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14. Woche

Vom Glück, mit Gott zu sein

Der Gottlose muss sich ein Leben lang fürchten.

Hiob 15,20

Eine Stadt in der Abendsonne. Die Geschäfte schließen. Der Feierabend beginnt. Kinder tummeln sich auf dem Spielplatz. Von Weitem hört man ihr unbekümmertes Gekicher. Über den Menschen liegt – wie in einem Märchen mit Happy End – ein Schleier von Zufriedenheit, Sorglosigkeit und Glück. Das Leben scheint ihnen zu gelingen.

Fast paradiesisch, wie ein Traum, durch den tiefe Sehnsüchte in uns geweckt werden.

Über die Medien bekommen wir heutzutage weltweit Einblick in Katastrophengebiete. Dazu kommen Terroranschläge, die Misstrauen zwischen Menschengruppen und Völkern auslösen. Daneben gibt es auch die Krisenfelder im persönlichen Bereich, die auf uns lasten. Die Folge ist, dass nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene in der Verarbeitung ihres Alltags mit all seiner Informationsflut überfordert werden und seelisch an ihre Grenzen stoßen können. Ein Teufelskreis, der nicht zur Ruhe kommen lässt.

Verständlicherweise wächst das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz. Angst braucht Versicherung und Absicherung. Sie braucht Kontrolle. Aber es ist wie im Hamsterrad, wir werden doch ständig von Angst verfolgt. Das führt in Unfreiheit und Zwänge.

Hat sich Gott ein glückliches Leben für uns Menschen wirklich so gedacht?

Nein. Sein Ziel war es von Anfang an, dass das Leben seiner Geschöpfe gelingen soll:

•  Die Beziehung zwischen Mann und Frau geprägt von tragfähiger Liebe, von Treue, Wertschätzung und Verstehen;

•  die Familie als Ort der Geborgenheit und Vorbereitung fürs Leben;

•  eine Gesellschaft, in der Kinder erwünscht sind und alte Menschen wie auch Menschen mit Einschränkungen in Würde ihren Platz haben;

•  Ausbildung und Berufstätigkeit sollen befähigen, Verantwortung auf dem Planeten Erde zu übernehmen und

•  das Allgemeinwohl soll immer im Blickfeld sein.

Das ist Leben pur, ein Leben, das von Werten bestimmt ist. Eine Gesellschaft, die sich diese Werte auf die Fahne geschrieben hat, würde Schutz und Würde bieten.

Ob wir jemals wieder zu einer solchen Einheit und Harmonie zurückfinden? Die Globalisierung und die gleichzeitige Gültigkeit unterschiedlichster Werte scheinen weit davon entfernt zu sein. Worin liegt die Wurzel unseres Lebensproblems? Liegt der Grund vielleicht darin, dass uns Wurzeln fehlen? Haben wir uns vielleicht schon längst daran gewöhnt, wurzel-los zu sein, wurzel-los zu denken und zu leben? Haben wir uns auch an Furcht, Angst und Sorge gewöhnt?

Der Gottlose muss sich ein Leben lang fürchten.

Es besteht tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Wurzellosigkeit und Gottlosigkeit. Sobald der Mensch nur sich selbst als Maßstab seines Denkens und Handelns sieht, lebt er losgelöst von den Wurzeln, die ihm aufzeigen: Woher komme ich? – Wofür lebe ich? – Wohin werde ich einmal gehen? Er lebt losgelöst von Gott, der ihn erschaffen hat:

•  Da gibt es keine Hand, die hält, führt, tröstet und ein Zeichen gibt: »Du bist nicht allein. Du brauchst dich nicht zu fürchten. Ich bin bei dir.«

•  Da gibt es keine heilsamen Worte (die wir uns im Übrigen nie selbst zusprechen können): »Dir ist deine Schuld vergeben. Ich gebe dir eine neue Lebenschance.«

•  Da gibt es auch keine Antwort auf die Frage nach Leid und Tod.

•  Ohne Gott gibt es kein Urvertrauen, bedingungslos geliebt zu sein.

•  Ohne Gott leben wir – egal, wie alt wir sind – wie Kinder, die von ihren Eltern weggelaufen sind und nun ohne Orientierung umherirren und doch insgeheim ihren Nachhauseweg suchen.

Sehnsucht hat damit zu tun, dass etwas verloren gegangen ist und von Neuem gesucht werden möchte. Auch in der Gott-Losigkeit ist diese Sehnsucht im Keim in uns angelegt, selbst wenn wir das nicht wahrhaben wollen. Gott hat diesen Keim in uns bereits eingepflanzt, als er uns geschaffen hat.

Von Gott und zu Gott hin geschaffen – das ist der Mensch. In der Sehnsucht liegt ein Leben mit Gott verborgen. Losgelöst von unserem Schöpfer haben wir Angst, dass uns Freiheit und Selbstbestimmung genommen werden könnten, wenn wir uns diesem Gott anvertrauen. Und dieses »Sich trauen« ist in der Tat ein Prozess, der Zeit, Geduld und Mut braucht. Er fällt uns nicht ohne Weiteres in den Schoß.

Seit dem Sündenfall, der Austreibung von Adam und Eva aus dem Paradies, leben die Menschen losgelöst vom heiligen Gott. Wir haben ihm den Rücken gekehrt und damit auch das Vertrauen ihm gegenüber verloren. In der Gottlosigkeit wurden unsere Lebensängste, die Furcht vor dem Leben vermehrt.

Weil Gott es sich ursprünglich anders gedacht hat, leidet er an unserer unglücklichen Situation, an unserer angsterfüllten Befindlichkeit. Er sieht, wie schwer wir uns tun, uns auf den Weg zu machen, um dem himmlischen Vater wieder offen und vertrauensvoll zu begegnen. Deshalb hat er sich entschieden, selbst Mensch zu werden. Sein Sohn Jesus Christus sollte auf unserem Planeten geboren werden. Gott machte sich klein, um uns auf Augenhöhe zu begegnen. Nur so kann das Wunder geschehen, dass wir unsere Gott-Losigkeit verlieren können, weil wir von der Liebe dieses Gottessohnes überwältigt werden. Da werden die Gefängnismauern der Angst und Furcht gesprengt. Da entdecken wir eine Freiheit, eine Lebensqualität, die uns Flügel verleiht. Da macht es »Klick«, weil uns ein Licht aufgeht. Seine Helligkeit macht uns deutlich, in welcher Dunkelheit wir bisher lebten.

Wie viele Menschen haben durch die Weltgeschichte hindurch bis heute erstaunliche Erfahrungen mit diesem göttlichen Licht gemacht. Sie wissen ganz nüchtern, dass Angst und Furcht unser Leben wohl immer wieder begleiten werden. Aber sie haben erfahren, dass es da eine Kraft gibt, die ihren Ursprung allein in Gott hat. Sie schenkt Ruhe und Gelassenheit, einen tiefen Frieden, den kein Mensch produzieren kann. Diese göttliche Kraft schenkt uns das Zugehörigkeitsgefühl zurück, sodass wir im Glauben, aus tiefer Überzeugung sagen können: »Ja, ich habe Gott wiederentdeckt bzw. ich habe mich von ihm finden lassen.«

•  Wenn einem Kind zum Beispiel gesagt wird: »Du bist völlig misslungen«, dann hat ein solch negatives Lebensvorzeichen Folgen. Da gibt es kein Urvertrauen, keine Liebe und Ermutigung fürs Leben.

•  Wenn ein solcher Mensch eines Tages von Gott gefunden und ihm die Hand entgegengestreckt wird, geschieht Verwandlung. Fluch verwandelt sich in Segen und Misstrauen wird langsam vom Vertrauen abgelöst. Da wird im wahrsten Sinne das Geheimnis eines neuen, würdigen Lebens entdeckt.

•  Wenn ein junger Häftling im Gefängnis eine geschenkte Bibel aufschlägt und von Gott berührt wird, beginnt das göttliche Geheimnis zu keimen: »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal hier landen werde. Ich merke, dass Gott zu mir spricht. Er will mir eine Chance geben, neu anzufangen. Die Zeit hier in meiner Zelle hat einen Sinn, um ihn kennenzulernen.«

•  Wenn eine querschnittsgelähmte Frau, die seit über 30 Jahren mit ihrem Rollstuhl lebt, zwar nicht über ihre Situation klagt, aber dennoch daran leidet, dass ihr trotz aller guten Erfahrungen die vertrauensvolle Beziehung zu Gott fehlt. Doch in der liebevollen Fürsorge ihrer Mitmenschen ist ihr Gott als der gute Hirte schon längst ganz nah. Eines Tages wird es auch bei ihr »Klick« machen, nämlich dann, wenn Gott ihr die Augen öffnet.

Was wäre mein eigenes Leben, wenn ich Gott nicht für all das Gute danken könnte! Wohin hätte ich gehen sollen, wenn ich traurig, ohnmächtig oder auch verzweifelt bin? Ich habe seine göttliche Herzensseite entdeckt. »Unter dem Schatten seiner Flügel« habe ich schon oft Zuflucht gefunden und bin zur Ruhe gekommen.

Der Herr spricht: Wenn du dich zu mir hältst, so will ich mich zu dir halten (Jeremia 15,19; LUT).

Kein Mensch auf unserem Planeten könnte so verlässlich sein!

Wohl dem, der es als Glück empfindet, nicht mehr gott-los zu sein!

Anregungen für die Woche

Gehen Sie in der neuen Woche auf Entdeckungsreise:

•  Staunen Sie über Gottes wunderbare Schöpfung!

•  Danken Sie bei Tisch für seine guten Gaben!

•  Freuen Sie sich an all den Fähigkeiten, die er Ihnen geschenkt hat!

Gerdi Stoll, Jahrgang 1947, wohnhaft in Mötzingen, ist verheiratet und hat drei verheiratete Kinder sowie zehn Enkel. Sie ist Pädagogin, Referentin und Autorin.