Kapitel 9 – Liam

 

Nach solch einem langen und anstrengenden Tag war es kein Wunder, dass sie während ihrer Unterhaltung einfach einschliefen.

Die Morgensonne schien bereits ins Zimmer, als Liam von Fabrice’ Haaren, die sein Gesicht kitzelten, aufwachte. Ein wenig hatte er gehofft, sich zu Hause, in seinem eigenen Bett, wiederzufinden. Leider waren sie noch immer in dem gleichen Londoner Hotelzimmer wie am vergangenen Abend. Fabrice hatte es sich auf Liams Brust bequem gemacht und zusätzlich eins seiner Beine auf ihm abgelegt.

Das war schön. Liam lächelte zufrieden und schob mit den Fingern Fabrice’ verwuschelte Haare zur Seite. Mein Seelenpartner. Die eine Person auf der Welt, welche perfekt zu ihm passte und die er vor jeglichen Gefahren beschützen würde.

„Wie kann man am frühen Morgen schon dermaßen pathetische Gedanken wälzen?“, brummte Fabrice und biss Liam verspielt in die Schulter. Ah richtig, da gab es ja jetzt jemanden, der ihn denken hören konnte.

„Es ist unhöflich, ungefragt zuzuhören“, beschwerte er sich sogleich.

„Als ob es meine Schuld wäre, dass du lautstark in meinen Kopf trötest.“ Fabrice lachte, streckte seinen Arm aus, um ihn nun ebenfalls auf Liam zu platzieren, und gähnte herzhaft. „Was tun wir heute? Den entstellten Kerl suchen?“

„Hm, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Irgendwie hatte ich gehofft, dass wir auf der Insel aufwachen“, antwortete Liam.

„Ich gehe davon aus, dass sie uns erst zurückholt, wenn wir unsere Aufgabe hier erfüllt haben, oder?“

„Normalerweise stimmt das, aber man kann auch aktiv um die Rückkehr bitten. Allerdings muss man dann mit unbeantworteten Fragen oder einem offenen Ende leben. Ich bin nur nicht sicher, was genau wir hier sollen.“

„Du denkst zwar, dass wir wegen dir in London sind, aber könnte es nicht sein, dass es auch um mich geht? Nehmen wir mal an, ich bringe mich davon ab, bei Mr Torres zu arbeiten. Dann könnte ich gar nicht erst unter Mordverdacht geraten.“ Liam drehte sich auf die Seite und legte eine Hand an Fabrice’ Rücken, damit dieser nicht von dem viel zu schmalen Bett purzelte.

„Das wird nicht funktionieren, weil du nur als Beobachter hier bist. Normalerweise übernehmen unsere Gäste ja ihr anderes Ich, um etwas zu verändern. Würdest du trotzdem eingreifen, könnte alles Mögliche schief gehen. Es besteht zum Beispiel die Gefahr, dass wir beide uns niemals begegnen werden.“ Fabrice Pupillen weiteten sich vor Schreck und sein Mund formte ein O.

Er schluckte schwer und sagte: „Okay, dann vergessen wir die Idee ganz schnell wieder. Lieber unter Mordverdacht stehen, als dich zu verlieren.“ Liam beugte sich vor und schnappte nach Fabrice’ Lippen, die er sofort bereitwillig für ihn öffnete. Sie versanken in einem innigen Kuss, der in Liams Körper ein flirrendes Gefühl auslöste. Er streckte die Arme aus, um die zarte, warme Haut an Fabrice’ Rücken zu berühren. Unter seinen Fingerspitzen bildete sich eine Gänsehaut und Fabrice’ Körper begann zu Kribbeln. Fabrice begann sich an Liam zu reiben und stöhnte in seinen Mund. Ihre heißen Küsse und der Haut-zu-Haut-Kontakt versetzten Liams Körper in glühende Erregung.

Er brauchte mehr. Deshalb ließ er seine Hände zügig zu Fabrice’ Pobacken wandern und packte das feste Fleisch. Anschließend kombinierte er die Kraft und Schnelligkeit eines Vampirs, um sich und seinen Liebsten zu drehen. Fabrice knurrte, als er plötzlich unter Liam lag und fing an, mit seinem Becken zu kreisen.

„Willst du mich toppen?“, flüsterte Liam und nahm behutsam Fabrice’ Ohrläppchen zwischen die Zähne. Dieser legte seinen Kopf in den Nacken, wobei ihn ein Zittern durchfuhr.

„Ja, aber wir haben kein Gleitgel“, hauchte Fabrice.

„Das Sperma von Vampiren hat eine betäubende Wirkung, unser Speichel ebenfalls. Du brauchst bloß …“ Als Fabrice seine Finger um Liams Schaft schloss, unterbrach er seine letzten Worte und stöhnte stattdessen auf.

„Ich brauche dich also nur mit deinem eigenen Sperma einreiben, um einzudringen?“

„G-genau“, stammelte Liam. Pure Lust erhitzte sein Blut und raste durch seine Venen. Er spürte, wie sich die ersten Lusttropfen an seiner Spitze bildeten. Fabrice fing sie auf und verteilte die sämige Flüssigkeit rund um Liams Loch, dann drang er mit einem Finger ein.

„Wenn du dich auf den Rücken legst, hätte ich mehr Spielraum.“ Für einen kleinen Vorgeschmack krümmte Fabrice seinen Finger und rieb damit über Liams empfindlichen Kanal. Sobald Fabrice ihn zurückzog, rutschte Liam von ihm herunter, rollte auf den Rücken und spreizte seine Beine. Fabrice kniete sich über ihn, die dunklen Haare zerzaust und seine Pupillen vor Erregung geweitet. In diesem Augenblick fand Liam ihn geradezu überirdisch schön.

Völlig auf seinen Seelenpartner fokussiert, wichste Liam seinen Schwanz, um ihm noch weiteres Vorsperma zu entlocken, welches Fabrice dann in und um seinen Anus verrieb. Als Liam der Meinung war, genug Vorbereitung betrieben zu haben, hob er sein Becken an und drängte sich Fabrice entgegen.

Dieser murmelte Liams Namen, als er begann, in ihn einzudringen. Fabrice kam nur mühsam vorwärts, da es lange her war, seit Liam das letzte Mal unten gelegen hatte. Dementsprechend eng war sein Kanal, sodass es sich anfühlte, als würde ihn Fabrice’ Härte regelrecht aufspießen.

Liam schloss die Augen, konzentrierte sich darauf, gleichmäßig zu atmen und seine Muskeln zu entspannen. Es dauerte zum Glück nicht lange, bis er locker genug wurde, um Fabrice’ komplett aufzunehmen. Fabrice bewegte sich angenehm langsam und bedächtig, küsste zwischendurch Liams Nacken und flüsterte ihm süße Nichtigkeiten ins Ohr. Liam liebte Fabrice’ Stimme und ließ sich auf einer Welle aus purer Lust dahintreiben.

Fabrice stieß sein Becken nach vorn, versenkte sich wieder und wieder und reizte mit jedem kräftigen Stoß Liams Prostata. Sein ganzer Körper pulsierte und in seinem Kopf breitete sich eine himmlische Leere aus. Als Fabrice, von einem heiseren Schrei begleitet, ein letztes Mal zustieß, presste er sich so dicht an seinen Liebsten, dass er glaubte, sie würden miteinander verschmelzen. Noch nie zuvor hatte Liam solch einen epischen Höhepunkt erlebt.

Du gehörst mir!

So wie du mir gehörst.

 

Ihre kleine Showeinlage sorgte dafür, dass es fast Mittag war, als sie den Speisesaal aufsuchten. Sie schafften es gerade noch, etwas zu essen zu bekommen, ehe das Frühstück weggeräumt wurde. Auch wenn Liam sonst nicht besonders viel von der englischen Küche hielt, English Breakfirst liebte er außerordentlich. Baked Beans, Spiegeleier, White Pudding, gebratene Tomaten, Würstchen und Toast. Lecker.

Fabrice, der sich den letzten Bissen Scones mit Marmelade in seinen Mund stopfte, grinste ihn an. Wenn er Liam so ansah, wollte dieser ihn gleich wieder zurück ins Hotelzimmer schleppen und …

Gute Idee, aber das verschieben wir auf später, du Hengst!

„Wenn du es so lange aushältst. Mir soll es recht sein“, tat Liam betont gleichgültig. Im Schneckentempo wischte er mit einem Stück Brot einen Rest Eigelb von seinem Teller und tätschelte anschließend seinen vollgestopften Bauch.

„Ich habe ebenfalls einen verdammt starken Willen“, tönte Fabrice und goss sich noch etwas Kaffee nach. „Also, wie sieht der Plan für heute aus?“

„Bekommst du noch zusammen, was dein anderes Ich an diesem Tag gemacht hat?“

„Nein, nicht genau jedenfalls. Ich habe auf jeden Fall zu der Zeit in einer Poststelle gearbeitet. Immer von elf bis achtzehn Uhr. Ich sollte also dort sein und mir nicht begegnen. Oh Mann, wie das klingt, mir selbst begegnen.“ Fabrice schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.

„Gut, dann würde ich vorschlagen, dass wir in die Bibliothek gehen und Zeitungsartikel wälzen. Mit etwas Glück finden wir ein paar Kandidaten, die deinem ehemaligen Chef nach dem Leben trachten, oder jemand Bestimmten aus der Familie, der hinter seinem Geld her ist.“

„Wir können die Suche auch aufteilen“, schlug Fabrice vor. „Ich kümmere mich um Mr Torres und du guckst nach dem entstellten Kerl. Wenn er zum Beispiel einen schweren Unfall hatte oder bei einem Brand verletzt wurde, lässt sich möglicherweise ein Artikel dazu finden.“

 

Hand in Hand betraten sie den Fußweg vor dem Hotel und beschlossen, sich in der Bibliothek an einen Computer zu setzen. Es machte Spaß, mit Fabrice durch die Straßen zu schlendern, hier und da vor einem Geschäft stehen zu bleiben und die Auslagen anzuschauen. Liam bestaunte ein paar ihm unbekannte technische Geräte, die er sogleich voller Enthusiasmus von seinem Partner erklärt bekam.

„Wusstest du, dass es auf Paraiso Haven kein Internet gibt?“, fragte Liam vorsichtig und sah sich einem fassungslosen Fabrice gegenüber.

„Das ist ein Scherz, nicht wahr?“

„Leider nein“, erwiderte Liam bedauernd. „Wir können die Süße fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, aber mach dir bitte nicht allzu viele Hoffnungen.“

„Die Süße?“

„Na ja, so nennen wir unsere Insel. Sie hat ja ein Bewusstsein und sorgt für uns. Deshalb ist das ihr Spitzname.“

„Das klingt nett. Verdammt, da fällt mir was ein.“ Liam wurde von Fabrice zu einer Bank, die an einem kleinen Teich inmitten eines winzigen Stadtparks stand, geführt. Sie setzten sich nebeneinander, Fabrice nahm Liams Hände in seine und suchte anscheinend nach den richtigen Worten. „Wenn das hier“ – er machte mit dem Kopf eine kreisende Bewegung – „alles vorbei ist, willst du weiterhin auf Paraiso Haven bleiben, habe ich recht?“

„Ja, schon …“ Liam hatte keine Sekunde daran gezweifelt, dass Fabrice mit ihm dort leben würde. „Immerhin ist die Insel mein Zuhause. Außerdem sind Biron und Jay dort.“

„Und London ist meins“, äußerte Fabrice seine Bedenken.

„Gibt es denn jemanden, den du zurücklassen müsstest?“ Angespannt wartete Liam auf seine Antwort.

„Nicht wirklich“, gab Fabrice nach einigem Überlegen zu. „Frettchen wachsen nicht in Herden oder einem Rudel wie viele andere Wandler auf. Als ich klein war, gab es nur meine Mutter und mich. Sie war eher unstet und zog mit mir von Ort zu Ort. Als ich im letzten Schuljahr war, wollte ich nicht schon wieder umziehen, sondern irgendwo hingehören und Wurzeln schlagen. Also ging sie ohne mich. Seitdem habe ich ein paar lockere Bekanntschaften geschlossen, das war’s aber auch schon.“

„Trotzdem gefällt dir das Leben in der Großstadt?“

„Wenn ich ehrlich bin, mag ich London nicht einmal besonders. Es ist viel zu kalt, neblig und laut.“ Fabrice lehnte sich vor und rieb seine Nasenspitze an Liams.

„Dann verstehe ich nicht …“

„Mir macht das, was ich kenne, bloß weniger Angst“, gestand Fabrice. „Egal, ob ich mich wohlfühle oder nicht. Das klingt blöd, nicht wahr?“

„Nein, überhaupt nicht. Ich denke aber, dass du einen ganz wichtigen Punkt übersiehst.“ Liam neigte den Kopf, um ihn besser küssen zu können. Mit einem kleinen Seufzer gab sich Fabrice seinen Zärtlichkeiten hin.

„Welchen denn?“, murmelte er an Liams Lippen.

Liam unterbrach den Kuss und sagte: „Du bist nicht mehr allein, denn ich werde ab jetzt immer an deiner Seite sein und auf dich aufpassen. Egal was geschieht.“ Fabrice schluckte schwer, legte beide Hände an Liams Gesicht und sah ihn liebevoll an.

„Das ist alles noch so neu für mich. Deshalb gib mir bitte etwas Zeit, um über alles nachzudenken.“

„Ich kann warten“, versprach Liam und unterstrich seine Worte mit einem innigen Kuss.

„Aber wegen des Internets musst du mit eurer Süßen noch mal ein ernstes Gespräch führen.“ Lachend zog ihn Liam in die Arme.