Mann mit den blauen Augen rückt sich auf dem Stuhl zurecht und macht ein unbehagliches Gesicht.

«Mit unseren Eiern ist alles in Ordnung», sagt Bernadette.

Mrs. Gaffney drückt mit strenger Miene Bernadettes Arm. «Der nächste Punkt», sagt sie knapp. «Obstsalat: ‹Das Obst ist falsch geschnitten, es sind zu viele Trauben, die Melone ist steinhart …› Auch hier frage ich, ist das eine allgemein geteilte Ansicht oder nur Mrs. Rappapots Meinung?»

Warum ist Cecily denn nicht zu dieser Versammlung gekommen? Sie wäre in ihrem Element.

Als Kate endlich eine Pflegekraft und das Medikament aufgetrieben hat, schläft Cecily tief und fest. Kate macht es sich erneut im Sessel bequem und greift nach dem Kochbuch. Ja – zum Teufel mit der Etikette, sie wird definitiv zwei Pasta-Gänge machen. Sie wird das Menü im Voraus im Netz posten, damit alle, die schwache Nerven haben, sich fernhalten können – aber so wird sie die Spreu vom Weizen trennen oder, besser gesagt, die, die auch zweimal Weizen essen, von denen, die Gluten meiden …

Sie beginnt, die Kosten für den Einkauf zu berechnen, beschließt dann aber, dass sie ein größeres Blatt Papier braucht. Sie steht auf, öffnet die Tür und geht über den Korridor. Als sie sich dem Büro der Verwaltung nähert, begegnet sie dem Mann mit dem sandfarbenen Haar.

«Hallo!», sagt er fröhlich. Er hat wunderschöne tiefblaue Augen, und um seine Augenwinkel bilden sich Lachfältchen.

«Wird noch immer der arme Obstsalat zerpflückt?», fragt Kate.

«Wir sind zum nächsten Punkt übergegangen! Die Leber –

«Und das sollten sie auch! Essen ist eines der wenigen verlässlichen Vergnügen des Lebens. Es ist wichtig, wie alt man auch ist.»

«Hm. Da haben Sie wohl recht – es wäre eine Schande, wenn den alten Damen nichts mehr daran läge. Waren Sie im Saal, als der mexikanische Abend an der Reihe war?», fragt er und bemüht sich, ein Lachen zu unterdrücken.

«Nein, was war damit?», fragt Kate, die bereits kichert, obgleich sie noch gar nicht weiß, was er sagen wird.

«Edith Constable erklärte, die Guacamole sei Grund genug, Bernadette zu Qantas zu schicken. Ich glaube, sie meinte Dignitas, aber so oder so, Bernadette war nicht amüsiert.»

«Du meine Güte, Mrs. Constable ist unhöflicher als Maud Rappapot? Auch wenn ich zugeben muss, dass schlechte Guacamole eine verschwendete Chance ist, finden Sie nicht?»

«Äh, ich habe noch nicht viel darüber nachgedacht», sagt er leicht verblüfft. «Ich kaufe meine einfach bei Tesco’s.»

«Was?», fragt Kate und tritt entsetzt einen Schritt zurück. «Guacamole darf man doch nicht kaufen. Sie muss frisch zubereitet werden. In dem Zeug aus dem Supermarkt ist viel zu viel Säure.»

«Säure? Wie Acid? Wie LSD?», fragt er lachend. «Dann darf ich sie meinen Kindern eigentlich gar nicht mehr geben …»

«Richtig», antwortet Kate mit einem Nicken und versucht, ihre Überraschung zu verbergen. Allerdings versteht sie gar nicht, warum es sie überrascht, dass ein Altersgenosse von ihr

«Ich heiße Ben», sagt er und reicht ihr die Hand.

«Kate.» Er hat einen Handschlag, wie sie ihn am liebsten mag – fest, trocken und stark –, und er begleitet ihn mit einem recht intensiven Augenkontakt. «Haben Sie beruflich mit dem Catering für das Lauderdale House zu tun?»

«Jackie hat mich gebeten, mich beim Feedback zu den Getränken dazuzusetzen.»

«Sie sind Fachmann für Ernährung?»

«Ich?» Er lacht. «Eher das Gegenteil. Ich liefere den Wein. Wir sind noch nicht so weit gekommen, aber ich bin mir sicher, dass die Ladys Rückmeldungen haben werden.»

«Zweifellos wird Maud etwas über den unzureichenden Beaujolais zu sagen haben», erklärt Kate lachend, verstummt aber, als der Ausdruck des Unbehagens in seinen Blick zurückkehrt. Ah. O weh. Fettnäpfchen. Deshalb kam er ihr so vertraut vor: Er hat dieselbe lange, schmale Nase wie seine Großmutter.

«Nun, hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Kate. Ich gehe jetzt besser wieder dort rein», sagt er fröhlich.

Kate überlegt, wie sie sich dafür entschuldigen kann, dass sie in den letzten zwei Minuten zweimal ein wenig über seine Großmutter hergezogen ist, aber ihr fällt nichts ein. «Äh, genießen Sie Ihre Leber … ich meine, genießen Sie das Gespräch über die Speise Leber – ich meinte nicht, genießen Sie Ihre eigene Leber … Sie wissen, was ich meine – äh, ich gehe

Das zum Thema verschwendete Chancen … und sie hat vergessen, sich ein Blatt Papier zu nehmen, aber jetzt kehrt sie nicht noch einmal zurück.

Was denkt sie sich überhaupt? Seine Freundin ist viel zu jung. Und wieso Chance? Es gibt hier keine Chance. Außerdem ist sie nicht für ein Date zu haben. Sie sucht keine Beziehung mit jemand anderem als sich selbst.