Ein neuer Fall

»Sie waren doch die ganze Zeit dabei«, Herr Sauerlich sah seinen Mitarbeiter vorwurfsvoll an.

»Ich kann es mir nicht erklären.« Hannes Fröhlich saß auf dem schokoladenbraunen Sofa in Herrn Sauerlichs Büro. Er hatte den Kopf in die Hände gestützt.

Zögernd betraten TKKG das Büro.

Klößchens Vater ging nervös vor seinem Schreibtisch auf und ab. »Gaby, ich rufe jetzt deinen Vater an.« Er zog sein Handy aus der Hosentasche.

»Klar, machen Sie das. Mein Vater ist im Dienst.«

Gabys Vater war Hauptkommissar bei der Kriminalpolizei. (TKKG hatten schon oft mit ihm zusammengearbeitet, wobei er sie immer wieder ermahnte, sich keinesfalls in gefährliche Situationen zu bringen.)

TKKG hörten das Telefongespräch mit und erfuhren, dass der Behälter mit den Kakaobohnen ver schwunden war. Nur Herr Fröhlich und Klößchens Vater besaßen einen Schlüssel zum Lagerraum. Die seltenen Bohnen, die Klößchens Vater bei einem belgischen Importeur gekauft hatte, waren nämlich sehr teuer gewesen.

»Kommissar Glockner kommt. Er ist sogar schon in der Nähe«, berichtete Herr Sauerlich, als er aufgelegt hatte.

»Papa, hast du Feinde?« Klößchen sah seinen Vater besorgt an.

»Ich? Feinde? Papperlapapp. Das kann doch nur ein dummer Schülerstreich gewesen sein.« Herr Sauerlich zog sich das Netz von den Haaren und feuerte es wütend auf seinen Schreibtisch. »Und das so kurz vor dem Stadtfest, wo wir viele Schokomaskottchen verkaufen wollen.«

Er drückte auf eine Taste an seinem Telefon. »Frau Grünberg, können Sie mir bitte sofort einen Platz im nächsten Flieger nach Belgien buchen?«

»Ja, selbstverständlich«, schallte es aus dem kleinen Lautsprecher zurück.

»Haben Sie vielleicht Konkurrenten, die Ihnen schaden wollen?«

Tim holte sein gelbes Notizbuch aus dem Rucksack.

»Das kann sein«, mischte Herr Fröhlich sich ein. »Wir machen schließlich die beste Schokolade.«

Aufgewühlt schaute Herr Sauerlich aus dem Fenster. »Aber mir fällt niemand ein.«

»Vielleicht war es ja auch nur eines dieser verzogenen Kinder«, mutmaßte Herr Fröhlich verärgert.

Die vier Detektive verständigten sich mit Blicken. Dann nickten sie sich unmerklich zu.

»Wir würden gern für Sie ermitteln!«, sagte Tim.

Karl, Klößchen und Gaby nickten heftig.

Herr Sauerlich seufzte. »Ich kann euch ja sicher nicht davon abhalten, oder?«

Alle vier Detektive schüttelten gleichzeitig die Köpfe.

»Gut. Aber ich möchte, dass sich niemand zu Unrecht beschuldigt fühlt.« Mit einem Taschentuch wischte sich Herr Sauerlich den Schweiß von der Stirn.

Klößchen rollte mit den Augen. »Also Papa, das musst du uns nun wirklich nicht sagen. Wir sind doch Profis.«

»Keine Sorge. Wir sind sehr diskret«, bestätigte Karl, der noch immer in der offenen Tür stand.

Herr Fröhlich schüttelte den Kopf. »Wir können doch die Kinder nicht ermitteln lassen. Das ist doch viel zu gefährlich.«

»Bringt euch bitte nicht in Gefahr«, sagte Sauerlich nachdrücklich. »Und Willi, erzähl deiner Mutter erst mal nichts. Das mache ich selbst, wenn ich wieder da bin.«

Da betrat auch schon Herr Glockner das Büro. Er begrüßte Herrn Sauerlich und Hannes Fröhlich mit Handschlag. Den vier Detektiven nickte er zu. »Da sind ja mal wieder meine Spezialdetektive mit meiner Lieblingstochter.«

Gaby stemmte die Hände in die Hüften und sah ihren Vater streng an. »Tochter und Detektivin, bitte schön, ich bin im Dienst, Papi.«

»Mit meiner Lieblingsdetektivinnentochter«, verbesserte der Kommissar sich augenzwinkernd. »Was ist denn genau vorgefallen?«

Während Herr Sauerlich berichtete, sahen die vier Detektive sich in seinem Büro um. Überall standen Werbeaufsteller: riesige Schokoladenhasen und Weihnachtsmänner aus Pappe. Weiter hinten an der Wand stand ein großes Schokoladeneichhörnchen.

»Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass wir den Täter schnell finden werden, Herr Sauerlich. Aber ich werde allen Spuren nachgehen«, erklärte Herr Glockner. »Die Kollegen werden sich am Tatort umsehen und Fingerabdrücke nehmen.« Der Kommissar gab Klößchens Vater die Hand. Dann strich er Gaby über die blonden Haare. »Kannst du Mama ausrichten, dass ich heute doch nicht für uns kochen kann?«

»Ach, schade, Papi, ich hatte mich schon so auf deine Königsberger Klopse gefreut. Aber ich sage Mama Bescheid.« Gaby winkte ihrem Vater zu, der beinahe mit Frau Grünberg zusammenstieß.

»Oh, hallo, Herr Glockner! … und tschüss«, sagte Sauerlichs Sekretärin und sah dem großen Kommissar nach. »Alles in Ordnung, Chef?«

»Ja, alles klar.« Klößchens Vater machte eine gestresste Handbewegung. »Haben Sie den Flug gebucht?«

Frau Grünberg nickte und überreichte ihm einen Computerausdruck. »Fensterplatz. Wie immer. Und gerade kam dieser Brief.«

Herr Sauerlich legte das ausgedruckte Flugticket auf seinen Schreibtisch und betrachtete verwundert den Umschlag in Frau Grünbergs Hand. »Es kommen doch jede Menge Briefe am Tag an. Kann ich den nicht später lesen? Warum sollte ausgerechnet dieser Brief so wichtig sein?«

»Er wurde durch das Fenster beim Pförtner geschoben. Aber Herr Kunkel sagt, er habe niemanden gesehen. Wie kann das möglich sein? Vielleicht ein Geist?« Frau Grünberg, die mit ihrem blonden Dutt recht streng aussah, blickte ihren Chef mit großen Augen an. Sie glaubte an das Übersinnliche (weshalb Klößchen und seine Freunde manchmal ungewollt über sie lachen mussten).

Tim, Karl, Klößchen und Gaby strengten sich sehr an, um nicht sofort loszuprusten.

Stirnrunzelnd nahm Herr Sauerlich den Umschlag entgegen. Er öffnete ihn und entfaltete einen Zettel. »Auch das noch!«

Klößchen warf einen neugierigen Blick auf das Papier. »Ein Erpresserbrief?!«

Gaby und Karl hielten die Luft an und auch Frau Grünberg machte keinen Mucks.

»Was steht denn drin?«, wollte Tim wissen. Aber Klößchens Vater antwortete nicht. Hektisch wühlte er in seiner Hosentasche. »Das Medaillon mit Oma Lissis Rezept ist weg!«

3603-010.tif