Elle blieb stehen und wich behutsam hinter einen Baum zurück, als sich das Gebüsch keine fünfzehn Meter vor ihr bewegte. Während sie hinsah, verzog sich ihr Mund zu einem Lächeln und sie schüttelte den Kopf, als Tygo und Ord auftauchten. Die beiden waren mit Kratzern übersät und ihre zerrissene Kleidung hing an ihnen herunter.
Sie trat vor. »Ihr müsst das Glück von Odin haben, dass ihr noch am Leben seid.«
Die Männer fuhren mit gezogenen Waffen zu ihr herum. Doch als Tygo sie sah, begann er zu lachen. »Und wer passt auf dich auf, meine Prinzessin?«, fragte er stirnrunzelnd und sah sich um. »Und wo sind deine treuen Begleiter?«
»Ich habe sie auf dem Weg zurückgelassen, einen mit einer Kugel im Körper. Wo sie auch bleiben werden, bis etwas sie findet und auffrisst.« Elle näherte sich.
»Mitleidlos, wie immer.« Tygo lachte leise, dann breitete er die Hände aus. »Das Herz?«
Sie griff in ihre Tasche und holte den riesigen Edelstein heraus. »Muss ich alles selbst machen?«
Ord klatschte in die Hände und sah zum Himmel, bevor er einen Freudenschrei ausstieß. Tygo kam, nahm den Stein und beugte sich vor, um sie zu küssen.
»Meine Brunhilde, du bist wirklich wundervoll.« Er umfasste ihr Gesicht mit einer Hand, während er sie ansah. »Du hast deine Rolle gut gespielt. Und alles verlief nach Plan.«
»Nach deinem Plan.« Sie lächelte in sein breites Gesicht hinauf.
Tygo grunzte, dann wandte er sich dem riesigen Stein zu. »Ein Preis, der einem König würdig ist.«
»Mein Häuptling, es ist ein Preis, der unseren lange umherwandernden Seelen würdig ist. Sie haben danach gerufen.« Ihr einzelnes grünes Auge leuchtete beinahe, während sie zu ihm aufsah. »Aber wir werden mehr Freude daran finden, wenn wir weit weg von hier sind.« Sie hielt den Drachenfinder in der offenen Hand hoch. Er drehte sich, zeigte aber nicht auf Odins Haus, sondern auf den riesigen Rubin.
»Ah, ich hatte gehofft, wir könnten ihn benutzen, um das Boot wiederzufinden.« Sie ließ die Hand sinken. »Jetzt ist er nutzlos.« Sie ließ ihn zu Boden fallen und sah zu dem Wikinger auf. »Ich schätze, deine Seefahrtserfahrung wird sich als nützlich erweisen.«
»Wir werden das Boot finden.« Er hielt den Stein hoch. »Weil Odin jetzt bei uns ist.«
Elle machte sich auf den Weg, gefolgt von Ord und Tygo, der den riesigen Edelstein in einer großen Hand hielt und weiter wie gebannt in dessen Tiefen starrte.
***
Elle ging hinter Tygo und vor Ord. Sie streckte eine Hand aus und ließ sie über aufgereihte Ranken gleiten, die voller kleiner, weißer Blüten hingen. Sie spürte eine Verbindung zu dieser geheimnisvollen und magischen Insel, und obwohl sie noch nie einen Fuß darauf gesetzt hatte, war es, als sei ihr alles vertraut.
Schon als Kind hatte sie das Gefühl gehabt, einen Geist in sich zu spüren, der aus einer früheren Zeit stammte. Später hatte sie einen nordischen Spiritualisten konsultiert, der die Präsenz heraufbeschworen und bestätigt hatte, was sie in ihrer Seele wusste. Es war eine Wikingerin namens Brunhilde, die dazu bestimmt war, die Reinkarnation von Ulf Skarsgard zu treffen, ein großer Häuptling, der sich jedoch im Nebel der Zeit verloren hatte und aus der Geschichte verschwunden war.
Als Kind hatte sie die Tonscherbe im Museum gesehen und von der vergessenen Reise des Häuptlings zu einer verborgenen Insel erfahren. Danach war ihr vorherbestimmt worden, Vissen Tygo zu treffen, und als das geschah, fügte sich alles zusammen.
Ihre Brüder Elrik und Björn, Jorgan, Troyson Strom und sogar die armselige Frau aus dem Museum waren allesamt Mittel, um sie hierherzubringen. Sie empfand nichts für sie, denn ihre Geschichte war lange vor deren Geburt geschrieben worden.
Elle legte Tygo eine Hand auf den Rücken, und er drehte sich um und lächelte sie an. Der Plan lautete, Odins Herz zurück nach Hause zu bringen. Dann sollte eine größere Mission ausgearbeitet werden, um einen Teil des Schatzes zu bergen, mit besseren Waffen.
Sie lächelte. Sie würden wie König und Königin leben. Wie Brunhilde und Ulf nie die Chance dazu hatten.