Beweise aus dem Mülleimer

Nachdem TKKG den Park nach Spuren des Erpressers abgesucht und die wiedergefundenen Kakaobohnen an Fröhlich übergeben hatten, waren sie mit ihren Rädern zum Schuppen gedüst.

»Mist, dass wir im Park nichts gefunden haben.« Karl schloss die Tür und ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen.

Klößchen, Tim und Gaby setzten sich auf den zerfransten Sessel unter dem kleinen Fenster. Oskar rollte sich auf Gabys Schoß zusammen. TKKG waren ratlos.

»Ja, keine Fußspuren, keine Fingerabdrücke, nichts. Nur die vielen echten Eichhörnchen, die man nicht befragen kann«, seufzte Gaby.

Tim wühlte in seinem Rucksack und beförderte die Tüte mit dem Blumenkohl zutage. »Möchte vielleicht jemand rohköstliche Rohkost?«

»Lass stecken«, lachte Klößchen.

Karl setzte sich an den Schreibtisch. »Also, wir haben die Kakaobohnen gefunden. Kann es sein, dass Bartels sie gestohlen hat?«

»Was will er denn damit?!«, überlegte Klößchen.

Tim legte den Blumenkohl auf das Fensterbrett. »Vielleicht verkaufen?«

Tim rieb sich mit zwei Fingern über die rechte Schläfe. »Oder meint ihr, Leo hat die Bohnen während der Führung im Lkw versteckt?«

»Wie kommst du darauf? Weil er sich so danebenbenommen hat?« Gaby schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Der ist doch immer so blöd. Außerdem, so leicht, dass man ihn unauffällig rausschmuggeln kann, war der Karton auch wieder nicht.«

»Eigentlich hätten wir noch mal Fingerabdrücke davon nehmen müssen«, überlegte Karl.

»Stimmt. Aber Fröhlich muss jetzt schnell mehr Schokoeichhörnchen herstellen. Lass uns das morgen machen.« Gaby tippte auf den Erpresserbrief, der noch auf dem Schreibtisch lag.

»Der Erpresser hat ja die Maskottchen bekommen. Dann müsste er eigentlich auch das Medail lon mit dem Rezept rausrücken, oder?« Sie hielt den Brief gegen das Licht. »Da ist irgendwas.«

»Was denn?« Karl betrachtete das Papier genauer. Dann nahm er einen Bleistift und begann, vorsichtig über den Brief zu schraffieren.

»Unglaublich«, staunte Klößchen, als Buchstaben, die weiß blieben, zum Vorschein kamen.

»Da hat jemand etwas mit Kuli geschrieben und das hier ist der Zettel, der darunter lag«, erklärte Karl. »Der Kuli hat im Papier Rillen hinterlassen und die kann man mit dem Bleistift sichtbar machen.«

»Da steht: Ein Maskottchen werfen.« Klößchen zog die Augenbrauen zusammen. »Was soll denn das heißen?«

Tim schaute Karl über die Schulter. »Ich glaube, das hier soll ein ›e‹ sein. Und danach ein ›n‹. Vielleicht heißt es entwerfen.«

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»Ein Maskottchen entwerfen. Klar. Das ist doch unsere Hausaufgabe.« Klößchen sah seine drei Freunde an. »Also doch!«

»Leo!«, riefen alle gleichzeitig.

Eine halbe Stunde später marschierten die vier Detektive zielstrebig in die Pommesbude (wie das Internatszimmer von Leo, Ralf und Li genannt wurde). Ohne zu klopfen, riss Tim die Tür auf. Leo war allein und saß an seinem Schreibtisch. Er grinste die vier an. »Super, dass ihr kommt. Dann könnt ihr mir gleich mal verraten, was das kleinste gemeinsame Vielfache von drei und fünf ist.«

»Verrate du uns mal lieber, warum du Klößchens Vater erpressen willst«, entgegnete Gaby. Mit verschränkten Armen baute sie sich vor Leo auf. Der runzelte die Stirn. »Was soll ich jetzt schon wieder gemacht haben?«

Klößchen wurde wütend. »Tu doch nicht so unschuldig.« Mit der flachen Hand schlug er auf Leos Mathebuch, das dabei vom Schreibtisch fiel. Ein Kassenbon landete auf dem Boden. »Schmidts Spielwaren« stand ganz oben. Die gekauften Artikel waren zwei Glasaugen. Klößchen gab Tim den Kassenbon. Der überflog den Zettel. »Das ist ja komisch, Leo«, sagte Tim. »Du hast Glasaugen gekauft. Es ist natürlich reiner Zufall, dass in der Schokolade ein Glasauge aufgetaucht ist, oder?«

»Ja, Glasaugen sind ja an jeder Ecke zu finden«, feixte Gaby.

»Ich glaube, es ist an der Zeit, endlich die Wahrheit zu sagen«, sagte Tim.

Leo schüttelte den Kopf. »Ich hab Glasaugen gekauft, aber sie sind weg. Keine Ahnung, warum.«

»Und was wolltest du damit machen?«, fragte Karl.

»Die waren für mein Maskottchen«, erwiderte Leo.

Klößchen holte einen Schokoriegel aus der Tasche und wickelte ihn aus. »Dass die weg sind, kannste deiner Mutter erzählen.«

»Du hast das Auge in die Schokolade geworfen. Du hast dich bei der Führung sowieso die ganze Zeit oberpeinlich benommen.« Klößchen knüllte das Papier zusammen und zielte damit auf den Papierkorb unter Ralfs Schreibtisch. Die Kugel prall te jedoch am Rand des Mülleimers ab. »Mann!« Klößchen hob sie auf. Dabei fiel sein Blick in den Papierkorb. Er stutzte. »Das ist von meinen Osterhasen aus unserem Süßigkeitenschrank.« Klößchen hielt ein kleines Stück Silberpapier hoch, auf dem ein Osterhasengesicht zu sehen war. Erstaunt wühlte er weiter im Papierkorb und beförderte mit spitzen Fingern eine alte, löchrige Socke zutage. »Das nicht«, kommentierte er mit gerümpfter Nase. Gaby, Tim und Karl prusteten los.

»Aber hier. Eine zerschnittene Zeitung.«

Gaby blieb der Mund offen stehen. »Ralf! Ralf hat den Erpresserbrief geschrieben.«

»Weißt du, wo er ist?«, wollte Karl von Leo wissen.

»Wollt ihr ihn jetzt festnehmen oder was?« Leo sah die vier Detektive belustigt an.

»Wenn du uns verrätst, wo er sein könnte, verrate ich dir das kleinste gemeinsame Vielfache von jeder x-beliebigen Zahl«, sagte Karl trocken.

»Er ist zu Hause. Seine Eltern haben einen Biobauernhof in Rosenfelde.«

»Okay, welche kleinsten gemeinsamen Vielfachen brauchst du?«

Leo hielt Karl sein Matheheft hin.

In Windeseile hatte dieser die Aufgaben erledigt. »Können wir?«, fragte er seine verdutzten Detektivkollegen.

Alle drei nickten.