Kapitel 7

 

Das Jahr 1020 – die letzte Reise der Skidbladnir zur mysteriösen Insel

 

Sie hatten gefrorene Meere überquert. Nebelschleier durchquert, die so dicht waren, dass sie wie Gaze auf den Augen lagen. Sie hatten verfluchte Höhlen mit unsichtbaren Bestien betreten, die Menschen in den Tod zerrten. Und dann hatten sie ihr Lemuria gefunden. Doch niemand freute sich. Keiner sprach auch nur ein Wort. Denn es war ein Ort so kalt wie ein Grab, und der Tod war überall.

Häuptling Ulf Skarsgard, der von Ragnar Lodbrok, dem legendären Wikingerhelden des 9. Jahrhunderts, abstammte und für seine Grausamkeit in der Schlacht bekannt war, befahl, ein Lager zu errichten, während die Dämmerung zu nächtlicher Dunkelheit heranwuchs. Die Schatten wurden tiefer, doch die Bewegung in ihnen hörte nicht auf.

Njal, der Krieger, mit Schultern so breit wie ein Pferd, zog mit einem kleinen Jagdtrupp in den Wald und brachte ein Tier von der Größe eines großen Schweins zurück. Doch statt der borstigen Haare auf der Haut und einer flachen Schnauze hatte das Ding Schuppen und ein Maul ähnlich eines harten Papageienschnabels.

Die Männer wagten es nicht, Feuer zu machen, und so schnitten sie das Fleisch von den Knochen und aßen es roh. Doch es war eine verdrießliche Mahlzeit, denn das Fleisch war widerlich, und nachdem das Blut abgeflossen war, hatte es die Farbe von Geflügel angenommen und schmeckte wie verdorbener Fisch.

Es spielte keine Rolle. Alle aßen, denn ihre Körper waren allein von den wenigen Tagen, die sie durch den dichtesten Wald gewandert waren, den Ulf je in irgendeinem Land gesehen hatte, ausgehungert und erschöpft.

Oft hatten sie umkehren oder einige der Biester, denen sie gesehen hatten, umgehen müssen. Wenngleich Ulf eine Gruppe von dreißig starken und kampferprobten Kriegern bei sich hatte, waren die Kreaturen wie bewegliche Berge, und er bezweifelte, dass ihre Haut selbst mit dem stärksten Arm und der schärfsten Waffe durchdrungen werden konnte.

Einen guten Mann hatten sie bereits verloren: Isgar ging fort, um sich zu erleichtern, und kam nicht zurück. Brunhilde und ein Trupp machten sich auf die Suche nach ihm, aber nach wenigen Stunden kehrte sie zurück und schüttelte schlicht den Kopf. Er war fort, und Ulf bezweifelte, dass er freiwillig weggegangen war.

Wieder sah er die riesenhafte Frau an und spürte, wie seine Laune stieg und sich sein Herz mit Mut füllte. Mit den grünen Drachentätowierungen, die Brunhildes muskulöse Arme umrundeten und in Streifen über jede ihre Wangen liefen, war sie so groß wie die meisten Männer. Ihr langes weißes Haar trug sie in Zöpfen, in die Jade und Tierknochen eingeflochten waren. Über einem Auge, das sie im Kampf verloren hatte, saß eine Lederklappe. Er lächelte leicht. Sie war eine der wildesten Kriegerinnen in der Schlacht, neben der er gekämpft hatte. Er wusste, dass sie eine gute Ehefrau sein und ihm starke Kinder gebären würde.

Doch jetzt saß sie schweigend abseits der Gruppe. Ihre einzige Bewegung war das ständige Wetzen eines Schleifsteins über die Schneide ihrer Klinge, in kleinen Kreisen, beinahe lautlos. Ihre Augen waren darauf gerichtet, aber nicht fokussiert. Sie war bei ihnen und auch nicht.

Die Männer unterhielten sich leise. Es war noch zu früh zum Schlafen. Als ob auch nur einer von ihnen das an diesem Ort gefahrlos tun könnte.

Ulf hielt seine sehr schwielige Hand hoch. Die grüne Kugel lag auf seiner Handfläche. Sie zeigte immer noch zur Mitte der Insel. Morgen hofften sie, Odins Herz zu erreichen, ihren Tribut zu hinterlassen und ihren Gott zu ehren. Und dann konnten sie nach Hause zurückkehren, in der Gewissheit, dass sie nach ihrem Tod einen Platz in der großen Halle hätten, um auf den Ruf des Allvaters zur letzten Schlacht von Ragnarök zu warten.

Er steckte die Kugel weg. Dreißig Meter weiter im dunklen Wald erklang das Geräusch eines umfallenden Baumes. Vielleicht hatte der Geruch des Fleisches ein Tier angelockt. Die Männer standen langsam auf. Brunhilde packte ihre lange Klinge mit beiden Händen, ihr Auge jetzt fokussiert und funkelnd. Alle warteten schweigend. Manche hielten sogar den Atem an.

Nein, in dieser Nacht würde es keinen Schlaf geben.